DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-03-2020 08:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.03.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz Übergang zu SW a

Heute und am Freitag sehr windig mit Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen,
Küste und Bergland orkanartige Böen. Dazu kurze Gewitter mit Sturmböen oder
schweren Sturmböen. Ab der Nacht zum Samstag Wetterberuhigung.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegen wir in einer nur leicht mäandrierenden westlichen Strömung
mit der ein breiter und recht flacher Höhentrog von Westen her übergreift.
Entwicklungsgünstig gelegen hat sich dabei ein kleines Randtief zum Sturmtief
über der Nordsee gemausert mit unter 980 hPa. Aktuell zieht es in den Skagerrak.
Tagsüber geht es weiter über Südschweden zum Finnischen Meerbusen.
Die aktuell noch zwei Kaltfronten (u.a. in den Radarprodukten zu sehen)
verschmelzen im Tagesverlauf zu einer Struktur, die unser Land mit Südostkurs
überquert. Abends wird die Donau erreicht. Bei starker, auch hochreichender
Scherung hat sich an der ersten Kaltfront eine markante Schauerlinie gebildet,
vereinzelt sind auch Gewitter nicht ausgeschlossen.
Der Kaltfront folgt ein Schwall maritimer Polarluft (um -4 Grad in 850 hPa), die
zunächst noch nicht hochreichend labil geschichtet ist, so dass die Wolken
postfrontal auflockern und es kaum für Schauer reicht. Mit Durchschwenken des
Troges am Nachmittag und Abend gelangt höhenkalte Luft nach Norddeutschland (-32
bis -35 Grad), so dass dort die Schauertätigkeit beginnt aufzuleben, ein kurzes
Gewitter im Nordwesten inbegriffen.

Markant gestaltet sich dagegen die Windentwicklung. Bei 40 bis 50 kt in 900 bis
850 hPa sind mit Frontpassage (Schauerlinie) Sturm-, vereinzelt schwere
Sturmböen möglich, in erster Linie im Norden und Osten. Nach Süden und Westen zu
schwächt sich die Wetteraktivität der Kaltfront aufgrund überlaufender kräftiger
KLA wohl rasch ab.

Zudem verschärft sich der Gradient an der Südflanke des nach Osten ziehenden
Sturmtiefs im Norden und Nordosten Deutschlands deutlich und es gibt bis weit
ins Binnenland Sturmböen aus West bis Südwest, Richtung Küsten schwere
Sturmböen. An der Nordfriesischen Küste und an der Ostsee von Fischland bis nach
Rügen stehen orkanartige Böen auf der Agenda und auch in der Probabilistik zeigt
ICON-EU-EPS und Cosmo D2 EPS dort nach wie vor Wahrscheinlichkeiten für Bft 11,
sowie leichte Signale für Bft 12.

Nach Süden zu hält sich die Gradientverschärfung in Grenzen und es reicht dort
lediglich für stürmische Böen, im Südwesten und Süden teilweise nur für steife
Böen. Kamm- und Gipfellagen im Süden sind freilich wieder mit Sturmböen dabei.
Am Nachmittag und Abend fächert der Gradient mit Abzug des Tiefs rasch wieder
auf und der Wind nimmt auch im Norden und Osten ab. Die Dauerregenlage in den
Mittelgebirgen ist spätestens mit Passage der ersten Kaltfront zu Ende, da an
der Zweiten nicht mehr viel Niederschlag fällt.
Präfrontal gelangt sehr milde Luft nach Deutschland, südlich des Mains werden
Höchstwerte zwischen 14 und 18 Grad, Richtung Alpen eventuell bis 19 Grad
erreicht. Aber auch in der Mitte und im Norden bleibt es mit 9 bis 16 Grad mild.


In der Nacht zum Freitag schwenkt ein weiterer Kurzwellentrog von der Nordsee
her nach Nordwestdeutschland. Mit Annäherung des zugehörigen Bodentroges, der
morgens auf Schleswig-Holstein übergreift, nimmt der Druckgradient im Nordwesten
zu und nach vorübergehender Abnahme frischt der Wind in der zweiten Nachthälfte
dort aus Südwest bis West wieder auf. Erneut mit steifen, exponiert Richtung
Küste stürmischen Böen, an der Nordsee auch Sturmböen, entlang der
Ostfriesischen Inseln vereinzelt schweren Sturmböen (Mos, C D2 EPS).
Im Süden und Osten sowie in den mittleren Landesteilen spielt der Wind
warntechnisch vor allem in Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen
eine Rolle, sonst reicht es nur in windanfälligen Lagen für steife Böen.

Die Höhenkaltluft breitet sich bis in die mittleren Landesteile aus. Bei -32 bis
-35 Grad in 500 hPa und -4 bis -5 Grad
in 850 hPa reicht es aber nur für vereinzelte Regen- und Graupelschauer, am
ehesten im Nordwesten und an den Küsten sowie im westlichen Mittelgebirgsraum,
wo oberhalb von etwa 400 bis 600 m Schneeschauer auftreten können. Für Glätte
oder gar Schneedecke aber meist zu wenig. Kurze Gewitter sind im Nordwesten
nicht ganz ausgeschlossen.

Die Kaltfront erreicht die Alpen und gerät vorübergehend ins Schleifen, so dass
dort sowie im südlichen Alpenvorland 10 bis 15 mm in 12 Stunden fallen, in
Staulagen (Oberallgäu) über 20 mm. Die Schneefallgrenze sinkt dort morgens auf
etwa 800 m. In den Regionen zwischen Front und Höhenkaltluft lockern die Wolken
stärker auf und es bleibt trocken. Vor allem im Bergland (oberhalb 600 bis 800m)
kann es leichten Frost und Glätte geben.

Freitag... ziehen die Tröge zum östlichen Mitteleuropa ab und von Westen nähert
sich ein flacher Höhenrücken, der den Azorenhochkeil über Westeuropa und bis
nach Süddeutschland hinein stützt.
Durch die Nähe zum Höhentrog und bei nach wie vor höhenkalter Luft entwickeln
sich im Norden und über der Landesmitte Regen- oder Graupelschauer, im
nördlichen Mittelgebirgsraum oberhalb von 500 bis 600 m Schneeschauer. Ein
kurzes Gewitter mit Graupel und Sturmböen kann angesichts einem
Temperaturunterschied von 30 K (T850 -4, T500 -34 Grad) nicht ausgeschlossen
werden. Höhen- und Bodentrog werden durch nachfolgende kurzwellige Tröge im
Nordosten regeneriert.

Im Süden ist es bei einer Mischung aus Sonne und Wolken meist trocken, abgesehen
von anfänglichen Niederschlägen (Schnee bis 800m) an der abziehenden Kaltfront.
Den meisten Sonnenschein gibt es neben dem südlichen Baden-Württemberg an der
Nordsee. Die Temperaturen liegen in der auf etwas kürzerem Weg zu uns kommenden
und damit weniger stark erwärmten Polarluft bei 8 bis vereinzelt 14 Grad am
Oberrhein.
Der Wind ist auf der Trogrückseite außer im Südwesten weiter gut aufgestellt und
es kommt zu stürmischen Böen und vor allem im Nordosten auch zu Sturmböen. Durch
die Regeneration des Bodentroges fächert sich der Gradient erst zum Abend im
Nordosten stärker auf.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich der flache Höhenrücken von der Nordsee
allmählich nach Mitteleuropa und es setzt über dem Vorhersagegebiet ein
deutlicher Druckanstieg ein, so dass sich Samstagfrüh mit knapp 1025 hPa im Raum
Sachsen/Sachsen-Anhalt eine Hochzelle zeigt. Die Schauer klingen abends und
eingangs der Nacht rasch ab und die Wolken lockern auf, vielerorts klart es auch
auf.
Der anfangs vor allem in der Osthälfte kräftige Nordwestwind lässt in der ersten
Nachthälfte weiter nach und ist spätestens um Mitternacht nicht mehr
warnrelevant. Somit kann die eingeflossene maritime Polarluft auskühlen und es
gibt - außer regional im Westen - verbreitet leichten Frost. Vor allem im
Bergland kann Glätte durch gefrieren von Nässe auftreten.

Samstag... schwenkt der Höhenrücken über Deutschland hinweg nach Osten, während
das korrespondierende Bodenhoch seinen Schwerpunkt über dem östlichen
Mitteleuropa mit ca. 1027 hPa hat. Damit kommen wir niedertroposphärisch in eine
schwache südliche bis südwestliche Strömung mit der aber nur zögernd eine
Milderung einsetzt. In der unteren Troposphäre liegen die Temperaturen in 850
hPa mittags zwischen -8 Grad an der Oder und -3 Grad im Westen.
In der mittleren Troposphäre setzt dagegen im Tagesverlauf von Nordwesten her
kräftige Warmluftadvektion ein, die einen weiteren Höhenrücken stützt, der von
Westen her übergreift, zum anderen ist die WLA mit einer schwachen Okklusion
verbunden, die unter Auflösungstendenzen über Benelux näherkommt, sich gegen das
Hoch im Osten aber nicht mehr durchsetzen kann.
Im Nordwesten ziehen somit dichtere Wolken auf, an der Grenze zu Benelux kann es
ein paar Tropfen Regen geben. Auch der Südostwind zieht dort etwas an mit
einzelnen 7er Böen direkt an der Nordsee.

Ansonsten bietet der Tag längeren Sonnenschein vor allem in großen Teilen des
Ostens und im Südwesten, dazwischen mehr Cu/Sc/Ac Bewölkung, aber höchstens eine
geringe Schauerneigung.

Über der Westhälfte liegt etwas mildere Luft in der es 9 bis 14 Grad gibt, die
Osthälfte zeigt sich dagegen noch leicht unterkühlt mit maximal 6 bis 10 Grad.
Warnungen sind tagsüber nicht nötig, abgesehen von eventuellen Windwarnungen an
der Nordsee.

In der Nacht zum Sonntag ziehen die Frontreste in Form starker Bewölkung und
höchstens geringem Regen über den Nordwesten nach Osten bis Nordosten, dort
bleibt es frostfrei. Ansonsten bestimmt das etwas nach Osten zurückweichende,
sich aber weiter kräftigende Hoch unser Wetter. Bei geringer Bewölkung gibt es
leichten Frost. In trockener Luft aber keine Glätte.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Unschärfen im Detail sind erst im
Nowcasting klärbar.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner