DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-03-2020 18:01
SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Erst noch Zwischenhoch, dann FLORA, das GIESELA - für Abwechslung ist weiterhin
gesorgt.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... dümpelt das Wetter bei uns mehr oder minder uninspiriert vor sich
hin, ohne dass dabei nennenswerte Dinge passieren. Muss ja auch mal sein, waren
doch die letzten Wochen extrem ereignisreich, und auch die nächste Woche hat
diesbezüglich noch einiges in petto. Zur Zeit bestimmt aber ein sogenanntes
Zwischenhoch das Geschehen, das zwar im Süden und Südosten noch letzte
Niederschläge zulässt, sonst aber keine Schlagzeilen liefert. Obwohl in der
Nacht zum Sonntag der korrespondierende Höhenrücken von Westen her übergreift,
beginnt der Luftdruck im Westen und Nordwesten bereits wieder zu fallen, wodurch
der Zwischenhochkeil in Richtung Alpen gedrückt wird. Den Rücken überlaufende
WLA kündigt die Annäherung einer Warmfront an, die zu dem Sturmtief FLORA
gehört, das vom Seegebiet süd-südöstlich Islands die Norwegische See ansteuert.
Ihre Wetterwirksamkeit beschränkt sich weitgehend auf mehrschichtige Bewölkung,
die bis Sonntagfrüh bis zur Mitte vorankommt. Zwar sind hier und da ein paar
Tropfen in homöopathischer Dosis nicht ausgeschlossen, im Großen und Ganzen
bleibt es aber trocken. Im Nordwesten legt der Gradient soweit zu, dass
insbesondere über der freien Nordsee die ersten steifen Böen 7 Bft aus südlichen
Richtungen die Bühne betreten. Ansonsten verhindert die stabile Schichtung eine
substanzielle Windzunahme, einzig in freien Höhenlagen sowie exponierten Kamm-
und Kuppenlagen reicht es für Spitzen der Stärke 7-8 Bft, auf dem Brocken später
9 Bft.
Der Süden und Osten werden in der Nacht noch vom scheidenden Zwischenhoch
respektive dem Rücken beeinflusst. Dabei lassen die Niederschläge im Südosten
immer mehr nach, am längsten fallen noch am Alpenrand sowie im Bayerischen Wald
ein paar Schnee- oder Schneeregenschauer. Ansonsten lockert die Wolkendecke
zusehends auf, was bei windschwachen Bedingungen die Temperatur in
Gefrierpunktnähe oder gar in den leichten Frostbereich sinken lässt.
Insbesondere dort, wo zuvor noch spät Niederschlag gefallen ist und Straßen bzw.
Weg nicht richtig abgetrocknet sind, besteht die Gefahr von gefrierender Nässe.
Nicht auszuschließen, dass sich bevorzugt im Donautal ein paar Nebelfelder
bilden.

Sonntag ... wandert der Rücken unter Verkürzung seiner Wellenlänge über den
Vorhersageraum hinweg, während gleichzeitig der nachfolgende Höhentrog -
ebenfalls unter Phasenverlust, dafür aber mit zunehmender Amplitude - immer
dichter an Deutschland heranrückt. Ihm vorgeschaltet ist die Kaltfront des
langsam über die Norwegische See nordostwärts ziehenden Sturmtiefs FLORA. Bevor
die Kaltfront am Nachmittag auf den Westen und Nordwesten übergreift, gilt es
erst noch die vorlaufende Warmfront durchzulassen, was aber bis Mittag erledigt
sein sollte. Sie fällt weiterhin vornehmlich durch mehrschichtige, teils auch
durchbrochene respektive transparente Bewölkung und weniger durch Regen oder
Nieselregen auf. So dürfen sich der Süden und Osten auf einen gar nicht mal so
unfreundlichen Sonntag mit Auflockerungen oder gar sonnigen Abschnitten freuen,
wobei die meiste Sonne im Alpenvorland bzw. am Alpenrand sowie in Ober- und
Niederlausitz zu erwarten ist.
Derweil setzt am frühen Nachmittag von der Nordsee und den Niederlanden her
leichter Regen ein, der sich bis zum Abend auf eine Linie Lübecker
Bucht-Harz-Pfälzer Wald (+/-) vorarbeitet. Viel Regen fällt nicht (wenn
überhaupt nur wenige Millimeter), weil a) die Front ein eher moderater Vertreter
seiner Zunft ohne besonders ausgeprägte Baroklinität ist und b) der Support aus
der Höhe extrem mager ausfällt (KLA plus konfluente Trogvorderseite). Ein
bisschen gibt es dann aber doch zu bewarnen, was daran liegt, dass der Gradient
im Warmsektor noch etwas zulegt. Für den Westen und Nordwesten bedeutet das ein
vorübergehendes Auffrischen des von Süd auf Südwest drehenden Windes mit Böen 7
Bft, exponiert 8 Bft. In exponierten Hochlagen der westlichen, nördlichen und
zentralen Mittelgebirge stehen Böen 8 Bft, vereinzelt 9 Bft auf der Karte. Nach
Passage der weitgehend stabil durchgehenden Kaltfront wird der Gradient wieder
auseinandergezogen, so dass der Wind am Nachmittag und Abend bereits wieder
nachlässt, insbesondere im Tiefland.
In der vorübergehend einfließenden milderen Luftmasse (Anstieg T850 auf 0°C oder
etwas darüber) steigt die 2m-Temperatur auf Werte zwischen 8 und 13°C.

Kommen wir zur Nacht zum Montag, in der die etwas nach Südwesten zurückhängende
Kaltfront Deutschland ost-südostwärts passiert. Rückseitig wird ein Schwall
erwärmter Meereskaltluft subpolaren Ursprungs eingespült, in der die
850-hPa-Temperatur auf bannig kalte 0 bis -3°C zurückgeht. Mit der Front
verlagert sich das zugehörige Regengebiet via Mitte in den Osten und Süden,
wobei die Mengen meist überschaubar bleiben. Allenfalls in den zentralen und
südwestlichen Mittelgebirgen reicht es staubedingt mal für 5 bis 10 mm innert 12
h, aber nur ganz vereinzelt für etwas mehr. Etwas aufpassen muss man, wenn der
Regen den Alpenrand und den Bayerischen Wald erreicht, was erst relativ spät der
Fall ist. In einigen geschützten Tälern kann die Temperatur zuvor evtl. in den
leichten Frostbereich zurückgehen, was dann die Gefahr von gefrierendem Regen
birgt. Die Hinweise der Numerik allerdings sind dünn, und wenn, dann dürfte das
Phänomen nur sehr lokal und auch nur sehr kurzzeitig auftreten.
Während das Geschilderte im Osten und Süden bei vergleichsweise stabilen
Schichtungsverhältnissen über die Bühne geht, kommt es weiter westlich zu einer
kontinuierlichen Labilisierung der Luftmasse. Grund dafür ist das Nachrücken des
Höhentroges, der zwar immer schmaler und länger wird, es aber trotzdem schafft,
etwas Höhenkaltluft einzuschmuggeln. Bis zum frühen Sonntagmorgen sinkt die
500-hPa-Temperatur zwischen SH und RP auf ca. -30°C oder etwas darunter (DeltaT
850-500 bei 27/28 Grad), was trotz "ungünstiger" Tageszeit ausreicht, um einige
Schauer ins Leben zu rufen. Dabei kann ein kurzes Gewitter ebenso nicht
ausgeschlossen werden wie ein paar (nasse) Schneeflocken in höheren Lagen.

Montag ... tropft der Höhentrog südlich der Alpen im französisch-italienischen
Grenzbereich ab, wobei über dem Ligurischen Meer eine Zyklogenese angestoßen
wird. Cut-Off-Tief und auch Bodentief zieht es aber rasch in südlichere Gefilde
um Sizilien herum, so dass sie kaum bis keinen Einfluss auf unser Wetter
ausüben. Hier gilt es den Blick auf das immer kärglicher werdende Trogresiduum
zu werfen, das ganz langsam über den Vorhersageraum ostwärts schwenkt. Viel
Schmackes ist nicht dahinter, aber es reicht für eine Labilisierung der von
Westen einfließenden subpolaren Meeresluft (T850 0 bis -3°C). Nach Abzug des
frontalen Regens aus dem Osten und Südosten - am längsten hält sich der
Niederschlag am Alpenrand, wo die Schneefallgrenze allmählich auf etwa 1000 bis
800 m sinkt - entwickeln sich vermehrt Schauer oder auch mal kurze Gewitter.
Dabei ist die flüssige Phase dominant, es kann aber auch mal Graupel und
oberhalb etwa 700-800 m Schnee am Start sein. Zwischen den Schauern lockert die
Wolkendecke aber auch mal etwas auf bei Tageshöchstwerten von 6 bis 12°C. Der
westliche Wind hält sich zumindest tagsüber noch dezent zurück, nur ganz oben
reicht es für ein paar Böen aus der Kategorie 7-8 Bft.

Das ändert sich in der Nacht zum Dienstag, wenn der Trogrest nach Osten
durchschwenkt und ein flacher Rücken folgt, der von WLA überlaufen wird. Fast
noch wichtiger aber ist die Tatsache, dass sich über dem Seegebiet knapp
süd-südwestlich von Island das nächste Sturmtief in Stellung bringt - GIESELA.
Etwas unter 970 hPa Kerndruck sind es um Mitternacht, wobei sich einmal mehr
eine Doppelkernstruktur abzeichnet. Der für uns relevante ist der östliche der
beiden Druckminima, der sich relativ zügig ostwärts verlagert. Für den
Vorhersageraum resultieren daraus drei wesentliche Konsequenzen. Zum ersten wird
massiv niedertroposphärische Warmluft advehiert, in der die 850-hPa-Temperatur
im Westen und Nordwesten von -3°C am Abend auf Werte um +3°C am Morgen steigt.
Zum zweiten nähert sich die Warmfront von GIESELA mit stratiformen Regenfällen,
die laut ICON von 12 UTC auf den Westen und Nordwesten, laut IFS von 00 UTC auf
mehr als die Westhälfte übergreifen. Und zum dritten schließlich frischt der
Süd-Südwestwind ebenfalls im Westen und Nordwesten sowie allgemein in den
Hochlagen des Berglands auf mit Spitzen bis 7 Bft (die stabile Schichtung
verhindert mehr) im Tiefland und bis 10 Bft (Brocken 11 Bft) in exponierten
Kamm-, Kuppen- und Gipfellagen. Meist bleibt es frostfrei, einzig in geschützten
Tälern der Alpen sowie der östlich gelegenen Mittelgebirge reicht es negative
Zahlen auf der Temperaturskala.

Dienstag ... wandert der Höhenrücken zügig durch und wir gelangen auf die
Vorderseite der über dem nahen Ostatlantik einmal mehr sehr gut ausgeprägten
Frontalzone mit einem Jetmaximum von etwas über 160 Kt (rund 290 km/h) in 300
hPa. Auf seiner kalten Seite steuert GIESELA mit gleichbleibender Intensität
nördlich an Schottland vorbei in Richtung Norwegen, das sie bis Tagesende aber
nicht erreicht. Die zugehörige Warmfront überquert uns ostwärts, was quasi das
ganze Land in den Warmsektor bringt, weil die nachfolgende Kaltfront aufgrund
reduzierter Schubkomponente sowie einer möglichen Wellenbildung auf sich warten
lässt und wohl erst in der Nacht auf Deutschland übergreift.
So breitet sich der stratiforme Regen im Eiltempo auf das gesamte Bundesgebiet
aus, wobei Oberbayern zuletzt dran sein wird. Aufgrund der starken
niedertroposphärischen WLA - immerhin wird milde bis sehr milde und feuchte,
subtropisch angehauchte Meeresluft herangeführt (Anstieg T850 auf +3 bis +7°C) -
sowie der relativ guten Durchmischung steigt die Schneefallgrenze rasch über das
Kammniveau der Mittelgebirge hinaus an. An den Alpen geht es hoch auf 1800 bis
2000 m - jämmerlich! Zwar werden von den Modellen sowohl in Bezug auf Intensität
als auch auf räumliche Verteilung noch sehr unterschiedliche Lösungen angeboten,
vor dem Hintergrund weiterer Regenfälle in der Nacht zum Mittwoch sollte man
aber eine potenzielle Dauerregenlage in den westlichen und zentralen
Mittelgebirgen mindestens mal im Hinterkopf abspeichern.
Zweiter wichtiger Aspekt neben dem Regen ist der Wind, der tagsüber aus
südwestlichen Richtungen kommend weiter Gas gibt und vielerorts Stärke 7 Bft
erreicht. An der See (vor allem Nordsee) sowie in orografisch "günstigen" Lagen
stehen Böen 8 Bft, ganz vereinzelt 9 Bft, in exponierten Hochlagen bis zu 11 Bft
auf dem Programm. Dazu kredenzt uns das Thermometer Tageshöchstwerte von etwa
8°C in Niederbayern bzw. der Oberpfalz und bis zu 14°C zwischen Kleve und Bad
Neuenahr-Ahrweiler.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die Entwicklung als solche ist unstrittig. Ein paar offene Fragen gibt es noch
hinsichtlich Timing sowie Intensität von Wind und Regen am Dienstag.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann