DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-03-2020 08:30
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 03.03.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM, Übergang zu Wz bzw. Ws
Unbeständig und verhältnismäßig kühl, im Bergland zeitweilige leichte
Schneefälle. Heute und am Donnerstag zumindest in Gipfellagen Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... greift von den Britischen Inseln her ein Höhentrog unter Verkürzung
seiner Wellenlänge auf Mitteleuropa über. Abends verläuft dessen Achse von der
Deutschen Bucht über die Westhälfte Deutschlands hinweg südwärts.
Trogvorderseitige PVA bzw. die daraus resultierende Hebung hat nicht nur in
Oberitalien eine Zyklogenese in Gang gesetzt, sondern auch eine Lee-Zyklogenese
im Alpenvorland. Das daraus resultierende Bodentief verlagert sich nordwärts,
hat inzwischen Südpolen erreicht und zieht bis zum Abend zur polnischen
Ostseeküste. An dessen Südrand wurde die schwache Föhnsituation an den Alpen
beendet, aktuell verlagert sich eine Druckwelle über Süd- und Südostdeutschland
hinweg ostnordostwärts, wobei es auf deren Rückseite noch bis in den Nachmittag
hinein vor allem dort, aber auch etwa vom Harz bis zum Erzgebirge steife Böen,
im Südosten, insbesondere im Alpenvorland in freien Lagen auch stürmische Böen
aus Nordwest gibt. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss mit
Sturmböen gerechnet werden, auf exponierten Alpengipfeln mit schweren Sturmböen.
Mit Abzug der Druckwelle bzw. des Tiefs lässt der Wind aber am Nachmittag und
Abend deutlich nach.
Mit dem Trog gelangt ein Schwall maritimer Polarluft ins Vorhersagegebiet,
zunächst niedertroposphärisch. So sinkt die Temperaturen in 850 hPa auf etwa -3
bis -5 Grad. An der Westflanke des Tiefs gibt es in der Osthälfte und im
Südosten verbreitet leichte Niederschläge, wobei die Schneefallgrenze auf etwa
600 m sinkt, teilweise auch noch etwas darunter. In den Staulagen der Alpen
fallen bis zum Nachmittag gebietsweise mehr als 5 cm Neuschnee, ansonsten kommen
auch in höheren Mittelgebirgslagen kaum nennenswerte Schneemengen zusammen,
allerdings kann es Glätte durch Schneematsch geben.
Mit Annäherung des Troges gelangt die Westhälfte im Laufe des Mittags und des
Nachmittags zunehmend in den Einflussbereich höhenkalter Luftmassen. Die
Temperatur in 500 hPa sinkt auf -30 bis -34 Grad. Mit Annäherung der Trogachse,
auf deren Vorderseite auch noch etwas dynamische Hebung durch PVA generiert
werden kann, lebt dort ab den Mittagsstunden die Schauertätigkeit auf. Die
Luftmasse ist zunehmend labil geschichtet, dabei kann gebietsweise auch etwas
Cape (meist aber unter 100 J/kg) generiert werden, so dass auch einzelne kurze
Graupelgewitter nicht ausgeschlossen sind, am ehesten noch im Nordwesten und
ganz im Westen, eventuell noch bis in den zentralen Mittelgebirgsraum reichend.
Bei nur noch verhältnismäßig schwachen Höhenwinden und einem nicht allzu großen
Spread in Bodennähe reicht es auch in der Umgebung etwas kräftigerer Schauer
bzw. Gewitter für kaum mehr als steife, maximal für stürmische Böen. Oberhalb
von 600 m, bei kräftigeren Schauern auch bis 500 m herab, fällt dabei neben
Graupel auch Schnee, allerdings sind die Mengen so gering, dass es auch in
höheren Lagen kaum für eine nennenswerte Schneedecke reicht, allerdings kann
Glätte durch Schneematsch auftreten.
Während es in der Osthälfte meist stark bewölkt bleibt, zeigt sich im Westen und
später mit Vordringen eines flachen Bodenhochkeils auch im Süden ab und zu die
Sonne. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 4 und 8 Grad, mit etwas Sonne im
Westen auch knapp darüber.

In der Nacht zum Mittwoch verstärkt sich ein Höhenrücken über Osteuropa, wodurch
der Höhentrog über Mitteleuropa blockiert wird und nur zögernd unter
Wellenlängenverlust nach Osten vorankommt. Immerhin erreicht er mit seiner Achse
in den Frühstunden die Osthälfte Deutschlands.
Das Bodentief verlagert sich Richtung Gotland und vorderseitig eines flachen
Höhenrückens über den Britischen Inseln bzw. Nordwestfrankreich kann sich der
nach Süddeutschland gerichtete Bodenhochkeil verstärken.
Mit Abzug des Tiefs lassen auch im Nordosten die Niederschläge im Laufe der
Nacht nach und vor allem dort bzw. in der Südhälfte lockern die Wolken stärker
auf. Lediglich an den Alpen reicht es eventuell noch für ein paar leichte
Schneeschauer. Anders im Westen und im zentralen Mittelgebirgsraum: Im
Einflussbereich der höhenkältesten Luftmasse (weiterhin unter -30 bis -33 Grad
in 500 hPa) können sich dort noch einzelne, allerdings meist nur unergiebige
Schauer entwickeln, die oberhalb von 300 bis 400 m teils als Schnee fallen und
stellenweise zu Glätte führen. Dabei werden die höchsten Mengen meist im
Bergischen Land bzw. im Sauerland simuliert (ICON-EU und IFS bis 5 mm, C-D2 gar
bis an die 10 mm, GFS nur wenige mm), so dass sich dort in Staulagen auch eine
dünne Schneedecke ausbilden kann.
Während es im Westen und Nordwesten meist nur im Bergland für Frost reicht, gibt
es im Osten und Süden bei aufgelockerter, teils geringer Bewölkung vielerorts
leichten Frost und stellenweise auch Glätte durch Überfrieren. Der Wind spielt
warntechnisch ausnahmsweise mal keine Rolle.

Mittwoch... kommt der Höhentrog allmählich nach Polen und Tschechien voran,
dahinter stellt sich recht glatte nordwestliche Höhenströmung ein, mit der ein
weiterer flacher kurzwelliger Anteil über Deutschland hinweg südostwärts
schwenkt. Die höhenkälteste Luftmasse (nach wie vor -30 bis -33 Grad in 500 hPa)
verlagert sich dabei in die Nordost- und Osthälfte des Vorhersagegebietes.
Auch im Bodenfeld zieht ein flacher Trog vor allem über die Mitte und den Norden
des Landes hinweg ostwärts. Unterstützt durch den Tagesgang lebt in dessen
Einflussbereich im Tagesverlauf die Schauertätigkeit in weiten Teilen des Landes
wieder auf, lediglich ganz im Westen und im Südwesten bleibt es im
Einflussbereich des dorthin gerichteten und sich etwas verstärkenden
Bodenhochkeils meist trocken. Mit Abzug des Troges klingen dann am Nachmittag
und Abend auch im Norden und Osten die Schauer allmählich ab.
Bei Temperaturen zwischen -3 und -5 Grad in 850 hPa und gut durchmischter
Luftmasse spielt die feste Phase wohl nur oberhalb von 600 bis 800 m eine Rolle
und die Mengen sind so gering, dass es meist nur für Glätte durch Schneematsch
reicht. Kurze Gewitter sind nicht ausgeschlossen, die Wahrscheinlichkeit dafür
ist aber geringer als heute.
Der Wind frischt zeitweise böig aus West auf, in den Kamm- und Gipfellagen der
nord- und ostdeutschen Mittelgebirge kann es steife bis stürmische Böen geben,
in kräftigeren Schauern auch in den Niederungen.
Vor allem im Südwesten, aber auch an den Alpen und in der Lausitz sowie später
im Nordseeumfeld zeigt sich immer wieder mal die Sonne. Die Höchstwerte liegen
meist zwischen 5 und 9 Grad, am Rhein gebietsweise um 10 Grad, leichten
Dauerfrost gibt es wohl lediglich in den höchsten Kammlagen.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Trog über dem östlichen Mitteleuropa kaum
mehr nach Osten voran und verliert mehr und mehr an Kontur. Ein weiterer,
kurzwelliger Trog überquert den Süden der Britischen Inseln ostwärts und
erreicht Südostengland. Auf dessen diffluenter Vorderseite wird durch kräftige
WLA - unterstützt durch ausgeprägt differentielle PVA - großflächig Hebung
generiert, wobei sich ein mit dem Trog korrespondierendes Bodentief unter
Vertiefung bis zum Morgen etwa zur Themsemündung (nach Lesart des ICON-EU und
GFS) verlagert. Das Frontensystem des Tiefs greift unter beginnendem
Okklusionsprozess auf Frankreich über, die vorgelagerten Niederschläge erreichen
ausgangs der Nacht den Westen und Südwesten Deutschlands (etwa Emsland bis
Schwarzwald). Die Schneefallgrenze liegt anfangs bei etwa 400 m, steigt aber vor
allem ganz im Westen rasch an.
Im Nordosten klingen die letzten Schauer rasch ab und die Wolken lockern auf,
vor allem im Osten und Süden verläuft die Nacht aufgelockert bis gering bewölkt,
so dass es dort leichten Frost und örtlich Glätte geben kann. Im Westen und
Nordwesten verläuft die Nacht frostfrei. Im Übergangsbereich kann es mit
Übergreifen der Niederschläge auch gefrierenden Regen geben, am ehesten in
einigen Tälern der zentralen Mittelgebirge und im Südwesten.
Der Wind nimmt zunächst auch in den Höhenlagen ab und dreht von Westen her auf
Süd bis Südost. Morgens frischt er im Südwesten wieder auf, ist aber meist noch
nicht warnrelevant. Lediglich auf exponierten Gipfeln und in einigen Lee-Lagen
reicht es für Böen Bft 7 bis 8.

Donnerstag... kommt der Trog weiter nach Osten voran und erreicht abends den
äußersten Westen Deutschlands. Die Hebungsprozesse auf dessen Vorderseite
schwächen sich nur zögernd ab.
Das korrespondierende Bodentief zieht somit ohne großartige Intensitätsänderung,
aber unter fortschreitendem Okklusionsprozess nach Westdeutschland. Somit
gelangt lediglich der äußerste Süden in den "Genuss" des immer kleiner werdenden
Warmsektors, dort steigt die Temperatur in 850 hPa bis auf +5 Grad am
vorübergehend leicht föhnigen Alpenrand. Sonst liegen die Werte in 850 hPa
zwischen -2 Grad im Norden und um oder knapp über 0 Grad im Südwesten. Die
Niederschläge weiten sich nordostwärts aus, lediglich ganz im Nordosten, in
Ostvorpommern und in Teilen Brandenburgs, bleibt es wohl noch trocken. Nach
Lesart des IFS zieht das Tief generell auf etwas südlicherer Zugbahn, so dass es
in weiten Teilen Süddeutschlands trocken bleiben dürfte.
Dabei kann es anfangs recht weit runterschneien (bis etwa 600 m), am Vormittag
aber stellenweise auch gefrierenden Regen geben, wobei die Wahrscheinlichkeit
dafür nur gering sein dürfte. Im Tagesverlauf steigt die Schneefallgrenze aber
wohl meist rasch auf 800 bis über 1000 m. Vor allem im Schwarzwaldstau und
Richtung Bodensee werden gebietsweise mehr als 25 mm in 12 Stunden simuliert
(ICON-EU im Südschwarzwald sogar mehr als 40 mm, GFS und IFS generell weniger).
Warntechnisch von Relevanz ist auch der Wind, zunächst in erster Linie in den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen, wo es stürmische Böen
oder Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen aus Südost bis Süd geben kann.
Im Erzgebirge frischt der Böhmische Wind auf mit Böen Bft 7 bis 8 in dafür
prädestinierten Tälern. Mit Übergreifen des Tiefs auf das Vorhersagegebiet gerät
der Südwesten des Landes an dessen mit einem scharfen Gradienten ausgestatteten
Südflanke, so dass es dort auch in den Niederungen für steife bis stürmische
Böen aus Südwest bis West reicht, vor allem mit Frontdurchgang. Kurze Gewitter
sind dann ebenfalls nicht ausgeschlossen.
Richtung Oder und Neiße scheint ab und zu die Sonne, sonst bleibt es meist stark
bewölkt und die Höchstwerte liegen weiterhin meist zwischen 5 und 9 Grad, in der
Lausitz knapp darüber.

In der Nacht zum Freitag kommen Trog und Bodentief nur zögernd nach Osten voran,
das Tief erreicht morgens nach Lesart von ICON/GFS in etwa die Oder, nach IFS
Nordwestsachsen. Auf dessen Rückseite sickert wieder etwas kühlere Luft (um -4
Grad in 850 hPa) vor allem in die Westhälfte und in die Mitte des Landes, so
dass die zunehmend konvektiv durchsetzten Niederschläge oberhalb von etwa 400 m
wieder teilweise in Schnee übergehen. Einzelne kurze Gewitter sind dabei nicht
ausgeschlossen. Mit der vom IFS simulierten südlicheren Zugbahn werden vor allem
in den zentralen Mittelgebirgen etwas intensivere Niederschläge simuliert (über
10 mm in 12 Stunden) und in den höheren Lagen (oberhalb von 600 m) entsprechend
höhere Neuschneemengen. Ansonsten betragen die simulierten Mengen meist 2 bis 8
mm, lediglich im Schwarzwald gebietsweise mehr als 10 mm (in erster Linie nach
ICON-EU).
Der Wind weht an der Südflanke des Tiefs weiterhin lebhaft aus West bis Südwest,
in Süddeutschland kann es auch in den Niederungen steife, in freien Lagen
stürmische Böen geben, in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der
Alpen muss mit Sturmböen gerechnet werden.
Frost gibt es wohl lediglich im höheren Bergland.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis Mittwoch fahren die Modelle eine einheitliche Linie, prognose- und
warnrelevante Unterschiede sind kaum auszumachen.
Die Simulation der Zugbahn des Tiefs am Donnerstag ist weiterhin noch mit
leichten Unterschieden behaftet, wobei GFS und ICON eine etwas nördliche Zugbahn
auf der Agenda haben als IFS und GEM.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff