DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-03-2020 17:30
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 01.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht Durchzug eines Randtiefs mit Sturmböen, im Süden auch mit schweren
Sturmböen sowie einzelnen Gewittern. Am Montag rasche Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... richtet sich der Blick gen Westen, wo ein kleines, aber durchaus
giftiges Tief namens "Diana II" ante portas steht bzw. schon im Begriff ist, auf
Deutschland überzugreifen. Es liegt entwicklungsgünstig auf der Vorderseite
eines Randtroges, der gekoppelt ist an einem Langwellentrog über dem
Nordostatlantik und über Frankreich bis in den Löwengolf reicht. Vor allem PVA
"füttert" Daisy anfangs noch weiter, sodass ein minimaler Kerndruck um oder
knapp unter 990 hPa in den nächsten Stunden zu erwarten ist. Dabei trägt das
Tief gewisse Züge einer "Shapiro-Keyser-Zyklone", ohne dabei ein reinrassiges
Exemplar dieser Spezies zu sein (keine abgesetzte Kaltfront eindeutig
erkennbar). Eine "Dry Intrusion" jedenfalls ist im Satellitenbild erkennbar,
zudem werden Wolkenformationen in der herumgeholten Okklusion sichtbar, die
stark an einen "Sting Jet" erinnern. Tatsächlich treten die stärksten Böen sogar
im Bereich knapp südlich davon auf und haben in Frankreich schon Böen bis 120
km/h (Bft 12) auf 600 m Höhe gebracht, weiter unten wurde eine 109 km/h Böe (Bft
11) registriert.
In der Nacht zum Montag zieht das Zentrum des Tiefs mit progressiver Verlagerung
des Troges über die Mitte Deutschlands hinweg nach Nordosten. Die Zugbahn wird
voraussichtlich von Luxemburg über Nordhessen und über Vorpommern verlaufen. GFS
und EURO4 zeigen eine etwas nördlicheren Linie über die Eifel, über Ost-NRW und
über Mecklenburg hinweg. Bei einem Modellvergleich für 15 UTC zeigte die
deutsche Modellkette die besten Ergebnisse, sodass diese Variante bzw. dieser
Verlauf am ehesten eintreffen.
Das Windfeld von "Diana II" lässt den Wind vorübergehend deutlich auffrischen,
sodass zunächst im Südwesten und teils bis in die Mitte stürmische Böen Bft 8
auftreten, gebietsweise auch Sturmböen Bft 9. Im Bergland sind schwere Sturmböen
Bft 10, exponiert orkanartige Böen Bft 11 oder sogar Orkanböen Bft 12 zu
erwarten. Die kräftigsten Entwicklungen werden weiterhin knapp südlich der
herumgeholten Okklusion auftreten, dieser Bereich wird etwa über dem nördlichen
Baden-Württemberg nach Deutschland vorstoßen und vereinzelt wohl schwere
Sturmböen bringen. Das Windfeld zieht in einem Zeitraum von etwa 3 bis 6 Stunden
rasch über uns hinweg.
Bereits auf dem weiteren Weg nach Osten schwächt sich der Wind deutlich ab, da
das Tief durch den sich rasch abflachenden Randtrog nun seinen Höhepunkt
überschritten haben wird. Im Südosten und bis in die östliche Mitte sind dann
aber noch starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 im Tiefland mit von der Partie.
Im Bergland reicht es für Sturmböen Bft 9, exponiert mit geringer
Wahrscheinlichkeit für orkanartige Böen Bft 11.
Darüber hinaus werden im bis in die Mitte reichenden Niederschlagsgebiet
einzelne Gewitter simuliert. Die Lapse Rates sind durch labile Biskayaluft
ordentlich (bis -0,8 Grad/100 m), MU-CAPE steht jedoch nur sehr bedingt zur
Verfügung (was nichts heißen muss). Scherung und SRH hingegen sind hoch, die
Oberwinde in 850 hPa mit etwa 50 Knoten in der Spitze auch nicht von schlechten
Eltern. Diese würden bei starken Gewittern bis ins Tiefland schwere Sturmböen
Bft 10 zulassen. COSMO-D2 zeigt dann auch entsprechende Wahrscheinlichkeiten für
10er-Böen in einem Bereich von Rheinland-Pfalz über Baden-Württemberg und
Südhessen bis ins westliche Bayern. Signale für 11er Böen sind ebenfalls
vorhanden, allerdings nur mit sehr geringen Wahrscheinlichkeiten und vornehmlich
über den Bergkuppen.
Die Niederschlagsmengen der schnell durchziehenden "Diana" bleiben meist gering,
die meisten Modelle prognostizieren 1 bis 8 l/qm. Die Schneefallgrenze liegt
Montagmorgen im Norden bei 300 bis 700 m, im Süden bei 600 bis 1000 m. In den
westlichen und zentralen Mittelgebirgen sowie in den Alpen und im Bayerischen
Wald fallen wenige Zentimeter Schnee.
Die Temperaturen sinken auf 5 Grad im Norden bis 0 Grad im Süden, im Bergland
auf 1 bis -5 Grad. Im Süden und im Bergland besteht deshalb Glättegefahr.

Montag ... zieht "Diana II" bereits in den Morgenstunden unter weiterer
Auffüllung nach Osten ab. Ein weiterer Randtrog, der bis zu den Pyrenäen
amplifiziert, schickt dann allerdings Tief "Diana I" ins Rennen. Dieses Tief
wird mittags mit einem Kerndruck von etwa 985 hPa über der Deutschen Bucht
liegen.
Die Ausläufer des Tiefs bringen neuen schauerartigen Regen in die Westhälfte des
Landes, wobei meist zwischen 3 und 10 l/qm bis zum Abend fallen. In der
Osthälfte ist schwacher Zwischenhocheinfluss wirksam, der die Wolken örtlich
auflockern lässt.
Darüber hinaus induziert der sich amplifizierende Trog über dem zentralen
Mittelmeer eine Zyklogenese. Das Hebungsgebiet des neuen Tiefs erfasst in den
Nachmittagsstunden aus den Alpen heraus die Gebiete südlich der Donau.
Der Gradient wird zwischen den drei Tiefdruckgebieten auseinandergezogen, sodass
Wind keine vordergründige Rolle mehr spielt. Auf den höchsten Gipfeln sind noch
einzelne stürmische Böen möglich, auf Alpengipfeln einzelne Sturmböen.
Die Temperaturen erreichen 7 bis 12 Grad, in den Bergen 1 bis 5 Grad. Schnee
fällt daher nur auf den höchsten Gipfeln ohne nennenswerte Akkumulation.

In der Nacht zum Dienstag wandert der Randtog unter weiterer Amplifizierung ins
westliche Mitteleuropa und erreicht somit Deutschland. "Diana I" zieht unter
Abschwächung vor die Südspitze Norwegens, die Ausläufer überqueren mit Regen-,
im Bergland Schneefällen Deutschland. Die Niederschlagsmengen liegen bei 1 bis 5
l/qm in 12 Stunden. Im Süden verstärkt die weiter vorhandene Hebung (im
Wesentlichen WLA) durch das Mittelmeertief die Niederschläge, sodass dort 10 bis
15, lokal um 20 l/qm zusammenkommen. Die Schneefallgrenze sinkt auf 400 bis 600
m. An bzw. in den Alpen fallen entsprechend 10 bis 20 cm Schnee.
Der Wind weht bei flacher Druckverteilung nur noch schwach bis mäßig um West,
nur im Bergland sind einzelne starke bis stürmische Böen möglich.
Postfrontal sorgt Absinken von Westen her für Auflockerungen, im Westen bleibt
es dann meist auch trocken. Es fällt auf, dass die Modelle das Abziehen der
Fronten unterschiedlich schnell berechnen. So sind EZMW und EUORO4 langsamer als
die deutsche Modellkette, die die Fronten schon in den Morgenstunden nach Osten
abziehen lässt.
Die Temperaturen gehen auf 4 bis 0, ganz im Süden sowie im Bergland auf 1 bis -5
Grad zurück. Dort muss mit Glätte gerechnet werden.

Dienstag ... wird der Randtrog durch einen weiteren Randtrog regeneriert, sodass
er kaum noch nach Osten vorankommt.
Die über der Osthälfte langsam abziehenden Fronten lässt es dort noch etwas
regnen. Nach GFS sollen die Fronten bereits am Vormittag abziehen, was auch ICON
in den Vorläufen noch so drin hatte, sich nun aber an die anderen Modelle
angepasst hat.
Ansonsten gibt es durch postfrontale Subsidenz zunächst ein paar Aufheiterungen
in der Mitte und im Westen, mit dem Trog werden allerdings auch Schauer und
vereinzelte Gewitter generiert. Diese sind vor allem im Nordwesten anzutreffen,
die Regenmengen betragen 1 bis 5 l/qm.
Nach Süden hin stellt sich vorübergehend Zwischenhocheinfluss ein, sodass es
dort größtenteils trocken ist. Direkt am Alpenrand fällt durch das Aufgleiten
des Mittelmeertiefs immer noch ein wenig Regen, im Bergland Schnee. Die
Niederschlagsmengen liegen ebenfalls zwischen 1 und 5 l/qm. Die Schneefallgrenze
ist bei 700 bis 900 m zu finden, oberhalb gibt es wenige Zentimeter Neuschnee.
Der Wind weht mäßig, teils frisch, im Bergland treten starke bis stürmische Böen
auf.
Die Temperaturen liegen zwischen 4 und 9 Grad, im Süden und im Bergland bei -1
bis 4 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch verbleibt der Trog über Deutschland und kommt dabei
nur marginal nach Osten voran. Am Boden ist der Trog mit mehreren Minima über
der Nordsee verbunden, auf deren Südseite eine westliche Strömung vorherrscht.
Mit dieser wird recht kühle und feuchte Meeresluft zu uns verfrachtet, die für
einzelne Schauer vom Norden bis zum Teil in die Mitte sorgt (1 bis 5 l/qm). Auch
am Alpenrand gibt es noch letzte Schneefälle. In einem Streifen dazwischen
dominiert der Zwischenhocheinfluss und es bleibt weitgehend trocken.
Der Wind weht im Süden meist nur schwach, nach Norden hin teils mäßig.
Die Temperaturen sinken auf 3 bis 0 Grad im Nordwesten, sonst auf 0 bis -5, an
den Alpen bis -7 Grad. Dabei kann es durch etwas Schnee oder überfrierende Nässe
glatt werden.

Mittwoch ... schwenkt der Trog nach Nordosten ab, ihm folgt ein flacher Rücken.
Die südwestliche Strömung wird dadurch antizyklonal deformiert, außerdem bildet
sich ein Hoch über den Alpen mit einem Ableger und Südpolen. Dadurch steigt der
Druck von Südosten her.
Die eingeflossene alternde Meeresluft lässt bei zeitweiligem Sonnenschein aber
hier und da noch leichte Schauer aufleben, die Niederschlagsmengen bleiben mit 1
bis 5 l/qm weiterhin gering.
Der südwestliche Wind weht bei schwachen Luftdruckgegensätzen schwach bis mäßig,
Böen gibt es keine.
Die Temperaturen bewegen sich mit 3 bis 9 Grad auf dem Niveau des Vortages.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich im Groben einig, erzielen aber in den Details in manchen
Phasen keinen Konsens. Unterschiede wurden in den obigen Ausführungen bereits
erläutert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler