DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-03-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 01.03.2020 um 10.30 UTC



Zunächst Troglage, dann Hochkeil, zum Ende Westlage mit etwas nach Norden
verschobener Frontalzone. Noch große Modellunterschiede, die eine
Mittelfristprognose nur eingeschränkt möglich macht.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 08.03.2020


Am Mittwoch reicht ein breiter Trog über Mitteleuropa bis in den zentralen
Mittelmeerraum. Dadurch wird über dem Balkan Zyklogenese induziert. Zwischen dem
Balkantief und tiefem Luftdruck über Südskandinavien schiebt ein flaches
Bodenhoch seine Fühler bis nach Deutschland. Das Wetter gestaltet sich dabei
wechselnd wolkig. Durch den Trogeinfluss kann es hier und da zeitweise
schauerartige Niederschläge geben (im höheren Bergland auch als Schnee). Nachts
gibt es abgesehen vom Nordwesten häufig Frost.

Am Donnerstag verbleibt Deutschland unter Trogeinfluss, wobei Kurzwellentröge
für zeitweilige Verstärkung der Schaueraktivität sorgen. Neben dichteren
Wolkenfeldern und Schauern, gibt es aber auch sonnige Abschnitte. Der Wind
bleibt allgemein schwach, da am Boden auch weiterhin ein flaches Zwischenhoch
dominieren. In der Nacht gibt es erneut vielerorts leichten, in den Alpen auch
mäßigen Frost.

Am Freitag ändert sich nichts Wesentliches. Der Trogeinfluss über Mitteleuropa
bleibt weiter bestehen. Insgesamt hat die Höhenströmung tagsüber einen leicht
antizyklonalen Touch (flacher kurzwelliger Rücken). Entsprechend ist die
Schaueraktivität eher begrenzt. Nur im Bergland und an der Nordsee sind einzelne
kurze Schauer möglich. Im Südwesten kann die Sonne sogar längere Zeit scheinen.
Nachts sorgt ein Randtrog vor allem in den westlichen Landesteilen für
schauerartige Niederschläge. In der Südhälfte gibt es häufig Frost, im
süddeutschen Bergland auch mäßig.

Am Wochenende weitet sich von Westen kommend ein Höhenkeil bis nach Deutschland
aus, sodass auch am Boden der Luftdruck deutlich ansteigt. Im Süden sind am
Samstag mit dem zuvor ostwärts ablaufenden Trog noch Stauniederschläge an den
Alpen aktiv (Schnee). Nachfolgend greift eine Warmfront auf den Westen über und
bringt dort dichtere Wolken und etwas Regen. Weiter nach Osten verliert sie ihre
Wirksamkeit. Am Sonntag gibt es mit der Nähe zu Frontalzone vor allem nach
Norden zeitweise dichter Wolken, währen weiter nach Süden häufig die Sonne
scheint. Mit dem Warmluftschub gibt es häufig zweistellige Höchstwerte bis 15
Grad am Sonntag. Nächtlichen Frost gibt es vor allem noch im Süden.

In der erweiterten Mittelfrist setzt sich die milde Witterung fort. Dabei sorgen
Tiefausläufer für wechselhaftes Wetter, wobei die Frontalzone etwas nach Norden
verschoben ist. Damit kann von längeren freundlichen Abschnitten vor allem der
Süden profitieren.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist zeigen die verschiedenen Modellläufe im Grunde
Einigkeit. Es gibt aber schon einige Schwankungen im Detail bezüglich der Lage
der verschiedenen kurzwelligen Anteile.

Diese Detailunterschiede nehmen zum Ende der Woche dann deutlich zu. So wird der
Randtrog in der Nacht auf Samstag unterschiedlich gezeigt. Im gestrigen 12 UTC
Lauf lässt sich dieser kaum finden, während er im gestrigen 00 UTC Lauf noch
stärker ausgeprägt war, als im aktuellen ECMWF-Lauf.

Der nachfolgende Höhenkeil wird von allen Modellläufen gezeigt, allerdings
unterschiedlich in der Ausprägung. So findet sich die vorlaufende Warmfront
nicht im gestrigen 12 UTC Lauf. Hingegen wird der Keil robuster und nachhaltiger
im aktuellen ECMWF-Lauf simuliert, als dass in den Vorläufen der Fall war.

Das Fortsetzen der wechselhaften, aber milden Witterung wird in der erweiterten
Mittelfrist allgemein vorhergesagt. Details bleiben unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Betrachtet man die Vorhersagevariante von ICON, so ergeben sich schon zu Beginn
der Mittelfrist eklatante Unterschiede. So berechnet das deutsche Modell ein
kräftiges Bodentief, dass von den Britischen Inseln kommend ostwärts zieht und
in der Nacht auf Freitag den Norden Deutschlands überquert.
Kräftige Aufgleitniederschläge (im Bergland als Schnee) würden demnach bereits
in der Nacht auf Donnerstag auf Deutschland übergreifen. Abgesehen von den
Niederschlägen, wäre auch die Windentwicklung an der Südflanke des Tiefs nicht
zu vernachlässigen.
Diese Entwicklung erscheint aus heutiger Sicht aber eher unrealistisch. So folgt
das GFS im Großen und Ganzen der Variante des europäischen Modells und zeigt das
von ICON simulierte Tief nicht. GEM berechnet zwar eine Randtiefentwicklung,
allerdings deutlich(!) schwächer und mit einer südlicheren Zugbahn über die
südliche Mitte von Deutschland. Das Britischen Modell UKMO simuliert ebenfalls
ein Randtief. Dieses würde über die Mitte des Landes ziehen. Von der Intensität
trifft es zwar nicht die Version von ICON, ist aber stärker als GEM. JMA ist
UKMO recht ähnlich.

Kurzum: Die Option einer Randtiefentwicklung ist aufgrund mehrere Modelllösungen
nicht von der Hand zu weisen. Allerdings scheint die vorhergesagte Intensität
doch etwas übertrieben.

In der weiteren Mittelfrist nähern sich die Modelllösungen wieder an (Rücken,
anschließende Verschiebung der Frontalzone nach Norden). Es gibt aber große
Detailunterschiede.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des ECMWF-Modells für Offenbach zeigen zunächst einen recht
einheitlichen Verlauf bei Temperatur und Geopotential, wobei Haupt- und
Kontrolllauf im Bereich des Median verlaufen und die Schwankungsbreite zum Ende
der Woche etwas zunimmt. Spätestens ab dem Wochenende nehmen die Unsicherheiten
deutlich zu und bei den verschiedenen Membern zeichnet sich eine Bifurkation ab.
Ein Teil der Member verbleiben bei recht niedrigem Geopotential (eher
troggeprägt) und 850 hPa Temperatur, während ein anderer Teil einen deutlichen
Anstieg zeigt (kräftiger Keil/Rücken wird aufgewölbt). Haupt- und Kontrolllauf
zeigen dabei eine sehr ausgeprägte Variante des Rückens und den Oberrand bei
beiden Parametern (H500 und T850).

Das Clustering bietet für den Zeitraum +120 bis +168 h (Fr 00 bis So 00 UTC)
vier Lösungen. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich beide in Cluster 1, welches
in etwas dem im Haupttext geschilderten Szenario folgt. Die anderen Cluster
zeigen alle den Trogeinfluss, allerding mit unterschiedlicher Ausprägung und
Lage von Kurzwellentrögen. Der nachfolgende Keil/Rücken zum Wochenende wird von
Cluster 2 nur ansatzweise und in Cluster 3 und 4 gar nicht gezeigt. Stattdessen
würde weiter vornehmlich Trogeinfluss dominieren.

Das Ensemble des GFS demonstriert ebenfalls zu Beginn noch recht große
Einigkeit, wenngleich es einzelne Modelllösungen gibt, die von der großen
Mehrheit abweichen. Ab Samstag werden die Unterschiede deutlich größer. Der
Median zeigt zwar einen deutlichen Anstieg des Geopotentials, es gibt aber auch
einige Modelllösungen, die dem nicht folgen.

FAZIT: Die Unsicherheiten im Mittelfristzeitraum sind doch recht erheblich. Dies
zeigt sich insbesondere beim Blick auf die Variante des ICON-Modells für
Donnerstag. Zwar erscheint diese Version weniger wahrscheinlich. Schaut man sich
allerdings die Briefmarken aller Läufe des ECMWF an, so lässt sich diese
Variante ganz vereinzelt wiederfinden. Man kann sie also nicht komplett
ignorieren.

Davon abgesehen gehen die Prognosen aller Modelle zwar in die gleiche Richtung,
es gibt aber zum Teil erhebliche Unterschiede im Detail.

Die Mittelfristprognose ist mit dem heutigen Modellstand also nur mit großer
Vorsicht zu genießen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Ob markante Wettererscheinungen zu erwarten sind hängt stark davon ab, in welche
Richtung das Prognosependel einschwenkt. Nimmt man die Modelllösungen des ECMWF
und GFS, so sind wohl im Allgemeinen keine markanten Wettergefahren zu erwarten.

Würde sich hingegen das ICON-Modell durchsetzen, müsste vornehmlich im Bergland
über der Mitte und dem Süden mit Sturmböen gerechnet werden.
Zudem könnte auch der Schneefall markant ausfallen. Das betrifft die
Aufgleitniederschläge in der Nacht auf Donnerstag, von denen vor allem die
westlichen und südwestlichen Mittelgebirge betroffen wären. Aber auch in danach
werden für den Schwarzwald und den Alpenrand zum Teil noch markante Schneefälle
gezeigt, die erst im Laufe des Wochenendes deutlich nachlassen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, EZ-MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer