DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-03-2020 08:01
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 01.03.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr W
WIND:
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge sowie an der Nordsee Sturmböen
(Bft 8/9), auf exponierten Gipfeln schwere Sturmböen (Bft 10, Brocken Bft 11)
aus Südwest. Im Nordwesten und an der gesamten Küste auffrischender Südwestwind
mit stürmischen Böen, im Nordseeumfeld Sturmböen, vor allem entlang der
Nordfriesischen Küste schwere Sturmböen (Bft 10). Im Laufe des Nachmittags
rasche Windabnahme.
Am späten Abend im Südwesten Windzunahme, in der Nacht zum Montag auch auf den
Südosten ausgreifend. Dabei vorübergehend stürmische Böen, im Bergland und im
Alpenvorland Sturmböen, auf Berggipfeln schwere Sturmböen. In der zweiten
Nachthälfte aber bereits wieder Windabnahme.
Am Montag und Dienstag nur auf exponierten Berggipfeln einzelne Sturmböen Bft 9.


GEWITTER:
Im Nordwesten kurze Gewitter, dabei Gefahr von Sturmböen. Am Abend und in der
Nacht zum Montag im Südwesten aufkommende und auf den Süden übergreifende
schauerartige Regenfälle, dabei einzelne Gewitter, auf den Süden übergreifend.
Dabei Sturmböen, schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen.
Am Dienstag im Nordwesten und Westen einzelne Gewitter, dabei mit geringer
Wahrscheinlichkeit stürmische Böen.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland unter einer west-südwestlichen zyklonalen Strömung
(das trifft die Lage besser als die Bezeichnung der Großwetterlage als Trog
Westeuropa) und unter der Frontalzone. Ein darin eingelagerter Kurzwellentrog
überquert den Norden Deutschlands nordostwärts. Dessen Wetterwirksamkeit
beschränkt sich auf ein paar Schauer, die von Westen her übergreifen. Allerdings
frischt im Nordwesten der Wind bis hin zu stürmischen Böen auf; abgesehen vom
Südosten muss nahezu überall mit Windböen gerechnet werden. An der Nordsee und
im höheren Bergland setzen Sturmböen bis Bft 9 ein, auf exponierten Gipfeln und
in Nordfriesland sind schwere Sturmböen (Brocken Bft 11) möglich. Einzelne kurze
Gewitter mit Sturmböen sind im Nordwesten nicht auszuschließen. Nach Passage
dieses Troges erfolgt ab Mittag rasche Wetterberuhigung, so dass warnrelevante
Böen auf exponierte Berggipfel und die Nordseeküste beschränkt sind.
Wesentlich interessanter ist der nachfolgende Kurzwellentrog, der ab Mittag auf
die Bretagne übergreift. Dieser Trog induziert die Entwicklung eines flachen
Randtiefs, das in entwicklungsgünstiger Lage am Abend den Westen Deutschlands
erreicht. Von Westen her setzt Warmluftadvektion und hierdurch Niederschlag ein;
zudem frischt der Wind bis hin zu Sturmböen in höheren Berglagen auf.
In der relativ gut durchmischten Luftmasse sind zwischen den Schauern und in
Verbindung mit der Wetterberuhigung auch größere Auflockerungen zu erwarten. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 8 bis 13, am Oberrhein bis 15 Grad.
In der Nacht zum Montag wird das Randtief über die Mitte Deutschlands hinweg
nordostwärts gesteuert und überquert ausgangs der Nacht den Berliner Raum. An
dessen Südflanke, d.h. vom Südwesten auf den Süden Deutschlands übergreifend,
frischt der Wind bis hin zu stürmischen Böen in tieferen Lagen auf. Im Bergland
und im Alpenvorland sind Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen zu erwarten.
Bedingt durch die ab Mitternacht einsetzende rasche Auffüllung dieses Tiefs
sollten ausgangs der Nacht warnrelevante Böen auf höhere Berggipfel beschränkt
bleiben.
Mit diesem Tief erfolgt unmittelbar vorderseitig ein Einschub labiler Luft,
deren Ursprungsgebiet die Biskaya ist. Kräftige vorderseitige Hebung kann zu
konvektiven Umlagerungen bis hin zu kurzen (eingelagerten) Gewittern führen, die
mit Böen bis hin zu schwerer Sturmstärke einhergehen können.

Montag... greift auf Frankreich ein kräftigerer Trog über, der sich bis zum
Abend zusehends zum westlichen Mittelmeer hin ausweitet. Dieser Trog induziert
südlich der Alpen eine Zyklogenese. Der Gradient flacht hierdurch ab, so dass
selbst auf exponierten Berggipfeln kaum noch warnrelevante Böen auftreten
sollten. Kaltluftadvektion und hieraus resultierendes Absinken lässt vorrangig
im Norden, in Teilen der Mitte sowie im Osten die Wolken auflockern. Im
Tagesverlauf rückt jedoch die Trogachse nach Ostfrankreich vor, wodurch im
Westen erneut Niederschläge aufkommen.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 7 bis 12 Grad.
In der Nacht zum Dienstag greift die Trogachse auf den Westen Deutschlands über.
Kaltluftadvektion, die bis weit auf die Trogvorderseite vorstößt, bewirkt die
Kräftigung eines Hochkeils, der sich nach Süddeutschland ausweitet. Dieser führt
zu einer leichten Gradientzunahme, so dass es dann an der Nordsee und auf
höheren Berggipfeln wieder für ein paar warnrelevante Böen reichen kann.
Hebungsvorgänge, die aus der Zyklogenese südlich der Alpen resultieren und auch
auf die Alpennordseite übergreifen können, führen vor allem am östlichen
Alpenrand zu zeitweisen Niederschlägen, die mit der vorstoßenden Kaltluft, die
durch die Annäherung des Troges bedingt ist, bis in Lagen um 600 m in Schnee
übergehen. Oberhalb davon kann es in Staulagen deutlich mehr als 10 cm Schnee
innerhalb von 12 Stunden geben.

Dienstag... greift der Haupttrog vollends auf Deutschland über. Mit diesem Trog
setzt sich im Nordwesten und Westen Deutschlands maritime und labil geschichtete
Polarluft durch, so dass in diesen Gebieten eine rege Schauertätigkeit bis hin
zu kurzen Gewittern einsetzt. Bedingt durch einen mit leichter Verzögerung
folgenden Bodentrog nimmt der Gradient auch wieder etwas zu, wodurch in
Verbindung mit kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern einzelne stürmische
Böen nicht auszuschließen sind.
Im Osten und Südosten und vor allem an den Alpen sind in Verbindung mit einer
abziehenden Kaltfront noch geringe Niederschläge zu erwarten, die oberhalb von
etwa 600 m als Schnee fallen. Ansonsten sollten sich bei zunehmender
Durchmischung Auflockerungen durchsetzen, bevor im Nordwesten und Westen die
Konvektion in Gang kommt. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 5 und 10 Grad
wird es nicht mehr so mild wie bisher. Im höheren Bergland bewegen sich die
Temperaturen um 2 Grad.
In der Nacht zum Mittwoch ändert der Trog seine Lage nur wenig. Auch wenn sich
die labil geschichtete Luftmasse auch in den östlichen Landesteilen durchsetzt,
so sollte doch die Konvektion tagesgangsbedingt weitgehend zusammenbrechen. Ein
paar Zentimeter Schnee können in einigen Staulagen und am östlichen Alpenrand
noch zusammenkommen, ansonsten sollte es weitgehend niederschlagsfrei bleiben.
Absinken lässt den Himmel verbreitet aufklaren. Abgesehen vom Nordwesten, wo
noch etwas Durmischung gegeben ist, stellt sich verbreitet leichter Frost ein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Auch hinsichtlich des Randtiefs heute Abend und in der Nacht zum Montag ergeben
sich keine signifikanten Unterschiede. Bemerkenswert sind die deutlichen Signale
für schwere Sturmböen seitens COSMO-D2 EPS, die sich vom nördlichen
Baden-Württemberg auch bis nach Unter- und Mittelfranken bis in tiefere Lagen
durchsetzen könnten und als Indiz für konvektives Ungemach zu werten sind.
Zum Ende des Vorhersagezeitraumes simulieren EZMW und auch GFS im Bereich des
über Deutschland liegenden Troges eine geringere Labilität als ICON, was die
Gewittertätigkeit am Dienstag vielleicht etwas dämpfen könnte.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann