DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-02-2020 17:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.02.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
SCHNEE:
Zunächst und auch noch in der Nacht in der Mitte und im Süden aufkommende
Niederschläge, oberhalb von 400 bis 600 m bis in die zweite Nachthälfte hinein 5
bis 9 cm, in Staulagen über 10 cm, exponiert über 15 cm Neuschnee
wahrscheinlich. In der zweiten Nachthälfte nachlassende Schneefälle.

WIND/STURM:
Von Südwesten her auffrischender Südwest- bis Westwind, bis in tiefe Lagen mit
Sturmböen, auf die ganze Südhälfte (vom Saarland bis knapp nördlich der Donau
zum Oberpfälzer Wald und bis zu den Alpen) ausweitend. Vor allem im Alpenvorland
schwere Sturmböen (Bft 10), in freien Lagen orkanartige Böen (Bft 11) nicht
ausgeschlossen. Auf den Bergen Süddeutschlands Orkanböen (Bft 11 bis 12).
In der zweiten Nachthälfte von Westen her abflauend. In der Mitte und im Norden
im Laufe der Nacht lediglich auf Berggipfeln stürmische Böen, im Nordseeumfeld
exponiert stürmische Böen. Am Freitag und in der Nacht zum Samstag allenfalls
von exponierten Berggipfeln Sturmböen bis Bft 9.
Am Samstag mit Kaltfrontpassage bis in tiefe Lagen stürmische und einzelne
Sturmböen, auf Berggipfeln Gefahr schwerer Sturmböen. Am Sonntag auch im
Nordwesten stürmische Böen. Sonst stürmische bzw. Sturmböen auf höhere
Berggipfel und einige Küstenabschnitte beschränkt.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... liegt Deutschland unter einer nordwestlichen Strömung an der kalten
Seite der Frontalzone. Darin eingelagert ist ein Kurzwellentrog, der nach
Südosten gesteuert wird. An dessen Vorderseite wird ein Sturmtief nach
Süddeutschland geführt, das entwicklungsgünstig liegt, aber mittlerweile seinen
Höhepunkt erreicht hat. Dieses Tief dürfte sich von der Pfalz über den Odenwald
und wenig nördlich an Regensburg vorbei zum Bayerischen Wald verlagern und in
rascher Auffüllung begriffen bereits in der zweiten Nachthälfte die Slowakei
nach Südosten hin überqueren.
An der Südflanke dieses Sturmtiefs (mit dem Namen Bianca) treten bis in tiefe
Lagen Sturmböen und im Alpenvorland schwere Sturmböen auf, vom Großraum München
aus südwärts sind orkanartige Böen nicht auszuschließen. Auf höheren Berggipfeln
ergeben sich Böen bis Orkanstärke. Dabei ist die Grenze zwischen Sturmböen und
windschwachen Bedingungen, die an die Zugbahn dieses Tiefs gekoppelt ist,
relativ scharf ausgeprägt.
Dieses Tief weist einen warmen Kern auf; unmittelbar vorderseitig ist noch ein
Einschub wärmerer Luft erkennbar, die von der Biskaya stammt. Mit dem
Übergreifen der Kaltfront können konvektive Umlagerungen ins Spiel kommen, auch
wenn diesbezüglich die Modelle nur schwache Signale zeigen. Die teilweise
extreme nieder- und mitteltroposphärische Scherung wäre sogar ein Indiz für
möglicherweise rotierende Strukturen. Zudem erreicht der Oberwind im 850
hPa-Niveau mehr als 70 kt. Somit dürften die von den Modellen angebotenen und
weiter oben beschriebenen Böen plausibel sein.
Abgesehen vom Süden sollten warnrelevante Böen nur an der Küste (Bft 7,
Nordfriesland bis Bft 8) und auf höheren Berggipfeln (dort Sturmböen bis Bft 9)
auftreten.
Mit der raschen Ostverlagerung dieses Tiefs lässt der Wind von Westen her
alsbald nach. Bereits in der ersten Nachthälfte können die Sturmwarnungen im
Südwesten aufgehoben bzw. auf Warnungen vor Windböen zurückgestuft werden. Nach
Südosten ist dies in der zweiten Nachthälfte, am östlichen Alpenrand jedoch erst
gegen Morgen der Fall.
Im Kernbereich des Sturmtiefs und an dessen Nordflanke erfassen kräftige
Schneefälle das Vorhersagegebiet. Im Bergland oberhalb etwa 400 m können
durchaus über 10, in Staulagen auch über 15 cm Schnee zusammenkommen, der
innerhalb weniger (wahrscheinlich 6 bis 9) Stunden fällt. Vorübergehend ist auch
bis in tiefe Lagen die feste Phase vorstellbar. Unterhalb von 200 m sollte aber
der Schnee nicht liegen bleiben, so dass dort Warnungen vor Glätte (auch durch
Schneematsch) hinreichend sein dürften. Nach Mitternacht dürften die Schneefälle
von den westlichen Mittelgebirgen her allmählich nachlassen.
Im Norden und Nordosten führt kompensierendes Absinken zu Auflockerungen.
Allerdings wird durch den o.g., südostwärts schwenkenden Trog etwas Konvektion
aufrechterhalten, so dass mit einzelnen Schauern zu rechnen ist. Bei Aufklaren
ist leichter Frost und Glätte durch überfrierende Nässe zu erwarten.

Freitag ... nähert sich von Westen her ein breiter Höhenrücken, der durch
relativ weit nördlich ansetzende Warmluftadvektion gestützt wird. Diese ist an
die Warmfront eines Tiefs nordwestlich von Schottland gekoppelt, die auf
Ostfrankreich übergreift. Zuvor ist ein Zwischenhoch wetterwirksam, das den
Alpenraum überquert.
Die Achse des Höhenrückens verbleibt noch über Westeuropa, woraus sich eine
nordwestliche Strömung ergibt. In dieser wird ein weiterer, aber deutlich
schwächerer Kurzwellentrog südostwärts geführt, der sich auch im Bodendruckfeld
abbildet. Hierdurch lebt im Nordosten und ganz im Osten vor allem
tagesgangsbedingt der Wind etwas auf, so dass gebietsweise Windböen, im Bergland
stürmische und auf höheren Gipfeln Sturmböen auftreten können. Nachfolgend
sollte aber auch dort der Wind abflauen. Bedingt durch diesen Trog bleibt im
Nordosten und ganz im Osten eine rege Schauertätigkeit bestehen. Oberhalb 400
bis 600 m fällt Schnee. Während es in den östlichen Mittelgebirgen nur für
wenige Zentimeter Neuschnee reicht, können am östlichen Alpenrand noch einmal
mehr als 10 cm Schnee hinzukommen.
Ansonsten sorgt das Zwischenhoch für größere Auflockerungen; im Nordwesten und
ganz im Süden sind auch sonnige Abschnitte vorstellbar. Allerdings setzt im
Tagesverlauf von Westen her, bedingt durch Warmluftadvektion, alsbald wieder
Wolkenaufzug und gegen Abend ganz im Westen auch Niederschlag ein.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 3 bis 9 Grad. Im höheren Bergland,
oberhalb etwa 800 m, herrscht noch leichter Dauerfrost.
In der Nacht zum Samstag greift die Warmfront des sich dann in das Seegebiet
westlich von Schottland verlagernden Sturmtiefs über und dringt bis über die
Elbe hinaus nordostwärts vor. Je weiter die an die Warmfront gekoppelten
Niederschläge nach Osten vordringen, desto länger dauert die feste Phase an,
wobei es aber auch in den östlichen Mittelgebirgen nur für wenige Zentimeter
Schnee reichen sollte. In windgeschützten Tälern des östlichen
Mittelgebirgsraumes und ganz im Südosten ist vorübergehend auch die gefrierende
Phase vorstellbar, was warntechnisch nur per Nowcasting behandelt werden kann.
Im Warmsektor frischt dann im Bergland der Wind wieder auf und erreicht in Kamm-
und Gipfellagen in Böen Sturmstärke. An der Küste können stürmische Böen
auftreten. Leichter Frost und auch Glätte sollten dann auf das östliche
Bergland, die Hochlagen der zentralen Mittelgebirge und auf den Südosten
beschränkt bleiben.

Samstag ... wandelt sich das vor Schottland liegende Sturmtief in ein
Zentraltief um und verlagert sich somit nur noch wenig. Dessen Kaltfront greift
ab Mittag von Westen her auf Deutschland über. Mit Kaltfrontpassage sind bis in
tiefe Lagen stürmische und einzelne Sturmböen bis Bft 9 und auf Berggipfeln
teils schwere Sturmböen zu erwarten. Nach Osten hin bleibt es noch
vergleichsweise windschwach. Der Oberwind erreicht zwar im 850 hPa-Niveau 60 kt,
aber die Schichtung ist nicht allzu labil (der nachfolgende Trog folgt erst
deutlich später), so dass die hier genannten Windstärken nicht wesentlich
überschritten werden sollten. Auch für Gewitter sollte die Labilität nicht
hinreichend sein.
Präfrontal, d.h. im Warmsektor, sind warnrelevante Böen auf das Bergland, die
Leegebiete der Mittelgebirge und die Küste beschränkt, wobei meist Windböen, im
Bergland stürmische und in Kamm- und Gipfellagen Sturmböen zu erwarten sind. An
den Alpen wird es zudem föhnig, so dass auch in den hierfür anfälligen Lagen der
Alpen Sturmböen auftreten können. Dort sowie ganz im Osten sind Auflockerungen
am wahrscheinlichsten.
Die Temperatur steigt auf 8 bis 14, bei Föhn an den Alpen sowie am Oberrhein auf
deutlich über 15 Grad.
In der Nacht zum Sonntag schwenkt der nachfolgende Trog über den Nordwesten
Deutschlands hinweg nordostwärts, anschließend stellt sich eine
west-südwestliche, aber sehr zyklonal geprägte Strömung ein. Mit der Passage
dieses Troges gehen einzelne Schauer einher, die in der einfließenden maritimen
gealterten Polarluft oberhalb von etwa 600 m als Schnee fallen. Im Nordwesten
sind Windböen gebietsweise bis in tiefe Lagen vorstellbar, ansonsten sind Wind-
und stürmische Böen auf das Bergland und die Küste beschränkt. Abgesehen von den
Gipfellagen der Mittelgebirge bleibt es dabei frostfrei.

Sonntag ... ändert sich die Druck- und Geopotentialverteilung nur wenig. Die
west-südwestliche, zyklonale Strömung bleibt bestehen. In dieser wird ein
flaches Randtief nach Nordosten gesteuert, das am Abend den Westen Deutschlands
erreicht. Vorderseitige Warmluftadvektion lässt zeitweise Niederschläge
übergreifen, die jedoch fernab von jeglicher Warnrelevanz sind. Zuvor können
durch kompensierendes Absinken ein paar Auflockerungen zustande kommen. Abseits
der Alpen und der Küste bleibt ansonsten die Niederschlagstätigkeit gering.
Die kräftige Strömung bildet sich auch im Bodendruckfeld ab. Im Nordwesten,
Westen und in Teilen der Mitte sind verbreitet Windböen, in Nordseenähe, im
nordwestdeutschen Binnenland und in den Mittelgebirgen stürmische Böen und in
den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge Sturmböen zu erwarten. Nach einer
vorübergehenden Windabnahme frischt mit Annäherung des Randtiefs der Wind dann
im Südwesten Deutschlands erneut mit Windböen bis in tiefe Lagen auf. Ansonsten
sind nur auf höheren Berggipfeln einzelne Sturmböen zu erwarten.
Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber Samstag nur unwesentlich.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Selbst im Hinblick auf das Randtief, das am Ende des
Vorhersagezeitraumes auf Deutschland übergreift, ergeben sich ähnliche
Ergebnisse.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann