DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-02-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.02.2020 um 10.30 UTC



Anfangs sehr windig mit Sturm im Nordwesten und im Bergland. Insgesamt
wechselhaft, zum Wochenbeginn an den Alpen Schnee
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 05.03.2020


Am Sonntag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines Langwellentroges in 500
hPa, der sich vom Nordatlantik bis nach Osteuropa erstreckt. Dabei ist die
Isohypsenkrümmung recht gleich gleichmäßig, ein erster kurzwelliger Troganteil
überquert uns am Tage, ein weiterer dann in der Nacht zum Montag. Während der
erste sehr schwach ausgeprägt ist und auch im Bodendruckfeld kein Pendant in
Form eines Tiefs aufweist, ist das zweite recht kräftig und führt im Bodenfeld
ein kleinräumiges Tief mit sich, welches in der Nacht von Belgien auf
Deutschland übergreift und bis zum Montagmorgen, von Niederschlägen an seiner
okkludierten Front begleitet, die Ostsee erreicht. Bei 850er Temperaturen, die
im Süden von etwa -2 auf etwa +2 Grad, im Norden dagegen von -5 auf -3 Grad
steigen, sind Schneefälle allenfalls in den Hochlagen zu erwarten. Der bodennahe
Druckgradient ist dabei durchweg recht kräftig, er fächert nur im Laufe des
Mittags und des Nachmittags vorübergehend auf, um in der Nacht von Westen her in
Verbindung mit dem kleinräumigen Tief wieder anzuziehen. In der Nordwesthälfte
und in Mittelgebirgslagen sind damit verbreitet Böen Bft 7-8, an der Küste und
in Hochlagen auf Böen Bft 9-10 zu erwarten. Exponiert (Brocken) sind auch
orkanartige Böen denkbar.

Am Montag ziehen der Kurzwellentrog und das Bodentief von der Ostsee weiter nach
Südschweden und verlieren so an Einfluss auf unser Wetter, allerdings bleibt die
Front des Tiefs schleifend über der Mitte liegen. Über dem nahen Ostatlantik
bildet sich ein neuer Trog, der unter Amplifizierung bis zum Abend auf
Westeuropa und im Süden sogar bis auf das westliche Mittelmeer übergreift und an
seiner Südspitze ein Tief induziert, das am Abend mit einem Kerndruck von unter
995 hPa an der französischen Mittelmeerküste liegt. Da die Höhenströmung etwas
durchglättet gehen die durch die Höhe getriggerten Hebungsantriebe etwas
verloren, so dass es nur noch gebietsweise, besonders im Mittelgebirgsraum, wo
sich die schleifende Front weiter bemerkbar macht, etwas regnet oder schneit. In
der Nacht soll der Trog dann zögerlich weiter nach Osten ausgreifen. Bei
IFS-deterministisch zeigt dieser deutliche Abtropftendenzen über den Westalpen,
rascher Druckanstieg und eine auf Nordwest drehende Bodenströmung sorgen mit
einer dann nördlichen Höhenströmung dafür, dass die Niederschläge an die Alpen
gedrückt werden und dort bei einer auf etwa 800m liegenden Schneefallgrenze für
Regen und Schnee sorgen. Hier sei schon darauf hingewiesen, dass andere Modelle
(z.B. ICON oder GFS) die Abläufe etwas anders einschätzen, insbesondere sehen
diese das Bodentief deutlich weiter nördlich, was in der Folge auch für die
Niederschläge in der Nacht zum Dienstag gilt. Durch die auf Nord bis Nordwest
drehende Strömung wird wieder kältere Luft nach Deutschland geführt, im Süden
sinken bis zum Morgen die 850er Werte wieder auf knapp unter null Grad, im
Norden liegen sie weiterhin bei -3 bis -5 Grad.

Am Dienstag soll laut IFS der Trog weiter abtropfen, das nördliche Residuum
wirkt sich im Norden weiter wetterwirksam aus, insbesondere die mit -32 Grad
recht niedrigen Temperaturen in 500 hPa labilisieren die Atmosphäre und sorgen
für Schauer und einzelne Gewitter, auch mit Graupel. An den Alpen halten sich an
der Front durch Staueffekte weiter Regen- und Schneefälle, während im übrigen
Land durch Druckanstieg von Westen der Gradient auseinanderzieht und damit
verbunden Absinken für einen teils freundlichen Wettercharakter sorgt. In der
Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Trog über Norddeutschland nur zögerlich
nach Osten, er wird durch einen weiteren kurzwelligen Trog regeneriert, der in
seine Rückseite hineinläuft. Dadurch entsteht eine Trogstruktur von recht großer
Wellenlänge bei recht kleiner Amplitude, die Deutschland komplett überdeckt. Die
Hebungsantriebe des Troges sind aber zu schwach, um Niederschlag zu generieren,
womit es meist trocken bleibt. Ein durchgreifender Luftmassenwechsel findet
nicht statt, die 850er Temperaturen liegen zum Morgen meist um -5 Grad.

Am Mittwoch greift von Nordwesten ein neuer, kräftiger Kurzwellentrog auf
Deutschland über, der mit einem Tief nordwestlich von Schottland korrespondiert.
Dieses Tief zieht in der Nacht zum Donnerstag zur nördlichen Nordsee. Das
zugehörige Frontensystem greift schon am Vormittag mit Niederschlägen auf den
Westen über und erreicht zum Abend die Mitte, ausgangs der Nacht dann auch den
Osten. Die Niederschläge fallen dabei, bei vorübergehend auf -1 bis -3 Grad
ansteigenden 850er-Temperaturen, allenfalls in den höchsten Mittelgebirgslagen
noch als Schneeregen oder Schnee, sonst als Regen. In den Norden wird in der
Nacht zum Donnerstag höhenkalte Luft unter -37 Grad geführt, so dass dort
wiederum Schauer und Gewitter wahrscheinlich sind.

Am Donnerstag kann es anfangs im Osten an der Front noch etwas regnen, in der
Nordosthälfte sorgt die höhenkalte Luft für eine Labilisierung und somit für
Schauer und Gewitter. Ansonsten ist es meist trocken, von Westen nähert sich ein
Höhenrücken, der für Absinken und eine Stabilisierung sorgt. Mit 850er
Temperaturen um -5 Grad wird das Temperaturniveau vom Dienstag wieder erreicht,
erst in der Nacht zum Freitag steigen die 850er Temperaturen im Südwesten
deutlicher an.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt Deutschland im Einflussbereich von
Trogstrukturen, die das Wetter wechselhaft gestalten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf und seine Vorläufe zeigen schon am Sonntag, also zum Beginn
der Mittelfrist, deutlichere Unterschiede in der Phase der über den Norden
hinwegschwenkenden kurzwelligen Tröge. Auch im Bodenfeld, wo der aktuelle Lauf
am Sonntag um 18 UTC ein kleinräumiges Tief über Belgien errechnet, welches bei
den Vorläufen, auch in abgeschwächter Form, nicht zu finden ist, zeigen sich
Differenzen.

Am Montag bzw. in der Nacht zum Dienstag greift, nach dem aktuellen Lauf wie
nach den Vorläufen, ein Trog von Westen auf Deutschland über, der aber im
aktuellen Lauf gegenüber dem gestrigen 12-UTC-Lauf, insbesondere aber gegenüber
dem gestrigen 00-UTC-Lauf deutlich zurückhängt. Im Bodendruckfeld bieten die
Vorläufe einen markanten Trog an, der am Montagabend von der Nordsee zu den
Alpen gerichtet ist, wofür sich im aktuellen Lauf auch nicht andeutungsweise
eine Entsprechung gibt. Zwar führen alle Modellläufe eine Front von West nach
Ost über Deutschland hinweg, gleichwohl zeigen sich auch in den Feuchtefeldern
deutlichere Unterschiede, wobei die 700er Feucht beim aktuellen Lauf über dem
Norden und der Mitte Deutschlands ein relatives Minimum aufweist, welches
insbesondere der gestrige 00-UTC-Lauf nicht zeigt.

Am Dienstag zeigen der aktuelle Lauf und seine Vorläufe den Abtropfprozess,
wobei das Trogresiduum über dem Norden nach dem aktuellen Lauf etwas weiter nach
Westen ausgerichtet ist als dies beim Vorlauf der Fall ist (das Muster deckt
sich dafür recht gut mit dem gestrigen 00-UTC-Lauf). Diesem Residuum spendiert
der aktuelle Lauf auch noch ein abgeschlossenes Höhentief - so spendabel zeigten
sich die Vorläufe nicht. Immerhin deuten die IFS-Läufe unisono am Dienstag von
Westen einen Rücken an, der sich nach Deutschland hereinschiebt, auch wenn deren
Formen deutliche Unterschiede aufweisen.

Am Mittwoch weisen dann der aktuelle Lauf sowie der Vorlauf von Westen
hereinschwenkend einen Trog im Boden- und im 500-hPa-Niveau auf, den der
gestrige 00-UTC-Lauf nicht angedeutet hat; dieser hatte über Westeuropa
stattdessen einen flachen Rücken vorhergesagt.

Insgesamt kann die Konsistenz des aktuellen Laufes mit seinen Vorläufen
allenfalls als mäßig bezeichnet werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Sonntag zeigen die globalen Modelle einheitlich die 0-Grad-Isotherme in 850
hPa am nördlichen Alpenrand und somit ein recht einheitliches
850er-Temperaturmuster. Einheitlich ebenfalls der Trogeinfluss über West- und
Mitteleuropa, wobei IFS und ICON über Norddeutschland kurzwellige Troganteile
ablaufen lassen, die z.B. GFS oder LFPW nicht simulieren. Im Bodendruckfeld soll
das steuernde Tief laut GFS über der nördlichen Nordsee zu finden sein, laut
ICON oder IFS dagegen nördlich von Schottland. Bezüglich der prognostizierten
Bodentröge über Westeuropa und dem nahen Ostatlantik gleicht der Modellvergleich
einem "Wimmelbild": alle Modelle haben einen oder mehrere kleinräumige
Bodentröge, deckungsgleich sind diese aber nicht!

Am Montag bleibt es bei den deutlichen Modellunterschieden. GFS simuliert um 12
UTC ein kleinräumiges Tief über Polen, von dem ICON oder IFS nicht wissen
wollen. Darüber hinaus weist bei GFS ein Bodentrog von der Nordsee nach
Nordfrankreich (Raum Paris), während ICON ein abgeschlossenes Tief über
Zentralfrankreich vorausberechnet. Dagegen simuliert IFS nur ein flache Rinne,
die von Nord nach Süd über Frankreich hinwegläuft und keinen markanten Tiefkern
aufweist. Im Geopotentialfeld korrespondiert die GFS-Rinne mit einem markanten
500-hPa-Trog mit deutlich erkennbarer Achse uind Westfrankreich, während ICON
oder IFS zwar Trogeinfluss sehen, ICON aber keine klare Achse andeutet und IFS
die Achse noch über der Biskaya belässt.

Am Dienstag soll sich laut ICON, IFS und GFS von Westen ein Rücken nach
Mitteleuropa schieben, der korrespondierende Bodenkeil zielt bei GFS aber nach
Süddeutschland, bei ICON oder IFS aber nach Benelux und Nordwestdeutschland. Ein
neues Tief über dem Nordostatlantik liegt laut IFS um 12 UTC mit einem Kerndruck
von etwas unter 975 hPa etwa 600 km westlich von Irland, laut GFS aber mit einem
Kerndruck von etwas unter 995 hPa vor der Südwestspitze Irlands. Immerhin: einig
ist man sich bezüglich des Abtropfprozesses über den Alpen, wenngleich absolut
betrachtet das Geopotential bei GFS über der Mitte Deutschlands um 8gpdm
niedriger liegt als bei IFS oder ICON.

Im Weiteren bleibt es bei deutlichen Modellunterschieden, so dass die Konsistenz
der Modelle als eher schlecht bezeichnet werden muss.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für Offenbach zeigen einen deutlichen Peak nach oben in der
850er Temperatur am Freitag (von etwa -4 auf etwa +6 Grad, bevor diesen dann am
Samstag wieder auf etwa -3 Grad sinken, alles bei insgesamt sehr geringer
Streuung. Im weiteren Verlauf bleiben die Temperaturen dann bei etwa -3 bis
-4Grad, ohne dass eine deutliche Zunahme der Streuung zu erkennen wäre. Erst in
der Nacht zum Mittwoch, wenn mit der Passage einer Front die 850er-Temperaturen
kurzzeitig ansteigen sollen, nimmt auch die Streuung auf eine Spanne von etwa 10
Grad zu, wobei diese Spanne dann im Weiteren auch beibehalten wird.

Die GFS-Ensembles liegen bis zum Wochenende bezüglich der 850er Temperatur etwas
tiefer als die IFS-Ensembles, erst ab dem Samstag gleicht sich das
Temperaturniveau an. Bezüglich des Verlaufs zeigen sich deutliche Ähnlichkeiten,
insbesondere mit dem Temperaturpeak am Freitag. Ansonsten zeigen die
GFS-Ensembles ab Sonntag eine gleichmäßige allmähliche Zunahme der Streuung, den
markanten kurzzeitigen Peak nach oben in der Nacht zum Mittwoch weisen die
GFS-Ensembles nicht auf.

Die IFS-Ensembles weisen im Zeitraum +72 bis +96 Stunden drei Cluster auf, wobei
die ersten beiden (20 und 19 Mitglieder) mehr oder weniger schnell von der
Kategorie Positive NAO in die Kategorie Negative NAO wechseln, der dritte
Cluster dagegen durchweg in der Kategorie Negative NAO liegt. Dabei liegt der
deterministische Lauf in Cluster 3, der Kontrolllauf dagegen in Cluster 2.

Im Zeitraum +120 bis +168 Stunden werden 4 Cluster mit 16, 13, 13 und 9
Mitgliedern angeboten, wobei der Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1 liegen.
Alle Cluster starten in der Kategorie Negative NAO; der erste und der dritte
Cluster wechseln aber in die Kategorie Negative NAO, während für die Cluster 2
und 4 kein Wechsel vorgesehen ist. Letztendlich bleibt für Deutschland aber
unabhängig von der Wetterlagen-Kategorie Trogeinfluss wetterbestimmend.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt im Mittelfristzeitraum für Sonntag Signale für signifikant erhöhte
Böen, von Montag bis Mittwoch dann aber keine Signale mehr für signifikante
Wettererscheinungen.

Für Windböen liegen die Wahrscheinlichkeiten bei COSMO-LEPS am Sonntag im
Nordwesten und in den Mittelgebirgen bei bis zu 100%. Am Montag liegen die
entsprechenden Wahrscheinlichkeiten in den genannten Gebieten dann noch bei bis
zu 70%, am Dienstag gibt es nur noch geringe Wahrscheinlichkeiten für Windböen.
Bezüglich stürmischer Böen liegen die Wahrscheinlichkeiten an der Nordsee bei
100%, im angrenzenden Binnenland um 80% und in den Hochlagen der Mittelgebirge
um 50%.

Ab Dienstag zeigt COSMO-LEPS an den Alpen geringe Signale für markanten
Schneefall.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas