DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-02-2020 08:01
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.02.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W a. Wechselhaft, mild und im Norden sowie in der Mitte und am Sonntag im Süden
windig mit Sturmböen.

WIND: Heute an der Küste und im Bergland stürmische Böen Bft 8, exponiert
Sturm-(Berggipfel) teils schwere Sturmböen bis Bft 10. In der Nacht zum Samstag
an der Küste vermehrt Sturmböen Bft 9, Nordseeküste und Berglagen schwere
Sturmböen Bft 10, exponiert Bft 11, Brocken darüber. Bis ins nordwestliche
Binnenland hinein stürmische Böen Bft 8.
Am Samstag im Norden und in Teilen der Mitte stürmische Böen, in freien Lagen
Sturmböen Bft 9, Küste und höhere Berglagen schwere Sturmböen Bft 10, exponiert
orkanartige Böen. In den östlichen und süddeutschen Mittelgebirgen Sturmböen bis
Bft 8/9. In der Nacht zum Sonntag abflauender Wind, an der Küste und im höheren
Bergland jedoch weiterhin Sturmböen Bft 8/9.
Am Sonntag an der Küste stürmische Böen. Außerdem von der Mitte aus südwärts in
freien Lagen Sturmböen Bft 8/9, im Bergland schwere Sturmböen Bft 10, exponiert
darüber. In der Nacht zum Montag von Westen her abflauend. Im Südosten anfangs
und an der Ostsee die gesamte Nacht hindurch Sturmböen Bft 8/9, an der
Vorpommerschen Küste und im östlichen Bergland schwere Sturmböen Bft 10,
ausgangs der Nacht auch dort abflauend.

DAUERREGEN:
In der Nacht zum Sonntag beginnend und bis in die Nacht zum Montag andauernd
länger anhaltender Regen, in den Staulagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge sowie mit geringerer Wahrscheinlichkeit im Oberharz 30 bis über 40
mm innerhalb von 24 Stunden, dort mehr als 50 mm (Unwetter) nicht
ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... gelangt Deutschland unter einen flachen Rücken, der die relativ zonal
ausgerichtete Frontalzone ein wenig nach Norden drückt. Dieser Rücken wird durch
Warmluftadvektion gestützt, die zwar relativ weit nördlich ansetzt, aber im
Tagesverlauf von Nordwesten her für einen erneuten Wolkenaufzug mit geringen
Niederschlägen in Nordseenähe sorgt. Durch den Rücken wird ein schwaches
Zwischenhoch gestützt, das sich nach Süddeutschland hereinschiebt. Ansonsten
bleibt, abgesehen von anfänglichen Restniederschlägen, die aus einer längst
abgezogenen Kaltfront resultieren, die Niederschlagstätigkeit gering.
Da die Frontalzone nicht allzu weit nach Norden verschoben wird, gilt das
Hauptaugenmerk der Windentwicklung. Demzufolge dürfte im Norden und Nordosten
sowie in Teilen der Mitte (dort vor allem im Lee der Mittelgebirge) der Wind mit
Böen bis Bft 7 auffrischen. An der See und im Bergland wird Bft 8 erreicht, auf
Berggipfeln sind Sturm- und schwere Sturmböen Bft 9/10 zu erwarten.
Vergleichsweise windschwach bleibt es dagegen im Bereich des Zwischenhochs, d.h.
im Westen und Südwesten sowie in weiten Teilen Süddeutschlands. Zudem kommen
dort durch Absinken größere Auflockerungen und zu den Alpen hin auch längere
sonnige Abschnitte zustande. In der relativ gut durchmischten Luftmasse steigt
die Temperatur auf 7 bis 12 Grad.
In der Nacht zum Samstag verabschiedet sich der Rücken, so dass die Frontalzone,
bedingt durch einen breiten, auf die Nordsee übergreifenden Trog wieder näher
rückt. Eine in der straffen West-Südwestströmung eingelagerte flache Welle wird
über Südskandinavien ostwärts gesteuert, was den Gradienten bei stabiler
Schichtung anziehen lässt. Die Kaltfront dieser Welle verbleibt noch über der
Nordsee. Mit der Gradientzunahme kommen in Norden und Nordwesten Windböen Bft 7
auf, im küstennahen nordwestlichen Binnenland sowie in den Leegebieten der
westlichen Mittelgebirge setzen stürmische Böen ein. An der Küste und im
Bergland muss mit Sturmböen, an der Nordsee sowie auf höheren Berggipfeln mit
schweren Sturmböen (Brocken darüber) gerechnet werden.
Nach Süden hin hält sich noch schwacher Zwischenhocheinfluss, so dass es dort
aufklart. Vor allem südlich der Donau und im östlichen Bergland gibt es leichten
Frost. Ansonsten bleibt es frostfrei.

Samstag... greift die in eine straffe Westströmung eingelagerte Kaltfront
schleifend auf den Norden Deutschlands über, was bei nach wie vor stabiler
Schichtung im Norden und in der Mitte eine weitere leichte Gradientzunahme mit
sich bringt. Im Norden und in der Mitte kommen Wind- und stürmische Böen, in den
Leegebieten der nördlichen und westlichen Mittelgebirge sowie in Küstennähe
Sturmböen bis Bft 9 auf. Unmittelbar an der See, im nördlichen
Schleswig-Holstein sowie in höheren Berglagen muss mit schweren Sturmböen, in
Nordfriesland mit einzelnen orkanartigen Böen und auf exponierten Gipfeln mit
(Orkan)Böen gerechnet werden. Südlich der Mittelgebirge sind Windböen auf freie
Lagen und stürmische bzw. Sturmböen auf das Bergland beschränkt. Bedingt durch
den nach wie vor im Süden Deutschlands vorhandenen schwachen Hochdruckeinfluss
sind im Süden und in Teilen der Mitte (dort vor allem in den Leegebieten der
(östlichen) Mittelgebirge) Auflockerungen und in Teilen Süddeutschlands, etwa
zwischen Schwarzwald und Inn, auch längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Im
Nordwesten und Norden setzt hingegen mit der schleifend übergreifenden Kaltfront
Regen ein.
Deutschlandweit erfolgt ein Temperaturanstieg auf 8 bis 14 Grad, am Alpenrand
bei leicht föhnigem Einfluss auf Werte sogar noch etwas darüber.
In der Nacht zum Sonntag wird die Kaltfront (die bis in den Mittelgebirgsraum
vordringt) durch eine flache Welle, die zu den Britischen Inseln gesteuert wird,
rückläufig. Hierdurch dauern die Niederschläge im Bergland längere Zeit an. In
den Staulagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge werden sehr
wahrscheinlich die Warnschwellen für Dauerregen, d.h. mehr als 30 bis etwa 40 mm
innerhalb von 24 Stunden, erreicht. Auch im Oberharz sind, wenngleich mit etwas
geringerer Wahrscheinlichkeit, derartige Dauerniederschläge vorstellbar. In den
Staulagen einiger westlicher Mittelgebirge können auch 24-std.
Niederschlagssummen über 50 mm nicht ausgeschlossen werden, wodurch
entsprechende Warnungen erforderlich werden.
Zudem legt an der Südflanke der sich nähernden Welle auch von Westen her auf den
Süden und den östlichen Mittelgebirgsraum übergreifend der Gradient wieder zu,
wodurch in freien Lagen Windböen und in Berglagen Sturmböen Bft 8/9 aufkommen.
Aufgrund der Nähe zur Frontalzone ergeben sich auch an der Küste stürmische Böen
Bft 8, exponiert Sturmböen Bft 9, wobei Windböen bis ins küstennahe Binnenland
ausgreifen können.

Sonntag... wird die Welle, die entwicklungsungünstig liegt, von Westen her über
die Mitte Deutschlands hinweg ostwärts gesteuert und erreicht bis zum Abend
bereits Südostpolen. An deren Südflanke, d.h. von Westen übergreifend auf den
gesamten Süden, Teile der Mitte und im östlichen Mittelgebirgsraum, kommen
relativ großflächig stürmische und in freien Lagen sowie später in Richtung
Alpen (Leitplankeneffekt) Böen bis Sturmstärke auf. In höheren Berglagen besteht
die Gefahr schwerer Sturmböen, exponiert von orkanartigen Böen. Leichte
Unsicherheiten bestehen noch hinsichtlich der Zugbahn der Welle, so das sich
aktuell dieser Bereich noch nicht besser eingrenzen lässt.
Wind- und stürmische Böen sind nach wie vor auch an der Küste zu erwarten, wobei
an der Nordsee auch Sturmböen vorstellbar sind.
Bedingt durch das Schleifen der Kaltfront sind über dem Mittelgebirgsraum
weitere Dauerniederschläge zu erwarten, was die weiter oben genannten
Niederschlagssummen erklärt. Hier bietet sich eine Dauerregenwarnung über einen
mindestens 24-std. Zeitraum hinweg an. Der Norden gelangt dann auf die Rückseite
der Kaltfront, wodurch dort die vor allem im Küstenbereich auftretenden
Niederschläge einen eher schauerartigen Charakter annehmen.
Für Wolkenlücken reicht es nur noch unmittelbar am Alpenrand sowie rückseitig im
Küstenbereich. Ansonsten hält sich mehrschichtige und weitgehend geschlossene
Bewölkung. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14 Grad bleibt es dabei
sehr mild.
In der Nacht zum Montag wird die Kaltfront durch einen über Polen hinweg zur
Ukraine schwenkenden und sich dabei noch etwas intensivierenden Trog nach Süden
gedrückt. Hierdurch verlagert sich das Niederschlagsgeschehen zusehends in den
östlichen Mittelgebirgsraum und zu den Alpen hin. Für die Überschreitung
warnrelevanter Schwellenwerte in Bezug auf Dauerregen reicht es dann allenfalls
noch (12-stündig) im Allgäu, wobei die Wahrscheinlichkeit hierfür gering ist.
Oberhalb von 600 bis 800 m in den östlichen Mittelgebirgen bzw. am östlichen
Alpenrand fallen diese Niederschläge in fester Phase, ohne dass größere
Neuschneemengen zustande kommen. Somit sollte eine Schneefallwarnung der
untersten Kategorie hinreichend sein.
Mit dem Abzug der Welle flaut von Westen her der Wind ab. Im Osten und vor allem
im Südosten sind aber zumindest in der ersten Nachthälfte noch Wind- und in
freien Lagen im Südosten auch stürmische Böen, an der Ostsee und im östlichen
Bergland Sturmböen zu erwarten. An der Vorpommerschen Ostseeküste frischt der
Wind bis hin zu schweren Sturmböen sogar noch etwas auf, woran der nach Osten
schwenkende Trog (und die damit verbundene vorübergehende Labilisierung)
beteiligt sind. Ausgangs der Nacht sollte auch in diesen Gebieten der Wind
nachlassen, so dass an der Ostseeküste und im östlichen Bergland stürmische
Böen, an der Küste Vorpommerns Sturmböen übrigbleiben.
Frost ist allenfalls auf einige Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
beschränkt. Ansonsten sollte es frostfrei bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Hinsichtlich der Welle am Sonntag liefert EZMW ein ähnliches Szenario.
GFS entwickelt diese Welle zu einem Sturmtief, das über den Norden Deutschlands
hinweg ostwärts gesteuert wird. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes
belässt es auch bei einer flachen Welle, zeigt aber eine etwa 300 km nach Norden
versetzte Zugbahn. Folglich ist die Verlagerung dieser Welle noch mit
Unsicherheiten behaftet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann