DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-02-2020 12:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.02.2020 um 10.30 UTC



Windig bis stürmisches und unbeständiges Westlagenwetter, mild bis sehr mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 27.02.2020


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Sonntag liegt Mitteleuropa
und somit auch Deutschland nach Leseart des IFS-Hauptlaufes im Bereich eines
Kurzwellentroges, der von der Nordsee nach Polen schenkt und am Boden mit einem
Randtief samt Frontensystem korreliert. Auf dem Weg nach Osten kann der Trog,
gestützt von einem Rücken, der sich über Westeuropa und dem Ostatlantik
nordwärts bis zu den Britischen Inseln aufbäumt, seine Amplitude vergrößern und
schließlich südwärts bis in den östlichen Mittelmeerraum reichen. Hinter der
Bodenkaltfront auf der Rückseite des Troges kann nachfolgend kühlere Meeresluft
polaren Ursprungs nach Deutschland einfließen und die Temperaturen auf 850 hPa
in der Nacht zum Montag auf 3 Grad an den Alpen und bis -7 Grad in Ostsachsen
sinken lassen. Mit Durchzug des Randtiefs vergrößert sich der Druckgradient,
sodass auch die Windgeschwindigkeiten zunehmen. Durch dynamische und diabatische
Hebungsprozesse sind zudem kräftige, teils auch länger anhaltende Niederschläge
zu erwarten.

Am Montag schwenkt der Rücken mit seiner Achse über Deutschland hinweg, der am
Boden mit einem Bodenhoch über Frankreich und Süddeutschland in Verbindung
steht. Dabei ist die Strömung bis Montagmittag überwiegend antizyklonal geprägt,
sodass Absinken in der Nacht zum Montag sowie am Montagvormittag eine
vorübergehende Wetterberuhigung induziert. Sobald das Land von Westen wieder auf
die Rückseite der Rückenachse gelangt und somit auf der Trogvorderseite liegt,
greift WLA und zeitlich versetzt auch die Bodenwarmfront über. Nennenswerte
Niederschläge sind jedoch derzeit nicht prognostiziert. In der Nacht zum
Dienstag folgt schließlich die Trogachse, in die am Boden die korrelierende
Kaltfront des Systems eingebettet ist, an der teils kräftige konvektive
Niederschläge simuliert werden.

Da sich am Montag von den Britischen Inseln ein neuer Kurzwellentrog nähert,
zonalisiert die Strömung über dem Land wieder rasch, sodass die Kaltfront im
Verlauf des Dienstags zunehmend eine Isobaren parallele Komponente bekommt. Als
Folge verliert sie nach Süden zu an Schub und aufgrund von leichtem
antizyklonalen Einfluss in Süddeutschland auch an Kontur und Intensität.
Zwischen der Kaltfront und den Hebungsprozessen auf der Trogvorderseite setzt
kompensierendes Absinken ein.

Die Nacht zum Mittwoch und der Mittwoch selber stehen dann voll und ganz im
Zeichen des Troges, der über Deutschland hinweg schwenkt. Aufgrund eines sich
verstärkenden Rückens über dem Ostatlantik, dessen Achse sich Richtung Island
richtet, gewinnt der Trog an Amplitude und verringert die
Verlagerungsgeschwindigkeit. Auf teils länger anhaltende Niederschläge auf der
Vorderseite des Troges folgen rückseitig unter Zufuhr von stark ausgeprägter
Höhenkaltluft bis -40 Grad in 500 hPa und -3 bis -8 Grad auf 850 hPa intensive
konvektive Niederschläge, die bis in mittlere, teils tiefe Lagen als Schnee
fallen können.

Abgesehen von überwiegend Stau bedingten Niederschlägen kann sich im Bereich
eines schwachen Rückens in der Nacht zum Donnerstag wohl wieder vorübergehend
Wetterberuhigung durchsetzen. Am Donnerstag gelangt das Land dann wieder in den
Einflussbereich eines Randtiefs, das sich von Schottland in die nördliche
Nordsee verlagert und am Boden mit einem Tief korreliert, dessen Fronten das
Land ostwärts überqueren. Die Niederschläge an der Warmfront sowie im Bereich
der vorderseitigen WLA haben dabei tagsüber das ganze Land im Griff. Erst zum
Abend soll die Kaltfront des Systems auf den Nordwesten treffen. Im Warmsektor
sollen auch die Temperaturen wieder signifikant ansteigen und auf 850 hPa
zwischen -2 bis +4 Grad liegen. Mit Durchschwenken der Kaltfront kommt
Deutschland bei einer zunehmenden nordwestlichen Strömung wieder unter Zufuhr
kühlere Luft polaren Ursprungs. Entsprechend würde typisches Rückseitenwetter
einsetzen.

Zusammenfassend zeigt der aktuelle IFS-Lauf eine westliche Grundströmung, die
jedoch stärker mäandriert, sodass WLA und KLA teilweise stärker ausgeprägt sind.
Im gesamten mittelfristigen Zeitraum bleibt es zwar windig, durch die größeren
Amplituden der Geopotential- und Luftdruckgebilde ist allerdings nach dem
derzeitigen IFS-Prognosen kein größeres Sturmpotential zu verzeichnen. Dafür
könnten die kräftigen und teils länger anhaltenden Niederschläge in den Fokus
geraten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf des IFS zeigt, im Vergleich zum gestrigen 00 UTC-Lauf, eine
etwas stärker mäandrierende westliche Grundströmung. Anstatt häufig
durchschwenkender kurzwelliger Anteile werden nun öfter Wellen mit größerer
Amplitude simuliert.

Bis einschließlich Dienstag beschreibt der aktuelle IFA Lauf dabei eine gute
Konsistenz zu den vergangenen Prognosen. Lediglich im Bodenniveau ist der
antizyklonale Anteil über Mitteleuropa in der Nacht zum Montag und Montag in den
neusten Berechnungen stärker ausgeprägt, sodass die KLA intensiver ausfallen
würde.

Ab Mittwoch nehmen die Unsicherheiten zu, indem die Amplituden und
Verlagerungsgeschwindigkeiten der Trog-Rücken-Kombinationen der betrachteten
Läufe signifikant voneinander abweichen. Es bleibt aber mild, anfangs auch sehr
mild, woran auch die nun die etwas kühleren Einschübe erwärmter Meeresluft
polaren Ursprungs nichts ändern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bei Betrachtung unterschiedlicher Globalmodelle (GFS, ICON, IFS, GEM, IKMO) ist
festzuhalten, dass das GFS, das GEM und das UKMO vergleichbare Prognosen der
großskaligen Strukturen hat. Lediglich das ICON weicht signifikant von den
restlichen Modellen ab. Neben einer markanten Phasenverschiebung hin zu einer
schnelleren Verlagerung weist das ICON zum Ende der Mittelfrist auch flachere
Strukturen auf. Dies wird nur vom UKMO noch ansatzweise ähnlich gesehen. GFS und
IFS zeigen weiter eine mäandrierende Westströmung.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte zeigt bis einschließlich Dienstag bei
der Temperatur in 850 hPa und dem Geopotential auf 500 hPa vor allem im Norden
und Süden eine hohe Übereinstimmung der Ensemblemitglieder und somit abgesehen
von typischen Varianzen bei Westlagen eine gute Vorhersagegüte. In der Mitte
wird der ENS-Raum der Temperatur vor allem durch Einzelläufe gespreizt, die die
Abkühlung/Erwärmungsphasen weniger intensiv zeigen. Ab Mittwoch nehmen die
Unsicherheiten sowohl beim Geopotential als auch bei der Temperatur landesweit
signifikant zu. Aufgrund der Abweichungen beim Geopotential ist keine oder kaum
eine seriöse Vorhersage von Verlagerungsgeschwindigkeit, Intensität und
Amplitude der Muster möglich. Auch bei der Temperatur in 850 hPa zeichnen sich
die Abweichungen im Geopotentialfeld ab, indem auch hier der ENS-Raum deutlich
aufgespannt wird. Die hohe Anzahl an ENS-Member tendiert dabei auf einer eher
stetig niedrigen Temperatur ohne größere Schwankungen, während Haupt- und
Kontrolllauf mit den großen Schwankungen eher für stärker mäandrierende
Trog-Rücken-Muster stehen. Besonders im Süden gehen auch die Prognosen der
Temperatur so weit auseinander, dass dort nur bedingt eine sinnvolle Vorhersage
möglich ist. Die Meteogramme der ausgewählten Städte stützen die Rauchfahnen und
bilden die Unsicherheiten in den Box-Plots ab, wobei die Unsicherheiten bei der
Temperatur in 2 Meter Höhe schwächer ausfallen. Dies liegt darin begründet, dass
in der gut durchmischten Luft die advehierte, je nach Lage der Druckgebilde,
unterschiedlich temperierte Luft im Bodenniveau kaum oder nur träge größere
Veränderungen bewirkt.

Bei der Clusteranalyse werden die Unsicherheiten im Zeitraum von +72 bis +96h
durch insgesamt sechs Cluster beschrieben, die jedoch allesamt dem für
Westwetterlagen typischen Schema einer positiven NAO zugeordnet sind. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich bei überwiegend gleichverteilten Häufigkeiten im
Cluster 1. Die Unterschiede sind in diesem Zeitraum noch eher gering und
beziehen sich auf Phasenverschiebungen und Intensität der ostwärts schwenkenden
Tröge. Cluster 6, welches nur durch vier Member gestützt wird, zeigt dabei die
am stärkste mäandrierende Strömung mit einer ausgeprägten
Trog-Rücken-Kombination.
Im Zeitraum +120 bis 168h werden nach Leseart des ECMWF weiter sechs Cluster für
eine ausreichende Erklärung der Unsicherheiten benötigt, die auch
uneingeschränkt dem Schema der positiven NAO zugeschrieben werden können.
Während sich der Kontrolllauf in dem mit 16 Mitgliedern stärksten Cluster 1
wiederfindet, ist der Hauptlauf in das Cluster 5 eingeordnet. Im Vergleich zum
ersten Zeitraum sind die Unterschiede unten den Clustern nun deutlich größer.
Der deterministische Lauf des IFS beschreibt dabei eine Außenseiterlösung mit
einer Austrogung bis in den Mittelmeerraum. Alle anderen Cluster verbleiben bei
einer eher schwach mäandrierenden Westströmung mit stark ausgeprägtem,
hochreichendem Tiefdruckkomplex über dem Nordatlantik und dem Nordmeer. Dadurch
besteht bei diesen Clustern auch ein höheren Potential an Sturmlagen über
Mitteleuropa. Gleichzeitig sind Kalt- und Warmluftvorstöße meist weniger stark
ausgeprägt, sodass Temperaturen von 20 Grad sowie spätwinterliche Bedingungen
bis in tiefe Lagen wenig wahrscheinlich sind.
In der erweiterten Mittelfrist werden drei Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten zu beschreiben. Während Cluster 1 und 2 mit insgesamt 37
Repräsentanten weiter der Linie treu bleiben und bei einer zwar stärker
mäandrierenden, im Mittel aber überwiegend westlichen Grundströmung und somit am
Schema einer positiven NAO festhalten, sind es zumindest 14 Modellläufe, die
einen Übergang zu mehr Meridionalität und somit deutlich größeren Amplituden
wagt. Deutschland würde demnach innerhalb eines Langwellentroges liegen, der
sich vom Nordmeer bis in den westlichen Mittelmeerraum erstreckt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die überwiegend stramme westliche Grundströmung bildet sich auch im EFI ab.
Dieser zeigt nahezu über dem gesamten mittelfristigen Zeitraum mehr oder weniger
verbreitet überdurchschnittliche Temperaturen und Windspitzen für Deutschland.
Hinzu kommen am Montag Hinweise auf überdurchschnittliche Regenmengen in Teilen
des Landes.

Am Sontag zeigen die Ensemble mehr oder weniger stark ausgeprägt eine Sturmlage
über Deutschland. Dabei muss verbreitet von stürmischen Böen oder Sturmböen
ausgegangen werden. Die Sturmböen (Bft 9) werden dabei vom C-Leps von einer
Wahrscheinlichkeit zwischen 10 bis 40%, im Bergland und an der See bis 75%, beim
EZ-EPS 5 bis 20% bzw. 65% gestützt. Gleichzeitig beschrieben die Member bei
Werten von 10 bis 25% beim ICON-EPS und 5 bis 15% beim C-Leps eine geringe
Wahrscheinlichkeit für Dauerregen über 30 mm in 24 Stunden.

Am Montag gibt es nur für das Küstenumfeld sowie die Hochlagen der Berge
nennenswerte Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen. An der See liefern C-Leps als
auch E-EPS für Sturmböen (Bft 9) diesbezüglich Werte von 20 bis 50%, in
Hochlagen 15 bis 55%. Für schwere Sturmböen (Bft 10) gibt das C-Leps an der
(Nordsee-)Küste eine Auftrittswahrscheinlichkeit von 10 bis 25%, EZ-EPS 10 bis
20%, für den Brocken bis 20% an. Beim Niederschlag sind keine Hinweise für
Dauerregen zu verzeichnen.

Am Dienstag und Mittwoch werden Sturmböen (Bft 9) im Norden von 20 bis 50%, an
der Küste von 80% der Modellmember gezeigt. Schwere Sturmböen (Bft 10) werden an
der (Nordsee-)Küste durch 10 bis 50% der Läufe gestützt.
Zudem gibt es vom EZ-EPS eine geringe Wahrscheinlichkeit von 8 bis 16% für
markante Neuschneemengen in den höheren Lagen der Alpen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, teils MOSMIX, nicht det. EZ wg. Einzellösung im Ensemble
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel