DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-02-2020 17:30
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 14.02.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag und Nacht zum Montag stürmisch und sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter einer mäandrierenden westlichen Strömung, in der
sich aktuell ein Höhenrücken anschickt Mitteleuropa ostwärts zu überqueren. Im
Nachgang kommen wir unter eine leicht antizyklonale südwestliche Höhenströmung.

Am Boden zieht sich das Hochdruckgebiet über Frankreich, Benelux und Teilen
Deutschlands zwar schon wieder nach Südosten zurück, behält aber seinen Einfluss
auf unser Wetter.
Unter der Absinkinversion bleibt es häufig wolkig, nur gebietsweise reißt
die Wolkendecke stärker auf. Wenn, was vor allem im Süden der Fall sein könnte,
dann geht die Temperatur bis in Gefrierpunktnähe, teils in den Minusbereich
zurück, mögliche (lokale) Glätte durch gefrierende Nässe ist dann nicht
ausgeschlossen.

Unterdessen herrscht über dem Nordatlantik sehr rege zyklonale Aktivität, die
sich Form von zwei Orkantiefs widerspiegelt. Das eine (UTA) liegt mit ca. 930
hPa über der westlichen Irminger See, das andere (VICTORIA) entwickelt sich sehr
schnell und vertieft sich innerhalb von 12 Stunden um 30 hPa von 960 auf 930
hPa! Es liegt Samstagmorgen (Lesart ICON) ca. 900 km nordwestlich Schottlands.
Unterdessen greift die schleifende Kaltfront von UTA mit Regen auf den äußersten
Nordwesten über. Der Wind macht keine großen Sprünge, lediglich exponiert sind
an der Nordsee Bft 7 möglich.

Samstag ... steuert Orkantief VICTORIA das Seegebiet südwestlich Islands
an, wobei es sich laut ICON Lauf von 12 UTC auf ca. 920 hPa vertiefen soll. Die
Frontalzone auf der Vorderseite arbeitet sich über Nordwesteuropa Richtung
Skandinavien vor. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen halten sich für uns
zunächst in Grenzen.
In weiten Landesteilen hält sich der Einfluss der Hochdruckzone über dem
Mittelmeerraum und dem Balkan, wobei der durch den Druckfall auflebende Wind die
Chancen auf Aufheiterungen sogar eher steigen lässt. Aber auch im
Osten und in der Mitte lässt sich die Sonne blicken.
Je weiter es allerdings gen Norden und Nordwesten geht, umso mehr gewinnt die
Bewölkung die Oberhand. Der Regen wird mit rückdrehen der Strömung nach Südwest
etwas nach Norden gedrückt.

Der südliche Wind legt im Norden und Westen sukzessive etwas zu, Böen 7 Bft im
Flachland dürften gegen Abend auftreten, vornehmlich im Nordseeumfeld und ganz
im Westen. Auf der Nordsee selbst sind dann die ersten stürmischen Böen 8 Bft am
Start. Auch in Ostsachsen lebt der Süd bis Südostwind auf mit steifen Böen.
Exponierte Berglagen reagieren auf den stärkeren Gradienten mit schweren
Sturmböen. Mit der Zufuhr milderer Luft und bei guter Durchmischung sind
verbreitet zweistellige Temperaturen auf der Karte, im Westen und am Oberrhein
um 14 Grad.

In der Nacht zum Sonntag nimmt die Höhenströmung etwas zu, dreht noch ein Stück
gen SW, bleibt aber noch recht glatt. Der Gradient im Bodendruckfeld nimmt
ebenfalls zu, was sich in stürmischen Böen im Westen und Nordwesten äußert,
exponiert in Sturmböen. Über der Nordsee und im Bergland muss mit schweren
Sturmböen gerechnet werden, exponiert im Bergland noch mehr. Auch in Ostsachsen
sind nach wie vor steife, vielleicht sogar stürmische Böen mit von der Partie.
Der Regen breitet sich dabei wieder südostwärts bis auf eine Linie von RLP nach
MeckPom aus, hier ist ICON offensiver als die externen Modelle.
Während es im Südosten (bei aufgelockerter Bewölkung) örtlich leichten Frost
gibt, liegen die Frühtemperaturen im Nordwesten im zweistelligen Bereich. Zum
Teil wird es dort im Laufe der Nacht sogar wieder milder.

Sonntag ... liegt der Nordatlantik und große Teile Nordeuropas unter
einem mächtigen Langwellentrog. Die vorderseitige Frontalzone nähert
sich, wobei wir zunächst weiter auf deren warmer Seite liegen. Unterdessen
beginnt sich Victoria aufzufüllen und liegt abends wieder westlich Schottlands
mit einem Kerndruck von ca. 945 hPa, während sich aus einem über die Nordsee
nach Nordosten ziehenden Randtrog ein Randtief über Mittelschweden mit 960 hPa
im Kern entwickelt.
Der schleifende Frontenzug wird in dieses Tief eingezogen und kommt bis in den
Norden und Westen unseres Landes voran. Dabei wird auch immer wieder mal die
Bildung von Wellen angedeutet, die an der Front nach Nordosten ablaufen.
Allerdings bestehen hier noch erhebliche Unsicherheiten.
Auf jeden Fall nimmt der Gradient im Zuge der Frontannäherung weiter zu. Im
Nordwesten sind auch im Binnenland Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen
möglich, über der Nordsee und im Bergland orkanartige Böen und im höheren
Bergland Orkanböen.
Der Südosten ist windtechnisch zunächst außen vor, abgesehen vom Bergland, wo
bei stabiler Schichtung Sturmböen, exponiert orkanartige Böen aufkommen. Auch
die Probabilistik zeigt Signale für einen Sturm, allerdings bei weitem nicht in
dem Maße wie am vergangenen Wochenende.
Der Regen konzentriert sich im Tagesverlauf auf den postfrontalen Bereich
(Anafront) im Nordwesten. Der zuvor bis in die Mittel vorangekommene
Niederschlag wird immer schwächer, da die Warmfront sich auflöst und die damit
korrelierte WLA schwächer wird. Bevor es soweit ist, gelangt aber noch sehr
(teils extrem) milde Luft nach Mitteleuropa. Die 5°C Isotherme in 850 hPa liegt
über dem äußersten Norden, im Süden werden nach föhnigem Überströmen der Alpen
in 850 hPa mehr als +10 Grad erreicht.
Durch den kräftigen Wind schlägt sich das auch in 2m Höhe in zweistelligen
Temperaturen nieder, aber nicht nur das. Verbreitet werden mehr als 15 Grad
avisiert, am Oberrhein laut Mos 19 bis 21 Grad!
Die Schichtung ist im Frontbereich stabil und auch postfrontal ist eine
Labilisierung Fehlanzeige.
In der Nacht zum Montag kommt die schleifende Kaltfront bis in den Süden voran,
der postfrontale Regen reicht vom SW bis in den Nordosten. Im Norden lockern die
Wolken wieder auf und ganz im Nordwesten strömt dann doch höhenkalte Luft (T500
~-30°C) ein, in der Schauer auftreten, ansonsten bleibt die Schichtung recht
stabil.
Der Gradient fächert im Laufe der Nacht auf, so dass der Wind wieder nachlässt.
Anfangs sind aber präfrontal und mit Passage der Front Böen Bft 8 bis 9
(vereinzelt Bft 10) zu erwarten, im Bergland mehr. Nach Durchzug des
Tiefausläufers lässt der Wind aber rasch nach. Und auch nach Süden hin ist die
Passage der Front mit viel weniger Wind verbunden, als im Norden und der Mitte.

Im Norden frischt der Wind dagegen im Laufe der Nacht mit Übergreifen eines
Kurzwellentroges und den Schauern aber wieder auf, so dass dann an der Nordsee
wieder schwere Sturmböen im Programm sind.

Montag ... ist der vormalige Langwellentrog zu einem eher kurzwelligen Gebilde
mutiert und nähert sich von Westen her an. Das bedeutet aber auch das in der
südwestlichen Höhenströmung, die über dem Süden liegende Kaltfront nur langsam
abzieht und es dort noch längere Zeit regnen kann. ICON simuliert vorübergehend
sogar noch einmal ein Ausgreifen bis in die südliche Mitte. Warnwürde Mengen
zeichnen sich nicht ab. Nur in Staulagen des Schwarzwaldes hat ICON Nest lokal
um 30 mm in 12 Stunden dabei, was aber sonst nicht gestützt wird.
Ansonsten bleibt es bei wechselnder Bewölkung mangels Labilität bei wolkigem
Himmel, weitgehend ohne Schauer. Nur der äußerste Norden wird von höhenkalter
Luft gestreift, in der es nach wie vor Schauer geben kann.
In der einströmenden erwärmten Meereskaltluft werden verbreitet zweistellige
Werte der Temperaturen erreicht. Im äußersten Südosten, der zunächst präfrontal
mit etwas Sonne dabei ist, können es auch nochmal um 15 Grad sein.
Vor allem über der Mitte und dem Norden bleibt es windig mit starken bis
stürmischen Böen, Richtung Küsten Sturmböen. Direkt an der See kann es auch
schwere Sturmböen geben und exponiert, vor allem anfangs auch orkanartige Böen.
Im Tagesverlauf lässt der Wind dann nach, bevor zum Abend die Annäherung des
Troges im Westen eine Labilisierung bringt mit Schauern (vereinzelt Gewitter)
und dabei insbesondere konvektiv bedingt wieder mehr Wind. Im höheren Bergland
bleibt es generell windig bis stürmisch.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren grundsätzlich ähnlich. Zum Sonntag/Montag gibt es
Unterschiede beim Timing der Entwicklung. Auch die Option einer Welle ist nicht
vom Tisch, auch wenn bis dato höchstens ansatzweise Derartiges simuliert wird.
Der Wind steht im Focus des Warnmanagements, es bleibt aber bei der Ansage:
Sturm am Sonntag/Nacht zum Montag: Ja; schwerer Sturm oder gar Unwetter eher
nein! Ob auch mal Stark- oder Dauerregen gezogen werden muss in den Staulagen im
W und SW, ist noch offen, aber eher unwahrscheinlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner