DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-02-2020 18:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.02.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unbeständig. Zum Sonntag wahrscheinlich wieder Sturmlage und extrem mild.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... greift in der insgesamt westlichen Strömung ein kurzwelliger
Höhentrog über und überquert uns in der kommenden Nacht zum Freitag ostwärts. Es
überläuft das zugehörige Tief im Bodendruckfeld, das sich entsprechend weiter
auffüllt. Es zieht dabei von der südwestlichen Nordsee über Norddeutschland nach
Polen. Wobei der Kerndruck Freitag früh etwas über 1005 hPa liegen soll. Das
zugehörige okkludierende Frontensystem überquert uns nachts mit Ostkurs. Es
verwischt im thermischen Feld aber zusehends.
Trotz Abschwächung löst das Tief mit seinem Gradienten an der Südflanke
lebhaften Wind aus, der gerade in Verbindung mit der Passage der Kaltfront des
Tiefs (nachts über dem Süden) nochmal auffrischt und auf Südwest bis West dreht.
Bei leichter Labilität sind über der Mitte und dem Süden konvektiv durchsetzte
Niederschläge und auch Gewitter zu erwarten. Mit heruntermischen der Oberwinde
von 40 bis 50kt in 850 hPa sind kommt es in tiefen Lagen teilweise zu Böen 7-8
Bft, ganz im Süden und bei Gewittern auch bis 9 Bft, auf den Bergen 10 Bft bis
12 Bft.

Mit Abzug und Abschwächung des Tiefs lässt der Wind von Westen her im Laufe der
Nacht nach.
Auch im nachfolgenden Höhentrog und mit der einfließenden Höhenkaltluft (T500 um
-30°C) sind einzelne kurze Gewitter mit Sturmböen 8-9 Bft nicht ausgeschlossen.


Die Niederschläge an der Okklusion ziehen über den Norden und Osten ab, wobei es
aufgrund der windschwachen Bedingungen im Kernbereich des
Tiefs zum Teil nassen Schnee geben kann, der aber kaum für Glätte sorgen dürfte.
Der Niederschlag im Süden (Kaltfront) kommt in Richtung Alpen voran, wo es am
Alpenrand vorübergehend zu einer Weststaulage kommt.
Die Schneefallgrenze sinkt in der einströmenden etwas kälteren Luftmasse (T850
-3 Grad) auf unter 1000 m. Oberhalb etwa 800 bis 1000 m sind an den Alpen 5 bis
10 cm, in höheren Lagen der Allgäuer Alpen 10 bis 25 cm Neuschnee drin.
Die dem Trog geschuldeten Niederschläge betreffen in der Folge vor allem die
Mitte und den Süden, werden aber häufig nicht sonderlich intensiv ausfallen.
Oberhalb 600 bis 800 m fällt etwas Schnee, lediglich im Bayerischen Wald schneit
es etwas mehr, 5 bis 10 cm. Ansonsten reichen im Bergland teilweise
Glättewarnungen, vor allem nach Westen zu.
Für Frost sollte es im Tiefland kaum, im Bergland oberhalb 600 bis 800 aber sehr
wohl reichen, so dass dort auch noch das Thema "gefrierende Nässe" zu beachten
ist.

Freitag ... zieht der Trog nach Osten ab, während das Bodentief unter Auffüllung
Osteuropa erreicht, dabei in den Prognosekarten aber verschwindet. Der folgende
Höhenrücken lässt auch den Bodendrucksteigen und führt zur Ausbildung eines
Zwischenhochs über uns.
Das entsprechende Absinken führt zur Bildung einer Inversion, unter der die
Grundschicht feucht bleibt und vielfach angefüllt mit starker, überwiegend
tiefer Bewölkung, aus der es gebietsweise auch leicht regnet oder nieselt, in
höheren Lagen schneit. Die Niederschläge sind meist nur leicht und schwächen
sich auch weiter ab. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang nur, dass in
Hochlagen über 800 bis 1000 m an den Alpen, vielleicht auch im Bayerischen Wald
und Erzgebirge noch etwas Neuschnee möglich ist.

Der westliche Wind ist am Vormittag im Süden noch lebhaft unterwegs mit
einzelnen Böen 7 Bft, auf den Bergen 8 bis 10 Bft, Tendenz weiter nachlassend.
Sonst spielt der Wind keine große Rolle. Die Temperatur steigt in der erwärmten
Meereskaltluft auf 5 bis 10°C, am Oberrhein lokal bis 12°C.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhenrücken ostwärts und wir gelangen
unter eine teils leicht antizyklonale südwestliche Höhenströmung. Am Boden zieht
sich das Hoch etwas nach Südosten zurück, behält aber seinen Einfluss im größten
Teil des Landes.
Unter der Inversion bleibt es häufig wolkig, nur gebietsweise reißt die
Wolkendecke stärker auf. Wenn, dann geht die Temperatur bis in Gefrierpunktnähe,
teils auch in den Minusbereich zurück, mögliche (lokale) Glätte durch
gefrierende Nässe ist dann nicht ausgeschlossen.

Unterdessen herrscht über dem Nordatlantik starke zyklonale Aktivität, die sich
Form von zwei Orkantiefs widerspiegelt. Das eine (UTA) liegt mit ca. 930 hPa
über der westlichen Irminger See, das andere (VICTORIA) entwickelt sich sehr
schnell und vertieft sich innerhalb von 12 Stunden um 30 hPa von 960 auf 930
hPa! Es liegt Samstagmorgen (Lesart ICON) ca. 800 km nordwestlich Schottlands.
Die schleifende Kaltfront von UTA greift mit Regen im Laufe der Nacht auf den
Norden über, während der Wind sich sehr in Grenzen hält und wohl lediglich bis
Bft 7 an den Küsten auffrischt.

Samstag ... steuert Orkantief VICTORIA das Seegebiet südlich Islands an, wobei
es sich laut ICON Lauf von 12 UTC auf knapp unter 920 hPa vertiefen soll. Die
Auswirkungen auf die Wetterentwicklung bei uns halten sich aber in Grenzen.
Insbesondere im Süden hält sich noch der Einfluss der Hochdruckzone weiter
südlich, wobei der durch den Druckfall auflebende Wind die Chancen auf
Aufheiterungen sogar eher steigen lässt. Aber auch im Osten und in der Mitte
lässt sich die Sonne blicken.
Je weiter es allerdings gen Norden und Nordwesten geht, umso eher überwiegen die
Wolken. Der Regen wird aber mit leichter Rückdrehung des Windes wieder etwas
nach Norden abgedrängt.

Der südliche Wind legt im Norden und Westen sukzessive zu, die ersten Böen 7 Bft
im Flachland dürften aber erst gegen Abend auftreten, vornehmlich im
Nordseeumfeld und ganz im Westen. Auf der Nordsee selbst sind dann die ersten
Sturmböen 8-9 Bft am Start.

Exponierte Berglagen reagieren auf den stärkeren Gradienten mit teils schweren
Sturmböen. Mit der Zufuhr milderer Luft und bei guter Durchmischung sind
verbreitet zweistellige Temperaturen auf der Karte, im Westen und Südwesten um
14 Grad.

In der Nacht zum Sonntag wird die Höhenströmung langsam zyklonaler, dreht auf
Südwest und nimmt an Fahrt auf. Auch der Gradient im Bodendruckfeld nimmt zu,
was sich in stürmischen Böen im Westen und Nordwesten äußert, exponiert in
Sturmböen. Über der Nordsee und im Bergland muss mit schweren Sturmböen
gerechnet werden, exponiert im Bergland noch mehr. Der Regen breitet sich dabei
wieder südostwärts aus.
Während es im Südosten (bei aufgelockerter Bewölkung) örtlich leichten Frost
gibt, liegen die Frühtemperaturen im Nordwesten im zweistelligen Bereich. Zum
Teil wird es dort im Laufe der Nacht sogar milder.

Sonntag ... liegt der Nordatlantik und große Teile Nordeuropas unter einem
mächtigen Langwellentrog. Die vorderseitige Frontalzone nähert sich, wobei wir
weiter auf deren warmer Seite liegen. Unterdessen beginnt sich Victoria etwas
aufzufüllen und liegt südwestlich Islands mit einem Kerndruck von ca. 945 hPa,
während sich aus einem über die Nordsee nach Nordosten ziehenden Randtrog ein
handfestes Sturmtief mit 955 hPa über der nördlichen Ostsee entwickelt.
Der über dem Norden und Westen Deutschlands liegende schleifende Frontenzug wird
in dieses Tief eingezogen und bildet über der Nordsee und westlich der Biskaya
Wellen. Im Zuge der Annäherung der letzteren Welle, die abends schon über der
Deutschen Bucht liegen könnte, nimmt der Gradient weiter zu. Im Nordwesten sind
auch im Binnenland schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen, über der Nordsee und
im Bergland orkanartige Böen und im höheren Bergland Orkanböen. Der Südosten ist
windtechnisch zunächst noch außen vor. Auch die Probabilistik zeigt Signale für
einen Sturm, allerdings (bei weitem) nicht in dem Maße wie am vergangenen
Wochenende.
Die Entwicklung ist darüber hinaus aber auch noch einigermaßen unsicher, da die
Wellen von Lauf zu Lauf anders ziehen und die Modellwelt insgesamt noch uneins
ist.
Der Regen sollte sich aber, nach dem er vorübergehend bis in die Mitte
vorangekommen ist, mit Annäherung der Welle wieder nach Norden zurückziehen. Die
Zufuhr sehr (extrem) milder Luft nach Mitteleuropa verstärkt sich noch. Durch
das Überströmen der Alpen werden im Süden in 850 hPa mehr als +10 Grad erreicht,
aber auch sonst mehr als +5 Grad.
Durch den kräftigen Wind schlägt sich das auch in 2m Höhe in zweistelligen
Temperaturen nieder, aber nicht nur das. Verbreitet werden sogar mehr als 15
Grad avisiert, am Oberrhein 19 bis 21 Grad!


Modellvergleich und -einschätzung
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Zunächst simulieren die Modelle recht einheitlich, was dann zum Sonntag hin
verloren geht. Aktuell sieht es dann zwar nach einer Sturmlage aus, nach einer
Unwetterlage aber eher nicht. Bleiben die nächsten Läufe abzuwarten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner