DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-02-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 05.02.2020 um 10.30 UTC



Ab Sonntagabend ausgewachsener Sturm! Auch Dauerregen sowie nachfolgend
Schneefall und Schneeverwehungen sind Themen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 12.02.2020


Am Samstag, zum Beginn des Mittelfristraumes, befindet sich nach IFS ein
kräftiger Rücken über dem westlichen Mitteleuropa, wohingegen der
Nordostatlantik von einem Trog beherrscht wird. Der Rücken stützt ein
Hochdruckgebiet über dem Südosten Europas, das zunächst noch das Wetter in
Deutschland prägt. Zum Abend erreicht uns aber die Kaltfront eines Zentraltiefs
über der Irmingersee. Zwischen den beiden Drucksystemen (fast 90 hPa
Unterschied) herrscht eine recht gleichmäßige und aufgeräumte Südwestströmung
über weiten Teilen Europas. Das hat bei uns mäßigen Südwind zur Folge. Während
also zunächst noch ruhiges Wetter herrscht mit recht viel Sonne und örtlichem
Nebel/Hochnebel, kommen im Tagesverlauf von Westen Wolken auf und zum Abend im
Nordwesten Regen. Bis zum Morgen kommt die Kaltfront noch in etwa bis zur Mitte
Deutschlands voran, zeigt aber massive Auflösungstendenzen.
Am Sonntag schwenkt hinter der Kaltfront rasch und recht abgeschwächt ein Trog
durch. Interessanter ist aber eine kräftige Zyklogenese über dem Atlantik, die
in einem Sturmtief mündet, das am Abend mit unter 945 hPa nördlich Schottlands
ankommt. Auf dessen Vorderseite kommt es zu massiver WLA, die für Regenfälle im
Nordwesten sorgt. Da die Kaltfront des vorigen Tiefs nicht ganz bis in den
Südosten vordringt, herrscht dort in der ersten Tageshälfte noch freundliches
Wetter, bevor auch dort Wolken aufziehen. Am interessantesten ist aber der
Gradient: Da das Hoch im Süden und Südosten kaum weicht, stellt sich zum Abend
und in der Nacht zwischen Schottland und Korsika ein Druckgradient von fast 90
hPa ein. Das hat heftigen Sturm zur Folge, der sich im Laufe der Nacht bis in
den Süden Deutschlands durchsetzt. Dabei sind quasi flächendeckend schwere
Sturmböen zu erwarten und im Nordwesten mit Durchgang der Kaltfront auch
Orkanböen. Auf den Bergen droht schwerer Orkan.
Bis Montagabend schwenkt die Kaltfront bis in den Südosten Deutschlands durch
und bringt Regenfälle und mindestens orkanartige Böen. Rückseitig schwenkt rasch
ein Trog durch und es setzt sich erwärmte Polarluft durch. Auch wenn der
Gradient sich auf der Rückseite etwas abschwächt, die zunehmende Labilität
dürfte den heftigen Sturm aufrechterhalten. Bei flächendeckend mehr als 60
Knoten in 850 hPa ist bei jedem stärkeren Schauer eine orkanartige Böe am Start.
In der Nacht soll dann über den Süden noch eine Welle ziehen, die aber wohl nur
kräftigen Regen (eventuell an der Nordflanke auch Schnee) bringt, aber den Sturm
nicht nochmal aufleben lässt.
Am Dienstag zieht noch einmal eine Welle mit Regen und Schnee über den Süden,
nachfolgend gelangt noch etwas kältere labile Polarluft nach Deutschland. Vor
allem im Norden des Landes, wo aber die Schauertätigkeit nachlassen soll, bleibt
es stürmisch.
Am Mittwoch greift der Trog noch weiter nach Süden aus und die Strömung dreht
noch etwas Richtung Nordwest. In 850 hPa geht die Temperatur allgemein auf -6
Grad zurück. Es kommt wieder vermehrt zu Schauern und der Sturm lässt nur
langsam nach. Erst in der Nacht zum Donnerstag, wenn sich ein schwacher Rücken
über unserem Land aufwölbt, fächert der Gradient auf.
In der erweiterten Mittelfrist steht eine stärker mäandrierende Lage auf dem
Programm, insgesamt reißt aber die Zufuhr atlantischer Luftmassen nicht ab und
auch Stürme sind weiter im Rahmen des Möglichen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum kommenden Montag ist die Konsistenz zwischen dem aktuellen Lauf und den
beiden Vorgängerläufen recht hoch. Am Dienstag zeigten die Vorgängerläufe dann
schon eine stärkere Austrogung, während der aktuelle Lauf noch eine recht glatte
Strömung verzeichnet, mit den beiden oben erwähnten Wellen. Erst zum Mittwoch
zeigt dann der aktuelle Lauf den Trog, während die Vorgängerläufe da schon in
einer wieder westlichen Strömung das nächste Tief übergreifen lassen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Modelle zeigen alle sehr ähnliche Entwicklungen. GEM hat am
Mittwoch noch einen über Deutschland ziehenden Schnellläufer im Programm, der
allerdings nach der aktuellen Prognose auch nicht mehr Sturm bringt als zuvor
schon war. Das zeigt aber, dass durchaus Potential besteht, dass sich auch mal
eine Welle entwickeln kann, wenn sie entsprechend günstig liegt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-Ensemble verteilt sich von Montag, 00 UTC bis Mittwoch, 00 UTC auf 3
Cluster. Alle zeigen zu Beginn eine sehr ähnliche Situation mit außerordentlich
starker Westströmung. Zum Mittwoch zeigen C1 und C2 (zusammen 44 Mitglieder,
inkl. Kontrolllauf, plus Hauptlauf) weiter eine recht glatte Westlage. C3 (7
Mitglieder) zeigt eine Austrogung Richtung Balkan. Nachfolgendend werden noch 2
Cluster gebildet. C1 (27 Mitglieder, inkl. Kontrolllauf, plus Hauptlauf) hat
eine stärker mäandrierende Situation im Programm, C2 (24 Mitglieder) eine
glattere Westströmung, vor allem westlich unseres Landes sehr stark.
Die Rauchfahnen des IFS für die Mitte Deutschlands zeigen am Montag einen
markanten Temperaturrückgang in 850 hPa von etwas über 0 Grad auf um -5 Grad mit
nachfolgend ansteigender Unsicherheit. Zudem soll zum Montag/Dienstag das
Potential einbrechen auf unter 530 gpdam in 500 hPa. Nachfolgend soll es langsam
wieder ansteigen. Vor allem am Montag sind die Niederschlagssignale deutlich.
Auch die Rauchfahnen des GFS zeigen diese Entwicklung. Auffallend ist, dass bei
beiden Ensembles der Schwankungsbereich recht gering ist. Betrachtet man das
GFS-Ensemble für die Böen, so zeigt sich für die Nacht zum Montag ein Mittel von
knapp 100 km/h bei einer Schwankungsbreite von 80 bis 110 km/h. In den
Folgetagen bleiben die Böen im Mittel der Läufe bei 60 bis 80 km/h mit Spitzen
bis 130 km/h.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI:
Der EFI zeigt von Sonntag bis Dienstag sehr deutliche Signale für Sturm und
Dauerregen, anfangs auch für hohe Temperaturen. Sogar der Cape-Shear-EFI springt
bei der Lage an, wahrscheinlich aber wohl hauptsächlich aufgrund exorbitanter
Scherungswerte.

Sturm/Orkan:
Cosmo-LEPS (bis Mittwochmittag reichend) zeigt quasi flächendeckend signifikante
Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen, im Norden geringe Wahrscheinlichkeiten für
schwere Sturmböen, an der Küste für orkanartige Böen.
IFS-EPS zeigt von Sonntagabend bis Montagabend quasi landesweit erhöhte Signale
für orkanartige Böen, an der Küste und auf den Bergen für Orkanböen. Am Dienstag
gibt es vor allem im Süden noch Signale für schwere Sturmböen, im Norden dann am
Mittwoch wieder im Norden für Sturmböen.

Dauerregen:
Cosmo-LEPS und IFS-EPS zeigen von Sonntag bis Dienstag sukzessive leichte
Signale für Dauerregen über 40 l/qm in 24 Stunden, zunächst in den westlichen
Mittelgebirgen, dann in den östlichen und dann im Süden. Das hat bei allmählich
sinkender Schneefallgrenze zur Folge:

Schneefall:
Ab Dienstag sind in einigen Mittelgebirgen (höhere Lagen) Neuschneehöhen von
mehr als 15 cm in 24 Stunden gering wahrscheinlich, in den Alpen durchaus über
20 cm in 24 Stunden wahrscheinlich. Das wiederum bedeutet bei dem erwarteten
Sturm:

Schneeverwehungen:
In den Hochlagen einiger Mittelgebirge und in den Alpen sind ab Dienstag
Schneeverwehungen wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Peter Hartmann