DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-02-2020 18:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.02.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden und teils in der Mitte "Vollwetter" mit Sturm, Dauerregen (Unwetter
möglich) und Tauwetter (Unwetter im Allgäu). Im Norden ruhiger, aber ebenfalls
wechselhaft.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... hat ein Kurzwellentrog von der Nordsee her das europäische Festland
erreicht, sodass ein ihm vorgelagerter flacher Rücken bereits nach Osten
abgezogen ist. Im Verlaufe der Nacht überquert der Trog Deutschland. Der Trog
ist mit Tiefdruckkomplex verbunden, dessen Schwerpunkte ("Naima I" und "Naima
II") über der Nordsee und Skandinavien liegen. Eine Welle sowie eine
nachfolgende Kaltfront dieses Komplexes laufen im Nachtverlauf nach Südosten ab.
Die nachfolgende Kaltfront geht dabei direkt über in die Warmfront eines neuen
Tiefs namens "Ottilia" mit Zentrum am Sonntagmorgen nordwestlich der Britischen
Inseln. Die Warmfront nähert sich morgens dem Südwesten von Deutschland an.
Niederschläge gibt es damit vor allem in der Südosthälfte, hauptsächlich in
einem Bereich südöstlich einer Linie von der Pfalz über die Rhön bis hin zur
Lausitz, anfangs sind auch vereinzelte Gewitter im Westen nicht ausgeschlossen.
Die Niederschlagsmengen liegen 12-stündig zwischen 1 und 10, in Staulagen um 15
l/qm. Gegen Morgen setzen mit der Ankunft der Warmfront von Tief "Ottilia"
WLA-gestützt neue Regenfälle ein.
Mit der Warmfront und der daraus nachfolgenden Welle werden die Niederschläge
bis zum Dienstag im Süden anhalten, was im Schwarzwald und im Allgäu bereits in
markante Dauerregenwarnungen bis Dienstagmittag umgesetzt wurde.
Die Schneefallgrenze liegt am Sonntagmorgen bei Tiefstwerten von 11 bis 3 Grad
zwischen 1800 und 1200 m, weshalb in höheren Lagen Tauwetter zu erwarten ist. Da
auch dieses bei milden Temperaturen bis zum Dienstag anhält, wurde für das
Allgäu eine Unwetterwarnung herausgegeben. Im Schwarzwald dagegen gibt es wegen
der meist nur geringen Schneedecken kein Tauwetter.
Des Weiteren fällt auch im Norden leichter Regen, der mit der herumgeholten
Okklusion von Tief "Naima" (dann wahrscheinlich nur noch mit einem Kern über
Finnland) zusammenhängt. Die Niederschlagsmengen sind bei 1 bis 5 l/qm eher
gering und konzentrieren sich auf einen Bereich nordöstlich einer Linie Deutsche
Bucht bis zum Berliner Raum.
In dem Streifen dazwischen bleibt es häufiger trocken und örtlich lockert es
auf.
Darüber hinaus spielt der Wind bei zeitweise straffen Gradienten weiterhin eine
Rolle. Verbreitet ist daher in der Nacht mit starken, im Süden gebietsweise auch
mit stürmischen Böen (Bft 7 bis 8) aus West bis Südwest bis ins Tiefland zu
rechnen. Im Bergland treten Sturmböen (Bft 9), exponiert schwere Sturmböen (Bft
10) bzw. auf den Gipfeln orkanartige Böen (Bft 11) auf. Eine leichte
Abschwächung des Windes zeigt sich in der zweiten Nachthälfte im Westen und
Südwesten, wenn der Gradient zwischen den beiden Tiefdruckgebieten etwas
auseinandergezogen wird.

Sonntag ... zieht Tief "Ottilia" auf der Vorderseite eines neuen Troges über dem
Nordostatlantik nur langsam nach Nordosten weiter und ist abends immer noch
nordwestlich der Britischen Inseln zu finden (ein Schelm, wer nun denkt, dass
das Tief nach dem Brexit nicht einreisen darf). Die in Okkludierung befindliche
Warmfront dieses Tiefs, die morgens im Südwesten Deutschlands ankommt, macht im
Tagesverlauf Fortschritte nach Nordosten. Dabei dringt im Tagesverlauf die
Kaltfront in den Südwesten vor. Diese Kaltfront wiederum geht ihrerseits in eine
weitere Warmfront über, die zu einem neuen Tief mit Zentrum nordöstlich der
Azoren gehört und das ebenfalls mit dem neuen Trog über dem Nordostatlantik
gekoppelt ist.
Zeitweilige Niederschläge treten somit in vielen Teilen Deutschlands auf, nur
von Nordfriesland bis zur Ostsee bleibt es voraussichtlich trocken und
vereinzelt scheint die Sonne. Die kräftigsten Niederschläge sind in der Mitte
und im Süden zu erwarten, dabei gibt es in 12 Stunden 5 bis 15 l/qm, in
Staulagen der Gebirge 15 bis 25 l/qm. Für den Schwarzwald, das Allgäu und den
Bayerischen Wald liegen erhöhte Wahrscheinlichkeiten für mehr als 25 l/qm in 12
Stunden vor.
Weiterhin kräftig bläst der Wind, weil der Gradient nur vorübergehend nachlässt
bzw. sich zum Teil wieder verstärkt. Während die Windabschwächung aus der Nacht
sich vom Westen in die Mitte und den Norden verlagert, frischt er mit der
Warmfront bzw. den nachfolgenden Fronten im Südwesten und Süden wieder deutlich
auf. Bis ins Tiefland kommt es zu stürmischen Böen, vereinzelt auch zu
Sturmböen, im Bergland zu schweren Sturmböen oder orkanartigen Böen und auf den
Gipfeln zu Orkanböen.
Unter Zufuhr milder Luftmassen, daran kann auch die beteiligte Kaltfront kaum
was ändern, ist es bei Höchstwerten von 10 bis 16 Grad mild, sodass die
Schneefallgrenze hoch bleibt. Sie liegt zwischen 600 m im Norden, 1200 m in der
Mitte und bei 1800 bis 2300 m im Süden. Das Tauwetter hält dadurch weiter an
bzw. verstärkt sich sogar noch.

In der Nacht zum Montag ist die Höhenströmung zwar leicht antiyzklonal
deformiert, weiter unten herrscht aber trotzdem rege Tiefdruckaktivität. Die
über den Nordosten liegende nun weitgehend okkludierte Warmfront bringt dort
leichte Regenfälle. Ansonsten dringt ähnlich wie zuvor wieder die Warmfront der
neuen Welle nach Nordosten vor und hält mit neuer WLA die Niederschlagstätigkeit
am Leben. 12-stündig betrachtet gibt es im Nordosten und in der Mitte 1 bis 7,
lokal bis 10 l/qm. Im Bereich der Warmfront bzw. der nachfolgenden Welle fallen
5 bis 15, in Staulagen 20 bis 30 l/qm. Mit geringer Wahrscheinlichkeit werden in
einigen Staulagen um 40 l/qm gerechnet.
Bei Tiefstwerten von 11 bis 5 Grad, im Norden von 7 bis 3 Grad, ist Schneefall
auf Bereiche oberhalb von 500 bis 1300, im Süden oberhalb von 1500 bis 2200 m
beschränkt.
Bleibt also noch das Dauerthema dieser Übersicht abzuarbeiten, der Wind.
Weiterhin stehen stürmische Böen in der Mitte, im Süden auch Sturmböen bis in
tiefe Lagen auf dem Zettel. Weiter oben reicht es für schwere Sturmböen oder
orkanartige Böen, auf den Gipfeln für Orkanböen.

Montag ... befinden wir uns immer noch im Bereich eines flachen Rückens, der
aber kaum dynamische Impulse liefert und dem Bodengeschehen weiter die Regie
überlässt. So trudelt die Welle über Deutschland ein und generiert weitere
Regenfälle. Der Hauptschwerpunkt des Regens verlagert sich mit dem
Wellenscheitel in die Mitte des Landes. Allerdings ist seitens der Modelle noch
nicht ganz klar, wo der meiste Regen fällt. Es lässt sich aber ein Schwerpunkt
etwa von Rheinland-Pfalz über das nördliche Baden-Württemberg und Südhessen bis
ins nördliche und mittlere Bayern ausmachen. ICON fährt dabei eine etwas
nördlichere Linie als EZMW und GFS. Die Mengen liegen zwischen 10 und 30 l/qm,
im Stau lokal bei 40 l/qm in 12 Stunden. Allgemein haben die Ensembles dabei
hohe Wahrscheinlichkeiten für markanten Dauerregen und geringe
Wahrscheinlichkeiten für unwetterartigen. Abseits dieser Gebiete betragen die
Regenmengen 1 bis 10 l/qm.
Der Wind lebt nach kurzer Schwächephase (außer ganz im Süden) mit der neuen
Welle von Südwesten wieder auf. Erneut sind stürmische Böen oder Sturmböen bis
ins Tiefland zu erwarten und schwere Sturmböen bis hin zu Orkanböen auf den
Bergen bzw. ganz oben. Im Norden weht dagegen meist nur schwacher bis mäßiger
Wind mit starken Böen an der Nordsee.
Bei Höchsttemperaturen von 7 bis 14 Grad, im Süden von 11 bis 19 Grad bleibt es
mild bis sehr mild bei unverändert hoher Schneefallgrenze.

In der Nacht zum Dienstag erfasst der Trog den europäischen Kontinent und
schiebt die Welle über Deutschland hinweg nach Osten. Das Zentrum der Welle ist
morgens bereits über Südost-Tschechien zu sehen. Rückseitig der mit der Welle
involvierten Kaltfront macht sich von Nordwesten deutlich kühlere Meeresluft
polaren Ursprungs nach Deutschland auf, wobei die T850 hPa auf -1 bis -6 Grad
sinken. Frontale Niederschläge verlagern sich somit in den Süden und Südosten
und bringen noch einmal 10 bis 30 l/qm, in Staulagen bis um 50 l/qm in 12
Stunden. Auch in diesem Zeitraum gibt es hohe Wahrscheinlichkeiten für markanten
und noch geringe Wahrscheinlichkeiten für unwetterartigen Regen.
Im Norden lebt die Schauertätigkeit auf, vor allem an der Nordsee. Dort sind
Mengen von 1 bis 5 l/qm aber eher unspektakulär. In den Bereichen zwischen
diesen beiden Niederschlagsgebieten ist es zum Teil trocken und vereinzelt
lockern die Wolken auf.
Allerdings ist zu bedenken, dass im Laufe der Nacht mit Ankunft der kühleren
Luft die Schneefallgrenze deutlich sinkt und die Tiefsttemperaturen auf 7 bis 0
Grad zurückgehen. Im Norden liegt die Schneefallgrenze dann bei 500 bis 300 m,
im Südosten noch bei 700 bis 1000 m. Darüber fallen in den Alpen und im
Schwarzwald schon bis zu 10, im Allgäu bis zu 20 cm. Des Weiteren endet nun auch
das Tauwetter.
Der Wind ist nach wie vor im Süden lebhaft, in der Mitte hauptsächlich noch im
Bergland. Im Süden jedoch muss mit weiteren stürmischen Böen oder Sturmböen
gerechnet werden, im Bergland mit schweren Sturmböen bis hin zu Orkanböen auf
den Gipfeln. Im Norden frischt der Wind an der Nordsee auf, dort kommt es zu
stürmischen Böen, auf den Inseln vereinzelt zu Sturmböen.

Dienstag ... verlagert sich der Trog unter Amplifizierung in Richtung zentrales
Mittelmeer über Deutschland hinweg. Er ist angefüllt mit höhenkalter Luft bis
-36 Grad, während in 850 hPa Temperaturen von -3 bis -6 Grad herrschen.
Entsprechende Lapse Rates lassen verstärkte Labilität erwarten, die im CAPE
bisher nicht sichtbar wird. Eventuell ist der über uns liegende Trog dynamisch
gesehen von der Position schon ein Hemmnis. Dennoch sollten in der feuchten
nordwestlichen Strömung Schauer auch mal von Blitz und Donner begleitet sein.
Dabei können sie bis ins Tiefland mit Schnee oder Graupel vermischt sein. Die
Schneefallgrenze liegt bei 400 bis 700 m. An den Alpen können sich die
Niederschläge in der nordwestlichen Strömung noch stauen. Dort liegen die
Regenmengen bei 10 bis 20 l/qm, sonst zwischen 1 und 10 l/qm mit etwas stärkeren
Signalen im Norden als in der Mitte. Im Schwarzwald und in den Alpen ist
oberhalb von 600 bis 800 m mit 10 bis 15 cm, im Allgäu mit 15 bis 25 cm
Neuschnee zu rechnen.
Der Wind beherrscht uns auch am Dienstag. In der nordwestlichen Strömung weht er
außer im Nordosten in Böen stark, im Süden zum Teil stürmisch. Auf den Bergen
sind Sturmböen oder schwere Sturmböen zu erwarten, auf den Gipfeln orkanartige
Böen. Auch bei Gewittern kann es stärkere Böen geben als der Grundwind hergibt.
Die Oberwinde betragen immerhin bis zu 50 kn, was bei Heruntermischen schwere
Sturmböen generieren würde.
Die Temperaturen liegen "nur noch" bei 4 bis 10 Grad, was für die Jahreszeit
aber immer noch zu warm ist.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle erzielen recht hohe Übereinstimmung. Die von Samstag bis Dienstag
andauernde Dauerregenlage in der Mitte und im Süden bringt akkumuliert
betrachtet bis Dienstagmittag im Süden 40 bis 120 l/qm, in der Mitte 15 bis 50
l/qm und im Norden 10 bis 30 l/qm. Weil die Modelle sich bis auf kleinere
Ausnahmen wie beispielsweise die räumliche Exposition der Niederschläge am
Montag recht einig sind (siehe Text), ist von einer Unwetterlage bezüglich
Dauerregen im Schwarzwald und vielleicht auch im Allgäu auszugehen, sodass
entsprechende aktive markante Warnungen noch heraufgestuft werden könnten und es
in weiteren Gebieten einer markanten Warnung oder sogar einer Unwetterwarnung
bedarf.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler