DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-01-2020 18:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 30.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anhaltend windig und sehr mild. Im Bergland Sturm, in tiefen Lagen zeitweise
Sturmböen. Sonntag in Staulagen des Südwestens und Südens Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter einer westlichen, in der mittleren Troposphäre
nordwestlichen Strömung vor einem flachen Langwellenrücken über Westeuropa.
Dieser wird von kräftiger Warmluftadvektion überlaufen, die niedertroposphärisch
vorderseitig eines Frontensystems zu finden ist, das uns in der kommenden Nacht
zum Freitag von Westen her überquert. Damit gelangt nicht nur deutlich mildere,
sondern auch feuchtere Luft zu uns, die sich aktuell schon über Westeuropa
befindet und Taupunkte über 10 Grad aufweist.
Die zugehörigen Niederschläge breiten sich über Deutschland ostwärts aus und
sind im Norden schwächer als im Süden, da sie dort durch einen Kurzwellentrog
gestützt werden.
Warnwürdige Mengen zeichnen sich nicht ab, auch wenn im Schwarzwald punktuell im
ICON an die 25 mm simuliert werden. Da kaum Schnee liegt, wird es auch mit
Tauwetter nichts. Ansonsten sorgt u.a. die überall aufziehende Bewölkung für
eine frostfreie Nacht. Lediglich im äußersten Südosten, östlicher Alpenrand und
südlicher Bayerischer Wald, können sich trotz des auch dort auffrischenden
Windes vereinzelt ein paar Kältelöcher halten, wo die Temperaturen bei Ankunft
der Regenfälle noch um 0 Grad liegen und Glätte nicht ganz ausgeschlossen wäre.
Ein markanter Kurzwellentrog streift den äußersten Norden und Nordosten mit
kräftiger Hebung und schauerartigen Regenfällen. Cosmo D2 simuliert an der
Ostsee auch ein paar Gewitter, die aber mangels Labilität unwahrscheinlich sind.

Einziger Warnparameter wäre nachts der Wind. Es frischt - nach vorübergehender
Schwächephase - abends und nachts mit Gradientzunahme von Westen her wieder auf.
In tiefen sind Lagen sind steife Böen wahrscheinlich, exponiert stürmische Böen.
An den Küsten gibt es häufiger stürmische Böen, an der Nordsee auch Sturmböen.
Im Bergland sind bei stabiler Schichtung Sturmböen (bis schwer) und exponiert
orkanartige Böen nicht unwahrscheinlich.

Freitag ... wird der ohnehin flache Rücken durch kurzwellige Trog weiter platt
gebügelt, woraus schon fast eine glatte, nur noch leicht antizyklonale
Westströmung resultiert. Die Reste der Kaltfront des ersten Frontensystems
liegen über dem Süden und Teilen der Mitte. Sie bringen dort dichte Bewölkung
und gebietsweise leichten Regen, der aber mangels Hebungsantrieb immer schwächer
wird.
Ganz im Süden sind Auflockerungen drin, am Alpenrand leicht föhnig bedingt
sonnige Abschnitte.
Einige Wolkenlücken sind zunächst auch im Norden zu finden. Die
Wetterberuhigung, welche sich in dem (angedeuteten) Zwischenhoch abzeichnet, ist
aber nur von kurzer Dauer. Das nächste Sturmtief zieht im Tagesverlauf ins
Seegebiet westlich Schottlands. Die Warmfront greift mit Regen im Tagesverlauf
auf den Norden über, die Kaltfront bleibt noch außen vor und kommt bis in die
südliche Nordsee voran.
Die von Westen advehierte Luftmasse wird immer milder und genügt schon fast
subtropischen Ansprüchen. Die Temperaturen steigen im 850 hPa Niveau auf 3 bis 6
Grad. Bei guter Durchmischung liegen die Maxima außer an den Küsten über +10
Grad, im Süden bis 16/17 Grad.
Apropos Durchmischung, diese wird durch den kräftigen Gradienten und Wind
gewährleistet. Der begleitet uns auch zunächst über den Freitag; der
südwestliche Wind erreicht Bft 7 bis 8 in tiefen Lagen, an den Küsten Bft 8 bis
9, im (höheren) Bergland schwere Sturmböen bis Orkanböen. Im Tagesverlauf lässt
der Wind aber mit dem Zwischenhoch dann von Westen etwas nach. Nur im Nordwesten
macht sich die nahende Kaltfront mit weiter kräftigen SW Wind bemerkbar.

In der Nacht zum Samstag zieht die Warmfront ab, die nachfolgende Kaltfront
macht leicht schleifend Boden bis in die Landesmitte gut. Südlich des Mains
sollte es meist trocken bleiben mit Auflockerungen ganz im Süden. Ansonsten
fällt aus starker Bewölkung Regen, ohne Warnrelevanz. Mit Frontpassage frischt
der Wind leicht auf und erreicht Bft 7, sonst werden die Warnschwellen eher
knapp verfehlt. Im Bergland sollten nach wie vor Sturmböen mit dabei sein. An
der See lässt der Wind ebenfalls postfrontal nach, anfangs stürmische Böen,
vereinzelt Sturmböen, im Laufe der Nacht sind noch Bft 7 zu erwarten. In Teilen
des Westens und Nordens liegen die tiefsten Temperaturen um +10 Grad, auch sonst
ist kein Frost zu erwarten.

Samstag ... wird die Kaltfront etwas stärker schleifend und erreicht erst abends
den Süden. Dieses Schleifen wird durch einen Trog verursacht der mit leicht
rückdrehender Strömung von Westen her übergreift und abends mit seiner Achse
Westdeutschland erreicht hat.
Von NRW bis Baden-Württemberg und ostwärts zur Lausitz regnet es verbreitet und
länger anhaltend. In der Regel kommen 5 bis 15 mm in 12 Stunden zusammen, lokal
in Staulagen sind an die 30 mm drin. Diesbezüglich gibt es aber noch einige
Unsicherheiten.
Mit Annäherung des Troges labilisiert die Schichtung im Tagesverlauf und die
frontalen Niederschläge werden konvektiver bis hin zu einzelnen Gewittern, vor
allem im Südwesten. Auch nach Frontpassage sind Schauer möglich, die sich
unmittelbar vor dem Trog im Nordwesten nachmittags eventuell zu einer Linie
formieren (große Scherung) können mit eingelagerten Gewittern und starken bis
stürmischen Böen.
Aber auch sonst ist der Wind - dank gut aufgestelltem Druckgradienten - wieder
ordentlich unterwegs. Präfrontal und an den Küsten sind häufiger starke bis
stürmische Böen auf dem Plan, postfrontal geht der Gradient etwas auseinander
und es sind nur noch einzelne 7er Böen aus westlicher Richtung zu erwarten,
abgesehen von den schon erwähnten (konvektiven) Böen an der möglichen
Schauerlinie.
Vor der Front halten sich im Südosten zunächst Auflockerungen, bevor der Regen
abends ankommt. Postfrontal lockert die Bewölkung ebenfalls wieder auf. Die
herangeführte Luftmasse ist insgesamt sehr mild und verdient auch hinter der
Kaltfront den Namen Kaltluft nicht.
Die Temperaturen liegen generell im zweistelligen Bereich, im Südosten mit etwas
Sonne bis 17 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verschärft sich der Druckgradient über Deutschland, da
über den Norden nochmal ein Trog hinwegschwenkt, während über Süddeutschland
vorderseitig eines Rückens über Westeuropa der Druck schon ansteigt. Die Nacht
dürfte damit sehr windig bis stürmisch verlaufen. Über dem äußersten Süden fällt
Regen im Bereich der dort anfangs schleifenden Kaltfront; bzw. es treten Schauer
oder einzelne Gewitter auf an der bis in den Südosten vorankommenden
Schauerlinie. Im Norden ziehen ebenfalls Schauer durch. Dabei sind dann
stürmische Böen und einzelne Sturmböen bis ganz runter wahrscheinlich, an den
Küsten exponiert schwere Sturmböen und teils Orkanböen auf den Bergen.

Sonntag ... folgt rasch das nächste Frontensystem ausgehend von einem Tief
westlich Schottlands. In der nunmehr wieder mehr westnordwestlichen
Höhenströmung kommt es eher nach Südosten voran, als dass es nach Osten
durchrauscht.
Vor allem über dem Westen und Südhälfte hält, oder verstärkt sich noch leicht
der Gradient und sorgt dabei für teils stürmische Böen, teilweise auch Sturmböen
bis in tiefe Lagen. Im Bergland sind verbreiteter schwere Sturmböen bis
Orkanböen dabei. Nördlich davon ist windtechnisch eine deutliche Beruhigung
angesagt, nachdem der nächtliche Trog mit seinen Sturmböen abgezogen ist.
Dazu fällt verbreitet teils schauerartiger Regen, der langsam auch auf den
äußersten Nordosten übergreift. Vor allem in Staulagen des Schwarzwaldes und an
den Alpen (Allgäu) zeichnen sich im ICON größere Niederschlagsmengen 20 bis 30
mm in Stunden ab. Mit den vorangegangen, und eventuell folgenden Niederschlägen,
darf dann vielleicht doch mal eine Dauerregenwarnung in Betracht gezogen werden.

Es bleibt sehr mild.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren in groben Zügen ähnlich. Unsicherheiten kommen zum
Sonntag ins Spiel. Die Ausbreitung/Intensität des Regen und die vom Wind
betroffenen Regionen sind noch unsicher.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner