DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-01-2020 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.01.2020 um 10.30 UTC



Westlage. Im Bergland anhaltender Sturm, sehr mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 04.02.2020


Am Freitag liegen wir unter einer westlichen Strömung, die über Mitteleuropa
zunächst sogar leicht antizyklonal gekrümmt ist. Wir verdanken dies dem Umstand,
dass wir in Begleitung von kräftiger Warmluftadvektion in den Warmsektor eines
Tiefs westlich Irlands gelangen. Die Warmfront passiert tagsüber
Norddeutschland, die folgende Kaltfront greift abends und nachts von Nordwesten
her über. An der See und im Bergland ist es stürmisch.
Am Samstag sieht die etwas zunehmende Westströmung glatter aus und die Kaltfront
kommt schleifend bis nach Süddeutschland voran. Was folgt ist aber alles andere
als wirklich kalte Luft. Die Temperaturen gehen in 850 hPa im Norden nur auf
Werte um 0 Grad zurück, im Süden liegen sie präfrontal bei über 5 Grad. Die gute
Durchmischung - der Wind frischt gegenüber Freitag noch etwas auf - sorgt
verbreitet für zweistellige Temperaturen; im Südwesten um +15 Grad! In Kammlagen
sind schwere Sturmböen zu erwarten, aber auch im Flachland sind Sturmböen nicht
ausgeschlossen.
Am Sonntag liegen wir unter einer leicht mäandrierenden westlichen Strömung, in
der über die Nordsee ein flacher Trog ostwärts abläuft. Dabei soll sich im
Bodendruckfeld vom Tief über dem Nordatlantik ein Teiltief lösen und über
Norddeutschland ebenfalls ostwärts ziehen. So zumindest die Ansicht des neuesten
Laufs. Dies hätte südlich des Tiefs möglicherweise eine schwere Sturmlage zur
Folge. Ansonsten bleibt es alles beim Alten. Es regnet häufig und die
Temperaturen ändern sich kaum.
Am Montag und Dienstag hält die westliche Strömung an. Weitere Tiefausläufer
folgen, bei insgesamt weiter großem Druckgradienten, der aber nicht mehr die
Werte des Vortages erreicht. Dabei wird zunächst weiter sehr milde Meeresluft zu
uns geführt.
In der erweiterten Mittelfrist baut sich ein blockierender Höhenrücken über dem
Nordatlantik auf, an dessen Ostflanke von Norden her deutlich kältere Luft zu
uns vordringen kann. Diese kommt allerdings relativ schnell unter dem sich nach
Mitteleuropa ausweitenden Bodenhoch zur Ruhe.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Was die Großwetterlage angeht, stimmen die letzten Läufe prächtig überein.
Schaut man auf die kurzen Wellen, sieht das aber schon anders aus, weshalb bei
genauer Betrachtung deutliche Unsicherheiten verbleiben. Die Schwierigkeiten bei
der Simulation der kurzen Wellen führen dazu, dass Sturmlagen für ein zwei Läufe
auftauchen, dann wieder verschwinden, um an anderer Stelle wieder aufzutauchen.
Vorgestern sollte es für zwei Läufe in der Nacht zum Freitag einen schweren
Sturm geben, aktuell (siehe oben) ist der Sonntag dran. Das Potential für einen
schweren Sturm ist natürlich gegeben, ob es tatsächlich der Sonntag wird, ist
aber sehr unsicher, da bislang nur der neue Lauf eine entsprechende Entwicklung
zeigt. Die Konsistenzunsicherheiten haben auch dazu geführt, dass der letzten
beiden Absätze im Vorabschnitt sehr allgemein gehalten ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen globalen Modelle haben keine grundsätzlich andere Entwicklung auf
dem Plan. Es bleibt bei West zyklonal. Auch in Bezug auf die Unstimmigkeiten in
Frage der kurzen Wellen gibt es nichts Neues zu berichten.
Den Sturm am Sonntag simulieren weder ICON noch GFS. Und wenn im GFS wenigstens
der Gradient an diesem Tag noch zulegt, so fehlt doch das kleinräumige Tief. Im
ICON steht für diesen Tag gerade eine Wetterberuhigung mit kurzem
Zwischenhocheinfluss an.
Im Übergang zur erweiterten Mittelfrist lässt ICON die Strömung weniger stark
mäandrieren. Das hat zur Folge, dass schon ab Dienstag kältere Meeresluft
einfließt und der (bei IFS/GFS) blockierende Höhenrücken, nicht blockierend wird
und zügig nach Europa hereinschwenkt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles stützen z.B. anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte über
weite Strecken die Aussagen des Hauptlaufs. Sie zeigen die für solche
Situationen (W z) typische Entwicklung mit Wellen in den Temperatur- und
Geopotentialkurven. Darüber hinaus gibt es wiederholt Niederschlagssignale.
Nächste Woche zeigt dann der Trend in den Ensembles - was die Temperaturen
angeht - nach unten, während die Geopotentialkurvenschar nach einem Minimum am
Dienstag wie nach oben zeigt. Ein Indiz für das Übergreifen des blockierenden
Höhenrückens. Vielleicht wird es ja doch was mit einer Art von Winter im
Februar, wenigstens die Temperaturen gehen ja zurück.
Bis +168 h wird jeweils nur ein Cluster gebildet mit dem Wetterlagenmuster
positive NAO. Die Detailunterschiede werden bei der Clusterung ja weggebügelt.
Die Sturmlage am Sonntag wird von den Ensemblevorhersagen des ECM einigermaßen
gestützt. So sind im EFI für Sonntag und Montag Hinweise auf ein Windereignis
vorhanden. Das 90% Perzentil liegt über der Mitte und dem Süden um oder etwas
über 25 m/s, Bft 10.
Die EPS des GFS zeigen übrigens, wie auch der zugehörige operationelle Lauf,
kein so starkes Windereignis.
Im letzten Zeitschritt bis +240h sehen alle Cluster die Entwicklung eines
blockierenden Höhenrückens, freilich mit erheblich Unterschieden bei der Frage
wo dies geschieht. Cluster 1 und 4 (zusammen 21 Member) lassen Rücken relativ
weit draußen auf dem Atlantik und zeigen über uns einen Trog. Die restlichen
Cluster (30 Member) lassen den Höhenrücken zu uns vorankommen, entsprechend
dominierte dann antizyklonaler Einfluss.
Die deutliche Abkühlung nächste Woche ist also nicht unwahrscheinlich, es
überwiegt aber wohl rasch wieder Hochdruckeinfluss.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikant ist mittelfristig im Wesentlichen der Wind. Im Bergland kann man von
einer Dauersturmlage sprechen, die sich über den gesamten Zeitraum zieht. Im
höheren Bergland zeigen die probabilistischen Verfahren, aber auch Mos immer
wieder Sturmböen bis (exponiert) Orkanböen.
An der See sind aber ebenfalls häufiger stürmische Böen und Sturmböen mit von
der Partie, die freilich zeitweise auch allgemein anstehen. Für die im neuesten
IFS Lauf apostrophierte schwere Sturmlage am Sonntag liegen unterschiedliche
Signale vor (Vorabschnitte).
Eine zyklonale Westlage im Winter ist aber immer mal für einen schweren Sturm
gut, der Sonntag, vielleicht auch Montag scheinen aber aus aktueller Sicht
prädestiniert dafür.
Ansonsten zeigen die positiven Temperaturanomalien (beispielsweise im EFI) dass
der Winter weiter keine Rolle spielt.
Auch Signale für Dauerregen sind nur gering oder nicht vorhanden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Mos, ECM, EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner