DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-01-2020 16:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ausgangs der Nacht zum Mittwoch und Mittwoch tagsüber über der gesamten Mitte
regional gefrierender Sprühregen und örtlich Glatteis. Nacht zum Donnerstag
zögernd abklingend. Ostseeküste vorübergehend auffrischender West- bis
Südwestwind. Nächte ausgenommen vom Norden meist frostig, teils mit mäßigem
Frost. Alpenrand regional strenger Frost.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegen weite Bereiche Deutschlands unter einem großräumigen
Hochdruckgebiet mit dem Namen EKART I und II (da bereits über dem Ärmelkanal in
zwei eigenständige Zentren aufgespalten). Dabei überwiegt noch meist
synoptisch-skaliges Absinken, wobei einige 12Z Aufstiege eine deutliche Zunahme
der Inversion in rund 950-850 hPa zeigen. Mit PWATs von unter 5 mm ist die
Troposphäre hochreichend trocken und darum verwundert auch nicht der eitle
Sonnenschein, der von Niedersachsen bis in die Lausitz und von der Altmark und
Teilen Niedersachsens bis in die Oberpfalz und den Oberrhein für einen
ausflugsfreundlichen Nachmittag gesorgt hat (wenigstens für diejenigen, die
nicht arbeiten mussten).
Feuchtereste unterhalb der scharfen Inversion (immerhin rund 6 Kelvin zwischen 1
und 1.5 km AGL über München mit rund 8 Grad auf dem Großen Arber am Nachmittag)
äußern sich durch hartnäckige Hochnebelfelder, die besonders die Donau und deren
Umfeld sowie teilweise auch das Alpenvorland betreffen. CD2 hat den Hochnebel
recht gut erfasst, allerdings dehnt das Modell diesen zu weit nach Westen (in
Richtung Saarland) aus. In den Hochnebelgebieten bleibt es auch bis zum Abend
durchweg bei leichtem Luftfrost, während in den klaren Gebieten die
Lufttemperatur bis zum Abend wenigstens noch knapp über dem Gefrierpunkt
verbleibt (wenngleich sie zielstrebig in Richtung Gefrierpunkt stürzt).
Bleibt nur noch der Norden Deutschlands zu erwähnen. Hier drückt eine um 12Z
knapp nördlich vor Dänemark analysierte Kaltfront eine feuchte niedertrop.
Luftmasse in Form dichten Hochnebels ins Binnenland (gesättigt zwischen 900-950
hPa) und erfasst zum Abend grob eine Linie Bremen - Prignitz (CD2 etwa 80 km zu
weit südlich mit der Ausdehnung zum 13Z Termin). Allerdings kommt diese
Bewölkung nur zögernd nach Süden voran und lockert zeitweise auf. Im
Grenzbereich zu Dänemark kann etwas Sprühregen nicht ausgeschlossen werden. Wenn
schon keine Sonne, dann wenigstens die höchsten Abendwerte, die im äußersten
Norden bei rund 6 Grad liegen.

In der Nacht zum Mittwoch liegen wir unter einem ansatzweise analysierbaren
Sattelpunkt, sodass bis Mitternacht die feuchte Luft von Norden kaum südwärts
vorankommt. Das umfangreiche Tiefdruckgebiet über Südwesteuropa sendet in Form
einer schwachen IPV Schliere etwas Hebung inkl. hoher Bewölkung ins
Alpenvorland, sonst bleibt es aber über der Mitte und dem Süden abseits des
Hochnebels klar und trocken. Bestes Wetter für effektive Ausstrahlung und
leichten bis mäßigen Frost (-1 bis -8 Grad) über der Mitte und dem Süden.
Ensembledaten deuten am direkten Alpenrand (Ausgabe der markanten Warnung
bereits erfolgt) und sporadisch auf dem Kamm des Bayerischen Waldes das
Unterschreiten der "strengen Frost" Schwelle an. Werte von unter -10 Grad
dürften bodennah (!) in Bayern vielerorts erwartet werden. Am strengen Frost
dürften auch die erwähnten einzelnen Cirren nichts ändern.
Ansonsten kommt die Kaltfront nach Norddeutschland voran und mit ihr auch
präfrontal der Hochnebel, wobei noch zu klären ist, ob als (maskierte)
Bodenfront, oder Höhenkaltfront. Bis Mitternacht ist noch größtenteils die
Strömung des Tiefdruckgebietes über Südwesteuropa bestimmend, bevor dieser
Einfluss in der zweiten Nachthälfte rasch nachlässt und die Front mit
einsetzender Nordwestströmung zügiger Boden nach Südosten gut machen kann.
Ausgangs der Nacht wird sie grob auf einer Linie nördliches NRW-Harz-Oberlausitz
erwartet. Der Sprühregen erfasst weite Bereiche Norddeutschlands. Das Gute an
der langsamen Verlagerung ist, dass der Überlappungsbereich "Frost" und
"Sprühregen" aus aktueller Sicht noch nicht sehr groß ist. Dennoch kann ausgangs
der Nacht die erste markante Glättewarnung vor gefrierendem Sprühregen nicht
ausgeschlossen werden, was besonders das südliche Niedersachsen bis zum Großraum
Berlin betrifft. In Richtung NRW tritt häufig dichter Bodennebel auf und das
gilt auch für den Oberrheingraben. Die Tiefstwerte verbleiben im Norden unter
der schützenden Wolkendecke zwischen +6 und +2 Grad. Präfrontal treten besonders
im Ostseeumfeld Windböen aus West auf, exponiert sind einzelne stürmische Böen
Bft 8 nicht ausgeschlossen. Sonst ist nur mit einer schwachen Windbewegung aus
Südost bis Südwest gerechnet.


Mittwoch ... findet eine Trogpassage über Nordosteuropa statt, die peripher auch
den Nordosten und Osten Deutschlands erfasst. Die Kaltfront kommt nur noch
schleppend bis in die Mitte und den Osten Deutschlands voran. Besonders dort, wo
man frostig aus der Nacht in den Tag startet und die Hochnebelbewölkung aus
Norden zügig aufzieht kann die kalte Luftmasse soweit konserviert werden, dass
der Sprühregen zunehmend "gefrierend" fällt. Besonders nach Osten zu ist die
Hebung noch am vergleichsweise kräftigsten (Sachsen-Anhalt, Sachsen und
Südbrandenburg), sodass hier recht verbreitet mit gefrierendem Sprühregen
gerechnet werden muss. Weiter im Westen gleicht jedoch zunehmende orografische
Hebung den fehlenden synoptisch-skaligen Input aus und sorgt auch hier immer
wieder für teils gefrierenden Sprühregen. Allerdings ist bei dieser Lage
"Nowcast" gefragt, denn sollte sich der Bewölkungsaufzug etwas verzögern, könnte
die diabatische Komponente entscheidend (hemmend) eingreifen. Förderlich für
Glätte dürfte die Frosteindringtiefe sein, die entlang der zentralen
Mittelgebirge zwischen 2 und 10cm liegt und somit wenigstens temporär den Input
des Bodenwärmestroms hemmt.
Summa summarum muss morgen über der gesamten Mitte von West nach Ost aus einer
dichten Hochnebeldecke mit teils gefrierendem Sprühregen und örtlich mit
Glatteis gerechnet werden. Der Schritt zum "Unwetter" ist bei dieser Art der
Glätte zwar kein großer, allerdings deutet aktuell Vieles auf eine ausgedehnte
markante Lage hin.
Im Süden bleibt es neben regionalem Hochnebel sonnig und trocken und im
Nachmittagsverlauf lockert die Hochnebeldecke im Norden postfrontal auf, sodass
hier vielleicht auch noch die späte Nachmittagssonne kurz genossen werden kann.
Die Höchstwerte liegen im Norden zwischen +5 und +9 Grad und über der Mitte und
dem Süden je nach Sonnenanteil zwischen -3 und +3 Grad (Berge Süddeutschlands
nochmal Spitzen bis +6 Grad). Der Wind weht im Norden mäßig aus Nordwest mit
letzten Böen im äußersten Nordosten. Im übrigen Deutschland tritt nur eine
schwache Windbewegung auf. Auf exponierten Berglangen der östliche Mittelgebirge
kann eine einzelne stürmische Bö nicht ausgeschlossen werden.

In der Nacht zum Donnerstag kommt die Kaltfront unter der sich vor Ort
auflösenden Keilachse mehr oder weniger zum Liegen bzw. löst sich allmählich
auf. Somit verläuft die Nacht vom Niederrhein bis zur Lausitz unter dichter
Hochnebelbewölkung meist trocken, jedoch kann hin und wieder etwas Sprühregen
nicht ausgeschlossen werden. Dieser kann bei Werten um den Gefrierpunkt
weiterhin regional gefrieren. Am Nordrand der Feuchteschliere lockert die
Bewölkung postfrontal zeitweise auf und hier besteht auch die Möglichkeit von
teils dichtem Bodennebel (allgemein auch die nördlichen Staulagen der zentralen
Mittelgebirge betreffend). Auch im gesamten Nordwesten muss mit teils dichtem
Nebel gerechnet werden, während die vergleichsweise trockene Luftmasse im
Nordosten mit etwas Luftbewegung den Nebel unterbinden sollte. Im Süden bleibt
es abseits regionaler Hochnebel- und Nebelfelder klar und trocken. Die
Tiefstwerte liegen im Norden und Nordwesten zwischen +4 und +1 Grad und über der
Mitte meist um 0 Grad. Auch im Nordosten kann es mit Aufklaren in Richtung
Gefrierpunkt gehen. Im Süden sorgen tiefe Taupunkte und teils klare Bedingungen
erneut für effektives Abkühlen und leichten bis mäßigen Frost (-3 bis -7 Grad).
Glätte ist besonders über der Mitte und dem Nordosten ein Thema, im Süden eher
nur regional.


Donnerstag ... steigt das Geopotential wieder an und bodennah wandert eine
Bodenhochdruckzelle von der Mitte Deutschlands nach Ungarn. Die über der Mitte
und dem Süden Deutschlands mehr auf Südost drehende Strömung hebt somit die
Frontenreste nach Norden und führt niedertroposphärisch etwas trockenere Luft in
diese Regionen. Daher lockert sich die dichte Hochnebeldecke über der Mitte im
Tagesverlauf zunehmend auf. Im Süden scheint abseits regionaler Hochnebelfelder
weiter die Sonne und es bleibt überall trocken. Einzig im Norden verläuft der
Donnerstag meist trüb und grau mit etwas Sprühregen. Der Wind weht im Süden
schwach aus Ost, im Norden aus Südwest und das alles bei Höchstwerten von +2 bis
+8 Grad, in Hochnebelgebieten bei leichtem Dauerfrost.

Die Nacht zum Freitag kann kurz und knapp verfasst werden. Unter einem Keil
gelegen funkeln meist die Sterne von einem klaren Nachthimmel. Regional bilden
sich dichte Nebel- und Hochnebelfelder und nur im äußerste Norden bleibt es
meist hochnebelartig bedeckt. Dabei fallen die Temperaturwerte wieder meist in
den frostigen Bereich mit 0 bis -4 Grad, im Süden und Südosten bis -7 Grad.
Einzig im Norden bleibt es unter den Wolken mit +4 bis +1 Grad frostfrei. Der
Südwind weht nur schwach.

Freitag ... kommt Bewegung ins Wettergeschehen, allerdings nur im äußersten
Südwesten, denn hier erfasst zum Abend ein Kurzwellentrog die Schweiz und
nachfolgend auch Südwestdeutschland. Die stärkste Krümmung und Hebung des Troges
verbleiben jedoch über Norditalien, sodass außer etwas mehr Gewölk im Süden
nicht viel passieren sollte. Abgesehen davon verbleibt der Rest der Republik
unter Hochdruckeinfluss mit einer Fortdauer der Nebel-/Hochnebel- und
Sonnenlotterie. Ganz im Norden überwiegt noch hochnebelartige Bewölkung. Trocken
bleibt es überall. Die Höchstwerte liegen deutschlandweit zwischen +2 und +9
Grad, im Dauergrau des Hochnebels in Süddeutschland bleibt es frostig. Der
Südwind weht schwach, im Norden aus Südwest und in Ostseenähe leicht böig.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik hat die aktuelle Wetterlage gut im Griff. Erst zum Ende der
Kurzfrist nehmen die Unsicherheiten der Geopotentialverteilung über Deutschland
etwas zu, allerdings hat das bisher keine Auswirkungen auf die zu erwartende
Wetterentwicklung. Daher liegt der Fokus meist in der Grenzschicht, die im nahen
Nowcast behandelt bzw. bewarnt wird. Das gilt auch für die Glatteisproblematik.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy