DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-01-2020 18:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges Hochdruckwetter, am Mittwoch von Norden schwache Kaltfrontpassage, im
zentralen Mittelgebirgsraum lokale Glatteisgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen weite Teile Mitteleuropas unter der Vorherrschaft des Hochs
EKART. Dieses hat mit immerhin noch beachtlichen 1048 hPa seinen Höhepunkt zwar
überschritten, bleibt aber weiterhin wetterbestimmend. Während dessen
Schwerpunkt in der Höhe klar über der Keltischen See auszumachen ist (worunter
sich nahezu achsensenkrecht auch ein Zentrum am Boden befindet), hat sich
bodennah über dem Balkan inzwischen ein weiterer Schwerpunkt etabliert, weshalb
das Gesamtgebilde nun einen Dipolcharakter aufweist.
Die Divergenzachse verläuft dabei zonal über die Mitte Deutschlands hinweg.
Nördlich hält sich weiter mehrschichtige Bewölkung. Die WLA ebbt zwar ab, die
westliche Strömung hält aber eine gewisse Feuchtezufuhr in der unteren
Troposphäre aufrecht. Dementsprechend bleibt es nördlich einer Linie
Bremen-Angermünde auch frostfrei. Ansonsten wird die Inversion (laut 15z
Amdar-Aufstieg in Frankfurt (Main) aktuell in 900 hPa) durch das kontinuierlich
andauernde Absinken bis in Bodennähe gepresst, was weitere Wolkenauflösung zur
Folge hat. Gleichwohl dürfte es in vielen Flussniederungen für Nebel reichen
(nach WarnMOS und MosMix bevorzugt vom Münsterland bis zum Raum Aachen). Die
Temperatur geht verbreitet in den leichten bis mäßigen Frostbereich zurück und
in schneebedeckten Alpentälern ist strenger Frost unter -10°C wahrscheinlich.
Die Glättegefahr ist gegenüber der vergangenen Nacht durch die Abtrocknung der
Luftmasse deutlich reduziert und beschränkt sich vor allem auf lokal anfällige
"Ecken" wie Flussniederungen und Waldschneisen. Durch die leichte südwärtige
Verlagerung der Hochdruckzone bis zum Morgen, kann die Frontalzone über
Skandinavien etwas an Raum gewinnen und der Wind legt an der See etwas zu. Vor
allem über Fehmarn, Hiddensee und Rügen kommt es ab der zweiten Nachthälfte zu
Windböen Bft 7. Am exponierten Kap Arkona kratzt man aktuell schon an der Bft 8
aus Südwest bis West.

Dienstag ... sorgt Kaltluftadvektion über dem Baltikum dafür, dass am
Nordostrand der Hochdruckbrücke Druckfall einsetzt und das dipolartige
Gesamtkonstrukt mit seiner Achse etwas nach Südosten kippt. Zwischen Rhein und
Böhmischen Becken liegt der Druck aber immer noch konstant über 1040 hPa. So
scheint morgen in weiten Teilen des Vorhersageraums die Sonne. Ausgenommen davon
sind einige anfällige Areale wie z.B. entlang von Donau Werra und Fulda, wo sich
zäher Nebel oder Hochnebel teils ganztägig hält. Im Norden überwiegt ausgangs
der Nacht ohnehin noch kompakte Restbewölkung, die quasi nahtlos von der
Bewölkung einer schwachen Kaltfront abgelöst wird, aus der vereinzelt sogar ein
paar Tropfen Regen oder Nieselregen fallen können.
An der Nordostflanke der Hochdruckzone bleibt der Gradient relativ konstant
aufrecht, so dass vor allem an exponierten Küstenabschnitten der Ostsee Böen der
Stärke 7 Bft auftreten. Die Temperatur steigt im Norden auf 6 bis 8 Grad, sonst
auf 1 bis 6°C. Dort, wo es ganztägig neblig-trüb bleibt, ist je nach vorheriger
nächtlicher Abkühlung auch ein Eistag drin.

In der Nacht zum Mittwoch setzt sich die südwärtige Austrogung über dem Baltikum
und Westrussland weiter fort (immerhin -40 Grad in 500 hPa von Karelien bis nach
Moskau). In der nordwestlichen Höhenströmung löst sich im Lee der Norwegischen
Gebirge ein Randtrog ab, der etwas Hebung im Küstenumfeld generiert. Dadurch
wird die zunächst kaum wetteraktive schwache Kaltfront etwas aktiviert, so dass
häufiger etwas Nieselregen daraus fällt, der sich bis zum Morgen in etwa von der
Ems und Wesermündung über Hamburg bis nach Berlin und Cottbus ausweitet. Aller
Voraussicht nach ist die vorauseilende Bewölkung zu massiv und die
Gegenstrahlung reicht bereits aus, um die Glatteisgefahr zu bannen. Die
Frostgrenze schließt sich wohl erst weiter südlich vom Niederrhein über den Harz
bis zur Elster an. In der Mitte und im Süden bleibt es abgesehen von
grenzschichtbetreffenden Prozessen ruhig bei Tiefstwerten meist zwischen -2 und
-7 Grad. Nebelanfällig bleiben die "üblichen Verdächtigen" aus den Vornächten
mit örtlicher Glätte durch etwas Reif oder überfrierende Nebelnässe. Die
Bewölkungsvorhersage des Euro 4, bei der quasi nur noch Lagen oberhalb von
600-800 Meter aus der kompakten Wolkendecke rausschauen, ist anzuzweifeln. Der
westliche Wind bleibt vom Darß bis zu Nordspitze Rügens knapp im warnwürdigen
Bereich.

Mittwoch ... schwenkt der o.e. Randtrog, von dem wir ohnehin nur einen
Streifschuss erfahren, südostwärts über Polen hinweg. Am Boden bleibt letztlich
"nur" noch ein Keil über Süddeutschland übrig, der sich ausgehend vom nach wie
vor kräftigen Hoch bei Irland standhaft hält. Durch die auch in unteren
Atmosphärenschichten nördlich des Keils auf nordwestliche Richtungen drehender
Wind, kommt die Front noch bis zur zentralen Mittelgebirgsschwelle voran und
gerät mit Entfernung zum Randtrog mehr und mehr unter Absinken. Dennoch heißt es
vormittags vom Sauerland über Ostwestfalen, Nordhessen, dem Harzumfeld bis zum
Vogtland und Zittauer Gebirge Obacht vor örtlichem Glatteis durch gefrierenden
Nieselregen/Sprühregen. Dieser ist mengentechnisch zwar unbedeutend (meist unter
1 mm, Richtung Lausitz auch bis 3 mm), was aber örtlich (markante Warnung) nach
frostiger Nacht locker ausreichen kann. Gewisse Unsicherheiten bestehen noch im
zeitlichen Übergreifen und im Bewölkungsaufzug (wie scharf ist die
Wolkenkante?). Nach Durchsicht der 12z Läufe haben sich die Anzeichen für eine
lokale Glatteislage am Nordrand der Mittelgebirge aber tendenziell verdichtet.
Die Rückläufigkeit in die Warmfront eines Sturmtiefs über der Irminger See ist
auch nicht mehr zwingend gewährleistet, die Verbindung scheint über UK gekappt
zu werden. Damit ist also der Westen gleichermaßen gefährdet, wenngleich aus dem
Gradienten heraus die südwärtige Verlagerung der Niederschläge im Osten
schneller vonstattengeht.
Zum Nachmittag fällt aus der kompakten Bewölkung über der Mitte des Landes kaum
noch Niederschlag heraus und die Belagstemperaturen sollten allesamt im
positiven Bereich liegen. Postfrontal sorgt unterstützender Skandinavienföhn von
der Ostsee für Auflockerungen. Im antizyklonal beeinflussten Süden scheint
außerhalb weniger zäher Nebelfelder erneut vermehrt die Sonne. Bei den
Temperaturen tut sich herzlich wenig.
Postfrontal fächert zudem der Gradient auch an der Ostsee wieder auf und
spätestens zum Nachmittag sind dann auch Windböen nahe Arkona Geschichte.

In der Nacht zum Donnerstag kommt die starke Bewölkung noch etwas nach Süden
voran. Mittels orographischer Unterstützung kann an den Nordrändern der
Mittelgebirge noch etwas Sprühregen "rausgepresst" werden, weshalb die
Glatteisgefahr nur vorübergehend und noch nicht komplett gebannt ist.
Postfrontal sollte sich über der Norddeutschen Tiefebene bei rascher Windabnahme
verstärkt Nebel und Hochnebel ausbilden, der die Frostgefahr limitiert. So
beschränkt sich der Frost auf die Südhälfte Deutschlands, der mäßige Frost auf
die Gebiete südlich der Donau.

Donnerstag ... ändert sich an der Großwetterlage kaum etwas. Deutschland
verbleibt im Bereich einer (hochreichenden) Hochdruckbrücke, wobei sich der
östliche Schwerpunkt über den Karpaten wieder etwas stärken kann. Das liegt
daran, dass der stützende Rücken über den Britischen Inseln sich allmählich
westwärts zurückzieht und so der Rücken über dem zentralen Mittemeer an
Bedeutung gewinnt. Damit herrscht in einer erwärmten und zunehmend auch in der
Mitte und im Norden wieder kontinentaleren Luftmasse weiterhin Absinken vor.
Durch die recht kräftige Absinkinversion in 900 hPa tut sich die Frontenreste
aber schwer, gänzlich getilgt zu werden, zumal auch der Wind kaum zur einer
guten Durchmischung beiträgt. So dominieren im Norden und bis weit in den Tag
hinein auch in der Mitte des Landes die Wolken, während im Süden (insbesondere
in den mittleren und höheren Lagen) wieder ein sonniger Tag bevorsteht. Die
Temperaturen liegen recht einheitlich zwischen 3 und 7 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Auf Basis der vorliegenden 12z Läufe ergeben sich keine markanten
Modellunterschiede.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen