DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-01-2020 17:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Bergland und vor allem an den Alpen bis Sonntagabend noch etwas Neuschnee
ohne markante Mengen. Vor allem nachts vielerorts Frost und Glätte. Zu
Wochenbeginn Hochdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... "Strenger Frost bis -15 Grad! Kaltfront sorgt für Wintereinbruch in
Deutschland" - so heißt es heute in der Online-Ausgabe eines bekannten
Nachrichtenmagazins. Was hier (natürlich absolut unseriöserweise) als
"Wintereinbruch" betitelt wird, ist nichts anderes als ein Rückgang des
Temperaturniveaus von teils frühlingshaften Werten hin zu annäherungsweise
jahreszeitüblichen Temperaturen, die ja mit Flachlandwinter ebenfalls nicht
wirklich viel zu tun haben.
Nichtsdestotrotz - es ist kälter geworden und in höheren Lagen, vor allem an den
Alpen kann man ja durchaus auch ein paar Zentimeter des "weißen Goldes"
bewundern. Im Tiefland reicht es dagegen meist wohl nur für etwas Matsch und
Glätte - wenn überhaupt.
Verantwortlich dafür ist ein langwelliger Höhentrog, der sich vom Nordmeer über
Skandinavien bis nach Mitteleuropa erstreckt. Dieser kommt aufgrund eines
blockierenden Höhenrückens über Osteuropa kaum mehr nach Osten voran und büßt
zunehmend an Wellenlänge ein, er wird mit der Ostverlagerung eines sich morgens
vom Seegebiet östlich der Azoren über den Nordwesten der Britischen Inseln bis
zum Nordmeer erstreckenden, geradezu monumentalen Höhenrückens regelrecht in die
Zange genommen.
Dennoch bleibt er auch die Nacht über für das Vorhersagegebiet wetterbestimmend
und wird durch von Nordwesten hereinlaufende kurzwellige Anteile vorübergehend
sogar noch einmal regeneriert. Somit hat sich in weiten Teilen des Landes
hochreichend kalte maritime Polarluft breitgemacht. Die Temperaturen in 500 hPa
und in 850 hPa gehen sogar noch ein wenig zurück auf etwa -36 Grad bzw. -6 Grad.
Somit bleibt die Luftmasse hochreichend labil geschichtet.
Im Bodenfeld schiebt sich zwar ein Keil des sich über den Britischen Inseln mit
Annäherung des Rückens deutlich verstärkenden Hochdruckgebietes (Kerndruck
morgens bei 1043 hPa über der Keltischen See) nach Süddeutschland, dieser sorgt
aber nicht wirklich für Wetterberuhigung. Somit gibt es - außer im Nordosten,
die zunehmend vom Lee des norwegischen Küstengebirges profitieren, sowie im Lee
einiger Mittelgebirge - weitere Schauer (meist staffelweise und mit kurzwelligen
Troganteilen korrespondierend), die, je nach Intensität, im Laufe der Nacht
teilweise bis in tiefe Lagen als Schnee oder Schneeregen fallen können,
vereinzelt können auch kurze Graupelgewitter auftreten. Während es im Tiefland
aber wohl - wenn überhaupt - für vorübergehende Glätte durch Schneematsch
reicht, können insbesondere an den Nordrändern der westlichen und zentralen
Mittelgebirge oberhalb von etwa 400 m einige Zentimeter Neuschnee
zusammenkommen, gleiches gilt für den Alpenrand, wo in Staulagen ebenfalls um 5
cm fallen können.
Zwischen den Schauern lockern die Wolken auch mal auf, meist bleibt es aber eher
stark bewölkt. Dennoch muss in der Mitte und im Süden recht verbreitet mit Frost
gerechnet werden, entsprechend kann auch Glätte durch überfrierende Nässe
auftreten.
Der Wind spielt warntechnisch kaum mehr eine Rolle. Mit dem sich verstärkenden
Hochkeil über Süddeutschland und einem über die Nordsee südwärts schwenkenden
flachen Bodentrog verschärft sich der Gradient ausgangs der Nacht im Nordwesten
etwas und es treten an der Nordsee einzelne steife Böen aus Nord bis Nordwest
auf.

Sonntag ... weitet sich der Höhenrücken weiter nach Skandinavien aus und kommt
mit seiner Achse nach Süden voran, nimmt also mehr und mehr zonale Ausrichtung
an. Nachmittags und abends erreicht er Südskandinavien, wodurch der Höhentrog
abgeschnürt wird, was in einem Cut-Off-Tief über Süddeutschland mündet. Von dem
ausgehend, erstreckt sich eine Potenzialrinne über Ost- und Südfrankreich hinweg
zu einem markanten Höhentief vor der algerischen Küste, das im westlichen
Mittelmeerraum für ordentlich "Bambule" sorgt.
Das Bodenhoch über den Britischen Inseln verstärkt sich weiter und erreicht
abends einen rekordverdächtigen Kerndruck von knapp unter 1050 hPa etwa über
Wales. Auch der nach Deutschland gerichtete Keil verstärkt sich und weitet sich
etwas nach Norden aus, wodurch der Gradient im Nordwesten wieder auffächert und
der böige Nordwest- bis Nordwind im Nordseeumfeld zumindest am Nachmittag und
Abend wieder nachlässt.
Das Cut-Off-Tief zeigt keine Signaturen im Bodenfeld, fungiert also als
Kaltlufttropfen. In dessen Einflussbereich steigt die Temperatur in 500 bzw. 850
hPa nur sehr zögerlich von Norden her an, so dass die Luftmasse vor allem
vormittags noch hochreichend labil geschichtet ist und es bevorzugt im Westen,
im zentralen Mittelgebirgsraum und an den Alpen weitere Schauer gibt, die teils
bis in tiefe Lagen als Schnee oder Schneeregen fallen. Insgesamt bleiben die
Mengen aber nach wie vor gering, maximal kommen da wohl an den Nordrändern der
westlichen und zentralen Mittelgebirge 1 bis 3 cm Neuschnee zusammen, im Stau
der Alpen auch etwas mehr (bis knapp über 5 cm). Nachmittags und abends klingen
die Schauer mit zunehmender Stabilisierung von Norden her auch schon wieder ab.
Im Norden und Osten bleibt es zumeist trocken und vor allem in
Schleswig-Holstein sowie von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Nordbrandenburg
kann sich mit Unterstützung durch den Skandenföhn auch teils längere Zeit die
Sonne durchsetzen.
An den Temperaturen ändert sich gegenüber heute nur wenig, insgesamt wird es vor
allem in der Mitte und im Süden noch eine Spur kälter. Oberhalb von etwa 600 bis
800 m werden kaum 0 Grad, sonst 1 bis 8 Grad erreicht, mit den höchsten Werten
im Nordwesten.

In der Nacht zum Montag kommt der Höhenrücken weiter nach Süden voran und
erstreckt sich mit seiner Achse über die Britischen Inseln und die mittlere
Nordsee hinweg bis zur südlichen Ostsee. Der KLT über dem Osten Bayerns zieht
sich allmählich nach Westen zurück.
Im Bodenfeld verstärkt sich das Hochdruckgebiet noch etwas und weitet sich nach
Osten aus, die 1045 hPa-Kernisobare erstreckt sich morgens vom Süden der
Britischen Inseln über die Mitte Deutschlands hinweg bis nach Tschechien, nach
wie vor werden knapp 1049 hPa Kerndruck simuliert.
Somit kommt im Laufe der Nacht auch an den Alpen die Niederschlagstätigkeit zum
Erliegen. Vor allem in der Mitte und im Süden lockern die Wolken gebietsweise
stärker auf, dann kann sich örtlich Nebel bilden. An der Nordflanke des Hochs
ziehen dagegen zeitweise dichtere tiefe Wolkenfelder von der Nordsee her nach
Norddeutschland. Sollten dort dennoch mal die Wolken stärker auflockern, bilden
sich innerhalb der bodennah feuchten Nordseeluft oft ausgedehnte Nebel- oder
Hochnebelfelder. Später macht sich von Norden her auch die den Höhenrücken
stützende und überlaufende WLA in Form hoher und mittelhoher Bewölkung
bemerkbar.
Außer im Nordwesten und Norden gibt es verbreitet leichten, im Süden bei länger
klarem Himmel auch mäßigen, in einigen Alpen- und Mittelgebirgstälern über
Schnee eventuell auch strengen Frost. Örtlich muss mit Glätte durch Überfrieren
gerechnet werden.
An der Südflanke des Hochs verschärft sich der Gradient über dem Südwesten des
Landes, wodurch sich eine Bisenlage einstellt. Vom Hochrhein bis zum Bodensee
kann es morgens steife, in den Hochlagen des Hochschwarzwaldes eventuell auch
stürmische Böen aus Ost geben.

Montag ... verlagert der Höhenrücken seine Achse weiter nach Süden und befindet
sich abends über Norddeutschland. Weiter nördlich weitet sich die nur leicht
mäandrierende und kräftig ausgeprägte Frontalzone über Skandinavien hinweg nach
Nordosteuropa aus, wodurch der Rücken aufgrund kräftiger WLA, die sich anhand
dichterer mittelhoher Wolkenfelder zeitweise auch in Norddeutschland bemerkbar
macht, weiterhin gestützt wird.
Auch das Bodenhoch bleibt unverändert kräftig und verlagert seinen Schwerpunkt
allmählich über die Mitte Deutschlands hinweg ins östliche Mitteleuropa.
Insgesamt kommt die Achse des Hochs sogar ein wenig nach Norden voran, so dass
die Bisensituation im Südwesten erhalten bleibt bzw. sich vorübergehend noch
etwas verstärken kann. Im Hochschwarzwald kann es auf exponierten Gipfeln dann
auch Sturmböen aus Ost geben.
Ansonsten steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Im Norden bleibt es
überwiegend bewölkt, in der Mitte und im Süden lockern die Wolken- und
Hochnebelfelder aber auf, vor allem an den Alpen und im Südwesten scheint auch
länger die Sonne. Nur gebietsweise hält sich beständiger Nebel/Hochnebel. Die
Erwärmung macht zwar niedertroposphärisch sowohl advektiv (im Norden) als auch
durch Absinken (im Süden) Fortschritte, die Temperatur in 850 hPa steigt auf 0
bis 3 Grad an, dennoch kann sich die Milderung bodennah natürlich nicht
durchsetzen und die Höchstwerte liegen zwischen 0 Grad oder knapp darunter bei
Dauernebel und 7 Grad im Nordwesten bzw. am Niederrhein.

In der Nacht zum Dienstag gewinnt die Frontalzone über Nordeuropa nach Süden an
Raum, wodurch der Höhenrücken seine Achse in die Mitte des Vorhersagegebietes
verlagert und sich abschwächt, allerdings wird er über dem nahen Ostatlantik
westlich der Britischen Inseln bereits wieder regeneriert.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt nach Südosteuropa, dessen Achse wird
über dem Vorhersagegebiet wieder etwas nach Süden gedrückt, wodurch der Gradient
über Südwestdeutschland wieder auffächert und die Bise nachlässt.
Norddeutschland wird derweil von der Warmfront eines zur Barentssee ziehenden
Sturmtiefs gestreift, was sich aber wohl nur anhand des Durchzuges dichterer
mittelhoher Bewölkung bemerkbar macht, Niederschläge werden keine simuliert. Vor
allem an der Ostsee frischt der Wind aus West auf, eventuell gibt es entlang der
vorpommerschen Küste einzelne steife Böen.
Im Großteil des Landes bleibt es teils gering bewölkt, teils klar, gebietsweise
gibt es aber dichten Nebel oder Hochnebel, der sich im Laufe der Nacht noch
etwas ausweitet. Im Norden bleibt es frostfrei, sonst gibt es leichten, nach
Süden zu bei klarem Himmel auch mäßigen, in einigen Tälern über Schnee vor allem
an den Alpen auch strengen Frost. Stelleweise kann es glatt werden.

Dienstag ... schwächt sich der Höhenrücken über Mitteleuropa ab und wird von der
sich nach Süden ausweitenden Frontalzone und dem nach wie vor umfangreichen
Höhentief über Südwesteuropa regelrecht in die Zange genommen. Dagegen
regeneriert er sich westlich der Britischen Inseln weiter und nach wie vor
reicht eine Potenzialbrücke über Benelux und die mittleren Teile des
Vorhersagegebietes nach Ostsüdost. Nördlich davon dreht die Höhenströmung über
Nordostdeutschland allmählich auf Nordwest, womit die dichtere Bewölkung dort
weiter nach Süden an Raum gewinnen kann. Abends greift die Kaltfront eines
Sturmtiefs über der Barentssee auf die mittlere Nordsee über, im
Vorhersagegebiet bleibt es aber weiterhin trocken. Allerdings frischt an den
Küsten der West- bis Südwestwind noch etwas auf und es kann vor allem im
Ostseeumfeld vermehrt steife Böen geben.
Die Hochdruckzone im Bodenfeld wird nur wenig nach Süden gedrückt und schwächt
sich kaum ab, bleibt also für den Großteil des Landes wetterbestimmend. Etwa
südlich einer Linie Emsland-Nordbrandenburg scheint somit im Tagesverlauf nach
teils zögernder Nebelauflösung vielerorts die Sonne. Gebietsweise kann sich aber
ganztägig Nebel/Hochnebel halten, bevorzugt in den breiten Flusstälern Süd- und
Südwestdeutschlands.
Die Erwärmung macht niedertroposphärisch weiter Fortschritte, die Temperatur in
850 hPa steigt auf 2 bis 7 Grad. Bodennah schlägt sich das bei schwachem
Gradienten im Süden und in der Mitte natürlich nicht nieder, nach wie vor liegen
die Höchstwerte zwischen 0 Grad oder knapp darunter bei Dauernebel im Süden und
+7 Grad ganz im Norden, wo es bei frischem Westwind mit der Durchmischung etwas
besser klappt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Kurzfristzeitraum sind keine prognose- und warnrelevanten Modellunterschiede
auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff