DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-01-2020 18:01
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs noch ruhige Hochdruckrandlage und sehr mild. Zum Wochenende Schauer,
Temperaturrückgang und Berglandwinter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen in der tendenziell westsüdwestlichen Höhenströmung zwei
Tröge, ein schwächerer über Osteuropa, ein stärkerer über dem nahen Atlantik.
Ein dazwischenliegender Rücken stützt ein Zwischenhoch über dem östlichen
Mitteleuropa, das zu einem umfangreichen Hochdruckkomplex über dem gesamten
Südwesten, Süden und Osten Europas gehört. Nordwestlich von Schottland liegt ein
kräftiges Tief, dessen Kaltfront sich über der Biskaya langsam Frankreich
nähert. Dies hat über Deutschland eine meist südliche Strömung zur Folge, die
vor allem über dem Nordwesten etwas stärker ist, was aber zunächst noch keine
Windwarnungen zur Folge hat. Im Südosten ist der Wind dagegen noch schwach. Bei
aktuell wolkenarmem Himmel hat sich heute in weiten Teilen Deutschlands ein sehr
milder Tag eingestellt mit Höchstwerten von teils 10 bis 15 Grad. Vor allem im
windarmen Südosten ist es aber deutlich kälter geblieben.

Auch die Nacht verläuft noch ruhig. Über den Westen ziehen schon die ersten
Wolkenfelder der langsam nahenden Kaltfront über Frankreich und auch der Südwind
legt noch etwas zu. Damit kann es im Umfeld der Eifel und auf den Nordseeinseln
(sowie an der Nordfriesischen Küste) zu ersten steifen Böen reichen. Im übrigen
Land verläuft die Nacht ruhig und meistens klar, allerdings können sich im
Südosten und einigen Niederungen Nebelfelder bilden. Zwar ist die Luftmasse
keineswegs winterlich, die Strahlungsverhältnisse sind es aber schon und somit
sinken zumindest bei windschwachen Verhältnissen im Südosten die Temperaturen
unter den Gefrierpunkt. In Bodennähe kann es sogar noch in etwas weiter
ausgedehnten Gebieten leichten Frost geben. Da die Taupunkte aktuell verbreitet
deutlich über 0 Grad liegen, kann es dann gebietsweise zu Reifglätte reichen,
wobei die Wahrscheinlichkeit hierfür im Osten Bayerns am höchsten ist.

Am Freitag ... vergrößern Rücken und westlicher Trog ihre Amplitude. Während
ersterer nach Osten abzieht, erreicht zweiterer Frankreich und Deutschland
gelangt in eine südsüdwestliche Höhenströmung. Das Bodentief zieht etwas
nordostwärts ins Nordmeer und das Hoch zieht sich noch ein bisschen nach Osten
zurück. Das hat eine leichte Winddrehung gen Südwesten zur Folge, nur ganz im
Südosten bleibt es weiter windschwach. Überwiegend nimmt der Gradient dabei
sogar etwas ab, so dass die Windwarnungen im Westen und an der Nordsee auslaufen
können. Dagegen steigt am Erz- und Lausitzer Gebirge der Gradient etwas, was zu
etwas Böhmischem Wind vor allem in den Tälern von Elbe, Spree und Neiße führen
kann, es sollte aber bei steifen Böen bleiben. Etwas windiger wird es auch auf
den exponierten Bergen, Warnungen sollten dort aber nicht nötig werden. Die
Kaltfront des Tiefs erreicht am Nachmittag den Westen Deutschlands. Sie liegt im
Bereich leichter PVA, ist aber von KLA überlaufen, so dass sie nur leichten
Regen bringt. In 850 hPa geht die zuvor sehr milde Lufttemperatur im Bereich der
Front auf etwa 0 Grad zurück, was auch für die höheren Berge (Ausnahme Feldberg)
Regen bedeutet. Im Osten des Landes bleibt es noch sonnig, allenfalls ziehen
einige hohe Wolkenfelder über den Himmel. Ganz im Südosten, wo der Wind schwach
ist, kann sich vielleicht der Nebel länger halten. Dort bleibt es dann bei
Höchstwerten unter 5 Grad recht kalt, ansonsten wird es noch einmal mild.

In der Nacht zum Samstag kommt die Kaltfront weiter ostwärts voran, so dass sich
die Regenfälle bis zum Osten des Landes ausweiten, wobei sie im Norden sehr
schwach ausfallen. Ganz im Südosten, wo es anfangs immer noch sehr windschwach
ist, kann es zu Beginn auch gefrierenden Regen geben, die Prognosetemps zeigen
eine entsprechende warme Nase. Allerdings soll der Wind recht rasch auf Südwest
springen, bzw. die warme Nase wird durch Verdunstung des fallenden Regens
abgebaut, so dass sich dann eher eine isotherme Schichtung einstellt. Damit ist
der Spuk des gefrierenden Regens rasch vorbei und beschränkt sich auf die ersten
schwachen Niederschläge. Nachfolgend ist aber nicht ausgeschlossen, dass es mal
bis in tiefere Lagen Nassschnee gibt. Insgesamt geht in der Nacht in 850 hPa das
Temperaturniveau auf -2 bis -4 Grad zurück. Somit kann es im höheren Bergland
zunehmend etwas schneien. An den Alpen sinkt die Schneefallgrenze bis zum Morgen
meist in die Täler. In den Westen des Landes zieht ein Bodentrog mit erneuten
schauerartigen Niederschlägen, wobei dann auch im westlichen Bergland ab 600 m
zunehmend Schnee dabei sein kann. Zudem frischt mit dem Bodentrog der Wind etwas
auf. Der Höhentrog rückt immer näher und damit sinkt in 500 hPa die Temperatur
im Westen unter -30 Grad, was über der westlichen Nordseeküste auch erste kurze
Gewitter zur Folge haben kann. Angesichts der vielen Wolken bleibt es in der
Nacht meist frostfrei, abgesehen vom schon erwähnten Südosten und von den
Hochlagen des Berglandes.

Am Samstag ... steht ganz im Zeichen des Troges, der über unser Land hinweg
schwenkt. Vor allem in der Westhälfte geht dabei die Temperatur in 500 hPa bis
auf -30 Grad zurück, über der Nordsee sogar bis -37 Grad. Dort gibt es dann auch
am ehesten einige kurze Kaltluftgewitter. Zwischen einem Hoch über den
Britischen Inseln und Tiefs über Nordskandinavien ist der Gradient über unserem
Land nicht allzu stark, so dass der Westwind meist nur mäßig weht und keine
Windwarnungen nötig sind. Der oben erwähnte Kurzwellentrog in Bodennähe schwächt
sich ab, dennoch sollen im Laufe des Tages Schauergebiete staffelartig über
Deutschland hinweg ziehen. Mit in 850 hPa auf -4 bis -6 Grad zurückgehenden
Temperaturen kann es zumindest im Bergland ab 500 m winterlich werden und auch
bis ins Flachland einzelne Graupelschauer geben. Insgesamt kann es von der Nacht
bis Samstagabend in Höhenlagen (ab etwa 500 m) der Mittelgebirge um 5 cm
Neuschnee geben, in Staulagen bis 10 cm. In den Alpen sollten es um 10 cm
werden, in Staulagen werden stellenweise auch mal 15 bis 20 cm erreicht. Bei so
vielen Schauern wird sich die Sonne kaum zeigen, höchstens kurz im Westen, wo
die Wolken am Nachmittag etwas auflockern. Das Temperaturniveau geht etwas
zurück auf meist 4 bis 8 Grad, im höheren Bergland noch etwas weniger.

In der Nacht zum Sonntag stößt ein atlantischer Keil immer weiter nordostwärts
Richtung Nordmeer vor, so dass aus unserem Trog allmählich ein Höhentief oder
besser Kaltlufttropfen abtropft. Dabei kommt die höhenkalte Luft über
Deutschland noch etwas südostwärts voran, die -30 Grad erreicht dann fast das
ganze Land und die -35 Grad die Nordwesthälfte. Gleichzeitig bläht sich das Hoch
im Westen auf über 1040 hPa auf, was den Wind in der Nordwesthälfte Richtung
Nordwest drehen lässt. An der Nordsee könnte es dann sogar für steife Böen
reichen. In 850 hPa geht die Temperatur noch etwas zurück auf -6 Grad, damit
besteht aber durchaus nennenswerte Labilität und so verwundert es nicht, dass
mit der bodennahen Strömung Schauergebiete südostwärts ziehen sollen, wobei
abseits des Nordwestens und Nordens der Niederschlag allgemein bis in tiefe
Lagen als Schnee fallen sollte. Viel Neuschnee gibt es dabei freilich nicht, am
ehesten werden es im Nordweststau der Mittelgebirge und der Alpen nochmal bis zu
5 cm. Allgemein besteht aber im gesamten Süden und im Mittelgebirgsraum Frost-
und Glättegefahr.

Am Sonntag ... verlagert sich der Kaltlufttropfen am Rande des sich immer noch
verstärkenden Hochs langsam weiter südwärts über Deutschland hinweg. Da das Hoch
seine Fühler bis nach Skandinavien ausstreckt, dreht der Wind weiter rüber
Richtung Nord. Wer meint, damit gelänge weitere Kaltluft ins unser Land, der
irrt aber, denn wo soll diese denn herkommen? Vielmehr reicht der Abzug des
Höhentiefs schon aus, das Temperaturniveau wieder zu erhöhen auf -2 Grad in 850
hPa (im Norden). In der Mitte und im Süden gibt es dagegen unter Einfluss des
Höhentiefs weitere Schauer, meist aber nur leicht und oberhalb 300 bis 500 m
überwiegend als Schnee. Viel wird aber tagsüber nicht liegen bleiben, auch wenn
in Lagen ab 500 m in der Südhälfte die Temperaturen nur noch wenig über den
Gefrierpunkt kommen. Im Norden werden es dagegen bis zu 7 Grad. Dort kann am
Nachmittag dann auch mal verstärkt die Sonne zum Vorschein kommen. Der Wind
schwächt sich übrigens aufgrund des zunehmenden Übergreifens des Hochs schon
wieder ab, so dass es trotz stark supergeostrophischen Windes wohl nicht für
Windwarnungen reicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis Samstag wird die Lage von den vorliegenden Modellen recht ähnlich simuliert.
Allerdings zeigt GFS das Tief am Samstag im Nordosten etwas stärker südwärts
ausgreifend, was bei uns etwas mehr Gradient und damit mehr Wind zur Folge
hätte. Zudem fließt noch etwas kältere Luft ein. Das zeigt sich dann auch am
Sonntag, an dem GFS das Höhentief bzw. den Kaltlufttropfen umfangreicher
simuliert. Zudem soll bei GFS von der Ostsee her ein Tief (1030er Kerndruck am
Abend) auf Deutschland übergreifen, wobei schon auf der Vorderseite im ganzen
Land mehr Niederschlag simuliert wird, der dann meist als Schnee fallen dürfte.
GFS hat also eine etwas winterlichere Lage gegen Ende der Kurzfrist im Angebot.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Peter Hartmann