DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-01-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.01.2020 um 10.30 UTC



Zunächst weiterhin mild bis sehr mild, vor allem im Norden mit etwas Regen. In
der Nordwesthälfte zunächst starke bis stürmische Böen, an den Küsten Sturmböen.
Zum Ende der Woche in höheren Lagen sowie besonders an den Alpen etwas Schnee
möglich, nachfolgend voraussichtlich kälter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 19.01.2020


Mittwoch ... verläuft ein relativ schmaler Rücken vom westlichen Mittelmeeraum
über Italien bis nach Rumänien und zur Ukraine. Bodennah wurde das
Hochdruckgebiet schon deutlich abgedrängt und befindet sich zum Mittagstermin
mit seinem Schwerpunkt über dem südlichen Russland. Während der Süden also noch
leicht antizyklonal geprägt ist, muss im Norden auf den langsam vom Ostatlantik
näher rückenden Langwellentrog geachtet werden. Dabei ist in die südwestliche
Höhenströmung eine Kaltfront eingelagert, die zu einem Tief vor der Küste
Mittelnorwegens gehört. Die Verlagerungsgeschwindigkeit der Kaltfront ist jedoch
aufgrund der fehlenden Normalkomponente der Höhenströmung gering. Im
Tagesverlauf wird diese jedoch aufgrund eines sich ausbildenden flachen
Randtroges etwas erhöht, sodass Niederschläge auf den Nordwesten Deutschlands
übergreifen können. Die Luftmassencharakteristik (T850hPa zwischen 5 bis 8 Grad
in Südostbayern und zunehmend um 0 Grad im Nordwesten) sorgt außerdem dafür,
dass man sich über die Phase des Niederschlags keine großen Gedanken machen
muss. Allerdings liegt im Nordwesten Deutschlands ein deutlicher Gradient vor,
sodass starke bis stürmische Böen, an den Küsten Sturmböen sowie in den
Hochlagen der Mittelgebirge schwere Sturmböen wahrscheinlich sind. Aufgrund der
guten Durchmischung wird es in vielen Regionen sehr mild mit bis zu 16 Grad am
Oberrhein. Eine Ausnahme dabei ist Südostbayern, denn dort kann beständiger
Nebel oder Hochnebel die Höchstwerte im mittleren einstelligen Bereich halten.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich die Front langsam zur Mitte
Deutschlands. Dort gerät sie aber bodennah unter steigenden Luftdruck und löst
sich damit fast vollständig auf. Schneeflocken sind bei T850hPa um 0 Grad
höchstens in den Kammlagen der Mittelgebirge zu erwartet. In dem Zuge fächert
der Gradient auch etwas auf, sodass starke bis stürmische Böen primär nur noch
in unmittelbarer Küstennähe sowie in exponierten Lagen der Mittelgebirge
auftreten sollten.

Donnerstag ... resultiert eine Hochdruckrandlage. Das in der Nacht zum
Donnerstag bereits erwähnte Bodenhoch wandert langsam nach Osteuropa ab.
Zugleich verstärkt sich der zunächst schwach konturierte Rücken über
Mitteleuropa etwas. Die Keilachse verläuft am Nachmittag etwa von Ostösterreich
über Deutschland bis nach Südnorwegen. Markante Wettervorgänge sind daher nicht
zu erwarten. Am Donnerstagabend sowie in der Nacht zum Freitag beeinflusst
zunehmend ein neuer vom nahen Ostatlantik heranrückender Trog das
Wettergeschehen. Darin eingebunden ist das zunehmend okkludierende Frontensystem
eines nördlich von Schottland liegenden kleinräumigen Sturmtiefs. Während sich
die Auswirkungen davon in der ersten Nachthälfte auf eine Bewölkungszunahme
konzentrieren, kann nach Mitternacht im äußersten Westen auch etwas Regen
fallen. Die advehierte Luftmasse muss weiter als "mild" bezeichnet werden.
Erwähnenswerte Windentwicklungen sind primär noch an der Nordsee zu finden, dort
sind einzelne Sturmböen gering wahrscheinlich.

Freitag ... verlagert sich die Okklusion langsam in Richtung Ostdeutschland (das
Sturmtief befindet sich mittlerweile im Europäischen Nordmeer). Zum Abend
erreicht schließlich die markant ausgeprägt Trogachse die westliche
Landesgrenze. Im Bereich der Front fällt leichter bis mäßiger, teils
schauerartiger Regen. Schnee ist weiterhin kein großes Thema, zum Abend müht
sich erst die 0-Grad-Isotherme in den Westen Deutschlands. In der Nacht zum
Samstag verlagert sich die Achse des Randtroges zur Mitte Deutschlands. Zu
Niederschlagsprozessen kommt es besonders im Bereich der schleifenden Front im
Südosten, dabei sinkt die Schneefallgrenze mit der einsickernden Kaltluft auf
etwa 800 bis 600 m.

Samstag ... baut sich bodennah eine von Großbritannien und der Nordsee zum
Alpenrand orientierte Hochdruckzone auf, während die Trogachse langsam ostwärts
abzieht. Die Niederschläge in Südostbayern sowie im Erzgebirgsraum sollte
demnach langsam zum Erliegen kommen (Schneefallgrenze weiterhin um 600 m). In
der Nacht zum Sonntag baut sich der Schwerpunkt des Bodenhochs bei
Großbritannien weiter auf. Auf der Ostflanke ist damit der Weg frei für den
weiteren Zustrom etwas erwärmter Polarluft (T850hPa zunehmend um -6 Grad).

Sonntag ... ändert sich an der bodennahen Strömungskonfiguration nur wenig. Das
Bodenhoch wird außerdem zunehmend durch einen markanten Rücken über dem
Ostatlantik gestützt. Der Einfluss des sich langsam etwas abschnürenden Troges
über Südwesteuropa hält sich in Deutschland klar in Grenzen. Zumindest aus
deterministischer Sicht stehen die Zeichen auf etwas zurückgehende Temperaturen.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums ist die Konsistenz der letzten drei
EZMW-Läufe als gut zu bezeichnen, selbst der zeitliche Ablauf des
Kaltfrontdurchgangs am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag weist nunmehr
wenig zeitliche Variabilität auf. Ebenfalls bestehen bei der am Donnerstag auf
Südwest drehenden Strömung nur noch wenig Unsicherheiten. Es dürfte nochmals
ziemlich mild werden. Beim darauffolgenden Frontensystem am Freitag und in der
Nacht zum Samstag wird zunehmend klarer, dass damit einhergehend zumindest
vorübergehend Polarluft heranströmen wird.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Anfang des Mittelfristzeitraums sind die verschiedenen Modellgruppen
konsistent. Das Übergreifen der Kaltfront wird übereinstimmend simuliert. Beim
am Donnerstagabend/Nacht zum Freitag heranziehenden weiteren Frontensystem ist
dies etwas anders. ICON und GFS rechnen dieses zeitlich etwas progressiver. Dies
hat unmittelbare auf die Niederschlagsdauer- und ausprägung am Freitag.
Anschließend gehen die Modelle deutlich auseinander. Die Wetterlage "Hoch
Britische Inseln" haben weder ICON, noch GFS in dem Maße im Programm. Für das
Wochenende kann daher noch keine richtig belastbare Aussage gemacht werden, auch
wenn die Vorzeichen auf etwas Abkühlung stehen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


EPS:
Die Rauchfahnen für repräsentative Orte in Deutschland stützen den vorhin
beschriebenen Ablauf. Zunächst überwiegt eine milde bis sehr milde Witterung,
wobei im Norden sowie mit Abstrichen auch in der Mitte immer wieder etwas Regen
fällt. Im Süden ist es bis inklusive Donnerstag trocken. Ab Freitag ergeben sich
klare Tendenzen, dass es zu einer gewissen Abkühlung kommt. Während im Norden
und der Mitte die Niederschlagsmengen meist gering sind, können in der Nacht auf
Samstag an den Alpen im Bereich der schleifenden Front ein paar cm Schnee
zusammenkommen.

CLUSTER:
Die aktuellen Clusteranalysen lagen zum Ausgabezeitpunkt nicht vor. Eine
Beschreibung entfällt daher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND: An der Nordseeküste sowie in höheren Lagen der Nordwesthälfte am Mittwoch
einzelne stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9). In exponierten
Mittelgebirgslagen schwere Sturmböen (Bft 10). EZ-EPS-Wahrscheinlichkeiten für
mehr als Bft 8 sind vor allem an der Nordseeküste vorhanden. Am Nachmittag
abnehmende Böenstärke.

SCHNEE:
In der Nacht zum Samstag an den Alpen Neuschneemengen um 10 cm in 12 Stunden
nicht ganz ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW (det. und prob.), MOS-EZMW
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri