DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-01-2020 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts und am Sonntag an den Küsten und im Bergland stürmische Böen oder
Sturmböen. In der Nacht zum Montag nachlassend, ab der Folgenacht erneut
auflebender Wind. Ab Dienstag wieder sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter einem Höhenkeil, der von Südwesteuropa zur Ostsee
weist. Es stützt eine Bodenhochdruckzone von der Iberischen Halbinsel nach
Osteuropa. In der kommenden Nacht zum Sonntag wird durch einen breiten Trog, der
sich den Britischen Inseln nähert, die Achse des Höhenkeils nach Süddeutschland
gedrückt. Die Frontalzone nähert sich von Norden und führt über Norddeutschland,
später auch über den mittleren Landesteilen zu einer Gradientzunahme.
Die aktuell auf die Nordsee und deren Umfeld beschränkten starken bis
stürmischen Böen weiten sich auf die Ostseeküste aus, wobei es dort lediglich
exponiert zu einer Bft 8 langt. An der Nordsee (Inseln) und in höheren
Mittelgebirgslagen muss mit Sturmböen, auf exponierten Gipfeln mit schweren
Sturmböen gerechnet werden.

Nach Süden hin bleiben unter der Hochdruckzone die Luftdruckgegensätze
gering, so dass sich dort die Grundschicht weiter abkühlt und in Tallagen und
Niederungen stellenweise Nebel auftritt. Bei leichtem, im Süden gebietsweise
mäßigem Frost und streckenweise dichtem Nebel kann es örtlich glatt werden.
Mit Annäherung der Frontalzone greift eine schleifende Kaltfront im Laufe der
Nacht auf den Norden über und führt an der Nordsee und in Schleswig-Holstein zu
leichten Regenfällen.

Sonntag ... gelangt der Norden Deutschlands unter die leicht mäandrierende
Frontalzone. Eine darin eingelagerte schleifende Kaltfront wird durch eine
flache Welle, die über die Nordsee ostwärts gesteuert wird, zurückgehalten.
Diese Welle zieht im Norden den Gradienten auseinander, so dass der Wind
zunächst unverändert ist, im Tagesverlauf in der ICON Version abflaut und
abgesehen von einzelnen Wind- und exponiert an der Nordsee stürmischen Böen (die
mit dem Übergreifen der Kaltfront auftreten können) nicht mehr warnrelevant ist.
Im Mittelgebirgsraum sowie im Lee der Mittelgebirge sind weitere Windböen, in
Kamm- und Gipfellagen Böen bis Sturmstärke zu erwarten. Die Windentwicklung im
Norden ist aber noch unsicher.

Die leichten Regenfälle im Vorfeld der Kaltfront breiten sich auf den Norden und
Nordwesten aus, nachmittags und abends sind auch im Westen ein paar Tropfen
Regen möglich.

Im Süden und Südosten hält sich Hochdruckeinfluss. Wenn sich Nebel und Hochnebel
auflösen, sind vor allem im Lee der Mittelgebirge sowie in Hochlagen, d.h.
oberhalb der Grundschicht, sonnige Abschnitte denkbar. Wo sich Nebel und
Hochnebel zäh halten, liegen die Temperaturen um 0 Grad, sonst im Süden bei 2
bis 6 Grad, im Nordwesten nahe 10 Grad.

In der Nacht zum Montag greift die Kaltfront schleifend und unter Abschwächung
auf den Mittelgebirgsraum über, ohne dass noch nennenswerte
Niederschläge fallen. Allerdings kann im Grenzbereich zur kalten Grundschicht
hin örtlich geringer Regen oder Nieselregen fallen; auch in gefrierender Form.
Meist beschränkt sich die Wetterwirksamkeit dieser Front aber auf starke
Bewölkung, so dass es im Norden, Westen und in der Mitte meist frostfrei bleibt.
Südlich davon gibt es leichten, örtlich mäßigen Frost, örtlich auch Nebel und
Glätte.

Montag ... entwickelt sich, ausgehend von einem Sturmtief über dem mittleren
Nordatlantik, ein neuer Trog, der bis zum Abend auf Irland übergreift. Dieser
lässt die Strömung über Mitteleuropa etwas rückdrehen, was auch die Reste der
Kaltfront etwas nordwärts steuert. Da sich das wetterbestimmende Hoch nach
Südosteuropa zurückzieht, erfolgt in den bodennahen Schichten das Rückdrehen der
Strömung ausgeprägter als in der
mittleren Troposphäre.
Mit der leichtem Gradientzunahme auch im Süden und Südosten wird die Auflösung
von Nebel und Hochnebel dort wahrscheinlicher als am Sonntag.
Allerdings können die Reste der frontalen Bewölkung auch einen Streifen fast
ohne Sonne hinterlassen, der von RLP bis in die Oberpfalz reicht.

Warnrelevante Böen sind unterdessen auf exponierten Berggipfeln (Bft 8 bis 9)
und abends auf Nordseeinseln und an der Nordfriesischen Küste (Bft 7)
vorstellbar.
Die Temperaturen ändern sich kaum.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Teiltrog über die Britischen Inseln in
die Nordsee. Vorderseitige Hebung, in erster Linie durch
Warmluftadvektion, lässt von Nordwesten her Druckfall aufkommen.
Hierdurch legt der Gradient mit der Annäherung der Ausläufer des steuernden
Tiefs bei Island über dem Vorhersagegebiet merklich zu.
Im Nordwesten und im Lee der nördlichen/westlichen Mittelgebirge sowie an der
Ostsee kommen Windböen, an der Nordsee und im Bergland stürmische Böen auf. An
der Nordfriesischen Küste und auf Mittelgebirgsgipfeln muss mit Sturmböen, auf
dem Brocken mit orkanartigen Böen gerechnet werden.

Der Südosten verbleibt im Randbereich des Hochs über Südosteuropa, so dass dort
die kalte Grundschicht konserviert wird und erneut Frost, Nebel und örtlich
Glätte durch Reif zu erwarten ist. Ansonsten bleibt es frostfrei. Im Nordwesten
kommt mit den Tiefausläufern Regen auf.

Dienstag ... schwenkt der Randtrog ostwärts ab, während der nächste markante
Trog vor dem europäischen Festland auftaucht. Die Strömung dreht auf
südwestliche Richtungen mit leicht antizklonalem Einschlag im Süden.
Das Frontensystem schwenkt über dem Norden ostwärts, wobei die Kaltfront über
dem Norden in die Warmfront eines nach Nordengland ziehenden Randtiefs übergeht.
Dabei verstärkt sich die Zufuhr sehr milder Meeresluft nach Mitteleuropa. Im
Südwesten liegen die Temperaturen in 850 hPa zum Abend bei ca. 5 Grad.
Dabei fällt vom Norden bis in die Mitte und nach Südwesten hin aus starker
Bewölkung zeitweise Regen.
Der kräftige Südwestwind erreicht im Westen, Norden und an der Ostsee in Böen
Stärke 7, exponiert Bft 8. An der Nordsee und im Bergland sind Sturmböen möglich
und auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) sind orkanartige Böen und
Orkanböen nicht ausgeschlossen.
Die damit einhergehende gute Durchmischung hat verbreitet zweistellige
Temperaturen zur Folge, am Oberrhein bis +14 Grad.
Nur der Südosten ist etwas ausgespart davon. Hier ist es, am Rand der
Hochdruckzone weiter südöstlich, freundlicher, südlich der Donau teilweise auch
leicht föhnig/sonnig. Zum Teil (am ehesten an der unteren Donau) hält sich in
der Grundschicht aber auch die gealterte, kältere Luftmasse.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundsätzliche Entwicklung ist klar. Unsicherheiten sind noch bei der
Windentwicklung für den Sonntag zu finden. GFS, EURO 4 und IFS (00z) haben an
der Welle über dem Norden einen stärkeren Gradienten, teilweise ein kleines
Randtief, im Programm. Timing und Stärke der Windentwicklung sind unsicher, ohne
dass irgendwas Dramatisches ansteht.

Eventuell kommt das Abflauen des Windes erst in der Nacht zum Montag und zuvor
gibt es an der See Sturmböen und etwas weiter landeinwärts Windböen und
exponiert stürmische Böen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner