DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-01-2020 16:30
SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst noch bis Freitagfrüh Dauerregen in den Staulagen der westlichen
zentralen Mittelgebirge. Freitag im Norden und Osten stark böiger, teils auch
stürmischer West- bis Nordwestwind, Bergland Sturmböen. Danach zunehmender
Hochdruckeinfluss, nur Küsten stürmischer Südwestwind. In den Nächten besonders
im Süden leichter Frost, Nacht zum Sonntag am Alpenrand auch mäßiger Frost und
teils dichter Nebel.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... wird über Deutschland ein umfangreicher Warmsektor analysiert, der
mit einer für die Jahreszeit zu feuchten und warmen Luftmasse gefüllt ist. Der
EFI "Feuchtefluss" hebt zwar die Mitte und den Norden Deutschlands mit erhöhten
Werten hervor, die jedoch im Vergleich zu gestern deutlich geringer ausfallen.
Gleichzeitig ist auch kein Ausschlag beim SOT mehr erkennbar, was auch mit Hilfe
der EFI-CDFs nachvollzogen werden kann. In diesen fiel der letzte Lauf im
Vergleich zu den Vorläufen z.B. beim Niederschlag deutlich unauffälliger aus
(mit halbierten Wahrscheinlichkeiten im Vergleich zu den letzten 2 bis 3
Modellläufen von IFS). Trotz dieser Tendenz innerhalb der Numerik bleiben jedoch
die markanten Dauerregenwarnungen entlang der Staulagen der westlichen zentralen
Mittelgebirge bestehen, regnet es dort doch mit nur kurzen Unterbrechungen in
teils mäßiger Intensität weiter. Bis jetzt fielen in den bewarnten Gebieten
bereits 10 bis teils mehr als 20 l/qm wie z.B. Marienberg mit 24 l/qm/15h oder
Hoherodskopf mit 25 l/qm/15h.
Dieser Warmsektor wird eingerahmt von einer Warmfront, die über Dänemark und die
südliche Ostsee nordostwärts aus Deutschland abzieht, sowie durch einen
wellenden Frontenzug über Benelux und dem Norden von Frankreich, der in der
Folge noch etwas weiter nach Norddeutschland gedrückt wird. Gesteuert werden
diese Fronten durch ein Bodentief mit Zentrum über der Doggerbank sowie durch
ein weiteres Bodentief über dem Eingang des westlichen Ärmelkanals, das sich
jedoch zunehmend in einen scharfen Bodentrog umwandelt. Bleibt noch zuletzt ein
umfangreicher Höhenkeil zu erwähnen, der sich mit seiner Achse von Spanien bis
nach Norditalien erstreckt. Dessen Nordflanke wird von mäßiger Warmluftadvektion
und schwachen Kurzwellen überlaufen, die besonders über der Mitte und dem Norden
Deutschlands bis in die Abendstunden hinein verbreitet leichte, in Staulagen
zeitweise auch mäßige Niederschläge hervorrufen (auch deutlich abgesetzt der
Bodenfronten). Dabei bleibt der Himmel in diesen Bereichen meist
wolkenverhangen.
Ganz anders sieht es derweilen im Süden und da besonders südlich der Donau aus,
wo dank der Nähe zum Höhenkeil tagsüber die Sonne von einem beinahe wolkenlosen
Himmel schien und auch wenn bis zum Abend zeitweise leichte WLA-Bewölkung
durchzieht bleibt hier der sehr freundliche und trockene Wettercharakter
wetterbestimmend. Die abendlichen Werte liegen dabei von Niederbayern bis ins
Vogtland bei nur wenig über Null und sonst um 10 Grad. Vom Niederrhein bis ins
westliche Niedersachsen werden gar abendlichen Werte von rund 12 Grad erwartet
und auch entlang des Oberrheins wird es nach schon teils vorfrühlingshaft milden
16 Grad ein für Januar vergleichsweise lauer Abend mit rund 12 Grad. Der
Südwestwind weht im Bergland böig, exponiert mit Sturmböen und auf dem Brocken
treten teils schwere Sturmböen bis 100 km/h auf.

Die Nacht zum Freitag zeigt sich unverändert zweigeteilt, da sich der wellende
Frontenzug nur zögernd ostwärts gen Norddeutschland verschiebt. Von daher dauern
die skaligen Niederschläge besonders in einem Streifen von Saarland über den
Thüringer Wald bis nach Brandenburg weiter an mit verbreitet 5-10 l/qm in 12
Stunden und 10 bis 20 l/qm in prädestinierten Staulagen (lokal um 25 l/qm). Auch
im Umfeld der Deutschen Bucht muss verbreitet mit rund 10 l/qm Niederschlag
gerechnet werden. Trocken und teils klar verläuft die Nacht im Süden, wo auch
leichter Frost von 0 bis -3 Grad erwartet wird (Alpenrand bis Bayerischer Wald).
Ansonsten liegen die Tiefstwerte je nach Bewölkung zwischen +9 und +4 Grad. Dank
der Nähe zur Frontalzone bleibt der Wind vor allem im Bergland lebhaft, wobei
sich besonders über der Mitte und über dem Südwesten im Vergleich zum Tage eine
leichte Verschärfung der Windsituation andeutet. Wiederholt treten auf den
Kammlagen im Süden und über der Mitte stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8-9
auf, exponiert auf dem Brocken weiterhin schwere Sturmböen Bft 10 aus Südwest.



Freitag ... zieht das Bodentief von der Doggerbank zügig ostwärts in Richtung
Südschweden und hat den Bodentrog im Schlepptau, der sich rasch auffüllt. In
diesen eingelagert wird eine teilokkludierte Kaltfront ostwärts geführt, die
Deutschland im Tagesverlauf von Westen erfasst.
Der Tag beginnt daher im Südosten noch freundlich und trocken, sonst jedoch
verdichtet sich die Bewölkung von Westen rasch und im Tagesverlauf muss
abgesehen vom südlichen Bayern überall mit leichtem Regen gerechnet werden. Dank
einer gut durchmischten niedertroposphärischen Luftmasse und 850 hPa
Temperaturwerten von -1 bis -2 Grad beginnt die Schneefallgrenze von Nordwesten
zu sinken. Allerdings wird die 1000 m-Marke nur mit Mühe unterschritten, sodass
zum Abend in den westlichen zentralen Mittelgebirgen auf den höchsten Lagen die
eine oder andere Schneeflocke gesichtet werden kann. Auch auf den Alpengipfeln
geht die Schneefallgrenze auf rund 1200 m zurück. Nachmittags und abends lockert
die Bewölkung postfrontal im Westen und Nordwesten wieder auf, sodass wenigstens
hier die Abendsonne zeitweise genossen werden kann. Die Höchstwerte liegen
deutschlandweit zwischen 7 und 13 Grad.
Bezüglich Wind deutet sich zwischen dem abziehenden Tiefdruckgebiet und einem
von Frankreich nachrückenden Keil ein vorübergehend kräftiger Luftdruckgradient
über Norddeutschland an. Im Vergleich zu gestern haben sich die Modelle
bezüglich der Kerndruckdiskrepanzen deutlich angeglichen, sodass besonders
zwischen der Mittag- und Abendzeit im gesamten Norden und Osten ein stark böiger
Westwind (Bft 7) erwartet werden kann, der zunehmend auf nordwestliche
Richtungen dreht. Dank einer gut durchmischten Luftmasse dürfte bei diesem
Gradienten auch wiederholt die eine oder andere stürmische Böe (Bft 8)
auftreten, wobei die Ensembles besonders zwischen Schleswig-Holstein und
Brandenburg moderate Wahrscheinlichkeiten von 15 bis 30 % andeuten. Auch
zwischen der Leipziger Tieflandsbucht und dem Erzgebirge könnte die eine oder
andere stürmische Böe gemessen werden (orografisch geführte Winde). Allgemein
treten dann im Bergland stürmische oder Sturmböen auf mit orkanartigen Böen auf
dem Brocken.

In der Nacht zum Samstag zieht das Bodentief zügig ostwärts ab und von
Frankreich wölbt sich ein kräftiger Höhenkeil nach Deutschland, der zudem von
einem Bodenhoch von bis zu 1035 hPa begleitet wird (Süddeutschland erfassend).
Besonders in der ersten Nachthälfte sorgt der nachlassende Luftdruckgradient
noch für Windböen zwischen der Ostsee und dem Erzgebirge, die jedoch im Tiefland
bis Mitternacht endgültig nachlassen. Der stürmische Nordwestwind auf den
Kammlagen der östlichen Mittelgebirge bleibt jedoch bis ausgangs der Nacht
bestehen. Ansonsten kommt der Wind von Westen zum Erliegen und die zunächst noch
dichte Wolkendecke lockert von Westen her verbreitet auf. Die dank des von
Westen steigenden Luftdrucks über Südostdeutschland schleifende Kaltfront bringt
noch zwischen dem Erzgebirge und dem Alpenrand leichte Niederschläge, die je
nach Intensität zwischen 800 und 1000 m als Schnee fallen. Mehr als wenige
Zentimeter kann und darf man jedoch nicht erwarten. Je nach Ausstrahlung muss
dann im Westen und Südwesten zunehmend mit teils dichten Nebelfeldern gerechnet
werden. Die Tiefstwerte liegen zwischen +5 und +1 Grad, wobei allgemein im
Südwesten und Westen sowie im Umfeld der zentralen Mittelgebirge leichter Frost
um -1 Grad auftritt. Dann muss auch mit Glätte durch überfrierende Nässe
gerechnet werden.


Samstag ... steht dann voll und ganz im Zeichen durchgreifender Wetterberuhigung
und das fast deutschlandweit. Unter dem breiten Höhenkeil gelegen muss in der
feuchten Grenzschicht mit teils zähen Nebelfeldern gerechnet werden, die sich
besonders im Umfeld der zentralen Mittelgebirge nur zäh auflösen. Hier bleibt es
mit Höchstwerten von nur wenig über null Grad auch "winterlich frisch". Anders
sieht es in den nebelfreien Gebieten aus, denn abgesehen von teils dichter
WLA-Bewölkung zeigt sich die Sonne für längere Zeit. In der eingeflossenen,
modifizierten und unter Hochdruck beruhigten polaren Luftmasse wird man jedoch
auch bei viel Sonnenschein Mühe haben die 10 Grad-Marke zu erreichen - sollte
dies im Januar erstrebenswert sein.
Etwas anders sieht es im äußersten Norden aus, wo mit Annäherung einer Warmfront
der Südwestwind im Binnenland leicht böig, über der Deutschen Bucht auch
stürmisch auffrischt. Helgoland und die Nordfriesischen Inseln dürften gar die
eine oder andere Sturmbö melden. Ansonsten weht der Wind nur schwach, auf dem
Brocken jedoch weiterhin mit teils schweren Sturmböen.

In der Nacht zum Sonntag wandert die Höhenkeilachse geringfügig nach Süden,
bleibt jedoch weiterhin für die Mitte und den Süden wetterbestimmend. Das
bedeutet, dass die Nacht vielerorts klar und trocken verläuft. Jedoch muss in
diesen Gebieten dank effektiver Ausstrahlung verbreitet mit teils dichtem Nebel
gerechnet werden. Im Norden hingegen sorgt die Nähe zur Frontalzone nicht nur
für viele dichte Wolkenfelder, sondern auch im Umfeld der Deutschen Bucht für
etwas Regen. Der Südwestwind weht im Norden stark böig (Binnenland) und
stürmisch bzw. mit Sturmstärke über der Deutschen Bucht und Schleswig-Holstein.
Auch auf dem Brocken drohen weiterhin schwere Sturmböen aus Südwest, während
nach Süden zu mit einer nur schwachen Windbewegung zu rechnen ist. Die
Tiefstwerte versprechen eine winterlich kalte Nacht mit 0 bis -4 Grad über der
Mitte und dem Süden. Besonders zwischen Alpenrand und Bayerischem Wald ist auch
mäßiger Frost zu erwarten. Im Norden bleibt es unter den Wolken mit +7 bis +2
Grad durchweg frostfrei.


Sonntag ... wird der Höhenkeil nur unwesentlich nach Süden gedrückt und weist
eine Achsenausrichtung von den Pyrenäen über die Alpen bis in die westliche
Ukraine auf. Daher wird nach teils zäher Boden- oder Hochnebelauflösung im Süden
erneut ein freundlicher und trockener Tag erwartet und das bei Höchstwerten von
0 Grad im Dauergrau bis hin zu +8 Grad bei viel Sonnenschein. Im Norden macht
sich hingegen ein schleifender Frontenzug bemerkbar, der etwas weiter südwärts
ins Binnenland vorankommt und abends voraussichtlich die Mitte erreicht. Dabei
greifen bei dichter Bewölkung leichte Niederschläge auf den Westen und Norden
über. Interessant könnte es mit Blick auf die gefrierende Phase entlang der
zentralen Mittelgebirge werden, wo bei Dauergrau die Höchstwerte ebenfalls kaum
über die 0 Grad-Marke steigen und bei einsetzendem Niederschlag vorübergehend
mit Glätte gerechnet werden könnte. Sonst aber spielt Glätte bei +5 bis +10 Grad
keine Rolle. Der Südwestwind weht im gesamten Norden stark böig mit stürmischen
Böen im Küstenumfeld sowie im Bergland. Der Brocken verbleibt ebenfalls im
Starkwindfeld und dürfte teils orkanartige Windspitzen melden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen die Kurzfrist hindurch eine sehr gute Übereinstimmung, sodass
es keine nennenswerten Unterschiede zu besprechen gibt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy