DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-01-2020 17:01
SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht abflauender Wind, im Stau der Alpen nach Osten zu teils markante
Schneefälle. In den Folgetagen Umstellung auf antizyklonal West: Zu Beginn
kommender Woche an den Küsten, vor allem aber auf den Bergen zeitweise
stürmische Böen oder Sturmböen, sonst keine markanten Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südwestflanke eines umfangreichen
Langwellentroges, der sich von der Barentssee bis zum Balkan erstreckt,
unterhalb einer recht kräftigen nordwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet,
kommt die Kaltfront eines Tiefs bei Karelien über dem Nordosten Deutschlands
aufgrund höhenströmungsparalleler Exposition kaum mehr nach Südwesten voran. Bis
Sonntagfrüh greift von Westen her ein Höhenrücken auf die Britischen Inseln
über, wodurch die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet weiter aufsteilt und
auch die Kaltfront eine mehr meridionale Ausrichtung annimmt. Sie erreicht noch
das östliche Alpengebiet, knickt dann aber nach Nordnordwest ab und geht über in
die Warmfront eines Tiefs bei Island. Mit Annäherung des Höhenrückens schiebt
sich von Frankreich her ein Bodenhochkeil nach Süddeutschland. Somit verliert
die Front vor allem in den mittleren Landesteilen zunehmend an Wetterwirksamkeit
und löst ich dort auf. Übrig bleibt neben der Kaltfront, die morgens die
Ostalpen südwärts überquert, eine Warmfront, die sich morgens in etwa über der
Deutschen Bucht bzw. Nordwestdeutschland befindet.
Im Frontbereich gibt es noch weitere Niederschläge, die sich allmählich
südsüdwestwärts verlagern und allmählich abklingen. Im Nordosten und Norden
bleibt es nachts postfrontal bereits trocken, im Südwesten kommen die
Niederschläge gar nicht an. Ansonsten fallen meist 1 bis 5 mm, oberhalb von etwa
300 bis 600 m (je nach Intensität nach Osten zu vorübergehend auch mal bis nach
ganz unten) als Schnee und sorgen in den entsprechenden Höhenlagen für eine
dünne Neuschneedecke bzw. Glätte durch Schneematsch. Stärker schneit es noch im
Stau der Alpen, vor allem östlich des Inns. Im Chiemgau und im Berchtesgadener
Land können in exponierten Staulagen bis Sonntagvormittag noch etwa 10 bis 25 cm
Neuschnee fallen.
Postfrontal lockern die Wolken im Norden und Osten im Einflussbereich der
einströmenden trockenen Polarluft aus dem skandinavischen Raum (etwa -7 Grad in
850 hPa) rasch auf, teilweise ist der Himmel klar. Dort gibt es verbreitet
leichten Frost und stellenweise kann Glätte durch Überfrieren von Nässe
auftreten, Reif sollte angesichts der trockenen Luftmasse nur eine
untergeordnete Rolle spielen.
Der vor allem im Norden und Osten aktuell noch lebhafte West- bis Nordwestwind
schwächt sich im Laufe der Nacht mehr oder weniger rasch ab, auf exponierten
Alpengipfeln kann es aber noch bis in die frühen Vormittagsstunden des Sonntags
stürmische Böen geben.

Sonntag ... schiebt sich der Höhenrücken allmählich in den Nordwesten des
Vorhersagegebietes vor und wird dynamisch durch kräftige WLA gestützt, die
diesen mitteltroposphärisch umläuft und somit auch weite Teile des
Vorhersagegebietes erfasst. Das korrespondierende Bodenhoch nimmt eine zonale
Ausrichtung an und erstreckt sich abends mit einer Kernisobare von 1035 hPa von
Ostfrankreich über Süddeutschland bis nach Ostösterreich bzw. Tschechien. An
dessen Nordflanke wird due Warmfront des allmählich zum Nordmeer ziehenden Tiefs
über Norddeutschland hinweg ostwärts geführt.
Mit der Warmfront und der vor allem nach Osten zu weit nach Süden ausgreifenden
WLA weiten sich die dichten Wolkenfelder im Nordwesten auch auf die Osthälfte
aus und vor allem dort sowie im zentralen Mittelgebirgsraum fällt gebietsweise
etwas Regen oder Nieselregen, oberhalb von etwa 600 bis 800 m Schnee (weniger
als 1 mm). Vormittags ist dabei über den teils noch kalten Böden nach Osten zu
stellenweise die gefrierende Phase nicht ausgeschlossen. Auch im Südosten fällt
vormittags noch etwas Regen, an den Alpen Schnee, spätestens ab mittags ist es
dort aber trocken.
Der Wind frischt postfrontal im Warmsektor in Norddeutschland wieder etwas aus
Südwest auf. Zum Abend hin kann es im Nordseeumfeld an exponierten Abschnitten
steife Böen (Bft 7), auf dem Brocken stürmische Böen (Bft 8) geben.
Die Sonne zeigt sich am ehesten im Südwesten sowie später auch an den Alpen,
vormittags scheint sie noch vor Eintreffen der Wolkenfelder in der Lausitz
zeitweise. Da sich die WLA nur mitteltroposphärisch macht, steigen die
Temperaturen in 850 hPa kaum an und liegen abends zwischen -4 und +1 Grad. Das
reicht für Höchstwerte zwischen 1 Grad im östlichen bzw. ostbayerischen
Mittelgebirgsraum und 8 Grad im Westen.

In der Nacht zum Montag kommt der Höhenrücken mit seiner Achse noch etwas weiter
nach Osten voran, verdrängt die Frontalzone nach Nordosten und wölbt sich durch
eine Austrogung westlich der Britischen Inseln und dem damit verbundenen
Warmluftvorstoß zur Norwegischen See weiter nach Norden auf. Im Keilbereich
schwächt sich die WLA vor allem über den westlichen und mittleren Landesteilen
etwas ab.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront des Nordmeertiefs rasch weiter nach Osten
voran, so dass es wohl lediglich im Nordosten und Norden des Landes gebietsweise
etwas Nieselregen gibt. Das Hochdruckgebiet verlagert seinen Schwerpunkt
allmählich südostwärts, wobei weiterhin ein Keil bis nach Westdeutschland und
Ostfrankreich reicht. An dessen Nordflanke gelangt niedertroposphärisch
weiterhin recht feuchte Luft in den Norden und auch in die mittleren
Landesteile, so dass sich auch nachts dort vielerorts dichte Bewölkung herrscht.
Zudem verstärkt sich dort auch die Absinkinversion in etwa 800 bis 850 hPa.
Im Süden und Südwesten ist es dagegen teils gering bewölkt. Dort kann sich
örtlich dichter Nebel bilden. Leichten Frost gibt es am ehesten noch in der
Südhälfte, wobei dann stellenweise Glätte durch Reif oder Überfrieren auftreten
kann. Auch im östlichen Mittelgebirgsraum bis in die Lausitz kann es
gebietsweise Frost und Glätte durch überfrorene Nässe geben.
Der Wind weht ganz im Norden weiterhin lebhaft aus Südwest, schwächt sich später
von Westen her aber etwas ab, am ehesten reicht es wohl entlang der
vorpommerschen Küste für einzelne Böen Bft 7, auf dem Brocken kann es nach wie
vor Böen Bft 8 geben.

Montag ... verlagert sich der Trog über dem nahen Ostatlantik unter Verkürzung
seiner Wellenlänge weiter ostwärts und greift bis zum Abend auf die westliche
Nordsee über. Damit gewinnt die Frontalzone wieder nach Süden und Osten an Raum
und der Höhenrücken wird allmählich nach Osten abgedrängt, abends verläuft
dessen Achse über den Süden und Osten Deutschlands hinweg nordwärts.
Das von Frankreich über den Alpenraum bzw. Süddeutschland bis zum Balkan
reichende Bodenhoch schwächt sich in seinem Westteil etwas ab, von Nordwesten
her setzt im Vorhersagegebiet Druckfall ein und abends greift das
teilokkludierte Frontensystem eines Sturmtiefs bei Island auf die Nordsee über.
Insgesamt dominiert im Vorhersagegebiet aber weiterhin Hochdruckeinfluss, wobei
sich die WLA jetzt auch niedertroposphärisch durchsetzen kann. Die Temperatur in
850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte zwischen -1 Grad in der Lausitz und 8
Grad im Westen (wobei ICON vor allem nach Osten zu diesbezüglich die
progressivste Variante fährt, GFS simuliert um 18 UTC Werte zwischen +6 Grad im
Westen und -6 Grad am Oderbruch). Vor allem im Nordosten bleibt es aufgrund der
WLA meist stark bewölkt bis bedeckt, vorübergehend können sich dort eventuell
sogar mit Passage einer weiteren Warmfront am Vormittag die leichten
Niederschläge ein wenig intensivieren.
Auch sonst tut sich die dichte Wolkendecke im Norden und in Teilen der Mitte
schwer aufzulockern, nicht zuletzt auch aufgrund der sich verstärkenden
Absinkinversion. Mit dem sich aufgrund der Frontannäherung etwas verschärfenden
Gradienten dürfte das am ehesten im Lee der westlichen Mittelgebirge, also in
NRW, der Fall sein, wo sich vielerorts die Sonne durchsetzen dürfte. Im Süden
und Südwesten scheint dagegen vielerorts die Sonne, vor allem in höheren Lagen
und im Alpenvorland. In den Niederungen kann sich allerdings dort Nebel oder
Hochnebel halten.
Der Wind dreht auf Südwest bis Süd und frischt vor allem im Westen und Norden
etwas auf. Im Nordseeumfeld kann es abends in exponierten Lagen (Helgoland,
Sylt) erneut einzelne steife Böen geben, in den Kamm- und Gipfellagen einiger
westlicher und zentraler Mittelgebirge ebenfalls, exponiert dort auch stürmische
Böen.
Die Temperaturen erreichen Höchstwerte zwischen 0 Grad bei Dauernebel in
Süddeutschland und 8 Grad mit Sonne in mittleren Höhenlagen Südwestdeutschlands;
in einigen Leelagen Westdeutschlands kann es auch noch milder werden, je
nachdem, wie rasch sich die WLA dort durchsetzen kann.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich der Kurzwellentrog von der Nordsee her
rasch über Norddeutschland hinweg ostwärts und tropft morgens über der Osthälfte
des Landes aus. Ihm folgt ein flacher Höhenrücken, der sich in den Frühstunden
bereits über der Deutschen Bucht befindet.
Die teilokkludierte Kaltfront des Richtung Jan Mayen ziehenden Tiefs überquert
den Norden und Osten des Vorhersagegebietes ebenso rasch mit höchstens leichten
Regenfällen (meist weniger als 1 mm nach Lesart des ICON-EU; nach GFS noch
weniger) ostwärts, wobei der Regen vor allem in den Mittelgebirgen und nach
Osten zu bei leichtem Frost oder Bodenfrost auch gefrieren kann. Ihr folgt ein
Schwall erwärmter Polarluft (0 bis -2 Grad in 850 hPa). Von Südwesten her
verstärkt sich der Hochdruckeinfluss bereits wieder, so dass sich die Front mehr
und mehr auflöst und den Südwesten und Süden des Landes sowie die mittleren
Landesteile kaum mehr beeinflusst. Dort bleibt es weitgehend trocken, allerdings
kann die vielerorts vorhandene Hochnebeldecke etwas angehoben werden, was
gebietsweise zu leichtem (gefrierendem) Nebelnässen führt.
Leichten Frost gibt es am ehesten in Süddeutschland, teilweise auch in den
mittleren Landesteilen, im Norden und Nordwesten bleibt es unter den dichten
Wolken frostfrei. Bei klarem Himmel ist im äußersten Süden und Südosten in
ungünstigen Lagen auch mäßiger Frost durchaus in Betracht zu ziehen.
Mit zunehmenden Hochdruckeinfluss fächert der Gradient auch wieder auf, so dass
der Wind bei Frontpassage bzw. präfrontal weiterhin wohl lediglich an den Küsten
anfangs noch eine Rolle spielt (einzelne Böen Bft 7 aus Südwest) und auf
exponierten Gipfeln vor allem der zentralen und östlichen Mittelgebirge
(kurzzeitig Böen Bft 8 bis 9, Brocken eventuell auch Bft 10).

Dienstag ... zieht das kleine Cut-Off-Tief rasch südsüdostwärts über Tschechien
nach Ungarn, das nördliche Trogresiduum und die korrespondierende Front kommen
schnell Richtung Baltikum voran. Vormittags fällt im Osten und Südosten an der
Westflanke des Cut-Off-Tiefs noch etwas Regen, ab etwa 400 bis 600 m auch ein
wenig Schnee; je nach Ausweitung der Niederschläge in den Südosten kann es dort
am frühen Vormittag auf den kalten Böden stellenweise auch Glatteis geben.
Während die Niederschlagstätigkeit nach Lesart des ICON bis zum Nachmittag
komplett zum Erliegen kommt, hält sie GFS aufgrund einer etwas weiter westlich
simulierten Zugbahn des Tiefs zumindest an den Alpen noch bis zum Abend
aufrecht, inklusive einiger Zentimeter Neuschnee oberhalb von etwa 600 m.
Im Tagesverlauf schwenkt der Höhenrücken von der Nordsee her in den Norden des
Vorhersagegebietes, nimmt eine zonalere Ausrichtung an und kann sich aufgrund
kräftiger WLA am Südrand der sich verschärfenden und auf Skandinavien
übergreifenden Frontalzone noch etwas verstärken. Er stützt weiterhin eine
langgestreckte, von der Iberischen Halbinsel und Frankreich über Süddeutschland
hinweg bis nach Südosteuropa reichende Hochdruckzone, die sich über Mitteleuropa
vorübergehend nach Norden ausweitet, ehe mit Annäherung der Warmfront eines
Sturmtiefs bei Island im Westen und Norden Deutschlands wieder Druckfall
einsetzt. Abends überquert die Warmfront die Deutsche Bucht und streift dabei
auch den Nordwesten Deutschlands, wobei aber kaum Niederschläge simuliert
werden.
Nach vorübergehender Auffächerung verschärft sich der Gradient mit Annäherung
der Warmfront von Nordwesten her wieder etwas, im Nordseeumfeld treten
nachmittags und abends wieder Böen Bft 7, exponiert schon vielleicht 8 aus
Südwest auf und auch auf dem Brocken kann es stürmische Böen geben. Mit
zunehmender und auch niedertroposphärisch wirksamer WLA steigt die Temperatur in
850 hPa bis zum Abend auf Werte zwischen 7 Grad im Nordwesten und -3 Grad im
äußersten Südosten. Das dürfte für Höchstwerte zwischen 2 Grad am ostbayerischen
Mittelgebirgsraum bzw. in den Alpentälern und 11 Grad am Niederrhein reichen,
wobei sich die Sonne nur selten und am ehesten noch im Westen, Südwesten sowie
in der Lausitz zeigt.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognose- und
warnrelevanten Unterschiede ableiten. Unsicherheiten ergeben sich am ehesten
noch bzgl. der Zugbahn des kleinräumigen Cut-Off-Tiefs, respektive
Kaltlufttropfens am Dienstag, der insbesondere dem ostbayerischen Alpenraum nach
der GFS-Variante einige Zentimeter mehr Neuschnee als das ICON-EU bescheren
könnte.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff