DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-01-2020 18:01
SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Vorübergehend kälter mit Schnee in den östlichen Mittelgebirgen und Alpen. Vor
allem im Bergland und an der See stürmisch. Zum Wochenwechsel Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Südflanke eines umfangreichen Höhentroges,
der sich über weite Teile Skandinaviens und dem Nordmeer erstreckt. Dabei
schwenkt ein Randtrog, der am Boden mit einer Kaltfrontpassage korreliert,
ostwärts ab. Dadurch kommt die Kaltfront, die aufgrund der guten Durchmischung
maskierten Charakter besitzt, beschleunigt südostwärts voran und schmiegt sich
in der zweiten Nachthälfte zunehmend an die Alpen. Insbesondere in
windgeschützten Lagen des Bayerischen Waldes, an der unteren Donau sowie in
einigen Alpentälern kann die dünne bodennahe Kaltluftschicht noch nicht komplett
ausgeräumt werden, weshalb dort kurzfristig und kleinräumig gefrierender Regen
mit Glatteisbildung auf der Agenda steht. Im Osterzgebirge und Zittauer Gebirge
sollte sich die Gefahr aufgrund der aktuellen Meldungen (positive Temperaturen,
Wind vermehrt schon aus Süd bis Südwest) erledigt haben.

Postfrontal sinkt die Schneefallgrenze in der einfließenden polaren Meeresluft
(T850 hPa am Morgen 0 Grad an den Alpen und -5 Grad im Osten) in den östlichen
Mittelgebirgen und im Schwarzwald zwar auf etwa 600 bis 400 m ab, die
Niederschläge lassen aber so rasch nach, dass es wohl nur noch rund um den
Feldberg sowie im höheren Erzgebirge bzw. im ostbayerischen Mittelgebirgsraum
oberhalb von etwa 600 bis 800 m für eine dünne Schneedecke reicht. Im Stau der
Alpen können bis Samstagfrüh durchaus bis nahe 10 cm fallen, im Oberallgäu auch
bis 15 cm, allerdings sinkt die Schneefallgrenze dort erst in den Frühstunden
auf unter 1000 m.

Postfrontal lockert die Bewölkung auf und der Wind lässt nach. Folglich zeichnet
sich vor allem im zentralen Mittelgebirgsraum streckenweise Glätte durch
überfrierende Nässe ab, gehen doch die 2m Temperaturen auf 4 bis -1 Grad zurück.


In der Norddeutschen Tiefebene bleibt der Wind mäßig und trocknet so die Straßen
ab und verhindert eine stärkere Ausstrahlung. Daher ist Glätte dort kein Thema.
Zudem greift in den Frühstunden ein neuer Kurzwellentrog auf den Norden über.
Dieser grenzt an seiner Vorderseite mehr oder weniger die Höhenkaltluft mit
unter -30 Grad in 500 hPa ab. Niedertroposphärisch eine schmale Okklusion mit
Kaltfrontcharakter finden, da rückseitig Meeresluft arktischen Ursprungs mit
unter -10 Grad über der Norwegischen See lagert. In diesen Genuss kommen wir
natürlich nicht, doch dazu später mehr. Fakt ist, dass schauerartige Regenfälle
mit 1 bis 5 l/qm in der Früh an der See aufkommen. In diesem Zusammenhang setzen
nach kurzer Windabnahme neue Sturmböen an der Küste ein. Auf den Bergen bleibt
es ohnehin stürmisch.

Samstag ... schwenkt der nördliche Randtrog nach Tschechien, womit sich der
Höhentrog effektiv nach Süden ausweitet. Die Gebiete östlich der Elbe erfahren
dabei einen Streifschuss der Höhenkaltluft mit unter -30 Grad in 500 hPa. Daher
ist dort auch ein vereinzeltes Gewitter mit Graupel nicht ausgeschlossen, auch
wenn die Labilität nicht sonderlich stark ist und die Luft postfrontal durch
Skandinavienföhn rasch abtrocknet. Folglich gibt es an der See auch den meisten
Sonnenschein.
Die teilokkludierte Kaltfront erreicht bis zum Abend die östlichen Mittelgebirge
und hängt nach Westen stark zurück (bzw. wird schon wieder rückläufig) und
verliert an Wetterwirksamkeit. Dies ist einem Keilvorstoß über den Britischen
Inseln geschuldet, der ein Bodenhoch über Westfrankreich stützt, wovon ein Keil
bis nach Südwestdeutschland reicht.

Mit Annäherung der Front verschärft sich der Gradient im Norden und Osten sowie
in den mittleren Landesteilen, so dass verbreitet Windböen (Bft 7) aus West,
postfrontal aus Nordwest. An den Küsten muss mit stürmischen Böen, exponiert mit
Sturmböen (Bft 8 bis 9), in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge mit Sturm-, exponiert mit schweren Sturmböen (Bft 9 bis
10, Brocken: Bft 11) gerechnet werden. AROME zeigt sogar eine ausgeprägte
konvektive Linie mit Böen bis an die 110 km/h (Bft 11) im Raum Rostock, was aber
übertrieben erscheint. Die Oberwinde geben diese Größenordnung zwar her, der
vertikale Durchmischung erscheint aber insbesondere im Frontbereich nicht
ausreichend genug - es sollte im Großen und Ganzen bei Sturmböen, exponiert
vielleicht auch mal einer schweren Sturmböe bleiben. Spätnachmittags und abends
nimmt der Wind von Westen her aber bereits wieder ab.

Die Schneefallgrenze sinkt auf etwa 400 m, später - bereits mit deutlichem
Nachlassen der Niederschläge - kann es auch bis ganz unten gebietsweise für die
feste Phase reichen. Im Oberharz und im Erzgebirge werden in Staulagen Mengen
bis 10 mm simuliert, dort können in den Hochlagen (oberhalb von etwa 600 m)
gebietsweise um 10 cm Neuschnee fallen, in Staulagen auch mehr. Oberhalb von
etwa 800 m kommt auch das Thema Verwehungen ins Spiel. Im Stau der Alpen werden
staubedingt durch die Reste der nächtlichen Kaltfront bis zum Abend noch 5 bis
10 mm fallen, wobei die Schneefallgrenze nur allmählich auf 800 m absinkt. Im
Westen und Süden kommt die kältere Luft nie richtig an, dort liegen die
Temperaturen in 850 hPa weiterhin zwischen -1 und -5 Grad, im Nordosten bei -7
Grad. Entsprechend werden Höchstwerte zwischen +2 Grad in den östlichen
Mittelgebirgen (ab etwa 600 m um 0 Grad) und + 8 Grad entlang des Rheins bzw. im
Nordwesten erreicht.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Höhenrücken über Westeuropa ein wenig nach
Osten voran, wird aber über den Britischen Inseln mit Übergreifen der
Frontalzone von Norden her bereits wieder etwas "abgehobelt". Über dem
Vorhersagegebiet dreht die Höhenströmung somit noch etwas mehr auf Nord bis
Nordwest. Strömungsparallel darin eingebettet, kommt das schleifende
Frontensystem über dem Vorhersagegebiet kaum mehr nach Osten voran, verliert
aber auf der Keilvorderseite immer mehr an Wetterwirksamkeit. So kommt es vor
allem von den zentralen Mittelgebirgen bis zum östlichen Alpenrand noch zu
leichten Niederschlägen mit 1 bis 5, am Alpenrand um 10 l/qm bei einer
Schneefallgrenze von etwa 400 bis 500 Meter. Bei stärkeren Intensitäten kann es
vorübergehend bis in tiefe Lagen schneien. Nennenswerten Neuschnee gibt es aber
vor allem in den Staulagen des Chiemgaus und des Berchtesgadener Landes mit rund
10 cm.

Der Wind schwächt sich im Laufe der Nacht mit Vorrücken des Hochs mehr und mehr
ab und beschränkt sich warntechnisch in der zweiten Nachthälfte auf die
Alpengipfel und auf die Kamm- bzw. Gipfellagen der ostbayerischen Mittelgebirge,
wo es noch längere Zeit Sturmböen aus Nordwest gibt. Vor allem im Nordosten
lockern die Wolken unterdessen stärker auf, gebietsweise ist es dort auch klar.
In der eingeflossenen maritimen Polarluft (-4 bis -7 Grad in 850 hPa) gibt es
dort vielerorts leichten Frost - allerdings wohl nur in Ausnahmefällen im
Verbund mit Glätte durch Überfrieren. Ansonsten beschränkt sich der Frost auf
das höhere Bergland.

Sonntag ... schiebt sich der Höhenrücken langsam in den Nordwesten des Landes
vor und wird dynamisch durch kräftige WLA gestützt, die diesen
mitteltroposphärisch umläuft und somit auch weite Teile des Vorhersagegebietes
erfasst. Das Bodenhoch nimmt eine zonalere Ausrichtung an und liegt am Abend mit
immerhin rund 1035 hPa über Süddeutschland. An dessen Nordflanke wird die
Warmfront eines Nordmeertiefs über Norddeutschland hinweg Richtung Polen
geführt. Demzufolge gibt es vor allem im Norden und Osten des Landes bis in den
ostbayerischen Mittelgebirgsraum und ins Berchtesgadener Land aus meist dichten
Wolken leichte Niederschläge (meist weniger als 1 mm), die im Bergland oberhalb
von etwa 400 bis 600 m als Schnee fallen. Am östlichen Alpenrand kommen nochmal
bis zu 5 cm Neuschnee zusammen, womit in der Summe seit Samstag 0z teils stark
verwehte 10 bis 20 cm, in Staulagen auch um 30 cm gefallen sind, was laut
Kriterien eine markante Warnung nach sich zieht. Sonst fällt etwas Nieselregen,
wobei mit Übergreifen der Niederschläge auf den Nordosten am Vormittag
stellenweise Glatteis nicht ausgeschlossen werden kann.
Der Wind frischt im Warmsektor vor allem im Norden wieder etwas auf, an den
Küsten - am ehesten noch der Nordsee - reicht es eventuell für steife Böen (Bft
7) aus Südwest, auf dem Brocken für stürmische Böen. Die Sonne zeigt sich am
ehesten noch anfangs in der Lausitz und ansonsten im Südwesten. Die WLA macht
sich zunächst nur mitteltroposphärisch bemerkbar, in 850 hPa kommen die
Temperaturen nicht über -5 bis -1 Grad hinaus (im Südwesten vielleicht etwas
mehr), entsprechend werden Höchstwerte zwischen 2 Grad im östlichen bzw.
ostbayerischen Bergland und 8 Grad im Westen/Nordwesten erreicht.

In der Nacht zum Montag kann sich der Keil durch eine Austrogung westlich von
Irland und einem damit verbunden Warmluftvorstoß zur Norwegischen See über
Westeuropa regenerieren und sich mit seiner Achse etwas nach Norden ausweiten.
Dadurch wird die Frontalzone nach Norden und Osten über Deutschland rausgedrückt
und das antizyklonale Wetter hat uns vollends wieder. Zuvor fällt aber noch im
Bereich der abziehenden Warmfront im Norden und Nordosten etwas Nieselregen.
Sonst macht sich im Bereich einer sich allmählich verstärkenden Absinkinversion
auf rund 850 hPa vielerorts dichter Nebel und Hochnebel breit. Lediglich in
höheren Lagen Süddeutschlands ist es oberhalb der Inversion oft klar. Je
nachdem, wie schnell sich der Nebel bildet, gehen die Temperaturen zuvor teils
in den leichten Frostbereich zurück, so dass örtlich mit Glätte durch Reif oder
überfrierender Nässe gerechnet werden muss. In der Nordhälfte bleibt es
unterdessen unter den dichten Wolken mit ziemlicher Sicherheit frostfrei. Der
Wind weht im Norden am Nordrand des Hochs weiterhin spürbar aus Südwest, an den
Küsten gibt es steife, auf dem Brocken stürmische Böen.

Montag ... wird der Höhenrücken unter Annäherung der Kaltfront des Nordmeertiefs
abgeflacht, bleibt aber noch wetterbestimmend. Die bodennahe Hochdruckbrücke
erstreckt sich von der Iberischen Halbinsel über den Alpenraum bis zum Balkan.
An dessen Nordflanke setzt sich die niedertroposphärische Warmluftadvektion von
Westen weiter fort und die 850 hPa Temperaturen steigen bis zum Abend auf 0 Grad
im Osten und bis auf 8 Grad im Westen an. Dadurch wird die Inversion effektiv
also weiter gestärkt. Während sich Nebel und Hochnebel im mäßigen Südwestwind an
den Nordrändern der Mittelgebirge und in Küstennähe zögernd lichten, bleiben sie
vor allem in Flussniederungen in der Mitte und im Süden hartnäckig. Das
Temperaturniveau mit 8 Grad bei Sonne und kaum 0 Grad im Dauernebel kommt uns
ebenfalls aus den vergangenen Tagen mehr als bekannt vor. Warnwürdige Böen auf
den Inseln und dem Brocken sind kaum der Erwähnung wert. In den Hochlagen der
Alpen wird der frisch gefallenen Schnee zu großen Teilen sofort wieder
wegsublimiert.


Modellvergleich und -einschätzung
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In den synoptischen Basisfeldern ergeben sich keine markanten Unterschiede.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen