DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-07-2016 09:00
SXEU31 DWAV 170800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 17.07.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM (Brücke Mitteleuropa) Übergang zu HM (Hoch Mitteleuropa)

Heute in der Mitte und im Südosten einzelne Gewitter. Am Montag im süddeutschen
Bergland lokale Gewitter möglich. Von SW her zunehmend heiß.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Aktuell befindet sich Deutschland zwischen einem Trog über Nordeuropa
und einem Cut-Off-Tief über dem nördlichen Balkan, das für uns aber kaum noch
Bedeutung hat. Relevanter ist da schon der breite, über Südwest- und Westeuropa
positionierte Höhenrücken, von dem aus sich ein Keil bis nach Mitteleuropa
erstreckt. Unter dem Strich resultiert für uns daraus heute eine westliche bis
nordwestliche Höhenströmung, die vor allem nach SW hin antizyklonal, sonst eher
neutral bis leicht zyklonal konturiert ist.
Korrespondierend zum o.e. Trog befindet sich über Nordeuropa eine mehrkernige
Tiefdruckzone, von der aus sich ein okkludierendes Frontensystem bis nach
Mitteleuropa respektive Deutschland erstreckt. Während die Warmfront schon
weitgehend durch ist, tut sich die zonal orientierte Kaltfront aufgrund von
Wellenbildung schwer, von Norddeutschland her südwärts voranzukommen. Sie wird
in den Abendstunden etwa den nördlichen Mittelgebirgsraum erreichen. Dahinter
strömt ein Schwall frischer subpolarer Meeresluft ein, die heute Morgen bereits
den äußersten N und NO erfasst hat, was am deutlichen Rückgang des Taupunkts
bzw. der pseudopotenziellen Temperatur erkennbar ist. Trotz fehlender
Höhenkaltluft ergo entsprechender Labilität reicht es im Tagesverlauf an der
Küste für einzelne Schauer.
Mit der Kaltfront verlagert sich auch der präfrontale Regen/Nieselregen langsam
süd-südostwärts, wobei die anfangs teils stratiformen Niederschläge eine immer
stärker werdende konvektive Komponente bekommen. So kommt es in der präfrontal
einströmenden erwärmten und feuchten (Taupunkte 15 bis 19°C, PPW über 30 mm)
Luftmasse zu Schauern und einzelnen Gewittern, die mit Starkregen, kleinkörnigem
Hagel (CAPE maximal zwischen 100 und 400 J/kg) und steifen Böen 7 Bft
einhergehen können. Bevorzugt betroffen sind die Gebiete vom westlichen über den
zentralen Mittelgebirgsraum bis hinüber zur Lausitz bzw. zum Erzgebirge sowie
das nördliche und östliche Bayern. Auffallend bei der Betrachtung der
numerischen Produkte ist, dass COSMO-EU gegenüber gestern einen deutlichen
Rückzieher hinsichtlich potenzieller Gewitter gemacht hat, was synoptisch auch
durchaus nachvollziehbar ist. So hält sich nicht nur die Labilität der
präfrontalen Luftmasse in Grenzen, auch die vielerorts vorhandene starke
Bewölkung trägt nicht unbedingt dazu bei, dass noch nennenswert Energie
eingesteuert wird. Und auch die notwendigen Hebungsmechanismen sind erheblich
limitiert; sowohl die Front (geringe Querzirkulation) als auch die Höhenströmung
(zu geringe Zyklonalität, keine Tröge) sind nicht gerade die absoluten
"Bringer", so dass teilweise die Orografie mithelfen muss.
Nach SW hin bleibt es unter Hochdruckeinfluss weitgehend trocken und vielfach
sonnig oder nur locker bewölkt. Dort wird es mit 25 bis 29°C auch am wärmsten,
während in den übrigen Regionen meist 21 bis 25°C, an der See sowie im äußersten
N 18 bis 20°C auf dem Zettel stehen.

In der Nacht zum Montag beginnt der breite Rücken über Westeuropa sich
allmählich aufzuwölben. Dadurch steigt der Luftdruck bei uns etwas an. Die Front
kommt nicht mehr entscheidend nach Süden voran, sie wird sogar leicht
rückläufig. Im SO kommt es anfangs noch zu Schauer bzw. schauerartigen
Regenfällen, mögliche Restgewitter vom Tage klingen jedoch rasch ab, so dass die
Nacht warnfrei bleibt.

Montag... setzt sich der Aufwölbungsprozess des Höhenrückens über Westeuropa
fort, wobei sich die Achse langsam gen Osten verlagert. Deutschland verbleibt
auf der Vorderseite unter einer leicht antizyklonalen bis neutralen
nordwestlichen Höhenströmung. Darunter steigt der Luftdruck noch etwas an, so
dass große Teile des Landes in eine meridional exponierte, vom westlichen
Mittelmeer bis hoch zur Norwegischen See reichende Hochdruckzone gelangt.
Betrachtet man die Situation um 12 UTC, so liegt nur noch der NO etwas unter
1020 hPa. Dort findet man tagsüber auch noch dichtere mehrschichtige Bewölkung,
die den Resten der o.e. rückläufigen Front geschuldet sind. Sie wurde in der
Vorhersagekarte allerdings nicht mehr geführt, da der thermische Gradient
zusehends aufweicht ergo die Front sich mehr und mehr auflöst. Bis auf ein paar
wenige Tropfen fällt auch kein nennenswerter Regen mehr.
Ansonsten ist die Geschichte des Tages rasch erzählt. Bei leichtem Absinken
scheint verbreitet die Sonne von einem locker bewölkten Himmel. Dabei kann sich
die eingeflossene maritime Luftmasse weiter erwärmen, im äußersten SW taucht die
15°C-Isotherme in 850 hPa auf. Mit der Erwärmung kommt es im Süden zusätzlich zu
einer leichten Labilisierung der Schichtung. Es wird etwas ML-CAPE aufgebaut mit
punktuell etwas über 500 J/kg am Nachmittag, das vielfach aber gedeckelt ist. So
dürfte die Gewitterneigung im Süden nicht zuletzt auch wegen der antizyklonalen
Rahmenbedingungen eher gering bleiben, was einzelne Überentwicklungen über dem
Bergland freilich nicht ausschließt. Als Favoriten tun sich dabei der Alpenrand,
der Bayerische Wald und die Schwäbische Alb hervor, während für den Schwarzwald
höhere CIN-Werte (COSMO-EU) angedeutet werden. Im Falle eines oder auch mehrerer
Gewitter steht Starkregen ganz oben auf der Agenda, gefolgt von Hagel und
Wind/Sturm.
Die Temperatur steigt im Süden und in der Mitte auf 26 bis 31°C, an Hoch- und
Oberrhein sowie den Nebenflüssen lokal auch etwas darüber. Sonst werden 20 bis
26°C, an der Küste (bei auflandigem Wind) z.T. nur 18 oder 19°C erwartet.

In der Nacht zum Dienstag rückt der Höhenrücken unter weiterer Amplifizierung
noch etwas näher an den Vorhersageraum heran, was den Hochdruckeinfluss noch
etwas verstärkt. Mögliche Konvektion fällt alsbald zusammen, so dass es von der
Küste bis zu den Alpen eine ruhige Nacht gibt.

Dienstag... kräftig sich der antizyklonale Einfluss weiter, weil das gesamte
Strömungsmuster leicht progressiv ist und somit der Höhenrücken unter leichter
Intensivierung noch dichter an Deutschland heranrückt. Der Schwerpunkt des
Bodenhochs befindet sich über dem Vorhersageraum und verlagert sich nur langsam
gen Osten. Dabei trocknet die Luftmasse bei gleichzeitiger Erwärmung etwas ab,
was die Auslöse von Gewittern selbst über dem süddeutschen Bergland nahezu
unmöglich macht. Eine gewisse Restwahrscheinlichkeit gibt es am ehesten noch am
östlichen Alpenrand sowie über dem Bayerischen Wald.
Ansonsten scheint in weiten Teilen des Landes die Sonne, nur im Nordosten ist es
zeitweise wolkig oder stärker bewölkt aber trocken. Die Temperatur steigt im
Süden und Westen auf 28 bis 33°C, im SW lokal bis nahe 35°C. Sonst sind es 24
bis 29°C, von Vorpommern bis zur Nordsee sowie im höheren Bergland 19 bis 23°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die beschriebene Entwicklung ist - was die großräumigen Basisfelder angeht -
alternativlos. Für den heutigen Tag fällt auf, dass einige Modelle (vor allem
GFS und ICON-Nest) regelrechte Gewitterteppiche anbieten, die aufgrund der
genannten synoptischen Rahmenbedingungen deutlich übertrieben daherkommen. Wenig
glorreich auch COSMO-DE von 03 UTC, wonach es aktuell zwischen Rothaargebirge
und Lausitz schon gewittern müsste.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann