DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-01-2020 17:01
SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 01.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs Hochdruckwetter mit erhöhter Nebelneigung und örtlicher Glätte. Am
Donnerstag Durchzug eines wenig wetterwirksamen Kaltlufttropfens. Zum Wochenende
zyklonale und windige Nordwestlage.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland genau unter einem Höhenrücken, der das Bodenhoch
XIA mit Zentrum über Österreich und dem Balkan stützt. Damit herrscht
großräumiges Absinken vor und Grenzschichtprozesse stehen im Vordergrund. So hat
sich tagsüber zäh ein großräumiges Nebelfeld zwischen dem Münsterland und der
Elbmündung gehalten, das sich mit den schwachen Südwestwinden nur wenig Richtung
Schleswig-Holstein verlagert. Das betrifft außerdem viele Flussniederungen im
Südwesten und Süden des Landes, in denen sich vorhandene Nebelfelder über die
Nacht hinweg wieder ausbreiten und verdichten werden. Daher liegt auch der
Schwerpunkt potentieller Glätteerscheinungen auf der Westhälfte Deutschlands,
während Richtung Lausitz ein relatives Nebelminimum zu erwarten ist, was wohl
der Überströmung des Erzgebirges und folglich einer leichten Abtrocknung der
Luftmasse geschuldet ist. Durch die Annäherung der Frontalzone über Schottland,
nimmt der Gradient im Nordwesten etwas zu, so dass dort in den Frühstunden eine
Sichtbesserung wahrscheinlich ist und auf den Nordseeinseln erste Windböen 7 Bft
angekratzt werden.

In den Frühstunden nähert sich von Frankreich kommend ein Kaltlufttropfen im
äußersten Westen an, so dass zwischen Saarland, Eifel und Niederrhein geringer
Regen oder Sprühregen nicht ausgeschlossen ist. Die negative
Schichtdickenadvektion auf der Vorderseite des Kaltlufttropfens unterbindet
Schichtbewölkung und Gegenstrahlung, weshalb vor Ankunft der Niederschläge
leichter Frost wahrscheinlich ist. Zumal viele Gebiete tagsüber eh im Dauernebel
und -frost steckten. Damit muss das Thema Glatteis im Nowcasting beobachtet
werden, wenngleich aufgrund der marginalen Mengen keine großräumige
Glättesituation zu erwarten ist.

Mit 0 bis -5 Grad wird es nahezu landesweit frostig. Im Südosten geht die
Temperatur exponiert bis nahe an den strengen Frostbereich zurück. Lediglich auf
den Inseln bleibt es weitgehend frostfrei.

Donnerstag ... kommt langsam Bewegung ins Wettergeschehen: Ein
kräftiges Tief zieht über das nördliche Nordmeer hinweg und leitet
einen Trogvorstoß ein. Sinkendes Geopotential über Nordwesteuropa
lässt den Rücken ins östliche Mitteleuropa weiterschwenken. Mit
Annäherung einer Kaltfront, die noch weit entfernt über England und der
nördlichen Nordsee liegt, gelangt der Nordwesten Deutschlands in den Bereich
eines etwas stärkeren Gradienten. Damit frischt der Südwestwind über der Nordsee
auf, so dass es vermehrt Windböen, zum Abend auf Helgoland und Sylt auch die
ersten stürmischen Böen geben wird. Mit dem südwestlichen Bodenwind wird auch
der Kaltlufttropfen langsam nach Deutschland gesteuert und liegt zum Abend etwa
über dem Sauerland. Somit kommen dichte Wolkenfelder, die sich teilweise kaum
vom beständigen Nebel und Hochnebel unterscheiden werden, bis zu den zentralen
Mittelgebirgen voran. Geringfügige Niederschläge werden zwar nur zwischen Eifel
und Pfalz sowie an der Nordsee simuliert, letztlich kann es etwas Sprühregen
aber auch in den übrigen Gebieten in der Westhälfte geben. Somit muss in
exponierten Flussniederungen ("Kältelöchern") auch tagsüber stetig die
Temperatur der Straßenbeläge hinsichtlich lokalen Glatteises "gemonitort"
werden. Ab den Mittagsstunden sollte die Globalstrahlung vielfach ausreichen, um
Glätte zu negieren. Sonst bleibt es bei dem bereits bekannten, meist recht
sonnigen
Wetter, allerdings immer mit der Einschränkung durch zähe Nebel- und
Hochnebelfelder in anfälligen Flussniederungen.

Das Temperaturniveau ändert sich wenig. Zwar geht die Temperatur in
850 hPa mit Annäherung des KLT im Südwesten auf 0 Grad zurück, was
aber aufgrund der mangelhaften Durchmischung (wie auch die wärmere
Höhenluft mit 8 Grad im Osten) bodennah nicht weiter zu Buche
schlägt. Ausnahme sind die Berge, die inversionsbedingt mit teils
zweistelligen Werten in mittleren und hohen Lagen von Erzgebirge,
Bayerwald und östlichem Alpenrand die wärmsten Regionen Deutschlands
darstellen.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der o.e. Kaltlufttropfen über die Mitte
Deutschlands hinweg zur Oder und verliert dabei immer mehr seine Struktur
und damit auch insgesamt an Wetteraktivität (die ohnehin arg
limitiert war). Dennoch sind einzelne Spritzer Regen mit örtlicher
Glätte nicht auszuschließen.
Sonst macht sich mit Annäherung der Kaltfront von Nordwesten, die
Freitag Früh über der Deutschen Bucht liegt, in weiten Teilen dichte
Bewölkung breit, die dem fruchtbaren Zusammenspiel der rückseitigen
WLA des KLT-Residuums und einem ersten flachen Randtrog im Nordwesten
geschuldet ist. Erste, meist leichte Regenfälle greifen in der
zweiten Nachthälfte auf den Nordwesten über. Lediglich Richtung
Lausitz und Niederbayern bleibt es noch länger gering bewölkt oder
klar.
Der Wind lebt im Norden spürbar auf, an der See kommt es häufiger
schon zu stürmischen Böen aus Südwest. Und auch die Berge reagieren
mit Sturmböen auf die nahende Wetterumstellung. Wolken und Wind
führen zu einer deutlichen Frostabschwächung, der sich hauptsächlich
noch auf die Südosthälfte konzentriert. Im Nordwesten bleibt es mit
+5 Grad mild, wobei die Temperaturen im Laufe der Nacht dort weiter ansteigen.

Freitag ... weitet sich der Haupttrog vom Europäischen Nordmeer nach
Skandinavien aus. Deutschland liegt an dessen Südflanke genau im
Bereich der Trogachse, wobei ein markanter Kurzwellentrog mit der
Kaltfront korrespondiert. Der Trog ist dabei über Deutschland weit
nach Süden ausgebeult, weshalb sich die Ausbildung eines Trogtiefs
abzeichnet - zumal ein elliptisches isoliertes IPV Maximum vom ICON über mehrere
Läufe konsistent simuliert wird. Daraus resultiert auch eine okklusionsartige
Verwirbelung im 700 hPa Feuchtefeld, worauf die ThetaE in 850 hPa aber nicht
reagiert. Letztlich wird die Progression der Kaltfront dadurch etwas verlangsamt
und sie kommt nur zögernd landeinwärts voran. Die Front wird zudem von leichter
KLA überlaufen, weshalb sich trotz des
leichten Schleifens die simulierten Niederschläge mit 5 bis 10 Liter
pro Quadratmeter binnen 12 Stunden in Grenzen halten. Zwischen Lausitzer
Bergland und Alpenrand bleibt es noch weitgehend trocken mit
kurzen Aufheiterungen.

Postfrontal strömt Meereskaltluft polaren Ursprungs ein und die 850
hPa Temperaturen gehen auf -4 Grad im Nordwesten zurück. Damit sinkt
die Schneefallgrenze später bis in die Kammlagen der Mittelgebirge
ab, wobei dann - wie häufig der Fall - das Gros der Niederschläge
auch schon durch sein dürfte.

An den Küsten und im höheren Bergland treten unverändert Sturmböen
auf, wobei der Gradient im Tagesverlauf etwas auffächert. In der
besser durchmischten Luftmasse wird es allgemein mit 6 bis 10 Grad
einen Tick milder. Nur in Ostbayern, wo der Gradient noch nicht so
greift, hält sich kältere Luft mit maximal 0 bis 4 Grad.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Randtrog ostwärts ab und Deutschland
gelangt in eine nordwestliche Höhenströmung. Diese weist im Norden eine engere
Drängung der Isohypsen auf als im Süden, wo sie am Rande des Hochs über der
Biskaya zudem noch leicht antizyklonal gekrümmt sind. Die Kaltfront wird so
beschleunigt südostwärts geführt, so dass auch in Baden-Württemberg, Bayern und
Sachsen leichte Regenfälle einsetzen. Gleichzeitig sinkt die Schneefallgrenze
auf 1000 Metern an den Alpen und auf rund 600 Metern über den zentralen
Mittelgebirgen absinkt. So erfahren gerade die Kammalgen des Erzgebirges und der
süddeutschen Mittelgebirge eine dünne Neuschneeauflage von 5, in Staulagen um 10
cm. Nach kurzen postfrontalen Auflockerungen nähert sich zum Morgen an der See
ein weiteres Wolkenband mit schauerartigen Niederschlägen. Dieses korrespondiert
mit der Höhenkaltfront, die hebungstechnisch begünstigt in den linken Jetausgang
gelangt. Dadurch formiert sich letztendlich auch am Boden ein flacher Trog.

In diesem Zusammenhang legt der Wind im Norden nach kurzer Beruhigung wieder zu
und erreicht in Böen verbreitet Sturmstärke. Exponiert sind teils schwere
Sturmböen Bft 10 aus West bis Nordwest vorstellbar (COSMO-LEPS 20-30% bei Sylt
und Arkona). Auch in der Norddeutschen Tiefebene treten zum Morgen zunehmend
starke bis steife Böen (Bft 6 bis 7) auf. Frost und Glätte beschränken sich fast
ausnahmslos auf das höhere Bergland.

Samstag ... weitet sich der skandinavische Trog unter südwärts gerichteter KLA
zu den Karpaten aus. Das mit der Höhenkaltfront korrespondierende
Niederschlagsband schwenkt dabei im Tagesverlauf über Deutschland hinweg
südostwärts und spart dabei lediglich den äußersten Südwesten aus, der von der
Randlage zum Hoch über der Biskaya profitiert. Die Mengen liegen meist um 5
Liter pro Quadratmeter binnen 12 Stunden, im Stau der östlichen Mittelgebirge
auch um 10 l/qm. Oberhalb von rund 600 Metern fällt Schnee.
Der Nordosten erfährt dabei einen Streifschuss höhenkalter Luft mit Temperaturen
in 500 hPa unter -30 Grad. Die Anströmung aus Nordwesten begünstigt aber
Skandinavienföhn, so dass die einfließende Meereskaltluft (T850 hPa unter -5
Grad) recht trocken daherkommt. Insofern wird die Schauerentwicklung (evtl. auch
mit kurzen Graupelgewittern) etwas gehemmt. Am längsten Sonnenschein gibt es
folglich in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Im Tagesverlauf
werden die Schauer nach ICON 12z durch aufkommende WLA von Nordwesten oberhalb
von 800 hPa (-10 Grad) gedeckelt.

In der - zumindest unteren Troposphäre - gut durchmischten Luftmassen werden die
Oberwinde von 30 bis 40, vereinzelt sogar 50 Knoten in 850 hPa wiederholt bis
zum Boden transportiert. Vor allem in der Nordosthälfte zeichnen sich dadurch in
Schauernähe vermehrt stürmische Böen 8 Bft ab. An der See und auf den Bergen
treten teils schwere Sturmböen, auf exponierten Gipfeln orkanartige Böen auf.
Aufgrund der guten Durchmischung liegen die Höchstwerte auch nur minimal unter
denen des Vortages zwischen 4 und 8 Grad, im höheren Bergland nur wenig über dem
Gefrierpunkt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis auf kleinere Unschärfen in Bezug auf den Kaltlufttropfen und die Ausprägung
des Troges am Freitag sind sich die vorliegenden Modelle halbwegs einig.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen