DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-12-2019 17:01
SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 31.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges Hochdruckwetter mit erhöhter Nebelneigung und Glättegefahr, zum Freitag
Umstellung der Wetterlage zu West zyklonal

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... steuern wir einem wettertechnisch ruhigen Jahreswechsel entgegen.
Nach Abzug einer wenig wetterwirksamen Kaltfront aus Ostbayern legt sich von
Westen bereits das Hoch XIA über Deutschland. Es wird durch NVA auf der
Vorderseite eines Rückens über Westeuropa gestützt, wobei der eigentliche
Hochschwerpunkt vor der portugiesischen Küste zu verorten ist. Der antizyklonale
Block wird allerdings von einem kleinen Cut-Off Tief über dem Westausgang des
Ärmelkanals unterbrochen, das zunächst aber keine Relevanz für unser
Wettergeschehen besitzt.

Rückseitig der Kaltfront, die maskierten Charakter trägt, ist von Norden bis zur
Mittelgebirgsschwelle subpolare Meeresluft mit Taupunkten von etwa 4 Grad
eingeflossen. Südlich davon lagert noch eine trockene, stark gealterte
Kontinentalluft, deren Kennzeichen große Tagesgänge mit teils mäßigen
Nachtfrösten sind. Die Taupunkte liegen in der Südhälfte entsprechend verbreitet
im negativen Temperaturbereich. An der Luftmassengrenze kommt es bereits jetzt
gebietsweise zu Mischungsnebel - schon vor dem Start der großen
Silvesterknallerei. Schaut man sich die Straßenwettervorhersagen für die
kommende Nacht an, so zeigt sich doch spätestens ab der zweiten Nachthälfte ein
vermehrtes Absinken der Belagstemperaturen in den negativen Bereich - auch im
Norden bei positiven Taupunkten. Aber auch im Süden liegt die
Taupunktstemperatur mehr oder weniger großflächig oberhalb der Belagstemperatur,
was trotz geringer absoluter Feuchte für vermehrte Reifablagerungen mit
streckenweiser Glätte spricht. Neben dem SWIS zeigt auch das präoperationelle
neue Straßenwettermodell METRo ähnlich plausible Berechnungen. Insofern ist eine
offensive Warnstrategie bezüglich Glätte vollzogen worden, zumal in der
Silvesternacht bis in die Frühstunden vermehrt Leute unterwegs sind.

Die Inversion ist in etwa 900 hPa zu finden, wobei der Temperaturanstieg mit der
Höhe im Osten eher 3-5 Kelvin beträgt und im Westen und Südwesten bis zu 10 K.
Auch ohne anthropogenen Eintrag würde dichter Strahlungsnebel mit Ausnahme
vielleicht der Gebiete östlich der Elbe (lange Restbewölkung und nur langsam
abnehmender Wind) zum Thema werden, der zwar in den meisten Fällen mit nur
wenigen hundert Metern nicht allzu mächtig, aber dennoch schwer auszuräumen sein
wird.

In Küstennähe bleibt es bei spürbarem Westwind frostfrei. Sonst tritt verbreitet
leichter, analog zu den Vornächten vor allem in Tal- und Muldenlagen
Süddeutschlands auch mäßiger Frost bis -9 Grad auf.

Mittwoch ... dem Neujahrstag, verlagert sich der nördliche Schwerpunkt des
Höhenrückens genau nach Deutschland, womit das Bodenhoch sich ebenfalls weiter
ostwärts zum Balkan orientiert. An dessen Flanke stellt sich über Deutschland
eine schwache Südostströmung im Süden und eine mäßige Südwestströmung im Norden
ein. Mäßig deshalb, da über Skandinavien weiterhin die Frontalzone verläuft. Der
Gradient wird wahrscheinlich ausreichen, um dem anfälligen Arkona doch die ein
oder andere steife Böe (Bft 7) zu "bescheren".

Das Cut-Off im Raum Paris wandelt sich im Tagesverlauf immer mehr in einen
Kaltlufttropfen um. Dessen Wolkenfelder bleiben aber weiterhin westlich von uns.
So dominiert größtenteils die Grenzschichtproblematik unser Wettergeschehen, bei
dem sich die Frage stellt, wann und wo sich nächtliche Rauch- und Nebelschwaden
lichten. Bei IFS und GFS ist das überall der Fall, bei Euro 4 nur in den
Hochlagen (die ohnehin aus der Nebeldecke herausragen) sowie leebegünstigt die
Nordränder der Mittelgebirge - sprich vor allem von Sachsen bis zum Nordrand des
Harzes sowie in weiten Teilen NRW's. Die Wahrheit dürfte - wie so oft - eher in
der Mitte liegen. In Flusstälern (v.a. Donau, Oberrheingraben, ...) wird sich
ganztägig der Nebel halten bei Temperaturen um oder knapp unterhalb des
Gefrierpunktes. Auch im Norden ist durch die eingesickerte feuchte Luft längere
Zeit noch kompakte Stratus- und Stratocumulusbewölkung zu erwarten. Sonst setzt
sich doch vermehrt die Sonne durch. Bei nur schwacher Durchmischung werden es
trotz Sonnenscheins aber kaum mehr als 2 bis 7 Grad am Nachmittag.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Zirkulationsmuster geringfügig
weiter ostwärts. Damit nähert sich in den Frühstunden auch der Kaltlufttropfen
im Westen an, so dass zwischen Saarland, Eifel und Niederrhein geringer Regen
oder Sprühregen nicht ausgeschlossen ist. Die negative Schichtdickenadvektion
auf der Vorderseite des Kaltlufttropfens unterbindet Schichtbewölkung und
Gegenstrahlung, weshalb vor Ankunft der Niederschläge leichter Frost
wahrscheinlich ist. Damit muss das Thema Glatteis weiter beobachtet werden,
wenngleich aufgrund der marginalen Mengen keine großräumige Glättesituation zu
erwarten ist.

Sonst verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss ruhig. Durch das fortwährende
Absinken trocknet die Luftmasse wieder etwas ab, flache Nebelfelder in der Mitte
und im Süden mitsamt örtlicher Reifglätte bleiben aber auf der Agenda. Wo sich
tagsüber Nebel und Hochnebel gehalten haben, verdichten sich diese wieder.

Mit 0 bis -5 Grad wird es nahezu landesweit frostig. Im Südosten geht es
exponiert bis nahe an den strengen Frostbereich. Lediglich auf den Inseln bleibt
es weitgehend frostfrei, wobei an der Nordsee warnwürdige Böen angekratzt werden
können.

Donnerstag ... kommt langsam wieder Bewegung ins Wetter: Ein kräftiges Tief
zieht über das nördliche Nordmeer hinweg und leitet einen Trogvorstoß ein.
Sinkendes Geopotential über Nordwesteuropa lässt den Rücken ins östliche
Mitteleuropa weiterschwenken. Mit Annäherung einer Kaltfront, die noch weit
entfernt über Schottland liegt, gelangt der Nordwesten Deutschlands in den
Bereich eines etwas stärkeren Gradienten. Damit frischt der Südwestwind über der
Nordsee auf, so dass es vermehrt Windböen, zum Abend auf Helgoland auch die
ersten stürmischen Böen geben kann. Mit dem Wind gelangen auch immer mehr Wolken
des Kaltlufttropfens in den Nordwesten, es dürfte aber trocken bleiben. Selbiger
verharrt mehr oder weniger über dem Elsass. Die anfänglich noch kitzlige
Glättesituation löst derweil der Tagesgang - zumal ohnehin noch fraglich ist
wieviel Niederschlag es tatsächlich bis nach Deutschland schafft.

Sonst bleibt es bei dem bereits bekannten, meist recht sonnigen Wetter,
allerdings immer mit der Einschränkung durch zähe Nebel- und Hochnebelfelder in
den Flussniederungen.

Das Temperaturniveau ändert sich wenig. Zwar geht die Temperatur in 850 hPa mit
Annäherung des KLT im Südwesten auf 0 Grad zurück, was aber aufgrund der
mangelhaften Durchmischung (wie auch die wärmere Höhenluft mit 8 Gtrad im Osten)
bodennah nicht weiter zu Buche schlägt. Ausnahme sind die Berge, die
inversionsbedingt mit teils zweistelligen Werten in mittleren und hohen Lagen
von Erzgebirge, Bayerwald und östlichem Alpenrand die wärmsten Regionen
Deutschlands darstellen.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Kaltlufttropfen über Süddeutschland hinweg
und verliert dabei immer mehr seine Struktur und damit auch insgesamt an
Wetteraktivität (die ohnehin arg limitiert war). Dennoch sind einzelne Spritzer
Regen mit örtlicher Glätte nicht auszuschließen.

Sonst macht sich mit Annäherung der Kaltfront von Nordwesten, die Freitag Früh
über der Deutschen Bucht liegt, in weiten Teilen dichte Bewölkung breit, die dem
fruchtbaren Zusammenspiel der rückseitigen WLA des KLT-Residuums und einem
ersten flachen Randtrog im Nordwesten geschuldet ist. Erste, meist leichte
Regenfälle greifen in der zweiten Nachthälfte auf den Nordwesten über. Lediglich
Richtung Lausitz und Niederbayern bleibt es noch länger gering bewölkt oder
klar.

Der Wind lebt im Norden spürbar auf, an der See kommt es häufiger schon zu
stürmischen Böen aus Südwest. Und auch die Berge reagieren mit Sturmböen auf die
nahende Wetterumstellung. Wolken und Wind führen zu einer deutlichen
Frostabschwächung, der sich hauptsächlich noch auf die Südosthälfte
konzentriert. Im Nordwesten bleibt es mit +5 Grad mild, wobei die Temperaturen
im Laufe der Nacht dort eher etwas ansteigen.

Freitag ... weitet sich der Haupttrog vom Europäischen Nordmeer nach
Skandinavien aus. Deutschland liegt an dessen Südflanke genau im Bereich der
Trogachse, wobei ein markanter Kurzwellentrog mit der Kaltfront korrespondiert.
Der Trog ist dabei über Deutschland weit nach Süden ausgebeult, weshalb sich die
Ausbildung eines Trogtiefs abzeichnet. Daraus resultiert auch eine
okklusionsartige Verwirbelung im 700 hPa Feuchtefeld, worauf die ThetaE in 850
hPa aber nicht reagiert. Letztlich wird die Progression der Kaltfront dadurch
etwas verlangsamt und sie kommt nur zögernd landeinwärts voran. Die Front wird
zudem von leichter KLA überlaufen, weshalb sich trotz des leichten Schleifens
die simulierten Niederschläge mit 5 bis 10 Liter pro Quadratmeter binnen 12
Stunden in Grenzen halten. Zwischen Oberlausitz und Alpenrand bleibt es noch
weitgehend trocken mit kurzen Aufheiterungen.

Postfrontal strömt Meereskaltluft polaren Ursprungs ein und die 850 hPa
Temperaturen gehen auf -4 Grad im Nordwesten zurück. Damit sinkt die
Schneefallgrenze später bis in die Kammlagen der Mittelgebirge ab, wobei dann -
wie häufig der Fall - das Gros der Niederschläge auch schon durch sein dürfte.

An den Küsten und im höheren Bergland treten unverändert Sturmböen auf, wobei
der Gradient im Tagesverlauf etwas auffächert. In der besser durchmischten
Luftmasse wird es allgemein mit 6 bis 10 Grad einen Tick milder. Nur in
Ostbayern, wo der Gradient noch nicht so greift, hält sich kältere Luft mit
maximal 0 bis 4 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der Nebel- und Hochnebellotterie zeigen sich die gewohnten
Modellunterschiede, die hauptsächlich der unterschiedlichen vertikalen Auflösung
geschuldet sind. ICON macht hierbei einen sehr plausiblen Eindruck als
Kompromisslösung zwischen IFS und Euro4. Die Lage des Kaltlufttropfens wird
immer noch leicht unterschiedlich simuliert, aufgrund der limitierten
Wetterwirksamkeit fallen diese - zumal erst zum Donnerstag relevant - nicht
sonderlich ins Gewicht.
Am Freitag sind Ausprägung und Timing des Troges respektive der Front noch mit
Unsicherheiten behaftet. Womöglich vollzieht sich die Passage doch schneller als
gedacht, sollte die Austrogung weniger stark ausgeprägt sein, wie es die
externen Modelle zeigen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen