DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-12-2019 17:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht und am Silvestertag im Norden und Osten mit Durchzug einer
schwachen Kaltfront vorübergehend auffrischender Wind mit stürmischen Böen an
der Ostsee und Sturmböen auf einigen Gipfeln. Dienstagfrüh vom Sauerland bis zur
Lausitz mit geringer Wahrscheinlichkeit örtliches Glatteis.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein Höhenkeil von der Iberischen Halbinsel über
Süddeutschland hinweg bis zur Ukraine. Nördlich davon gewinnt die über das
Nordmeer und Skandinavien hinweg bis fast zum Ural reichende Frontalzone mit
einem im Laufe der Nacht vom Nordmeer auf Skandinavien übergreifenden
Kurzwellentrog nach Süden an Raum und drängt den Höhenkeil über die Alpen hinweg
nach Süden ab. Weiter westlich schwenkt vom nahen Ostatlantik ein breit
angelegter Höhenrücken zu den Britischen Inseln, darin eingebettet, erreicht ein
aus der Frontalzone abgetropftes Höhentief morgens das Keltische Meer.
Somit dreht die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet allmählich auf Nordwest
und verschärft sich, der oben erwähnte Kurzwellentrog überquert morgens die
mittlere Ostsee bzw. Südschweden.
Im Bodenfeld greift die dem Trog vorgelagerte Kaltfront eines zur Barentssee
ziehenden Tiefs im Laufe der Nacht mit vor allem nach Osten zu gebietsweise
leichtem Regen (meist weniger als 1 mm, im Harzstau bis 3 mm) auf
Norddeutschland über und erreicht morgens etwa eine Linie Niederrhein -
Südbrandenburg.
Mit Annäherung der Kaltfront und deren Passage verschärft sich der Gradient im
Laufe der Nacht weiter und es gibt an den Küsten verbreitet steife, entlang der
vorpommerschen Küste zunehmend auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8), die in
Vorpommern morgens auch bis ins küstennahe Binnenland ausgreifen können. In den
Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge gibt es stürmische Böen,
exponiert Sturmböen (Bft 8 bis 9), auf dem Brocken ausgangs der Nacht
vorübergehend auch schwere Sturmböen (Bft 10). Dabei dreht der Wind mit
Frontpassage von Südwest bis West auf Nordwest.
In der Mitte und im Süden verläuft die Nacht dagegen noch überwiegend gering
bewölkt oder klar, der Hochnebel im Oberrheingraben verdichtet sich wieder bzw.
weitet sich aus, auch sonst kann sich gebietsweise Nebel bilden. Während es
unter den dichten Wolken im Norden und Nordosten frostfrei bleibt, gibt es sonst
verbreitet leichten, im Süden auch mäßigen Frost. Mit Übergreifen des leichten
Regens/Nieselregens in Regionen, in denen es vorher noch leichten Frost gegeben
hat (östliches Sauerland, Harz, Niederlausitz) ist ab den Frühstunden
gebietsweise Glatteis nicht ausgeschlossen.

Dienstag ... schwenkt der Kurzwellentrog rasch über Polen hinweg südostwärts zur
Ukraine bzw. nach Weißrussland. Der breit angelegte Höhenrücken über den
Britischen Inseln kommt nur wenig nach Osten voran und wölbt sich noch etwas
nach Norden auf, wodurch die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet weiter
aufsteilt, aber von Westen her beginnt, aufzufächern. Das kleinräumige Höhentief
innerhalb des Höhenrückens verlagert sich allmählich zum Westausgang des
Ärmelkanals.
Vorderseitig des Rückens dominiert über Deutschland somit Absinken und
entsprechend setzt von Westen her markanter Druckanstieg ein, bis zum Abend
etabliert sich eine eigenständige Hochdruckparzelle, die von Süddeutschland bis
zur südwestlichen Nordsee reicht. Die Kaltfront zieht rasch südostwärts ab, löst
sich aber nach Westen zu unter Hochdruckeinfluss komplett auf, Niederschläge
sind lediglich noch vormittags und mittags in Sachsen, Thüringen, vielleicht
noch in Osthessen und in Ostbayern zu erwarten. Die Mengen sind aber gering,
lediglich am Erzgebirgsnordrand simulieren zumindest ICON-EU, C-D2 und EURO4 1
bis 3 mm, die anderen Modelle allerdings teils deutlich weniger. Vor allem am
Vormittag kann in einigen windgeschützten Tälern von Osthessen bis ins
Erzgebirge sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum vereinzeltes Glatteis durch
gefrierenden Regen/Nieselregen nicht ausgeschlossen werden, wobei die Modelle
recht zurückhaltend agieren.
Der Wind schwächt sich im Nordwesten (Nordsee) rasch ab, im Ostseeumfeld gibt es
aber bis mittags noch stürmische, im küstennahen Binnenland steife Böen aus
Nordwest, in den Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
Sturmböen, auf dem Brocken schwere Sturmböen.
Mit der Kaltfront gelangt ein Schwall erwärmter Polarluft ins Vorhersagegebiet,
die Temperatur in 850 hPa sinkt auf Werte zwischen -3 Grad ganz im Osten und +5
Grad im Südwesten. Dabei scheint im Südwesten und an den Alpen - außerhalb
dichter Hochnebelfelder, z.B. im Oberrheingraben - wieder oft die Sonne. Auch im
Norden setzt sich postfrontal wieder häufiger die Sonne durch. Ansonsten bleibt
es bewölkt, wobei die Wolken nach Westen zu im Tagesverlauf wieder stärker
auflockern. Je nach Sonne liegen die Höchstwerte zwischen knapp über 0 Grad in
Ostbayern bzw. bei Dauernebel im Oberrheingraben und 10 Grad in mittleren
Höhenlagen Südwestdeutschlands.

In der Neujahrsnacht schwenkt der breit angelegte Höhenrücken zögernd Richtung
Mitteleuropa. Das kleinräumige Höhentief über dem Ärmelkanal nimmt zunehmend
Eigenschaften eines Kaltlufttropfens an (keine abgeschlossene Zirkulation mehr
am Boden) und kommt etwa bis zur Bretagne voran.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich nach Südostdeutschland.
Somit dominiert im gesamten Land Hochdruckeinfluss und die
Grenzschichtmeteorologie steht im Fokus der Warntätigkeit. Im Südosten ist es
anfangs noch bewölkt und auch am Nordostrand des Hochs ziehen über dem äußersten
Norden und Ostend es Landes zeitweise Wolkenfelder hinweg. Ansonsten zeigt sich
der Himmel aber teilweise gering bewölkt oder klar. Innerhalb der eingeströmten
bodennah etwas feuchteren Nordseeluft bildet sich mit Hilfe des aufgrund der
Silvesterböllerei erhöhten Aerosoleintrages vielerorts Nebel, der vor allem in
Ballungszentren auch extrem dicht sein. Außer im äußersten Norden und Nordosten
gibt es wieder verbreitet leichten, im Süden gebietsweise auch mäßigen Frost,
hier und da kann Glätte durch Reif bzw. überfrorene Nässe auftreten.

Mittwoch ... am Neujahrstag, befindet sich der Höhenrücken mit seiner Achse
ziemlich genau über Mitteleuropa und wird von Norden her ein wenig abgebaut. Die
Frontalzone kann sich über Skandinavien wieder etwas nach Süden ausweiten und
auch das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt Richtung Südosteuropa, wobei ein
Keil nach wie vor nach Deutschland gerichtet bleibt. Lediglich ganz im Norden
und Nordosten des Landes verschärft sich der Gradient etwas, der Wind lebt aus
West bis Südwest auf, erreicht aber wohl auch an exponierten
Ostseeküstenabschnitten keinerlei Warnrelevanz. Mit der schwachen WLA an der
Südflanke der Frontalzone werden über den äußersten Norden und Nordosten
Deutschlands zeitweise mehrschichtige Wolkenfelder geführt. Für die übrigen
Regionen stellt sich die Frage, inwieweit sich die morgendlichen Nebel- und
Hochnebelfelder aufzulösen vermögen, was aufgrund des schwachen Gradienten bei
Weitem nicht überall der Fall sein dürfte. Ansonsten und vor allem in höheren
Lagen scheint aber überwiegend die Sonne. Bei Dauernebel werden kaum 0 Grad
erreicht, teils bleibt es bei leichtem Dauerfrost, mit Sonne liegen die
Höchstwerte zwischen 2 und 7 Grad, in mittleren Höhenlagen auch nahe 10 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhenrücken ein wenig nach Osten und
von Frankreich her kommt der weiter oben bereits erwähnte Kaltlufttropfen ins
Spiel, der sich morgens mit seinem Drehzentrum knapp südöstlich von Paris
befindet. Dieser macht sich aber - wenn überhaupt - höchstens anhand lockerer
Wolkenfelder bemerkbar, die auf den äußersten Westen des Landes übergreifen.
Ansonsten dominiert weiterhin der Einfluss des Bodenhochs, das seinen
Schwerpunkt inzwischen zu den Alpen und zum Balkan verlegt hat. Somit bleiben im
Süden und in Teilen der Mitte die Luftdruckgegensätze schwach, so dass erneut
relativ großflächig Nebel entstehen kann oder sich noch vorhandene Nebelfelder
verdichten. Lediglich im Nordwesten und Norden ist aufgrund des dort vorhandenen
schwachen Gradienten die Nebelneigung geringer. Frostfrei bleibt es
wahrscheinlich nur im Küstenbereich. Ansonsten ist erneut relativ großflächig
mit leichtem, im Süden und in Teilen der Mitte gebietsweise auch mit mäßigem
Frost zu rechnen. Vereinzelt kann Glätte durch Reif und überfrorene Nässe
auftreten.

Donnerstag ... verlagert sich der Höhenrücken über dem östlichen Mitteleuropa
weiterhin nur zögernd nach Südosten, wird aber von Norden her weiter abgebaut,
die Frontalzone weitet sich mit Übergreifen eines Troges auf die Britischen
Inseln auch auf die Nordsee aus. Der Kaltlufttropfen über Frankreich wird von
ihr allmählich "eingefangen" und kommt zunächst kaum nach Osten voran. Ausgehend
vom Höhenrücken bleibt tagsüber noch ein Höhenkeil über die Mitte bis in den
Westen Deutschlands gerichtet, so dass der antizyklonale Einfluss überwiegt.
Im Bodenfeld gerät vor allem die Nordhälfte des Vorhersagegebietes in den
breiten Warmsektor eines Sturmtiefs bei Jan Mayen. Die Kaltfront greift
(eventuell als Splitfront) im Tagesverlauf auf den Norden der Britischen Inseln
und die nordwestliche Nordsee über. Das Hochdruckgebiet über den Alpen und dem
Balkan schwächt sich allmählich ab, mit Annäherung der Frontalzone fällt der
Druckfall im Nordwesten Deutschlands aber stärker aus als im Süden, wodurch sich
der Gradient verschärft. Somit frischt der Wind vor allem im Nordwesten aus
Südwest auf und im Nordseeumfeld gibt es steife Böen. Auch auf dem Brocken
dürfte es für erste Böen Bft 8 bis 9 reichen.
Im Nordwesten werden die Wolken mit Annäherung der Front allmählich dichter, bis
auf etwas Nieselregen im Nordseeumfeld sollte es aber noch trocken bleiben. Auch
im Westen bzw. Südwesten bleibt es in der Nähe zum ehemaligen Kaltlufttropfen
locker bewölkt, aber wohl trocken (lediglich IFS von 00 UTC hatte schwache
Niederschlagssignale auf der Karte). Ansonsten scheint aber vielerorts die
Sonne, in Süddeutschland hält sich in den Niederungen aber gebietsweise
ganztägig Nebel oder Hochnebel. Mit dem Kaltlufttropfen sickert auch
niedertroposphärisch etwas kältere Luft nach Südwestdeutschland (nach ICON bzw.
GFS etwa 3 bis 6 Grad in 850 hPa, nach IFS von 00 UTC sogar -2 bis +3 Grad), die
für etwas Durchmischung sorgt, so dass sich der Hochnebel im Oberrheingraben
auflösen könnte. Ansonsten bleibt es aber noch "höhenmild". Die Höchstwerte
liegen bei Dauernebel um oder knapp unter 0 Grad, sonst zwischen 1 und 8 Grad,
in mittleren Höhenlagen nach Osten zu eventuell auch darüber.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognose- und
warnrelevante Unterschiede zwischen den vorliegenden Modellen ableiten. Bzgl.
des Kaltlufttropfens am Donnerstag gibt es noch Modellunsicherheiten, die im
Text beschrieben wurden und nicht prognoserelevant sein dürften.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff