DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-12-2019 19:01
SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhige winterliche Hochdrucklage, im Norden zunehmend windiger.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein umfangreicher Höhenrücken vom Südwesten Europas
bis nach Nordwestrussland mit einer Achse von der Bretagne über die deutsche
Nordseeküste bis in Baltikum. Von diesem Rücken gestützt wird ein Hoch, das
ebenfalls von der Iberischen Halbinsel bis nach Russland hineinreicht und seinen
Schwerpunkt im Raum Bayern/Österreich/Tschechien besitzt. Nördlich des Rückens
befindet sich die Frontalzone im Raum nördliche Nordsee/Skandinavien, wobei ein
kräftiges Tief mit mehreren Kernen im Nordmeer liegt. Der Norden Deutschlands
gelangt allmählich in den Bereich eines etwas stärkeren Druckgradienten, so dass
dort der Südwestwind etwas auflebt und am Abend erste Windböen an der Nordsee
auftreten können. Zudem läuft um den Rücken herum kräftige WLA, die für hohe und
mittelhohe Bewölkung sorgt, die von der Nordsee Richtung Nord- und
Ostdeutschland zieht. Im Süden ist dagegen bei Hochdruckeinfluss der Himmel
meist wolkenfrei, lediglich im Bereich des Oberrheins hat sich heute ein
Hochnebelfeld äußerst hartnäckig gehalten. Dabei gab es unter einer recht tiefen
Absinkinversion auch außerhalb des Hochnebels heute teils geringen Dauerfrost.
Die Taupunkte liegen recht tief zwischen meist um -2 Grad im Norden und -6 Grad
im Südosten. Oberhalb der Inversion hat die WLA schon für etwas mildere
Temperaturen gesorgt, dort gibt es derzeit sehr niedrige Taupunkt um -20 Grad.

In der Nacht zum Montag wird der Höhenrücken im Norden etwas abgehobelt, dort
weitet sich der Tiefdruckeinfluss auf Skandinavien aus. Das hat noch etwas
zunehmenden Gradienten im Norden Deutschlands zur Folge, was für steife Böen aus
Südwest an der Nordsee sorgt, später auch an der Ostsee. Das Haupt-WLA-Gebiet
verlagert sich in den Osten, was dort für viel mittelhohe Bewölkung sorgt,
während in der zweiten Nachthälfte im Nordwesten erste Auflockerungen sichtbar
werden. In der Südwesthälfte sind dagegen meist die Sterne sichtbar, nur am
Oberrhein sollte sich das Hochnebelgebiet wieder ausweiten sowie in einzelnen
anderen Niederungen auch hier und da Nebel bilden. Während es ganz im Norden bei
Wolken und Wind frostfrei bleibt, muss südlich der Mittelgebirge verbreitet mit
mäßigem Frost gerechnet werden. Strenger Frost dürfte die absolute Ausnahme
bleiben, am ehesten ist dieser noch in Alpentälern vorstellbar. Die wenigen
schneebedeckten Regionen liegen aber allesamt so hoch, dass sie bei weiter
absinkender Absinkinversion im Laufe der Nacht oberhalb derselben liegen. Die
Glättegefahr ist trotz verbreiteten Frostes aufgrund der geringen Feuchte und
teils auch wegen der Wolkenfelder gering. Lediglich in Bayern deutet sich
derzeit in den Prognosen etwas Reifglätte an, die aber auch dort vornehmlich auf
Brücken beschränkt sein sollte.

Montag ... findet über Nordeuropa weiterer Geopotenzialabbau statt, so dass sich
die Frontalzone immer weiter nach Süden verlagert. Eine Kaltfront erreicht im
Laufe des Tages die mittlere Nordsee. Auch der bodennahe Gradient verstärkt sich
bis in die Mitte Deutschlands hinein etwas, dort frischt der Südwestwind auf. Zu
steifen Böen kommt es an der See, vorübergehend an der Ostsee auch zu
stürmischen Böen, zumindest in den exponierteren Küstenlagen. Auf dem Brocken
frischt der Wind ebenso auf, dort muss mit Sturmböen gerechnet werden. Die
Bewölkung der Kaltfront erreicht am Abend den äußersten Norden Deutschlands. Die
Bereiche der Warmluftadvektion mit den mittelhohen Wolken ziehen dagegen im
Tagesverlauf nach Osten ab, so dass es im Nordwesten wieder sonnig wird.
Generell weitgehend wolkenarm bleibt es unter Hochdruckeinfluss im Süden. Dort
können sich vereinzelt wieder zäh die Nebelfelder halten, ansonsten dominiert
die Sonne. Unter einer starken und niedrigen Inversion bleibt es teils noch kalt
mit Werten nur knapp über dem Gefrierpunkt, bei Dauernebel sogar darunter. In
mittleren Höhenlagen, die zunehmend über der Inversion liegen, sowie bei
auffrischendem Wind im Westen werden dagegen um oder über 10 Grad erreicht.
Diese hohen Temperaturen werden durch die sehr milde von Westen einfließende
Luftmasse ermöglicht, in der in 850 hPa abgesehen vom Südosten um 8 Grad
erwartet werden. Bei sehr trockener Luft ist in den Bergen beste Fernsicht zu
erwarten.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt ein Trog von der Nordsee nach Südskandinavien
und leitet bei uns Geopotenzialabbau ein. Der Hochschwerpunkt zieht sich nach
Südosten zurück und die Kaltfront erreicht den Norden Deutschlands mit
Regenfällen. Diese kommen bis zum Morgen in etwa bis zu einer Linie
Emsland-Niederlausitz voran. Nach ICON kann es dabei teils 1 bis 2 mm Regen
geben, die externen Modelle sehen weniger Niederschlag. Die recht kompakten
Wolken kommen bis zum Morgen in etwa bis zum Main voran. Südlich davon bleibt es
bei einer klaren Nacht, abgesehen von wieder entstehenden oder sich ausweitenden
Nebel- und Hochnebelfeldern, die aber nicht allzu dominierend sein sollten. Bei
windschwachen Verhältnissen kann es im Süden und in Mittelgebirgstälern noch
einmal mäßigen Frost geben, ansonsten gibt es meist nur noch leichten Frost.
Frostfrei bleibt es im Norden und teils auch in höheren Lagen. Im Nordosten
kommt noch recht frischer Südwestwind zu, der rückseitig der Front auf West bis
Nordwest dreht. Steife bis stürmische Böen treten an der Ostsee auf, auf dem
Brocken gibt es Sturmböen, oder es werden sogar mal schwere Sturmböen
angekratzt. Auch im übrigen östlichen Bergland wird es in den Kammlagen
stürmisch.

Dienstag ... schwenkt der Trog weiter Richtung Südosten durch und erreicht das
östliche Mitteleuropa. Über dem Westen wölbt sich dagegen der Rücken wieder von
neuem auf, in den allerdings ein Höhentief eingebettet ist, das gegen Abend
südlich von Irland ankommt. Bodennah kommt es in Osteuropa zu starkem Druckfall,
während sich von Westeuropa erneut ein starkes Hoch nach Deutschland schiebt,
dessen Schwerpunkt am Abend schon über der westlichen Mitte Deutschlands
ankommt. Die Kaltfront schwenkt noch über das östliche Deutschland hinweg und
löst sich im westlichen Teil bereits auf, weil sie dort unter Absinken gerät.
Immerhin fließt in den Nordosten wieder etwas kühlere Luft (in 850 hPa), während
es im Westen in der Höhe kaum zu einem Temperaturrückgang kommt. Bodennah ist
ohnehin tendenziell eher ein weiterer Anstieg zu erwarten, weil die
Durchmischung etwas zunimmt. Diese dürfte aber im Südwesten relativ zaghaft
ausfallen, dort bleibt der Wind recht ruhig. Im Nordosten dagegen frischt der
Nordwestwind noch etwas auf, so dass eventuell sogar im Binnenland über eine
Windwarnung nachgedacht werden muss. Auch auf den nördlichen und östlichen
Bergen bleibt es zunächst stürmisch. Zum Abend wird aber der stärkere Gradient
zunehmend nach Osten geschoben, so dass der Wind nachlässt. Regen bringt die
Kaltfront nur im Osten und auch dort nur in geringen Mengen. Immerhin kann aber
nicht ganz ausgeschlossen werden, dass es in einzelnen Kältelöchern, wo die
Durchmischung der Luftmasse erst recht spät einsetzt, vorübergehend mal
gefrierender Regen fällt. Im übrigen Land zieht durchaus mal stärkere Bewölkung
durch, aber es bleibt trocken. Richtung Südwesten kann es sogar wieder richtig
sonnig werden, dort besteht auch nach wie vor das Potenzial, dass flache
Hochnebelfelder nicht ganz aufgelöst werden. Dann könnte es dort bei Dauerfrost
bleiben, ansonsten sollte aber die oben erwähnte Durchmischung für Höchstwerte
deutlich über 0 Grad sorgen. Mehr als 10 Grad sind aber allenfalls im Südwesten
vorstellbar.

In der Nacht zum neuen Jahr weitet sich der Rücken noch etwas nach Osten aus,
wobei er durch des zum westlichen Kanal ziehenden Höhentief in zwei Teile
gespalten ist. Die erste Achse erreicht dabei bis zum Neujahrsmorgen den Westen
Deutschlands. Das Bodenhoch wandert behäbig bis zum Morgen zum östlichen
Bergland, die meist schwachen Winde wehen demzufolge aus unterschiedlichen
Richtungen. Etwas stärkerer Wind um West weht nur im Norden, ist aber auch nicht
warnwürdig. Während es in höheren Schichten weiter mild ist, wird es unter der
nach wie vor vorhandenen bzw. im Osten wieder neu entstehenden Absinkinversion
wieder frostig kalt, im Bergland und im Südosten sogar bis in den mäßigen Frost.
Die Wolken sollten in der Nacht eher weniger werden, so dass der Himmel
vielerorts klar ist, wenn nicht noch irgendwo Hochnebelfelder liegen sollten.
Die weiterhin recht trockene Luftmasse ist an sich auch nicht sehr
nebelträchtig, allerdings bleibt abzuwarten, wie die sehr schwachen
Windverhältnisse und die markante Inversion in Kombination mit starkem
anthropogenen Aerosoleintrag wirken. Vielleicht kommt es dann nach Mitternacht
doch noch zu etwas verstärkter Nebelbildung.

Mittwoch ... geht von den wahrscheinlich nicht allzu ausgedehnten Nebelgebieten
abgesehen die Sonne an einem gering bewölkten Himmel auf. Etwas
Warmluftadvektion ist Norden zu erwarten, wo vielleicht einige Wolkenfelder
aufziehen. Ansonsten sollten sich die Nebelfelder zumindest teilweise auflösen,
so dass erneut ein recht sonniger Tag zu erwarten ist. In der Höhe ist die erste
Achse des Rückens wetterwirksam, die langsam über Deutschland hinweg ostwärts
schwenkt. Auch der Bodenhochschwerpunkt verlagert sich in südöstliche
Mitteleuropa. Damit drehen die Winde tendenziell auf südliche und östliche
Richtungen, sind aber ohnehin weiter schwach. Mäßiger Südwest- bis Westwind weht
an der See. Das Höhentief kommt über Nordfrankreich an und hat noch keinen
Einfluss auf unser Wetter. Die Temperaturen kommen meist nicht über 5 Grad
hinaus, lediglich im Norden (bei etwas stärkerem Wind), in höheren Lagen sowie
im Westen (Dank leichtem Südostwind) kann es etwas milder werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Entwicklung wird von den vorliegenden Modellen ähnlich
simuliert. Die Kaltfront am Dienstag zieht bei IFS im Vergleich zu ICON und GFS
etwas verzögert durch, allerdings nur um wenige Stunden. IFS und GFS bringen zur
Mitte hin fast gar keinen Regen, Euro4 weniger als ICON. Es sollte nicht
verwundern, wenn am Ende an dieser Front, die doch auch stark unter Absinken
gerät, am Ende gar nichts fällt, was auch das Thema "gefrierenden Regen"
erledigen würde. Das Höhentief, das am Dienstag und Mittwoch mitten unter dem
Rücken westlich unseres Landes herumeiern soll, wird bei den Modellen nach wie
vor etwas unterschiedlich simuliert. Unser Hoch hat aber Bestand, so dass das
Höhentief wohl keinen Einfluss auf uns haben wird.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann