DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-12-2019 08:01
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.12.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM, zu Wochenbeginn Wa
Ruhige Hochdrucklage; in schneebedeckten Tälern örtlich strenger Frost, sonst
zunächst keine markanten Wetterereignisse. Am Montag im Norden auffrischender
Südwestwind, auf dem Brocken Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines von der Biskaya
über die Nordsee hinweg bis nach Nordskandinavien reichenden Höhenkeiles, der
gestützt wird durch kräftige WLA auf der Vorderseite eines umfangreichen
Langwellentroges über dem Nordatlantik. Zwar schwenkt der nördliche Teil der
Keilachse allmählich ostwärts Richtung Baltikum und Karelien, dennoch dominiert
aufgrund der WLA über dem Nordmeer bzw. der Norwegischen See Potenzialgewinn,
was den Keil auf eine insgesamt breitere Basis stellt. Flankiert wird er an
seiner Ostflanke von einem Langwellentrog über Ost- bzw. Südosteuropa. Daraus
resultiert über Mitteleuropa eine nördliche Höhenströmung, die allmählich
auffächert und zunehmend antizyklonal konturiert ist. Somit dominieren im
Vorhersagegebiet Hochdruckeinfluss und Absinken. Das manifestiert sich auch in
einem kräftigen Bodenhoch (ausgestattet mit einer umfangreichen 1040
hPa-Kernisobare), dessen Schwerpunkt sich von aktuell über Südschweden bzw.
Nordostdeutschland allmählich südwärts verlagert. Infolgedessen schwächt sich
die niedertroposphärisch nördliche Anströmung gegen das Erzgebirge bzw. die
Alpen weiter ab, so dass der dort in den Frühstunden noch auftretende leichte
Schneefall am Vormittag komplett zum Erliegen kommt bzw. in leichtes
Schneegrieseln aus der Hochnebeldecke übergeht.
Vor allem in den Osten und Südosten gelangt niedertroposphärisch ein Schwall
kontinentaler Polarluft, die Temperatur in 850 hPa ist dort vorübergehend auf -6
bis -11 Grad abgesunken. Während sich die Luftmasse dort niedertroposphärisch
durch das kräftige Absinken von Norden her wieder erwärmen kann, setzt sie sich
bodennah in weiten Teilen des Vorhersagegebietes durch. Vor allem im Westen und
Südwesten scheint dabei heute vielerorts die Sonne. In der Osthälfte bleibt es
dagegen teilweise stärker bewölkt, da sich die vorhandene Restbewölkung an der
markanten Absinkinversion horizontal ausbreiten kann, sich nach wie vor an den
Nordrändern der Mittelgebirge staut und somit nur zögernd oder gar nicht
auflockert. Im Norden macht sich dagegen WLA-Bewölkung bemerkbar, die vor allem
im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein auch mal dichter sein kann, es bleibt
aber auch dort trocken. Insgesamt bleibt es im Einflussbereich der kontinentalen
Luftmasse recht kühl, bei ganztags bedecktem Himmel kann es am
Erzgebirgsnordrand gebietsweise leichten Dauerfrost geben, ansonsten liegen die
Höchstwerte zwischen 1 und 5, im südlichen Oberrheingraben vielleicht 6 Grad.

In der Nacht zum Sonntag bleibt der Vorhersagebereich knapp südlich der
Keilachse, die sich Sonntagfrüh von der südlichen Nordsee bis zum Finnischen
Meerbusen erstreckt. Weiter nördlich setzt sich die Frontalzone allmählich bis
nach Nordwestsibirien durch. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas
nach Süden, in den ostbayerischen Mittelgebirgsraum.
Leichte WLA lässt vor allem über die Nordhälfte zeitweise auch mal etwas
dichtere mehrschichtige Bewölkung ziehen, es bleibt aber trocken. Sonst
dominiert weiterhin Absinken und vorhandene Hochnebelfelder können sich wieder
verdichten. Gebietsweise bildet sich auch Bodennebel, verbreitet dürfte dieser
aufgrund des kontinentalen Charakters der Luftmasse jedoch nicht auftreten, am
ehesten vielleicht noch im Süden. Verbreitet muss mit leichtem, in der Mitte und
im Süden auch mit mäßigem Frost gerechnet werden. In schneebedeckten Alpen- und
Mittelgebirgstälern kann bei aufgelockerter bis geringer Bewölkung auch strenger
Frost nicht ausgeschlossen werden. Der Wind frischt vor allem in den süddeuchten
Mittelgebirgen aus Südost auf, insbesondere dort, wo sich an der Inversion in
Verbindung mit der Orographie ein Low Level Jet ausbilden kann. Von Warnrelevanz
dürfte das Ganze aber wohl nicht sein. Im Nordseeumfeld weht lebhafter
Südsüdwestwind, aber wohl ebenfalls nicht warnwürdig. Glätte dürfte bei der mit
niedrigen Taupunkten ausgestatteten Luftmasse höchstens eine untergeordnete
Rolle spielen.

Sonntag... gewinnt die über Nordeuropa verlaufende Frontalzone ein wenig nach
Süden an Raum, die Achse des Höhenkeils nimmt eine zunehmend zonale Ausrichtung
ein und befindet sich abends in etwa über dem äußersten Norden Deutschlands.
Somit verstärkt sich die WLA über dem Norden und Nordosten Deutschlands, was
sich in Form dichterer hoher und mittelhoher Bewölkung bemerkbar macht, es
bleibt aber trocken.
Das unvermindert kräftige Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über
Südostdeutschland kaum weiter nach Süden, während über Norddeutschland mit
Annäherung der Frontalzone leichter Druckfall einsetzt. Mit der
Gradientverschärfung geht ein Auffrischen des Südwestwindes im äußersten Norden
des Landes einher, eventuell reicht es am Nachmittag oder Abend für erste steife
Böen (Bft 7) auf Helgoland bzw. an der nordfriesischen Küste. Mit dem Absinken
gelangen höher gelegene Regionen in den Einflussbereich milder und sehr
trockener Luftmassen, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte
zwischen 0 Grad in Südostbayern und (unterstützt durch die WLA) +8 Grad an der
Nordsee.
Ansonsten bleibt die schwachgradientige Lage aber bestehen und gebietsweise hält
sich ganztägig Hochnebel. Vor allem im Westen, Südwesten sowie im Lee der
Mittelgebirge scheint dagegen häufig die Sonne. An den Temperaturen ändert sich
nur wenig, bei beständigem Hochnebel gibt es leichten Dauerfrost, in den übrigen
Gebieten werden 0 bis 5 Grad erreicht, bevorzugt im Westen werden bei im
Tagesverlauf etwas auflebendem Südsüdostwind gebietsweise auch Werte bis 8 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Montag verläuft die Keilachse über Nordwest- bzw.
Norddeutschland hinweg ostwärts bis nach Weißrussland. Ein Kurzwellentrog zieht
vom Nordmeer nach Skandinavien, wodurch sich die Frontalzone weiter verstärkt
und noch etwas nach Süden an Raum gewinnt. Somit frischt der Südwestwind im
äußersten Norden noch etwas auf und an den Küsten von Nord- und später auch
Ostsee kann es etwas verbreiteter steife Böen geben.
Der Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich allmählich nach Südosteuropa, die
WLA greift noch etwas über die Keilachse hinaus südwärts aus, so dass es im
Norden und Nordosten Deutschlands vielerorts wolkig bis stark bewölkt und
frostfrei bleibt.
Ansonsten dominiert aber weiterhin schwachgradientiges Hochdruckwetter, wobei
die Absinkinversion insgesamt etwas schrumpft. Vor allem in Süddeutschland nimmt
die Neigung zu Bodennebel durch die Alterung der Luftmasse vielleicht ein wenig
zu, gebietsweise hält sich aber erneut auch Hochnebel. Außer im Norden bzw.
Nordosten gibt es verbreitet leichten bis mäßigen, in einigen schneebedeckten
Tälern örtlich auch strengen Frost.

Montag... schwenkt die Keilachse nach Süddeutschland, nördlich davon stellt sich
eine schwache, noch leicht antizyklonal gekrümmte westliche Höhenströmung ein.
Das Bodenhoch wird noch ein wenig weiter nach Südosteuropa gedrückt und von
Norden her verschärft sich der Gradient in Norddeutschland mit Annäherung der
Frontalzone weiter. Somit frischt der Wind dort weiter aus Südwest auf, an den
Küsten gibt es verbreitet steife, vor allem entlang der vorpommerschen Küste
exponiert vorübergehend auch stürmische Böen. Die Gradientzunahme greift auch
weiter nach Süden durch, auch auf dem Brocken ist mit stürmischen Böen,
eventuell sogar mit Sturmböen (Bft 8 bis 9) zu rechnen. Nach Abzug einer
Warmfront über dem nördlichen Mitteleuropa bzw. Skandinavien lockern auch im
Norden Deutschlands die Wolken wieder stärker auf, abends erreicht eine
Kaltfront die mittlere Nordsee, so dass es an den Küsten eher bewölkt bleibt.
In der Mitte und vor allem im Süden ändert sich nur wenig an der
schwachgradientigen Lage. Gebietsweise kann sich wieder ganztägig Nebel bzw.
Hochnebel halten (am ehesten wohl im Bereich der Donau, in Teilen Ostbayerns und
Sachsens), dann gibt es leichten Dauerfrost. Ansonsten macht die Milderung
niedertroposphärisch weitere Fortschritte (5 bis 9 Grad in 850 hPa) und mit dem
etwas zunehmenden Gradienten kann sich die milde Luft auch häufiger bis in
tiefer gelegenen Regionen durchsetzen, vor allem im Lee der westlichen und
nördlichen Mittelgebirge. Dort werden dann knapp zweistellige Höchstwerte Grad
erreicht, während sie sich sonst zwischen 2 und 9 Grad bewegen.

In der Nacht zum Dienstag greift von der Nordsee her ein flacher Höhentrog auf
Norddeutschland über, der vorgelagerte Höhenrücken büßt an Wellenlänge ein und
verlagert sich über den Alpenraum allmählich nach Süden.
Die Kaltfront eines Tiefs über der Barentssee zieht mit leichten Regenfällen von
der Nordsee in die Norddeutsche Tiefebene, morgens kommen die Niederschläge in
etwa bis zum Niederrhein und nach Brandenburg voran. Der Wind legt vorübergehend
noch etwas zu und dreht postfrontal im Norden auf Nordwest. An den Küsten gibt
es steife, exponiert auch stürmische Böen, in den Kamm- und Gipfellagen der
zentralen und östlichen Mittelgebirge muss mit stürmischen Böen, auf dem Brocken
mit Sturm- eventuell sogar mit schweren Sturmböen gerechnet werden.
In der Südhälfte ändert sich dagegen nur wenig an der ruhigen Hochdrucklage,
wobei sich von Frankreich her erneut ein Hochkeil nach Südwestdeutschland
schiebt. Dort verdichten sich die Nebel- und Hochnebelfelder bzw. bilden sich
neu. Während es in der Nordhälfte frostfrei bleibt, gibt es in der Mitte und im
Süden erneut verbreitet leichten bis mäßigen Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich im Kurzfristzeitraum keine warn-
und prognoserelevanten Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen herleiten.
Die Niederschläge an der Kaltfront, die in der Nacht zum Dienstag auf
Norddeutschland übergreift, werden von GFS und IFS noch schwächer simuliert als
vom ICON-EU.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff