DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-12-2019 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.12.2019 um 10.30 UTC



Mit Vorsicht zu genießen: An den Weihnachtsfeiertagen noch unbeständig und nur
im Bergland Schnee. Nachfolgend bei sinkenden Temperaturen Wetterberuhigung, nur
im äußersten Osten zeitweilig noch Schneefälle. An den Alpen zeitweise windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 29.12.2019


Am 1. Weihnachtsfeiertag, also zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes,
befindet sich Deutschland nach dem aktuell vorliegenden deterministischen Lauf
des EZMW-IFS auf der Vorderseite eines Höhenrückens über Westeuropa in einer
nordwestlichen Höhenströmung. Durch den Höhenrücken wird die Frontalzone über
Westeuropa weit nach Norden gedrückt, um dann nördlich der Britischen Inseln
nach Südosten abzubiegen und diagonal über Deutschland zu verlaufen.
Korrespondieren zum Rücken erstreckt sich ein Bodenhochkeil von der Iberischen
Halbinsel über Frankreich bis nach Schottland. An dessen Ostflanke findet man -
zugegebenermaßen mit etwas gutem Willen - über dem Süden Deutschlands eine Welle
(das Residuum der Welle, die am Heiligen Abend (der ja hier nicht mehr
Bestandteil des Vorhersagezeitraumes ist) über der Keltischen See liegen soll),
die dort bei 850-hPa-Temperaturen um 0 °C durchaus noch einiges an Regen bringt,
in Lagen oberhalb von 1000 bis 1500 m Schnee. Durch den Leitplankeneffekt kann
es im Alpenvorland starke bis stürmische Böen geben. Über der Nordosthälfte
liegt hochreichend kalte Luft (T500: -30 bis -32 °C), die dort für Schauer,
vereinzelt auch für Gewitter (bei einer T850 von -3 °C ist es zumindest
ausreichend labil) sorgt. Dort kann es dann oberhalb von etwa 600 bis 800 m weiß
werden. Wegen der nordwestlichen Strömung sind insbesondere in den entsprechend
ausgerichteten Gebirgen etwas höhere Mengen möglich, auch wenn die Deterministik
darauf wenig bis gar nicht anspringt. Am Abend und in der Nacht zum Donnerstag
verlagert sich der Schwerpunkt des Hochkeils - nun als abgeschlossene
1025er-Isobare nach Süddeutschland. Auch der Höhenrücken rückt nach, sodass die
Niederschläge (nahezu) vollständig zum Erliegen kommen.

Am Donnerstag, dem 2. Weihnachtsfeiertag, verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt
alsbald zum Dinarischen Gebirge, wodurch über Deutschland bereits wieder
Druckfall einsetzt und sich von Westen her ein Sturmtief nähert, das mittags
noch über Südostirland liegt. Seine Warmfront erreicht dabei 12 UTC den
alleräußersten Westen Deutschlands. Auf dem weiteren Weg des Tiefs nach Osten
holt die Kaltfront die Warmfront ein, sodass der Okklusionsprozess über
Deutschland stattfindet. Im anfänglich noch vorhandenen Warmsektor ist bei T850
von 0 bis knapp 4 °C Schnee kein Thema, mit voranschreitendem Okklusionsprozess
kann es dann aber insbesondere in den östlichen Landesteilen oberhalb von etwa
400 m schneien. Korrespondierend zum Bodentief schwenkt von Nordwesten her ein
Kurzwellentrog heran, dessen Drehzentrum zum Tageswechsel im südlichen Emsland
liegen soll.

Am Freitag zieht das Bodentief über Tschechien weiter nach Niederösterreich. In
seinem Dunstkreis bzw. vor allem befeuert durch den weiter durchschwenkenden
Trog (T 500 zum Teil unter -30 °C) kommt es vor allem in der Mitte und im Süden
zu schauerartigen Niederschlägen. Über Westeuropa baut sich indes wieder
Hochdruck auf, der von einem sich bis nach Island erstreckenden Höhenrücken
gestützt wird. Dadurch drehen im Tagesverlauf sowohl Boden- als auch
Höhenströmung auf Nord, womit landesweit Kaltluft in der Höhe (T500) von unter
-30 °C und niedertroposphärisch (T850) zwischen -5 und knapp -8 °C einfließt.
Dann kommt es auch in den nördlichen Landesteilen zeitweise zu Schauern. Im
Bergland fallen die Niederschläge als Schnee. Unmittelbar an den Alpen verstärkt
sich mit dem Aufbau der Antizyklone über Westeuropa der Druckgradient, sodass es
dort zeitweise starke bis stürmische Böen geben kann.

Am Samstag kippt der Höhenrücken nordostwärts und weist nun bis nach Lappland.
Auch das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas ostwärts und soll zum
Mittagstermin mit einem Druck im Zentrum von 1038 hPa im belgisch-französischen
Grenzgebiet liegen. Dabei fließt weiterhin Polarluft ein, wobei die T850 in den
östlichen Landesteilen sogar um oder knapp unter -10 °C liegt. Dort herrscht
auch noch in geringem Maße zyklonaler Einfluss, sodass vor allem im Nordstau des
Erzgebirges und der Alpen zeitweise Schnee fallen kann. Trotz Nähe zum
Hochschwerpunkt wird es vor allem im Westen und Nordwesten wegen der noch
nordwestlichen Boden- und niedertroposphärischen Strömung im Tagesverlauf
dichtere Wolkenfelder geben, die das Führen der Luft über die Nordsee bedingt
sind.

Am Sonntag soll sich über dem Westen Deutschlands eine abgeschlossene
1040er-Isobare bilden, von der aus ein Keil bis zum Weißen Meer weist. Gestützt
wird das ganze weiterhin vom atlantischen Höhenrücken. In den Nordwesten und
äußersten Westen sickert allmählich etwas wärmer Luft, die im 850-hPa-Niveau nur
noch knapp unter 0 °C aufweist. In weiten Teilen der Mitte und vor allem im
Osten liegt weiterhin die Kaltluft mit Werte zwischen -5 und -10 °C. Zudem liegt
der äußerste Osten noch im möglichen Einflussbereich eines Troges über
Südosteneuropa, der zumindest hier und da für einzelne Schneeschauer sorgen
könnte.

In der erweiterten Mittelfrist - also rund um den Jahreswechsel - soll sich der
Hochdruckeinfluss über Deutschland zunächst verstärken, wobei der Hoch (mehr als
1045 hPa!) dann über der Mitte Deutschlands liegt und nördlich davon zunehmend
mildere Luft einfließt. An Silvester wird die Antizyklone zwar ein wenig
abgehobelt, Tiefausläufer bleiben aber weitgehend außen vor. Nur an der Küste
besteht - nach dieser Lösung - zum Feuerwerk ein geringes Niederschlagsrisiko.
Fast landesweit steigt die T850 vorübergehend auf über 0 °C an. Am Neujahrstag
nähert sich dann von Nordwesten her ein Kurzwellentrog, dem ggf. ein neuer
Kaltlufteinbruch folgen könnte.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes ist die Konsistenz des
aktuellen deterministischen Laufes im Vergleich zu seinen Vorgängern noch gut,
wird aber im weiteren Verlauf alsbald mäßig bis schlecht. Mitunter werden völlig
verschiedene Lösungen gezeigt, die freilich auch Auswirkungen auf das hiesige
Wettergeschehen (Temperatur, Niederschlags, Niederschlagsphase) haben. Kurzum:
Das Wetter an den Feiertagen und "zwischen den Tagen" ist noch nicht in
trockenen Tüchern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Während das anfängliche Setup bei den anderen Globalmodellen ähnlich ist,
divergieren die Lösungen ab Donnerstag völlig. So zieht bspw. Das Sturmtief bei
den Britischen Inseln viel weiter nördlich und dreht dann auch nordwärts ab,
wodurch der Luftdruck hierzulande nur geringfügig sinkt. GFS führt dieses
Sturmtief zwar auch, lässt es aber erst einen Tag später und viel weiter
nördlich ostwärts durchziehen. Für den Samstag zeigt GFS eine Nordwest-, ICON
eine Westlage, wodurch vor allem beim ICON das Temperaturniveau viel höher (10
bis 14 K) wäre. Zum Sonntag gleicht sich das GFS-Temperaturniveau dem IFS mit
Norddrehung der Höhenströmung etwas an, ICON ist weiterhin viel wärmer. GFS
zeigt über den Jahreswechsel rege Tiefdrucktätigkeit.

Es gilt also wie bei der Konsistenzbetrachtung: Alle Klarheiten beseitigt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte bestätigen die
oben bereits erwähnten Unsicherheiten. Während die Kurvenschar am Mittwoch noch
einigermaßen gebündelt ist (im Osten stärker als im Westen), divergiert sie ab
Donnerstag völlig. Über weite Strecken verlaufen Haupt- und Kontrolllauf eher am
unteren Ende der Kurvenschar und leicht unterhalb der - aus heutiger ENS-Sicht -
wahrscheinlichsten Lösung. Niederschlagssignale werden anfänglich von einer
Vielzahl von Membern gebracht, ihre Anzahl nimmt im Verlauf des
Vorhersagezeitraumes aber ab. Durchweg mehr oder mindert deutliche
Niederschlagssignale gibt es für den Südosten (Stau an den Alpen, relative Nähe
zum Trog über Südosteuropa).

Für den Zeitraum von Mittwoch bis Donnerstag (T+72...96h) gibt es fünf Cluster,
die mit 15, elf, zehn, neun und sechs Membern besetzt sind. Haupt- und
Kontrolllauf lassen sich dem ersten Cluster zuordnen. Alle Cluster weisen für
unser Gebiet leicht unterschiedliche Strömungsmuster auf. Bemerkenswert ist
zudem, dass die Sturmtiefentwicklung bei den Britischen Inseln vom vierten
Cluster überhaupt nicht gezeigt und stattdessen an fast gleicher Stelle ein
abgeschlossenes Hoch gerechnet wird.

Auch für den Zeitraum von Freitag bis Sonntag gibt es fünf mit 16, zwölf, zehn,
neun und vier Membern besetzte Cluster, wobei Haupt- und Kontrolllauf wieder zum
ersten Cluster passen. Das erste Cluster zeigt dabei die markanteste Ausprägung
und Erstreckung des Höhenrückens, beim fünften Cluster ist er fast nicht
vorhanden. Die übrigen Cluster liegen mit ihren Lösungen dazwischen.
Entsprechend wird auch die Höhenströmung konfiguriert und reicht von nördlich
(Cluster I) bis nahezu westlich (bspw. Cluster IV). Dass der einmal aufgebaute
Hochdruckeinfluss nur schwer abzubauen ist, zeigt eigentlich nur das erste
Cluster, Cluster II zeigt z.B. für Freitag ein veritables Tief über der
westlichen Ostsee.

FAZIT: Auch hier wird - schon aufgrund der Anzahl von Clustern - wieder
deutlich, dass die mittelfristige Wetterentwicklung nicht sicher ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Insgesamt sind Aussagen zu signifikanten Wettererscheinungen aufgrund der
Vorhersageunsicherheiten auch entsprechend unsicher.
Am Mittwoch kann es im Alpenvorland zeitweise starke bis stürmische Böen geben,
auf exponierten Berggipfeln der Mittelgebirge weht - wie so oft - in Böen
stürmischer Wind. Zudem sind an den Alpen oberhalb von 1000 bis 1500 m markante
Schneefallmengen wahrscheinlich (wobei in dieser Höhenlage natürlich andere
Kriterien gelten), am Erzgebirge oberhalb von 600 bis 800 m zumindest nicht
ausgeschlossen.
Am Freitag kann es an den Alpen und am Erzgebirge erneut für markante
Schneefallmengen reichen, wobei die Schneefallgrenze niedriger ist als am
Mittwoch.
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Basis für Mittelfristvorhersage
wenn man dem Ganzen traut: IFS, ansonsten IFS-ENS-Median + EZ-MOS, alternativ
insbesondere ab Donnerstag Glaskugel oder Würfel
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach