DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-12-2019 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.12.2019 um 10.30 UTC



Große Vorhersageunsicherheit: Wechselhaftes, voraussichtlich teils nasskaltes
Weihnachtswetter, im Bergland und an den Alpen Schneefall möglich, im Süden
anfangs windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 28.12.2019


An Heiligabend liegt ein Langwellentrog über Osteuropa der sich über dem Balkan
bis ins östliche Mittelmeer erstreckt und weiter ostwärts schwenkt. Über West
und Mitteleuropa hat sich eine zonale Strömung eingestellt, wobei der
Polarfrontjet vom südlichen England über den Kanal bis nach Süddeutschland
verläuft und von dort aus steil nach Süden abbiegt. In die Frontalzone
eingelagert ist ein Wellentief, das laut dem neusten IFS-Lauf über den Norden
Deutschlands zieht, dann aber entlang des linken Jet-Ausgangs nach Südosten
abbiegt und in der Nacht nach Südpolen zieht. Auf der Rückseite wird erwärmte
grönländische Polarluft herangeführt (850-hPa-Temperatur ~ -3°C). An den Alpen
und am Erzgebirge würden demnach kräftigere Stauschneefälle einsetzen.

Am Mittwoch entwickelt sich über dem Atlantik eine Shapiro-Keyser-Zyklone.
Vorderseitig wölbt sich ein Höhenkeil über Westeuropa auf, wobei die Frontalzone
dort nach Norden gedrückt wird. Ein Bodenhochkeil wölbt sich von Frankreich über
Großbritannien nordwestwärts auf. An seiner Ostflanke zieht eine 2. Schwache
Welle über den Süden Deutschlands und bringt dort Regen, im höheren Bergland
auch Schnee. An den Westalpen intensivieren sich nach kurzer Abschwächung die
Schneefälle. In der Nacht zum Donnerstag rückt dann das Hochdruckgebiet nach,
das schnell über den Süden Deutschlands abzieht.

Am Donnerstag zieht der Kern der SK-Zyklone über Südengland, wobei dessen nicht
mehr wetterwirksame Warmfront, die im südlichen Bereich vom Höhenkeil überlaufen
wurde, den Süden Deutschlands überquert. In der Höhe fließt dort subtropische
Luft ein, in der die 850-hPa-Temperatur im Süden wieder über 5 °C ansteigt. Im
Norden hält sich noch die erwärmte Subpolarluft. Der Nordwesten wird von
kräftigeren Aufgleitniederschlägen erfasst, die sich in der Nacht ostwärts
ausweiten.

Am Freitag wölbt sich vorderseitig eines Sturmtiefs bei Grönland ein Keil bis
ins Nordmeer aus. Der Kern der sich abschwächenden SK-Zyklone wird dadurch
stromabwärts nach Südosten gesteuert, wo er sich über dem Süden Deutschlands im
Tagesverlauf auflöst und als Bodentrog südostwärts abzieht. Rückseitig dreht die
Strömung auf Nord, wobei maritime Polarluft angezapft wird. Anhaltende
Regenfälle in der Südhälfte wären die Folge, die im Bergland wieder zunehmend in
Schnee übergehen. An den Alpen setzen nachfolgend wieder intensive
Stauschneefälle ein.

Am Samstag rückt rasch ein Bodenhochkeil von Westen nach, der sich über die
eingeflossene polare Meeresluft legt. Der schwache Keil über dem Nordmeer zeigt
keine blockierende Wirkung und wird vom nachfolgenden Tiefdruckgebiet rasch
"weggehobelt". An der Nordflanke des Höhenhochs über Westeuropa zonalisiert die
Strömung mit einer weit nach Norden verschobenen Frontalzone.

Im weiteren Verlauf würde die Strömung auch über Mitteleuropa wieder
zonalisieren, wobei die Frontalzone weiterhin ziemlich weit im Norden liegt.
Dabei wird subtropische Luft mit 850-hpa-Temperaturen um 10 °C nach Deutschland
geführt werden.

Zu Silvester deutet sich dann allerdings ein stärkerer Block über dem Atlantik
an, der einen neuen Kaltlufteinbruch bringen könnte?
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großräumige Lage sieht zumindest bis Donnerstag in den Vorläufen recht
ähnlich aus. Dennoch ergeben sich bereits zu Beginn der Mittelfrist größere
Unterschiede in der Zugbahn der Wellen, was sich stark auf die
Niederschlagsverteilung und die Schneefallgrenze auswirkt. Ab Donnerstag ist
dann die Position der Tröge und Keile in den einzelnen Läufen schon deutlich
Phasenverschoben, sodass nicht mal mehr die großräumige Zirkulation klar ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Hier gilt das gleiche, wie für die Modellkonsistenz. Große Unterschiede in der
Zugbahn der Wellen, später auch strukturelle Unterschiede:

GFS 6z: Zeigt eine deutlich nördlichere Zugbahn des Tiefdruckgebietes an
Heiligabend. Stauniederschläge an den Alpen bleiben aus. Die Schneefallgrenze
würde erst am 1. Weihnachtstag deutlich sinken. Die eingelagerte Welle am 1.
Weihnachtstag im Süden ist kaum ausgeprägt. Stauschneefälle würde es nur in den
Gipfellagen des Erzgebirges geben. Die Reste der SK-Zyklone nehmen am Donnerstag
eine südlichere Zugbahn mit kräftigen Schneefällen in den südlichen
Mittelgebirgen und an den Alpen am Freitag. Ab dem Wochenende baut sich dann
eine höhenwarme Blockade über Mitteleuropa auf.

ICON: Zeigt eine etwas südlicher Zugbahn des Tiefs an Heiligabend, lässt aber
die nachfolgende Welle über die Mitte Deutschlands laufen, sodass der Süden gar
nicht in den Bereich der Subpolarluft gelangt. Die Zugbahn der SK-Zyklone am
Donnerstag und Freitag ist ähnlich zum IFS. Anschließend gibt es am Wochenende
einen stärkeren Atlantikblock mit Stromabwärts ablaufenden Tiefdruckgebieten
über Westdeutschland, die Schnee bringen.

GEM: Zeigt zunächst eine ähnliche Lösung wie ICON, lässt aber die SK-Zyklone
nicht übergreifen, sondern baut ab Donnerstag einen Atlantikblock auf, der zum
Ende der Vorhersage in eine Westwetterlage übergeht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die IFS-ENS zeigen bereits eine erhebliche Streuung bei den 850-hPa-Temperaturen
an Heiligabend, was auf die Unsicherheit der Zugbahn des Wellentiefs
zurückzuführen ist. Bereits am 25. Reicht der Spread in den 850-hPa-
Temperaturen in der Mitte Deutschlands von 5 bis - 5 °C. Somit ist auch die
Position der 2. Welle unsicher. Der Hauptlauf reiht sich dabei in der Mitte ein.
Ähnliches gilt für die Reste der SK-Zyklone, die in der Mehrzahl der Läufe gar
nicht erst auf Deutschland übergreifen soll. Danach zeigen die ENS allgemein
ansteigendes Geopotenzial. Die 850-hPa-Temperatur driftet ab Freitag aber dann
völlig ins Chaos ab.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass der gesamte Mittelfristzeitraum extrem
unsicher ist. Sicher ist, dass über Weihnachten mehrere Wellen durchziehen,
deren Position sich nicht vorhersagen lässt. Das Weihnachtswetter gestaltet sich
somit wechselhaft. Was weiße Weihnachten angehet, so bestehen auch in den
kältesten Läufen für das Tiefland nur geringe Chancen am Donnerstag. Was den
Alpenrand und die Gipfellagen der Mittelgebirge angeht, so lässt sich immer noch
nicht mit Sicherheit sagen, wann es wo schneit. Ab Freitag sind sich die Modelle
über steigendes Geopotenzial einig, was auf eine teils instabile Blockadelage
schließen lässt, die auch von den Clusteranalysen gezeigt wird. Auf welcher
Seite des Blocks wir zum Liegen kommen ist nicht vorhersagbar. So ist alles
möglich von Frühling bis hin zu sibirischer Kälte.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bei der Vielzahl der Lösungen gibt es immer wieder Läufe, die stärkere
Stauschneefälle an den Alpen oder auch in den Mittelgebirgen über Weihnachten
zeigen. Für genaue Vorhersagen ist aber diesbezüglich die Streuung noch zu hoch.

Auch stürmische Böen in den südlichen Mittelgebirgen gelten anfangs als
wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS-Mittel, ab Freitag tut es auch ein Würfel.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold