DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

14-12-2019 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.12.2019 um 10.30 UTC



Bis zum Freitag ruhiges und mildes bis sehr mildes Wetter ohne signifikante
Wettererscheinungen. Am Wochenende bei nur leicht zurückgehenden Temperaturen
wieder zyklonaler mit Niederschlägen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 21.12.2019


Tag 14 des Dezembers ist angebrochen, das 14. Türchen des Adventskalenders wird
geöffnet - bald ist Weihnachten (Haben Sie schon alle Geschenke?)! Je näher das
Fest rückt, desto mehr Fragen zum Wetter an den drei "tollen Tagen" kommen auf.
Auch wenn wir mit 10 Tagen im Vorlauf gerade einmal die erweiterte Mittelfrist
angekommen sind, sprechen die Tendenzen aber deutlich gegen "Weiße Weihnachten".


Bis es soweit ist, schlägt die Atmosphäre in der ab Dienstag beginnenden
Mittelfrist einen Kurs mit mildem bis sehr mildem Wetter ein. Zweistellige
Höchsttemperaturen sind dabei an der Tagesordnung, Nachtfröste gibt es dafür
kaum (immerhin muss dann nicht gekratzt werden).

Im Detail liegt Deutschland am Dienstag unter einem Höhenrücken mit einer von
Ägypten über Griechenland und Polen bis nach Mittelnorwegen reichenden Achse.
Darunter verbirgt sich ein Warmluftberg mit T850 hPa von 5 bis 15 Grad, der
Deutschland verbreitet zweistellige Höchsttemperaturen beschert. Flankiert wird
der Höhenrücken von einem bis nach Marokko und Algerien amplifizierten Trog und
einem weiteren, der sich von Nordskandinavien bis in den Südwesten Russlands
bzw. bis zum Kaspischen Meer erstreckt. Im weitesten Sinne erinnert das Muster
an ein Omega. Bodennah wird diese Situation von einem Tiefdruckgebiet bei den
Britischen Inseln begleitet, dessen Ausläufer sich entlang der sich um
Mitteleuropa herum schlängelnden Frontalzone bewegen und Deutschland noch nicht
erreichen.

Am Mittwoch tropft aus dem Trog westlich von uns ein Höhentief ab, das ins
westliche Mittelmeer zieht. Das nördliche Residuum des Trogs gelangt nach
Südskandinavien, ihm folgt das Bodentief von den Britischen Inseln. In
Verbindung mit einem durch das Höhentief bzw. durch Genua-Zyklogenese
entstehenden neuen Tief über dem zentralen Mittelmeer legt sich die Frontalzone
bzw. die Luftmassengrenze, die beide Tiefs verbindet, nun quer über Deutschland.
Damit wird ein Schwall kühlerer Meeresluft mit T850 hPa knapp unter 0 Grad in
den Nordwesten und Norden Deutschlands geführt.

Am Donnerstag schließt sich das Trogresiduum dem zweiten oben erwähnten Trog
über Russland an, womit das Bodentief bereits nach Westrussland weiterwandert.
Gleichzeitig erfolgt über dem Nordostatlantik eine kräftige Austrogung, die am
Boden mit einem Tiefdrucksystem korrespondiert. Auf der Vorderseite dieses
Komplexes dreht die Strömung auf Süd und die Luftmassengrenze wird wieder nach
Norden verfrachtet. Die T850 hPa steigen dadurch wieder auf 3 bis 10 Grad.

Am Freitag verbleiben wir auf der Vorderseite des neuen Trogs, der uns am
Samstag erreicht. Das Frontensystem des zugehörigen Tiefdrucksystems verbindet
sich bis zum Samstag mit einem erneut durch Genua-Zyklogenese entstehenden
weiteren Tief über dem zentralen Mittelmeer. Das Frontensystem traktiert
Deutschland ab der Nacht zum Samstag mit aufkommenden Niederschlägen.

In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag tropft der Trog zum zentralen
Mittelmeer ab, während das Trogresiduum rasch über Deutschland hinwegschwenkt.
Nachfolgend koppelt sich aus dem sich regenerierenden Trog über dem
Nordostatlantik ein weiterer Teil ab, der sich über dem Norden Deutschlands und
Nordosten Polens legt und ein in die Ostsee ziehendes Bodentief unterstützt.
Damit dreht die Strömung auf Nordwest und ein Schwung kühlerer Meeresluft aus
dem Nordwesten mit T850 hPa kann sich bei uns breitmachen. Freilich würde dieser
kleine Hoffnungsschimmer bezüglich "Weiße Weihnachten" noch nicht für einen
Wintereinbruch bis ins Tiefland reichen, das letzte Wort scheint aber auch noch
nicht gesprochen zu sein. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen 00 UTC-Laufs des EZMW vom heutigen Samstag zu
seinen beiden gestrigen Vorläufen ist nur bis zum Donnerstag noch gut. Danach
herrscht zunehmend Uneinigkeit. Zunächst beziehen sich die Unstimmigkeiten vor
allem auf das für uns kaum wetteraktive Höhentief über dem zentralen Mittelmeer
und in welcher Form es sich bis Samstag nach Norden und Nordosten über
Mitteleuropa hinweg bewegt. Davon hängt aber auch ab, was mit dem neuen Trog
über dem Nordostatlantik ab Freitag geschieht. Alle drei Lösungen unterscheiden
sich fortan gravierend. In der gestrigen 00 UTC-Variante blieben wir deutlich
länger auf der Vorderseite des Troges in einer milden Südströmung. In der
gestrigen 12 UTC-Lösung gab es den Trog gar nicht erst bei uns, sondern eine
zonale Strömung. Im heutigen 00 UTC-Lauf schwenkt ein Teil des Troges am
Wochenende rasch über uns hinweg, ein weiterer Teil tropft über dem zentralen
Mittelmeer ab. Relativ gleich bleibt, dass in allen drei Läufen
Tiefdruckeinfluss vorherrscht. Die Niederschlagsvorhersagen müssen daher
vornehmlich in ihrer räumlichen Exposition angepasst werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Vergleicht man EZMW mit GFS und ICON, so sind die Unterschiede nicht so groß wie
bei den Konsistenzbetrachtungen im vorherigen Abschnitt. Bis zum Freitag erkennt
man bei allen drei Modelle gute Übereinstimmung in den Mustern. Am Wochenende
propagiert der neue Trog beim EZMW rascher nach Osten, ist dafür aber breiter
und indifferenter als bei den beiden anderen Modellen. GEM dagegen liegt voll
auf EZMW-Kurs. NAVGEM orientiert sich ebenfalls stark am EZMW.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte bestätigen durch einen meist engen
Verlauf den deterministischen Lauf. Dabei gibt es zumeist einen gut definierten
Median, in dem sich auch Haupt- und Kontrolllauf einbetten. Die hohe T850 hPa
bis zum Wochenende (mit Ausnahme des Mittwochs) und das hohe Geopotenzial werden
somit auf solide Standbeine gesetzt. Zum Wochenende (4. Advent) zeigt sich bei
den Kurven in T850 hPa und beim Geopot 500 hPa jeweils Absinken, wobei sich die
Spreads öffnen. Median, Haupt- und Kontrolllauf liegen dann am unteren Rand der
Schar. Höheres Geopotenzial und höhere Temperaturen bleiben also eine
Alternative. Für kältere Temperaturen als im deterministischen Lauf finden sich
dagegen kaum Ensemblemitglieder.

5 Cluster von Donnerstag, 0 UTC bis Samstag, 0 UTC zeugen von einer hohen
Votalität der atmosphärischen Prozesse auf der Nordhalbkugel. Allerdings sind
diese im west- und mitteleuropäischen Bereich doch sehr vergleichbar, womit die
Aussagen aus den Rauchfahnenbetrachtungen noch einmal bestätigt werden. Zwischen
Sonntag, 0 UTC und Dienstag, 0 UTC werden sogar 6 Cluster analysiert. 4 davon
zeigen Variationen des Hauptlaufs mit dem Durchschwenken des Troges und
anschließender Vorderseite. 2 allerdings setzen auf eine zonale Strömung, also
einem Muster des gestrigen 12 UTC-Laufes des EZMW.

FAZIT: Das mit hohem Geopotenzial und milden Temperaturen bis in den
zweistelligen Bereich ausgestattete ruhige Wetter bis zum Wochenende ist
gesichert. Ab der Nacht zum Samstag gibt es einige Fragezeichen, am Wochenende
steht aber vermutlich Tiefdruckeinfluss mit zeitweiligen Niederschlägen bei nur
wenig zurückgehenden Temperaturen an. Ob danach eine Abkühlung erfolgt, ist
unsicher. Selbst wenn es diese geben sollte, reicht das kaum für einen
Flachlandwinter. Die Flachlandtiroler unter uns müssen sich wohl mit "Grünen
Weihnachten" arrangieren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


FÖHNSTURM:
Am Dienstag ist in den Alpen Föhnsturm zu erwarten, der Sturmböen Bft 8 bringt,
exponiert auch schwere Sturmböen bis Orkanböen Bft 10 bis 12. Ein Durchbrechen
des Föhns in die Täler mit stürmischen Böen Bft 8 ist gering wahrscheinlich.

Ansonsten liefert EFI noch Hinweise für deutlich zu hohe Temperaturen von
Dienstag bis Sonntag, woraus aber natürlich keine markante Wettergefahr
erwächst.

Darüber hinaus finden sich keine weiteren Hinweise für markante Wettergefahren
im Mittelfristzeitraum.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX. Nach "hinten raus" hauptsächlich EZWM, da das Modell im Kontext am
vertrauenerweckendsten erscheint.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler