DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-12-2019 17:30
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
WIND: Im Westen und Süden auffrischender Wind, in freien Lagen Bft 8, Hochlagen
sowie ab dem Abend ansonsten auf exponierten Gipfeln Sturmböen Bft 8/9, Brocken
Bft 10. Im Schwarzwald und auf Alpengipfeln Bft 10 exponiert Bft 11.
Am Samstag von Westen auf die Mitte ausgreifend verbreitet bis in tiefe Lagen
sowie an der Nordsee aufkommend Sturmböen Bft 8/9. Auf Berggipfeln schwere
Sturmböen Bft 10, exponiert Bft 11. Nachfolgend abflauend, am Abend und in der
Nacht zum Sonntag an der See und im höheren Bergland weiterhin Sturmböen Bft
8/9.
Ausgangs der Nacht zum Sonntag im Nordwesten erneute Windzunahme, Gefahr von
Böen Bft 9/10 an der Nordsee. Am Sonntag tagsüber auch auf die Ostsee
übergreifend. Im nördlichen Binnenland teils stürmische Böen 8 Bft. In höheren
Berglagen weiterhin Sturmböen Bft 8/9, exponiert Bft 10. Wind zum Abend hin
abflauend, an der Küste und auf Berggipfeln weiterhin Sturmböen Bft 8/9.
In der Nacht zum Montag weitere Windabnahme, anfangs an der Küste und auf
Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge noch stürmische Böen Bft
8. Am Montag mit geringer Wahrscheinlichkeit auf höheren Berggipfeln stürmische
Böen Bft 8. In den Alpen auflebender Föhn, Gefahr von Sturmböen Bft 8/9 in
exponierten Lagen.

SCHNEEFALL: Im Bergland weiterhin Schneefall. Im Schwarzwald in Gipfellagen
vorübergehend Gefahr von Verwehungen. Außerdem oberhalb 800 m 10 bis über 20 cm
Neuschnee.
Am Samstag in den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge oberhalb etwa 1000 m
mehr als 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden.

TAUWETTER:
Im Schwarzwald ab Samstagfrüh beginnend rasches Abschmelzen der dort vorhandenen
Schneedecke, in Verbindung mit zeitweisem Regen Tauwetter.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem Trog, der aus mehreren Teiltrögen
besteht. Der Haupttrog stößt über die Westalpen nach Süden vor, was über
Oberitalien und der Adria eine markante Zyklogenese in Gang gebracht hat. Die
Schneefallgrenze liegt zwischen 600 und 800 m, wobei oberhalb von 800 bis 1000 m
der Schnee liegen bleibt. In den Staulagen des Schwarzwaldes können 10 bis 20 cm
Schnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Zudem besteht in den Hochlagen
des Schwarzwaldes anfangs Gefahr von Verwehungen. In der ersten Nachthälfte
arbeiten sich die Niederschläge unter Abschwächung über die zentralen
Mittelgebirge hinweg nach Osten vor. Ganz im Nordosten bleibt es noch trocken.
An der Südflanke des flachen, von Nordwestdeutschland ostwärts ziehenden Tiefs
zieht der Gradient noch leicht an. Da der Norden in den Bereich dieses Tiefs
gelangt, sind von der Gradientzunahme die Mitte und der Süden betroffen. Vor
allem im Südwesten kommen bis in tiefe Lagen Wind- und stürmische Böen Bft 7/8
auf. Im Bergland sind durch Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln (Brocken,
Feldberg, Alpengipfeln) schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten. Bedingt durch den
Leitplankeneffekt gibt es auch am Hochrhein, im Bodenseegebiet sowie im
Alpenvorland stürmische Böen. Dagegen flaut der "Böhmische Wind" ab. An der
Küste ist aufgrund der Windrichtung (aus Südost) der Wind ablandig und somit
kaum warnrelevant.
Bis Samstagfrüh setzt sich nach Austropfen des Troges und Abzug des Residuums
über Mitteleuropa die gut organisierte Frontalzone durch. Darin eingelagert ist
eine flache Welle, eine Art Schnellläufer, die ausgangs der Nacht den Westen
Deutschlands erfasst. Mit dieser Welle setzen erneut Niederschläge ein, die
anfangs bis in tiefe Lagen als Schnee oder zumindest mit Schnee vermischt fallen
können. Im Westen und Südwesten steigt die Schneefallgrenze jedoch rasch auf 600
bis 1200 m an, was die Niederschläge alsbald in die flüssige Phase übergehen
lässt. In den zentralen Mittelgebirgen kann es zuvor noch einmal um 5, in den
östlichen Mittelgebirgen auch mehr als 10 cm Neuschnee geben.
Mit dem Übergreifen des Wellenkopfes auf den Niederrhein erfolgt nach einer
leichten Gradientaufweichung im Westen und Südwesten eine erneute
Gradientzunahme. Dort kommen bis in tiefe Lagen Wind- und stürmische Böen auf,
im Bergland (in den zentralen Mittelgebirgen zunächst nur in Hochlagen) sowie
auf Alpengipfeln sind Sturmböen Bft 8/9 und exponiert (Brocken, Feldberg im
Schwarzwald und Fichtelberg) schwere Sturm- und orkanartige Böen Bft 10/11 zu
erwarten. Glätte sollte dann auf die Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
beschränkt bleiben.

Samstag ... liegt Deutschland im Bereich der zonal ausgerichteten Frontalzone.
Die darin eingelagerte okkludierende Welle wird rasch ostwärts gesteuert. Mit
Abzug des Troges nimmt die Zyklonalität ab (von einem antizyklonalen Gepräge
kann noch keine Rede sein). Daher kommt es noch zu weiteren Niederschlägen, die
zum Teil leicht konvektiv geprägt sind, aber mit abnehmender Tendenz. Zur
Nordsee hin können einzelne kurze Gewitter nicht ganz ausgeschlossen werden.
Ansonsten ist die Labilität hierfür nicht hinreichend. Die Schneefallgrenze
liegt zwischen 600 und 800 m im nördlichen und zentralen Mittelgebirgsraum und
steigt zu den Alpen hin auf etwa 1400 m an. Oberhalb davon kommen durch
wiederholte Schauer einige bis etwa 5, in den Kamm- und Gipfellagen der
östlichen Mittelgebirge um 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden hinzu. Aufgrund
der relativ hoch liegenden Schneefallgrenze wären somit nur für die Hochlagen
entsprechende Warnungen erforderlich.
Mehr Aufmerksamkeit ist erneut der Windentwicklung zu widmen. Bedingt durch die
okkludierende Welle, die über die mittleren Regionen Deutschlands hinweg nach
Osten abläuft, erfolgt südlich davon eine markante Gradientznahme. Nach Abzug
der Welle über den Berliner Raum hinweg ostwärts legt auch in den mittleren
Teilen Deutschlands der Gradient zu. In freien Lagen sind daher stürmische (Bft
8) und weiter nach Süden hin (bedingt durch den Leitplankeneffekt vorzugsweise
im Alpenvorland, aber auch in freien Lagen Süddeutschlands) Sturmböen Bft 9 zu
erwarten. Im Bergland gibt es durchweg Sturm- und schwere Sturmböen Bft 9/10,
exponiert (Schwarzwald, Brocken, Fichtelberg, Alpengipfel) auch orkanartige Böen
Bft 11. Nach Abzug der Welle kommen auch im Nordwesten Wind- und stürmische Böen
Bft 7/8 auf, an der Nordsee setzen Böen bis Sturmstärke ein. Im Tagesverlauf
frischt auch an der Ostsee der Wind auf und erreicht in Böen Sturmstärke (Bft
8/9). An der Nordsee können dann auch schwere Sturmböen nicht ganz
ausgeschlossen werden. In höheren Berglagen muss noch bis zum Abend mit
Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden.
Ein paar Wolkenlücken sind am ehesten in Richtung Alpen und ganz im Westen
möglich. Ansonsten hält sich meist geschlossene Bewölkung. In der gut
durchmischten Grundschicht steigt die Temperatur auf 4 bis 8, am Oberrhein bis
10 Grad.
In der Nacht zum Sonntag greift nach einer vorübergehenden Wetterberuhigung ein
weiteres Frontensystem auf das Vorhersagegebiet über. Hierdurch setzen erneut
Niederschläge ein, die bis in die Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge in die
flüssige Phase übergehen. Allenfalls in den östlichen Mittelgebirgen oberhalb
etwa 1000 m kann anfangs noch Schnee fallen. Zudem legt dann der Gradient auch
wieder zu, so dass im Nordwesten und Westen bis in tiefe Lagen Windböen
aufkommen. In den westlichen, südwestdeutschen und ausgangs der Nacht auch in
den zentralen und nördlichen Mittelgebirgen sind Sturmböen Bft 8/9 und in
exponierten Gipfellagen schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten. In den Hochlagen
der östlichen Mittelgebirge setzen vorerst nur stürmische Böen ein.

Sonntag ... überquert das o.g. Frontensystem rasch den Norden Deutschlands,
wobei sich nach Süden hin ein Schleifen, möglicherweise sogar mit der Bildung
von Wellen, abzeichnet. Die Schneefallgrenze liegt hinreichend hoch, so dass die
feste Phase wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant ist. Auch in Bezug auf die zu
erwartenden Niederschlagssummen ergeben sich keine Mengen (ausgenommen
allenfalls in exponierten Staulagen des Schwarzwaldes), die entsprechende
Warnungen erforderlich machen würde. Allerdings kommt es im Schwarzwald zu einem
raschen Abschmelzen der Schneedecke und somit zu Tauwetter, was eine
entsprechende Warnung erfordert.
Auf der Rückseite des abziehenden Frontensystems, d.h. im Norden und im
Tagesverlauf auch in den mittleren Gebieten sind größere Auflockerungen
vorstellbar. Problematisch ist noch die Lage der Schleifzone (also der Bereich,
wo zeitweise Niederschläge zu erwarten sind). Hier wird dieser Bereich nach EZMW
etwa 100 km weiter nördlich positioniert als nach ICON; GFS liegt etwa
dazwischen. Im Schwarzwald ist mit einem raschen Abschmelzen der dort noch
vorhandenen Schneedecke zu rechnen.
Auf der Rückseite des abziehenden Frontensystems folgt ein flacher Bodentrog
nach. Dieser führt im Norden und in Teilen der Mitte zu einer erneuten
Gradientzunahme, wodurch Wind- und in freien Lagen stürmische Böen aufkommen. Im
Norden erfolgt durch einen in der Frontalzone eingelagerten Kurzwellentrog eine
Labilisierung. Im 500 hPa-Niveau sinkt die Temperatur auf -33 Grad, so dass
Schauer, in Küstennähe durchaus auch kurze Gewitter, auftreten können. Diese
können auch mit Graupel vermischt sein. Bei einem Oberwind, der im 850
hPa-Niveau 60 kt erreicht, sind in Verbindung mit kräftigeren Schauern oder
kurzen Gewittern schwere Sturmböen vorstellbar. Ansonsten besteht in der Mitte
und im Süden in höheren Berglagen nach wie vor die Gefahr von Sturmböen.
Mit der Verlagerung des Bodentroges nach Osten wird der Gradient im Binnenland
wieder auseinandergezogen, so dass es abseits der Gebirge (wo in Gipfellagen
noch stürmische Böen auftreten können) windschwach bleibt. Im küstennahen
Binnenland treten aber auch am Abend noch Windböen, an der See Sturmböen Bft 8/9
und vor allem an der Vorpommerschen Ostseeküste noch schwere Sturmböen bis Bft
10 auf.
Gegenüber den Vortagen ist bei weiterhin gut durchmischter Luftmasse ein
Temperaturanstieg auf 7 bis 13 Grad, im Alpenvorland und am Oberrhein auch etwas
darüber, zu erwarten.
In der Nacht zum Montag weitet sich über dem nahen Ostatlantik ein Trog in
Richtung Kanaren aus. Zwischen diesem Trog und dem nunmehr nach Westrussland
schwenkenden bisherigen Trog dreht die Strömung über West-Südwest auf Südwest
und wird gleichzeitig antizyklonaler. Zudem wird der Gradient
auseinandergezogen. Warnrelevante Böen (Bft 7, vereinzelt stürmische Böen bis
Bft 8) sollten daher auf höhere Berggipfel der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge sowie in der ersten Nachthälfte auch auf die Küste beschränkt
bleiben.

Montag ... nähert sich der o.g. Trog der Iberischen Halbinsel, was die Strömung
noch ein wenig aufsteilen lässt. Hierdurch wird das über dem Süden schleifende
Frontensystem als Warmfront rückläufig und unter Abschwächung wieder nach Norden
gedrückt. Ohnehin sind daran nur geringe Niederschläge in der Größenordnung
weniger Millimeter innerhalb von 12 Stunden gekoppelt. Der Wind ist nur an
einigen Küstenabschnitten der Nordseeküste und im höheren Bergland in Form von
Windböen noch warnrelevant; auf exponierten Berggipfeln können stürmische Böen
auftreten. Allerdings setzt an den Alpen Föhn ein, wodurch dort exponiert
Sturmböen aufkommen können. Auflockerungen sind im Norden und im Süden
Deutschlands am wahrscheinlichsten, wobei in Richtung Alpen auch längere sonnige
Abschnitte vorstellbar sind. Im Bereich der rückläufig werdenden Front hält sich
jedoch mehrschichtige Bewölkung.
Gegenüber Sonntag ändern sich die Tageshöchsttemperaturen nur unwesentlich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Hinsichtlich der Lage der Schleifzone (mit den zeitweisen
Niederschlägen am Sonntag) ergibt sich ein ähnliches Bild wie anhand der
Modellläufe des Vortages. Nach wie vor positioniert EZMW den Schleifbereich
etwas weiter nördlich (ca. 100 km) als ICON. GFS liegt etwa dazwischen. Das
Modell des kanadischen Wetterdienstes stützt hingegen die Version des ICON.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann