DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-12-2019 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.12.2019 um 10.30 UTC



Antizyklonale Südlage, mild bis sehr mild und meist trocken. An den Alpen
zeitweise föhnig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 20.12.2019


Am kommenden Montag, dem Beginn des heutigen Mittelfristzeitraums wölbt sich
stromab eines recht scharf ausgeprägten Troges westlich der Iberischen Halbinsel
ein breiter Rücken über Südeuropa auf, dessen Achse sich zunehmend nordwärts
auch auf Deutschland ausweitet. So kommt es, dass die zuvor noch über der Mitte
des Landes befindliche Luftmasse unter Hochdruckeinfluss gerät, damit an
Wetteraktivität einbüßt und sukzessive nordwärts verfrachtet wird. Sie trennt
erwärmte subpolare Meeresluft im Norden mit 850 hPa Temperaturen knapp unterhalb
des Gefrierpunktes von milder Subtropikluft mit Theta Werten um 30 Grad und 850
hPa Temps über 5 Grad. Nördlich der zentralen Mittelgebirge fallen in diesem
Zusammenhang maximal noch wenige Tropfen Regen und von der Lausitz bis zu den
Alpen setzt sich im Tagesverlauf immer mehr die Sonne durch. Der Wind ist in der
ersten Tageshälfte noch lebhaft und erreicht in Böen an der See und im höheren
Bergland Sturmstärke. Auf den Alpengipfeln herrscht Föhn. Dieser lässt die
Temperaturen im Alpenvorland bis auf 15 Grad ansteigen, aber auch unter den
Wolken im Norden werden milde 8 bis 11 Grad erreicht.

Am Dienstag kommt der Trog zur Iberischen Halbinsel bis nach Marokko voran und
zeigt Abtropftendenzen. Die vorderseitige WLA stützt den Rücken über
Mitteleuropa. Das dazugehörige Bodentief über der Biskaya ist nahezu ortsfest
und die angebundene Warmfront schwenkt nordwärts auch von den Küstenregionen
Richtung Dänemark und zur Nordsee ab. Durch die andauernde südliche Anströmung
steigen die 850 hPa Temperaturen in der Südhälfte auf über 10 Grad in 850 hPa an
- ein für die Jahreszeit außergewöhnlich hoher Wert!). So verläuft der Tag nach
weitgehend frostfreier Nacht (Ausnahme evtl. einige Kältelöcher in Bayern) ruhig
mit letzten Spritzern an der See und im Nordwesten. Die simulierten Schauer und
Gewitter beim ICON im westlichen Bergland sollten zu dieser Jahreszeit
ausreichend gedeckelt sein und sind sehr unwahrscheinlich. In der Norddeutschen
Tiefebene überwiegt unterm Strich noch der bewölkte Charakter, wohingegen vor
allem südlich des Mains doch längere Zeit die Sonne scheint. Durch den bodennah
etwas rückdrehenden Wind auf Südost und die schwächere Durchmischung (nur noch
in exponierten Gipfellagen Sturmböen aus Süd), liegen die Höchstwerte teils
etwas unter denen des Vortages. Mit 7 bis 12, am Nordrand der Mittelgebirge bis
15 Grad bleibt es aber in jedem Falle deutlich zu mild.

Am Mittwoch schwenkt der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts. Er
hält dabei über Frankreich immer noch eine schwache Verbindung zum Islandtief,
das westlich von Deutschland kaum mehr als ein schwaches Residuum darstellt. Das
Bodentief über der Biskaya wird dadurch nordostwärts gesteuert und erreicht im
Tagesverlauf Südnorwegen. Die an dessen Südflanke schwach ausgeprägte, leicht
wellende Kaltfront überquert dabei den Westen und Norden des Landes mit leichten
Regenfällen, die kaum einmal nennenswerte Niederschlagssummen produzieren
(durchweg unter 5 mm/12h). Durch die zunehmende Bewölkung und gedämpfte
Einstrahlung ist bei 7 bis 12 Grad meist Schluss. Auf dem Brocken und
Alpengipfeln treten weiterhin Sturmböen auf. Sollte der Föhn noch durchbrechen,
was thermisch und vom Gradienten unwahrscheinlicher wird, ist in den Alpentälern
erneut ein Anstieg bis 15 Grad möglich.

Am Donnerstag und Freitag tropft der Trog endgültig über Italien ab und der
Rücken über Mitteleuropa kann sich regenerieren. Inwiefern später am Freitag
ein atlantisches Frontensystem von Westen übergreift, bleibt noch abzuwarten. In
jedem Falle bleibt es mild und weitgehend frostfrei mit stärkerer Neigung zu
zähen Nebel- und Hochnebelfeldern.

In der erweiterten Mittefrist geht der Trend zu zyklonaler geprägtem Wetter bei
unveränderter milder Luftmasse (Sz/SEz). Somit wird sich auch der 4. Advent mit
hoher Wahrscheinlichkeit unwinterlich gestalten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen ergeben sich keine prognoserelevanten Unterschiede beim
Vergleich der letzten IFS Modellläufe untereinander. Kleinere Unterschiede in
Art und Ausprägung des sich regenerierenden Rückens respektive des von der
Biskaya nach Skandinavien ziehenden Tiefs münden kaum in nennenswerte
Unterschiede bei den Wetterabläufen. Grenzschichtprozesse zum Ende der
Mittelfrist obliegen ohnehin dem Nowcasting beziehungsweise der Einschätzung
höher aufgelöster Lokalmodelle.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Teufel liegt im Detail, von den Grundzügen her sind sich die gängigen
Globalmodelle relativ einig. Der heutige ICON 0z Lauf verfolgt die gestrige IFS
0z Variante mit einer weiteren Warmfrontwelle am Dienstag über Norddeutschland
und rascher Vertiefung auf dem Weg Richtung Baltikum. Dadurch fielen die
Niederschläge kräftiger und verbreiteter aus mit teilweise mehr als 10 l/qm
binnen 6 Stunden im Südwesten Deutschlands.

Beim GFS weist der westatlantische Trog zum Ende der Mittelfrist eine negative
Achsenneigung auf. Am Rande der Tiefs über der Bretagne und dem Golf von Genua
würde die bodennahe Strömung demnach auf Ost bis Nordost drehen, womit eine
kühlere Festlandsluft zu uns gelangen würde, die sich aber im Flachland
weiterhin als nicht wintertauglich darstellen würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen weisen vor allem im Norden am Mittwoch gewisse Unschärfen in der
kurzen Einbuchtung des milden Buckels auf, was dem durchziehenden Tief und der
schwachen Kaltfront an dessen Südflanke geschuldet ist. Im Süden sind diese
nachvollziehbarerweise nicht zu finden (Frontdurchgang nur im Norden). Am
außergewöhnlich milden und niederschlagsarmen Witterungsabschnitt ist nicht zu
rütteln. In der erweiterten Mittelfrist nehmen die Niederschlagssignale bei
zartem Rückgang der 850 hPa Temperaturen auf rund 0 Grad in den Ensemble
deutlich zu.

Die drei gebildeten Cluster im Mittelfristzeitraum +120-168h (Mi-Fr) weisen für
unser Wettergeschehen keine markanten Unterschiede untereinander auf. Die
nachfolgenden Cluster für die erweiterte Mittelfrist deuten unisono auf
vermehrte Tiefdruckaktivität und Zonalisierung hin (Winkelwest oder West
zyklonal). Das nächste Sturmereignis wäre gewiss.

FAZIT:
An der antizyklonalen Südlage führt in der kommenden Woche kein Weg vorbei. Das
bedeutet warn- und niederschlagsarmes, sowie außergewöhnlich mildes Wetter mit
oft zweistelligen Höchstwerten und frostfreien Nächten.

Zum 4. Advent geht der Trend eindeutig hin zu vermehrter Tiefdruckaktivität bei
weiterhin für die Jahreszeit zu milden Temperaturen. Für weiße Weihnachten
benötigt es schon mehr als ein Wunder.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Sturm:
Am Montag in der ersten Tageshälfte auch noch auf den Inseln einzelne Sturmböen
aus Südwest (COSMO-LEPS 30-60% für Böen > 8 Bft). Sonst bleiben Sturmböen auf
die Kammlagen beschränkt. Auf Brocken und exponierten Alpengipfeln sind schwere
Sturmböen um 100 km/h (Bft 10) wahrscheinlich. Höhepunkt des Südföhns
voraussichtlich später Montag und Dienstag. Dabei Föhndurchbruch bis in die
Täler zumindest zeitweise wahrscheinlich, dann aber meist mit Windböen bis 60
km/h (Bft 7).

Der Temperatur EFI liefert das erschreckende Bild eines in weiten Teilen "rot"
gefärbten Europas für anhaltend außergewöhnlich milde Temperaturen für die
Jahreszeit. Das "Kältependant" beschränkt sich auf die Seegebiete zwischen
Portugal und den Azoren.

Sonst sind keine markanten Wettererscheinungen zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen