DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-12-2019 17:30
SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Windig bis stürmische und wechselhafte Westwetterlage. Nacht auf Mittwoch und
Mittwoch Möglichkeit von gefrierendem Regen und Schnee, teils bis in tiefe
Lagen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland im Bereich eines Höhentroges, dessen Achse
in der Nacht auf Dienstag ostwärts abzieht. Rückseitig der Haupttrogachse zeigen
die Modelle einen weiteren kurzwelligen Anteil. Daran gekoppelt ist auch ein
Bodentrog, der von Benelux südostwärts vorankommt. Darin eingelagert ist eine
Art Kaltfront, die sich dadurch auszeichnet, dass rückseitig die 850 hPa
Temperatur auf unter -5 Grad absinkt. Zudem ist die Frontpassage begleitet von
einer Druckanstiegswelle.

Der Durchgang der kurzwelligen Troglinie hat mehrere Konsequenzen. Zum einen
verschärft sich der Gradient im Bodendruckfeld, sodass der Wind schon aktuell
deutlich zulegt. Dieses neuerliche Windmaximum arbeite sich in der ersten
Nachthälfte weiter ost-südostwärts vor, sodass auch der Südwesten und die
zentralen Landesteile sowie abgeschwächt auch der Südosten betroffen sind. In
der zweiten Nachthälfte lässt der Wind dann rückseitig von Westen her wieder
deutlich nach.

An der Grenze zu BeNelux sind Böen im markanten Bereich zu erwarten. Immerhin
steigern sich die Höhenwinde auf 45 kn in 925 hPa und bis 55 kn in 850 hPa.
Vereinzelt sind bei stärkerer konvektiver Vermischung auch einzelne Sturmböen
Bft 9 nicht ausgeschlossen. Weiter auf dem Weg nach Südosten schwächt sich das
Windmaximum in der mittleren Troposphäre wieder ab, sodass dann zwar recht
verbreitet Windböen, aber nur vereinzelt stürmische Böen zu erwarten sind. Im
Bergland gibt es allgemein stürmische Böen, in Süddeutschland auch Sturmböen,
exponiert schwere Sturmböen, auf dem Feldberg im Schwarzwald orkanartige Böen
(Bft 11).

Mit der Passage des Bodentroges kommt rückseitig auch noch ein Schwall polarer
Kaltluft rein, sodass die Schneefallgrenze deutlich absinkt. Damit ist im
Bergland ab etwa 400 m allgemein mit leichtem Frost und Straßenglätte durch
überfrierende Nässe oder etwas Neuschnee zu rechnen. In den süddeutschen und
ostdeutschen Mittelgebirgen können immerhin 1 bis 5 cm, im Südschwarzwald auch
bis 10 cm fallen. Am Alpenrand setzt mit Drehung auf Nordwest Stau ein.
Entsprechend sind am direkten Alpenrand 5 bis 15 cm, im direkten Stau im Allgäu
auch bis 25 cm bis Dienstagmorgen möglich. Im angrenzenden Alpenvorland kann es
ebenfalls etwas weiß werden.

Im Rest des Landes ist durch Aufklaren zumindest gebietsweise Bodenfrost
möglich, sodass zum Teil Glätte durch überfrierende Nässe auftreten kann. Das
gilt insbesondere auch für die Osthälfte von Schleswig-Holstein.

Dienstag ... schiebt sich von Westen kommend ein Hochkeil nach Deutschland.
Damit gerät die eingeflossene Kaltluft auch am Boden unter Zwischenhocheinfluss.
Da in der Höhe die Strömung immer noch aus nördlicher Richtung kommt, hält der
Alpenstau noch etwas an, sodass zumindest am Vormittag noch ein paar Zentimeter
Neuschnee fallen können. Im großen Rest des Landes bleibt es tagsüber durch
Absinken trocken.

Von Westen wird der Höhenrücken bereits von WLA überlaufen, sodass in der
zweiten Tageshälfte von Nordwesten bereits mehrschichtige Bewölkung aufzieht.

Der Wind schwächt sich durch den auffächernden Gradienten im Bodendruckfeld
vorübergehend deutlich auf. In den Morgenstunden gibt es noch letzte Böen auf
Rügen.

Dann sind tagsüber keine Warnungen mehr erforderlich. Vor allem im zentralen und
südöstlichen Mittelgebirgsraum halten sich häufig dichte Wolken. Viel Sonne kann
es besonders im Nordosten geben, wo ein gut ausgeprägter trockener Einschub in
der mittleren und unteren Troposphäre zu erkennen ist (möglicherweise auch eine
gewisse Leewirkung vom Skandinavischen Gebirge). Auch in den west- und
südwestdeutschen Mittelgebirgen kann es recht sonnig werden.

Zum Abend nähert sich von Westen kommend ein Orkantief mit einem Kerndruck von
955 hPa knapp östlich von Island. Auf seiner Vorderseite nehmen die
Luftdruckgegensätze auch über dem Nordwesten Deutschlands erneut zu, sodass im
Nordseeumfeld zum Abend die ersten Windböen und stürmischen Böen auftreten, auf
der freien See auch Sturmböen.

In der Nacht auf Mittwoch verstärkt sich das Tief, das nunmehr zwischen Island
und Schottland liegt, noch etwas. Der Kerndruck wird mit unter 950 hPa
vorhergesagt. Seine Kaltfront erreich den Nordwesten, wird in weiterer Folge
aber etwas in seinem Vorankommen gebremst. Grund dafür sind kurzwellige Anteile
auf der Rückseite des Haupttrogachse, die etwa über der Biskaya liegt. Mit dem
Randtrog bildet sich auch am Boden ein gewisser Bodentrog aus. Damit wird
vorderseitig der Gradient über Frankreich und nachfolgend auch Deutschland etwas
auseinandergezogen.

Als Folge treten im Westen und Norden zwar ein paar Windböen auf, stürmische
Böen konzentrieren sich aber eher auf die höheren Berglagen und die
Küstenabschnitte. An der Nordsee sind einzelne schwere Sturmböen nicht
ausgeschlossen. Weiter nach Osten und Süden ist allgemein nicht mit warnwürdigen
Böen zu rechten, ganz im Gegenteil ist im Südosten schwachwindig.

Bei noch teils klaren oder anfangs nur gering bewölkten Verhältnissen gehen die
Tiefstwerte in der Südosthälfte häufig in den Frostbereich zurück. Südlich der
Donau sind mäßiger Frost lokal Tiefstwerte bis -9 Grad zu erwarten, vor allem
dort wo auch noch Schnee liegt.
Glätte ist aufgrund er der trockenen Luftmasse nur vereinzelt zu erwarten.

Kritisch wird es in den Morgenstunden, wenn der Niederschlag die westlichen
Mittelgebirge erreicht und dort die Böden zumindest in höheren Lagen noch
gefroren sind. Dann besteht die Gefahr von gefrierendem Regen.

Mittwoch ... verschiebt sich die Kaltfront leicht wellend und damit nur langsam
ost- südostwärts über Deutschland hinweg. Südlich der Donau ist bis zum Abend
noch häufig trocken und im Südosten teils auch noch sonnig. Im Nordwesten zieht
hingegen der Niederschlag bereits in den Vormittagsstunden raus, sodass dann
dort am Nachmittag vereinzelt die Sonne herauskommen kann.

Dazwischen ist es in einem breiten Streifen von Südwest nach Nordost dicht
bewölkt mit teils längere anhaltenden Niederschlägen. Am kritischsten ist in
diesem Zusammenhang die Phase. Zum einen ist mit Einsetzen der ersten
Niederschläge die Temperatur in der mittleren Troposphäre noch über oder unter
null Grad. Entsprechend besteht durch die Vorgeschichte die Gefahr von
gefrierendem Regen insbesondere zu Beginn des Tages und in den Mittelgebirgen.

Zum anderen nimmt die Kaltfront zunehmend Anafrontcharakter an, mit länger
anhaltenden Niederschlägen auf der kalten Seite. Mit der Niederschlagsabkühlung
deuten die Modelle an, dass sich ausgehend von den mittleren Troposphärenniveaus
bis zum Boden eine isotherme Schichtung einstellen kann. Die vorhergesagten
Feuchttemperaturen liegen etwa ab dem Raum Frankfurt südostwärts fortsetzend um
oder unter null Grad. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass sich
vorübergehend die Schneephase bis in tiefere Lagen durchsetzt. Mit dem Tagesgang
ist allerdings eher fraglich, ob Schnee auch in tiefen Lagen liegen bleibt.
Vieles ist diesbezüglich wohl gekoppelt an die tatsächliche vertikale
Temperaturverteilung, das genaue zeitlich Timing und natürlich auch die Stärke
des Bodenwindes. Zumindest im Mittelgebirgsraum sind bis zum Abend aber ein paar
Zentimeter Neuschnee zu erwarten.

Der Wind ist in tiefen Lagen meist nur schwach unterwegs. Das liegt vornehmlich
an den stromaufwärts befindlichen Bodentrog, der noch über Frankreich liegt. Auf
seiner Vorderseite wird der Gradient deutlich auseinandergezogen. In der Höhe
ist der Wind etwas stärker, was an den entsprechenden Höhenwinden liegt. Im
höheren Bergland können also Windböen, exponiert Sturmböen, auf dem Brocken
orkanartige Böen auftreten. Windböen können auch an Nord- und Ostsee zeitweise
auftreten.

In Ostsachsen kommt der Wind vornehmlich aus Südost, sodass dort die Option für
Windböen durch Böhmischen Wind besteht.

In der Nacht auf Donnerstag zieht die Kaltfront südostwärts ab und nachfolgend
schieben von Westen der Höhentrog zusammen mit dem korrespondierenden Bodentrog
nach. Daran gekoppelt ist auch ein schauerartig verstärktes Niederschlagsfeld,
das bis zum Morgen etwa die mittleren Landesteile erreicht. Die Schneefallgrenze
dürfte bei etwa 400 m liegen, sodass in höheren Mittelgebirgslagen nochmal ein
paar Zentimeter Neuschnee fallen können. An der Nordsee können bei einer
Temperatur von -32 Grad auch einzelne kurze Gewitter auftreten.

Im Mittelgebirgsraum ist allgemein mit leichtem Frost zu rechnen, im Südosten
auch in tiefen Lagen. Abgesehen vom Westen und Norden besteht bei Auflockerungen
zudem die Gefahr von Bodenfrost und damit vereinzelt für Glätte durch
überfrierende Nässe.

Der Wind bleibt im Mittelgebirgslauf weiter lebhaft mit Windböen und in
Gipfellagen auch Sturmböen. Gut möglich, dass mit Passage des Bodentroges und
der damit einhergehenden Gradientverschärfung auch im Flachland einzelne
Windböen auftreten können.

Donnerstag ... befindet sich der Vorhersageraum weiter unter Trogeinfluss. Zwar
schiebt sich von Westen ein flacher Höhenrücken herein, der aber von Westen her
bereits abgebaut wird, sodass am Abend neue kurzwellige Troganteile auf den
Westen übergreifen.

Als Konsequenz gibt es schauerartig verstärkte Niederschläge, die sich in den
Osten und Südosten verschieben. Daran schließt nach Westen eine längere trockene
Phase an, ehe zum Abend im Westen und Nordwesten neue Niederschläge übergreifen.
Gelegentlicher Sonnenschein ist zwar möglich, meist dominiert aber dichte
Bewölkung.

Am Boden verschiebt sich ein Tief zu den Britischen Inseln. Auf seiner
Vorderseite verschärft sich der Gradient deutlich. Damit nimmt im Tagesverlauf
von Westen her der Wind deutlich zu, sodass in tiefen Lagen Windböen in den
westlichen Landesteilen auftreten. Im höheren Bergland können Bft 8/9 auftreten,
auf dem Brocken Bft 10. An den Alpen setzt Südföhn ein, sodass auch dort
Sturmböen und einzelne schwere Sturmböen auftreten können. Grund dafür ist, dass
vorderseitig des neuen Troges, der sich von Westen nähert die Strömung auf
südliche Richtungen dreht.

Die Höchstwerte bleiben meist im unterkühlten Bereich zwischen 3 und 8 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Insgesamt wird die Kurzfrist ähnlich vorhergesagt. Aufgrund der Kurzwelligkeit
der verschiedenen Störungen ergeben sich aber gewisse Unschärfen in der
Detailprognose. Das betrifft beispielhaft auf die Lage am Mittwoch mit Schnee
bis in tiefe Lagen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer