DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-12-2019 18:30
SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Donnerstag im Norden auffrischender Wind, an der Nordsee ab dem Abend
stürmische Böen und später Sturmböen wie auf auf exponierten Berggipfeln. In der
Nacht zum Freitag an der gesamten Küste Gefahr von Sturmböen, an der
Nordfriesischen Küste sowie auf höheren Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge
schwere Sturmböen.
Ab Freitag an der See weiterhin stürmische, in exponierten Küstenlagen sowie auf
höheren Berggipfeln Sturmböen.
Im Südosten Samstagfrüh Gefahr von Glatteisregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... Deutschland liegt im Einflussbereich eines umfangreichen Höhenhochs
mit Zentrum über Österreich, das nur langsam ostwärts wandert. Das
korrespondierende Bodenhochdruckgebiet liegt derzeit am nördlichen Balkan. Dabei
ist die in den Süden und in die Mitte Deutschlands eingeströmt trockene Luft
wirksam, die sich im Verlaufe der Nacht auch im Norden und Nordosten durchsetzt,
wo es ebenfalls aufklart. So kann die Luft bei fehlender Bewölkung ordentlich
auskühlen. Die Tiefstwerte liegen zwischen -1 Grad im Norden und -8 Grad am
Alpenrand. In einigen Hochtälern der Alb und der Alpen sind auch Werte um -10
Grad vorstellbar. Nur unmittelbar an der Küste ist es frostfrei.
Der Wind ist meist nur schwach, an der See auch mäßig bis frisch. Dort kommt er
aus Südwest und sonst aus Süd bis Südost, teils auch aus Ost. Auf exponierten
Berggipfeln und in Südostsachsen sind steife Windböen möglich.

Donnerstag ... Zwischen dem abwandernden Südosteuropa-Hoch und einem Hoch weit
draußen über dem Atlantik kommt ein flacher, eher konfluent konturierter Trog
(Trogausgang) nach Mitteleuropa voran. Dabei nähert sich auch die Frontalzone an
und so legt der Gradient im Norden zu, so dass in der zweiten Tageshälfte an der
See steife Windböen und gegen Abend an der Nordsee stürmische Böen aufkommen. In
Nordfriesland sind im Laufe des Abends auch Böen bis Sturmstärke und exponiert
bis Bft 10, auf dem Brocken schwere Sturm- und orkanartige Böen wahrscheinlich.
Warnrelevante Böen können aber auch weiter durch den "Böhmischen Wind" in der
Lausitz auftreten.
Ansonsten hält sich noch der Einfluss der o.g. Hochbrücke, wenngleich im
späteren Tagesverlauf auch in den mittleren Gebieten bedingt durch eine leichte
Gradientzunahme ein wenig Bewegung aufkommt, was dort die Chancen, dass sich
Nebel und Hochnebel auflösen, steigen lässt. Aber auch in den anderen Gebieten
dürfte durch Absinken die Inversion recht weit in Bodennähe, d.h. bis in oder
unterhalb von 950 hPa, gedrückt werden, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass
Nebel und Hochnebel verschwinden, recht groß ist. Dennoch wird es vor allem im
Süden und Südosten einige Tallagen geben, in denen es neblig bleibt und die
Temperatur kaum über die Nullgrad-Marke hinauskommt. Ansonsten sind je nach
Zeitpunkt der Auflösung von Nebel und Hochnebel 2 bis 7 Grad zu erwarten. An der
Nordfriesischen Küste und im nördl. Schlesw.-H. sind auch 8 oder 9 Grad möglich.


In der Nacht zum Freitag setzt ganz im Norden leichte Warmluftadvektion ein.
Diese steht in Verbindung mit dem Frontensystem einer flachen Welle, die von
Schottland nach Süd Südnorwegen zieht. Hierdurch nimmt im Nordwesten und im
Norden der Gradient weiter zu, so dass an der Küste (zunächst Nordsee, später
auch Ostsee) Sturmböen und exponierte an der Nordsee schwere Sturmböen
auftreten. Damit erreicht die Windentwicklung vorerst ihren Höhepunkt. Derzeit
werden von ICON sogar exponiert Böen Bft 11 simuliert, die auch auf dem Brocken
drin sind. Bis weit ins nordwestliche Binnenland hinein sind steife Windböen
möglich. Mit der Warmfront dieser Welle sind im Nordwesten und ganz im Norden
Regenfälle zu erwarten, die jedoch fernab von jeglicher Warnrelevanz sind.
In den anderen Gebieten hält sich noch der Einfluss der Hochbrücke, die
allerdings weiter nach Süden gedrückt wird, so dass deren Achse in den
Frühstunden über den Alpen liegt. Daher ergibt sich für den Süden und Südosten
im Vergleich zu den Vornächten keine Änderung.

Freitag ... zieht ein in der Frontalzone eingelagerter kräftigerer Trog bis zum
Abend zur Nordsee. Vorderseitig ist ein flaches Tief zu finden, das, wie das
vorherige Tief, ebenfalls nach Südnorwegen gesteuert wird. Da der Trog erneut
einen konfluenten Ausgang besitzt, ist dieses Tief nicht entwicklungsträchtig,
so dass der Gradient im Norden nicht weiter zulegen sollte. An der Küste sind
zwar weiterhin stürmische und exponiert auch Sturmböen möglich; schwere
Sturmböen sollten jedoch nicht mehr auftreten. Vielmehr macht sich das
Zurückweichen der bislang wetterbestimmenden Hochbrücke in Form einer
Gradientzunahme in den westlichen, mittleren und südwestlichen Landesteilen
bemerkbar. Aufgrund der stabilen Schichtung sollte sich dies zunächst in den
Mittelgebirgen bemerkbar machen, wodurch in höheren Berglagen Böen bis
Sturmstärke auftreten können. Auf exponierten Gipfeln (Brocken) sind schwere
Sturmböen möglich, orkanartige Böen können nicht ganz ausgeschlossen werden. Bis
ins nordwestliche und westliche Binnenland hinein sind in freien Lagen Windböen
möglich.
Mit der sich annähernden Kaltfront greifen Regenfälle auf den Norden und Westen
sowie Teile der Mitte Deutschlands über. Diese sind zwar nicht warnrelevant,
aber in Staulagen können vereinzelt bis 10 mm innerhalb von 12 Stunden
zusammenkommen.
Längere sonnige Abschnitte sind am ehesten noch im Bereich der sich weiter nach
Süden verlagernden Hochbrücke vorstellbar, wofür der östliche Mittelgebirgsraum
und Süddeutschland in Frage kommt. Zudem kann es an den Alpen leicht föhnig
werden. Deutschlandweit ist ein Temperaturanstieg auf 3 Grad in Mittelfranken
und 9 Grad an der Nordsee zu erwarten. In windgeschützten Tallagen, in welchen
die Gradientzunahme noch nicht so recht wirksam wird, sind nur Maxima um den
Gefrierpunkt zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag überquert die Kaltfront des in den Raum Stockholm
ziehenden Randtiefs und nachfolgend der Trog das Vorhersagegebiet. Niederschläge
greifen unter Abschwächung hierdurch auch auf den Osten und Süden Deutschlands
über. Sollte der Bewölkungsaufzug nach Südosten hin erst relativ spät einsetzen,
erfolgt dort erneut eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes. In diesem
Falle besteht bei Einsetzen der Niederschläge, die durchweg in flüssiger Phase
auftreten, örtlich die Gefahr von Glatteis. Eine unwetterträchtige Glatteislage
zeichnet sich jedoch nicht ab. Abgesehen vom Südosten Deutschlands und vom
höheren Bergland sollte es in der Nacht weitgehend frostfrei bleiben.

Samstag ... zieht der Höhentrog nach Polen ab, wird aber im Nordosten noch
einmal regeneriert. Zwischen dem nach Finnland abziehendem Tief und einem
Azorenhochkeil über Frankreich strömt in unteren Schichten von Westen erwärmte,
subpolare Meeresluft aus dem neufundländischen Raum zu uns. Im Norden und Osten
geht dabei noch eine schwache Kaltfront mit etwas Regen durch, aber auch im
Südwesten ist es nicht ganz trocken. Die Meeresluftmasse ist eben recht feucht
und von Wolken angefüllt. Der Westwind bleibt recht kräftig mit steifen Böen im
Norden und im höheren Bergland. An der See und auf exponierten Bergen sind
stürmische Böen und exponiert auch Sturmböen zu erwarten.
In der Fläche wird es dank guter Durchmischung milder mit Höchstwerten zwischen
7 Grad im Vogtland und 10, 11 Grad an der Nordsee und örtlich am Rhein.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder ergeben sich keine prognoserelevanten
Unterschiede bei den Modellen. Die Gefahr von gefrierendem Regen in der Nacht
zum Samstag im Südosten Deutschlands wird neben ICON auch von EZMW(MOS)
gestützt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden