DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-11-2019 18:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 30.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Verbreitet Nachtfrost. Am Sonntag im Südwesten und Süden leichter Niederschlag,
dabei alle Phasen denkbar.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... ist ein kurzwelliger Höhenrücken dabei, unter leichtem
Amplitudenverlust von Frankreich her auf Deutschland überzugreifen. Die
zugehörige nordwest-südost-exponierte Bodenhochdruckzone verlagert sich etwas
nach Nordosten, was den äußersten Südwesten an den Rand des Tiefs OLAF (intern
genannt "OlliP") über der Biskaya bringt. Die im Wesentlichen auf WLA
zurückzuführende, weit nach Nordosten ausgreifende mehrschichtige Bewölkung (vor
allem Ch und Cm) überlaufen den Rücken und weiten sich von Frankreich und der
Schweiz her langsam nordostwärts aus. Niederschlag fällt noch keiner bzw. wenn
doch, dürfte er kaum den Boden erreichen, weil etwa zwischen 950 und 750 hPa
eine trockene Schicht vorhanden ist, in dem möglicher leichter Niederschlag
verdunstet. Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, dass nicht nur mittel-,
sondern auch niedertroposphärisch WLA am Start ist, die die 850-hPa-Temperatur
im Süden und Südwesten ziemlich deutlich nach oben bringt. Aus dem Minus kommend
steigen die Werte bis zum Morgen etwa südlich einer Linie Eifel-Passau auf 0 bis
+5°C.
Abgesehen von der Bewölkungsverdichtung im Südwesten gibt sich die Nacht teils
klar, teils hochnebelartig bedeckt. Vor allem im Norden, wo die
Grundschichtfeuchte etwas höher ist, bildet sich gebietsweise Nebel. An der
Küste können noch ein paar schwache Schauer von der See her bis ins küstennahe
Binnenland vorstoßen, sonst bleibt es im Großen und Ganzen niederschlagsfrei.
Die Temperatur geht verbreitet in den leichten, an den Alpen sowie in den
östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen stellenweise in den mäßigen
Frostbereich zurück. Unmittelbar an der See, teilweise aber auch im
norddeutschen Binnenland und im Südwesten bleibt es frostfrei, wobei knapp unter
und knapp über dem Gefrierpunkt manchmal räumlich nur minimal voneinander
getrennt sind, was die Vorhersage nicht einfacher macht. Nicht minder einfach
ist die Prognose des Parameters Glätte, sei es durch gefrierende Nässe oder
(Marcel) Reif. Dort, wo heute leichte Schauer aufgetreten sind (Erzgebirge +
Vorland, äußerster Norden), ist die Wahrscheinlichkeit für gefrierende Nässe am
höchsten, was auch offensiv gewarnt werden sollte.

Sonntag ... wird der Höhenrücken nahezu komplett glattgehobelt bei
gleichzeitiger Verlagerung nach Osten. Deutschland bringt das zunehmend auf die
Vorderseite eines stark positiv geneigten Höhentrogs, der aus einem dipolartigen
Höhentief über Westfrankreich respektive der Iberischen Halbinsel hervorgeht und
in seinem Nordteil langsam ostwärts schwenkt. Während damit die Höhenwinde mehr
und mehr auf Südwest bis West drehen, kommen sie in den unteren Luftschichten -
zumindest in der Mitte und im Süden - aus Ost bis Nordost. Das muss so sein,
weil diese Regionen südlich der o.e. Hochdruckzone liegen, die morgen Mittag
zonal über die Norddeutsche Tiefebene verläuft. Sie ist inzwischen zu einem
schmalen Brückchen "zusammengepresst" worden, das das Hoch SARENA westlich
Irlands mit dem Hoch ROMY über Rumänien und Bulgarien verbindet.
West-Südwest oben, Ost-Nordost unten bedeutet Gegenstrom und mithin (wie man
landläufig so schön sagt) günstige Aufgleitbedingungen auf der bodennahen
Kaltluftschicht. Und so verwundert es auch nicht, dass die Modelle unisono
leichte Niederschläge auf die südlichen und westlichen Landesteile von RP und
BW, das Saarland und z.T. auch noch bis in Teile Schwabens und Oberbayerns
übergreifen lassen. Dabei entpuppen sich sowohl die genaue zeit-räumliche
Verteilung als auch Phase und Intensität der Niederschläge alles andere als
trivial. Wie viel Niederschlag kommt unten tatsächlich an (schließlich dauert
es, bis die o.e. trockene Schicht gesättigt ist) und wann ist die
niedertroposphärische Warmluft bzw. die "warme Nase" durch Hebungs- und
Niederschlagsabkühlung getilgt - zwei Kernfragen, die auch heute noch nicht
abschließend und zufriedenstellend beantwortet können.
So bleibt nichts, als die Angelegenheit tendenziell etwas allgemeiner anzugehen
und ggf. mit dem Nowcast-Werkzeugkoffer zu hantieren. Schlussendlich sind am
morgigen Sonntag alle Phasen denkbar: Regen oder Sprühregen, gefrierender Regen
oder Sprühregen (sicherlich nicht verbreitet, aber lokal, wo Niederschlag durch
die trockene Schicht fallen kann und auf die bodennahe Frostluft trifft, die
sich in einigen Senken und geschützten Lagen bis weit in den Tag halten kann),
Schnee. Am nord-nordöstlichen Rand des Niederschlagsgebietes kann es sogar bis
ganz runter ein paar Schneeflocken geben (RP, Saarland), während weiter südlich
die Schneefallgrenze z.T. deutlich höher liegt.
Das Wetter der Nordhälfte ist vergleichsweise schnell erzählt. Teilweise bleibt
es längere Zeit neblig-trüb bzw. bedeckt, im schlechtesten Fall sogar ganztägig,
hier und da lockert es auch mal auf. Ein von der Nordsee sich Norddeutschland
nähernder Höhentrog forciert im Tageserlauf das konvektive Geschehen über
Wasser, was auch für das küstennahe Binnenland einzelne schwache Schauer
bedeutet. Dabei frischt der auf Nordwest drehende Wind an der Nordsee allmählich
auf, bis zum Abend sollte aber die 7-Bft-Schwelle noch nicht erreicht werden.
Das klappt besser in den Alpen, wo sich Föhn einstellt, in exponierten Hochlagen
Böen der Stärke 8-9 Bft auf das Tableau bringt. Ob es in föhnaffinen Tälern für
steife Böen 7 Bft reicht, ist angesichts der Windrichtung Südwest fraglich.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 0 bis 5°C, an der See örtlich
geringfügig darüber, im Süden und in der Mitte hier und da leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag vereinigt sich der von Frankreich und Benelux kommende
Trog mit dem Randtrog von der Nordsee her zu einem Exemplar, das weiterhin
positiv, sprich nach Südwesten geneigt ist. Dieses finale Produkt schwenkt über
den Vorhersageraum langsam hinweg in Richtung Osten. Vorderseitig werden im
Süden dynamische Hebungsprozesse ausgelöst, die aber durch überlagerte KLA
gedämpft werden. Die KLA sorgt zudem für Druckanstieg, der sich in Form eines
vom nahen Ostatlantik (Hoch SARENA) bis nach Mitteldeutschland gerichteten
Bodenhochkeil widerspiegelt - mit Folgen für den Wind, der im Süden
niedertroposphärisch von Ost-Nordost auf Nordwest rückdreht. Damit werden die am
Abend noch vorhandenen Warmluftreste im Süden durch kältere Luftmassen ersetzt,
die anfänglich im leichten Plus startende 850-hPa-Temperatur sinkt bis zum
Morgen auf rund
-4/-5°C. Die im Süden auftretenden Niederschläge ziehen sich mehr und mehr in
die Gebiete südlich der Donau bzw. zum Alpenrand zurück, wobei die
Schneefallgrenze kontinuierlich bis ganz unten absinkt. An den Alpen, im
südlichen Alpenvorland sowie im Schwarzwald reicht das für eine dünne
Schneedecke von "Überzuckerung" bis wenigen Zentimetern.
Ansonsten sei noch erwähnt, dass es von der See her noch für den einen oder
anderen Schauer reicht (meist Regen, vereinzelt Graupel), dass es in weiten
Teilen Norddeutschlands luftfrostfrei bleibt (lokal Bodenfrost => gefrierende
Nässe) und sich hier und Nebelfelder bilden. In der Mitte und im Süden zeichnet
sich vielerorts leichter, im Bergland stellenweise mäßiger Frost ab (abzüglich
einiger Regionen im Rheintal), wobei natürlich gebietsweise gefrierende Nässe
auftreten kann.
Der Wind in den Hochlagen der Alpen nimmt wieder ab, dafür frischt er aus
nordwestlichen Richtungen kommend an der Küste auf. Vor allem an der Nordsee
stehen vermehrt steife Böen 7 Bft auf der Karte, an der Ostsee wohl nur
vereinzelt.

Montag ... steigt nicht nur das Potenzial von Westen her an - es handelt sich um
die Westabdachung eines Monumentalrückens über dem Ostatlantik -, auch bodennah
steigt der Luftdruck weiter an. Der Keil verstärkt sich entsprechend bei
leichter Verlagerung nach Süden. Klingt nach "high-pressure-influence", ist es
aber nur bedingt, fließt doch von Nordwesten her ein frischer Schwall leicht
labil geschichteter maritimer Polarluft ein. Darin entwickeln sich einige Regen-
oder Graupelschauer, oberhalb etwa 300/400 m auch Schneeschauer, die ihren Weg
von den Küsten bis in den zentralen Mittelgebirgsraum finden. Eine kleine
Ausnahmestellung nimmt SH ein (besonders der Norden), wo sich durch
Skandinavienföhn abgetrocknete Luft bemerkbar macht, was mit sonnigen
Abschnitten und trockenen Verhältnissen quittiert wird. An der Küste weht
zunächst noch ein frischer Nordwestwind mit Böen 7 Bft, der am Nachmittag und
Abend aber immer mehr nachlässt.
Im Süden sind die anfangs noch an den Alpen auftretenden leichten Schneefälle zu
erwähnen, die im Tagesverlauf aber zusehends schwächer werden bzw. ganz
aufhören. Die höchste Tagestemperatur liegt bei 0°C oder sogar etwas darunter in
einigen Mittelgebirgslagen und bis zu 8°C an der Nordsee.

In der Nacht zum Dienstag greift mit der nordwestlichen Höhenströmung kräftige
WLA auf den Norden über. Die resultierende Stabilisierung bedingt ein Abreißen
der Schaueraktivität von der See her. Gleichwohl muss im zentralen, im östlichen
und im südöstlichen Mittelgebirgsraum noch mit einzelnen Schnee- oder
Regenschauern gerechnet werden.
Im Norden und Nordwesten bleibt es vielfach frostfrei, sonst stehen einmal mehr
leichte, im Bergland lokal auch mäßige Minusgrade auf dem Zettel, die ortübliche
Nebel- und Glätteproblematik inclusive.

Dienstag ... legt sich eine umfangreiche, zonal exponierte Hochdruckzone mitten
über Mitteleuropa. Die Divergenzachse verläuft etwa über die Mitte Deutschlands
und teils den Vorhersageraum - ganz grob - in zwei Teile. Im Norden advehiert
der vor allem an der See spürbar (Böen 7, exponiert 8 Bft) auffrischende
West-Südwestwind vergleichsweise milde, aber auch feuchte Luftmassen, die für
reichlich Bewölkung und mitunter auch etwas Regen oder Nieselregen sorgen.
Weiter südlich stehen die Chancen auf Sonne deutlich besser, allerdings bleibt
es teilweise auch bedeckt oder trüb. Noch ist nicht ganz klar, wie weit die
Absinkinversion nach unten gedrückt wird, aber die höheren Berglagen sollte man
sich als Sonnenrefugium durchaus schon mal vormerken.
Höchstwerte: 0°C bei zähem Nebel/Hochnebel, bis zu 8°C im Norden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Wetterentwicklung ähnlich. Die Details zum morgigen
Niederschlagsereignis im Südwesten und Süden sind allerdings noch nicht
abschließend geklärt (siehe auch Text).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann