DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-11-2019 08:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.11.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z, Übergang zu Tr M
Wechselhaft, windig und zunächst mild. Vorerst nur auf Berggipfeln Böen bis
Sturmstärke. Heute im Tagesverlauf und am Donnerstag im Westen in freien Lagen
stürmische Böen, am Freitag im Norden und Nordosten Gefahr stürmischer Böen.
Dann auf Berggipfeln Sturm- und schwere Sturmböen, exponiert orkanartige Böen.
Am Freitag an der Küste Sturmböen. In der Nacht zum Samstag abflauend.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Tiefs über den Britischen
Inseln, das aus dem Tropensturm "Sebastien" hervorging und dessen Umwandlung in
ein Zentraltief sich mittlerweile vollzogen hat. Hieraus resultiert
gesamttroposphärisch gesehen eine südwestliche, in Verbindung mit einem
nordostwärts schwenkenden Kurzwellentrog allmählich zunehmende Strömung, mit der
milde Luft nach Deutschland gelangt. Winterliche Parameter oder Nebel spielen
vorerst keine Rolle; warntechnisch rückt der Wind in den Vordergrund. Erste
Windböen treten bereits im Westen, Sturmböen auf höheren Berggipfeln auf. Im
Tagesverlauf legt der Wind zu, so dass im Westen neben Wind- in freien Lagen
auch stürmische Böen aufkommen können, Berggipfel sind dann mit Sturm- und
schweren Sturmböen dabei. In exponierte Gipfellagen (Brocken, Fichtelberg,
Feldberg/Schw., Zugspitze) sind auch orkanartige Böen möglich. In der milden
Luft steigt die Temperatur auf 7 bis 13 Grad, am Oberrhein vielleicht auch etwas
darüber.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das o.g. Zentraltief in die Deutsche
Bucht, wodurch der Gradient bei unverändert südwestlicher Strömung weiter
zulegt. Daher erfolgt auch in den mittleren Gebieten und im Südwesten eine
Windzunahme bis hin zu Windböen Bft 7, in freien Lagen sowie im Lee der
Mittelgebirge mit einzelnen stürmischen Böen. Auf höheren Berggipfeln treten
nach wie vor Sturm- und schwere Sturmböen, exponiert orkanartige Böen Bft 11
auf. Die zunehmende Labilität lässt dann einen eher konvektiven
Niederschlagscharakter erwarten. Kurze Gewitter sind aufgrund der nicht hoch
genug reichenden Labilität nur wenig wahrscheinlich, aber vor allem nach
Südwesten hin nicht ganz auszuschließen. Zumindest sollte es für kräftigere
Schauer reichen, die aufgrund des kräftigen Oberwindes (im 850 hPa-Niveau bis 60
kt) ebenfalls mit Böen bis Sturmstärke einhergehen können.

Donnerstag... verlagert sich das wetterbestimmende Tief in den Kattegat, was die
zyklonale Strömung eher auf West-Südwest und später auf West drehen lässt. Bei
unverändert kräftigem und nach Osten durchgreifenden Geradienten kommen auch in
den östlichen Landesteilen Wind- und in freien Lagen stürmische Böen auf. Im
Bergland sind nach wie vor Sturmböen Bft 9, auf Berggipfeln schwere Sturm- und
exponiert orkanartige Böen bis Bft 11 vorstellbar. Die Niederschläge sind
konvektiv geprägt bis hin zu kurzen (Graupel)gewittern, die mit Böen bis
Sturmstärke verbunden sein können. Aufgrund der landesweit gut durchmischten
Luftmasse lässt sich hierbei keine Regionalisierung vornehmen.
Für Auflockerungen sollte es allenfalls nach Osten hin sowie im Lee der Gebirge
reichen. Ansonsten hält sich rasch wechselnde, meist jedoch starke Bewölkung.
Gegenüber heute ändern sich die Temperaturen kaum.
In der Nacht zum Freitag überquert das Zentraltief Südschweden und erreicht
Gotland. Dabei wird dieses Tief in einen Trog, der vom Raum Ostgrönland über
Skandinavien hinweg nach Süden reicht, einbezogen, so dass Deutschland in den
Bereich des hieraus resultierenden Troges gelangt. Die Kaltfront dieses Tiefs
greift in der zweiten Nachthälfte von Nordwesten her auf Deutschland über und
dringt rasch bis in die mittleren Landesteile vor. Da diese Front von
Kaltluftadvektion überlaufen wird, ergibt sich nur eine geringe
Wetterwirksamkeit. Unmittelbar rückseitig lassen die Niederschläge nach und es
lockert auf; zudem flaut im Binnenland in tieferen Lagen der Wind ab. Auf
Berggipfeln muss nach wie vor mit Böen bis Sturmstärke gerechnet werden.
Mit der Verlagerung des Tiefs nach Osten rückt der Küstenbereich vermehrt in den
Fokus der Windentwicklung. Der Wind frischt an der See bis hin zu stürmischen
Böen auf, an der Nordsee erreicht der Wind in Böen Sturmstärke. Bis ins
nördliche Binnenland hinein können Windböen Bft 7 auftreten.

Freitag... bleibt die Troglage über Mitteleuropa vorerst bestehen, wobei die
Hauptachse des Troges im Tagesverlauf Ostschweden und Polen erreicht. Ein in
diesen Trog eingelagertes Höhentief verlagert sich knapp nördlich an Rügen
vorbei nach Nordwestpolen. "Herumgeholte" Warmluft lässt im Norden Niederschläge
aufkommen. Da aber in den unteren Troposphärenschichten (bis etwa 700 hPa) die
Schichtung noch einigermaßen labil ist, weisen diese Niederschläge dennoch einen
schauerartigen Charakter auf.
Aufgrund der Verlagerung des Bodentiefs nach Osten ist dann der kräftigste
Gradient im Norden und Osten Deutschlands zu erwarten, so dass dort Wind- und in
freien Lagen sowie an der Nordsee stürmische Böen auftreten. An der Ostseeküste
und im höheren Bergland sind Böen bis Sturmstärke möglich, auf exponierten
Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge muss mit schweren Sturmböen
gerechnet werden. Dabei kann ein kurzwelliger Trog, der von dem nördlich an
Rügen vorbeiziehenden Höhentief ausgeht und sich auch im Bodendruckfeld
abbildet, noch eine leichte Windzunahme herbeiführen.
Die Kaltfront des nach Gotland ziehenden Tiefs erreicht im Tagesverlauf die
Alpen. Präfrontal können, bedingt durch den Leitplankeneffekt, auch im
Alpenvorland Windböen auftreten.
Mit der Annäherung und dem Übergreifen der Kaltfront verstärken sich staubedingt
vom Schwarzwald bis zu den Alpen die Niederschläge. In Staulagen, vor allem im
Schwarzwald und im Allgäu, können um 20 mm innerhalb von 12 Stunden
zusammenkommen. Warnrelevante Niederschlagssummen sind eher unwahrscheinlich
bzw. sollten nur punktuell auftreten. Postfrontal gelangt kühlere Luft
(maritime Polarluft) in das Vorhersagegebiet, wodurch in den Mittelgebirgen
oberhalb von 800 m, im Schwarzwald und an den Alpen oberhalb von 1000 bis 1200 m
die Niederschläge in die feste Phase übergehen.
Bedingt durch die kräftige Durchmischung sind postfrontal im Nordwesten und
Norden Auflockerungen, zur Nordsee hin auch sonnige Abschnitte vorstellbar. Mit
Tageshöchsttemperaturen (die bereits präfrontal erreicht werden) zwischen 5 und
10 Grad wird es nicht mehr so mild wie bisher.
In der Nacht zum Samstag stellt sich an der Rückseite des o.g. Haupttroges eine
steile nordwestliche Strömung ein, mit der Polarluft auf zusehends kürzerem Wege
über die Alpen hinweg südwärts vorstößt. Kaltluftadvektion und das hieraus
resultierende Absinken lässt einen Zwischenhochkeil entstehen, der zumindest im
Westen und Süden Deutschlands für eine Wetterberuhigung sorgt. Somit kommt es
zunächst an einigen Küstenabschnitten sowie im östlichen Bergland noch zu
Windböen und exponiert auch zu stürmischen Böen. Bis Samstagfrüh flaut infolge
der Ausweitung des Zwischenhochs nach Osten der Wind aber auch dort ab.
Staubedingt treten an den Nordseiten der Mittelgebirge noch Niederschläge auf,
die oberhalb von 400 bis 600 m als Schnee fallen, aber nur wenige Zentimeter
Neuschnee ergeben. Am Alpenrand, wo die Schneefallgrenze bei 600 bis 800 m liegt
und bis Samstagfrüh z.T. bis in tiefere Täler absinkt, können 5 bis 10, in
Staulagen auch mehr als 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden fallen.
Ansonsten klart es verbreitet auf. Bei Tiefsttemperaturen zwischen +3 und -3
Grad ist dort, wo nach vorherigen Schauern keine hinreichende Abtrocknung
erfolgen konnte, mit Glätte zu rechnen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Hinsichtlich der an der Kaltfront im Süden Deutschlands zu erwartenden
Niederschläge ist nach COSMO-LEPS im Schwarzwald und im Allgäu eine
Überschreitung warnrelevanter Schwellenwerte in Bezug auf Dauerniederschlag
vorstellbar. Da aber in relevanten Staulagen ein der meiste Niederschlag bereits
als Schnee fällt und daher vorerst nicht abflussrelevant ist, drängt sich eine
Dauerregenwarnung vorerst nicht auf; vielmehr sollte dann der Fokus auf
Schneefallwarnungen gelegt werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann