DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-11-2019 15:30
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 24.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Neblig-trüb, in den Nächten regional Frost und Glätte. Ab der Nacht zum Dienstag
zunehmend wechselhaft, ab Mittwoch zudem auch windiger und etwas milder,
Bergland Sturm.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen den auf europäischer Bühne
dominantesten Druckgebilden mit einem im Abtropfprozess befindlichen
Tiefdruckgebiet über dem zentralen Mittelmeer, einem umfangreichen zyklonalen
Wirbel über dem Nordostatlantik und hohem Geopotential über Osteuropa. Dabei
sorgt das Tief über dem Mittelmeer dank kräftiger hochreichender Konvektion und
dem einhergehenden diabatischen Input für Geopotentialanstieg über Mitteleuropa
und somit auch über Deutschland. Diese Ausgangslage deutet auf einen ruhigen und
deutschlandweit trockenen Abend hin bei abendlichen Werten von rund 10 Grad am
Alpenrand und sonst 7 bis 3 Grad. Die Bewölkung lockert deutschlandweit teils
stärker auf mit noch dichtem Hochnebel über dem Norden und teils dichtem
Bodennebel am Südharz.
In der Nacht zum Montag ändert sich beim Blick auf die Geopotentialverteilung
wenig, wenngleich ein geringes Absinken von Frankreich/Benelux aus in den
Vorhersagefeldern zu erkennen ist. Davon abgesehen verläuft die Nacht überall
teils hochnebelartig bedeckt, teils klar. Allerdings breiten sich abgesehen vom
Norden/Nordosten (unter Hochnebel) die dichten Bodennebelfelder deutschlandweit
aus und es muss vielerorts mit Sichtbehinderungen im Straßenverkehr bzw. mit
warnwürdigen Sichtweiten von unter 150 m gerechnet werden. Die Tiefstwerte
liegen zwischen +6 Grad im Küstenumfeld und um 0 Grad bei längerem Aufklaren.
Bei regional auftretendem Frost (Luftfrost wie auch Frost in Bodennähe) muss
gebietsweise mit Straßenglätte gerechnet werden. Der Wind weht schwach aus Süd,
im Nordosten mäßig aus Südost bis Ost mit einzelnen Windböen im Umfeld der
Ostsee.

Montag ... wird ein sehr trüber Tag werden - ein Paradebeispiel für einen trüben
Novembertag. Ein in der Höhe schwach ausgeprägter Trog über Benelux schiebt sich
zögernd nach Deutschland rein und geht mit schwacher Hebung einher. Bedeutet,
dass sich die Nebel- und Hochnebelfelder aus der Nacht heraus deutschlandweit
meist gar nicht auflösen. Besonders über der Mitte deutet sich ein ganztags
trüber Tag an mit Sichtweiten von durchweg um 150 m. In den Regionen, wo der
Nebel aufgeht, ist der Übergang vom Nebelgrau in das Grau der Aufgleitbewölkung
des Troges fließend. Sonnenstrahlen sind nur lokal am Nordrand des Erzgebirges,
im Umfeld der Eifel sowie auf den höheren Berggipfeln der süddeutschen Berge zu
erwarten. Nachmittags und abends können aus dem Einheitsgrau besonders im
Nordwesten auch einzelne Tropfen fallen. Die Höchstwerte liegen je nach
Nebel-/Sonnenanteil zwischen +2 und +10 Grad mit den höchsten Werten im
Eifelumfeld und am direkten Alpenrand. Der Wind weht schwach aus Süd bis Südost.


In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog weiter nach Deutschland und erreicht
auch die Mitte. Eingelagert in die zunehmend auf West drehende Strömung ist ein
schwaches Frontensystem, das in Verbindung mit der geringen synoptisch-skaligen
Hebung des Troges für ein breites Band mit leichten Niederschlägen sorgt. Deren
Intensität ist innerhalb der Numerik dank der schwachen/diffusen
synoptisch-skaligen Hebungsimpulse noch sehr inhomogen verteilt, sodass ein
Schwerpunkt der Niederschläge noch nicht herausgearbeitet werden kann (ICON im
Süden, IFS im Norden). Auf jeden Fall sollte man sich abgesehen vom äußersten
Osten überall auf etwas Niederschlag einstellen, der meist als Regen fällt und
nur auf höheren Alpengipfeln zeitweise in Schneeregen oder Schnee übergeht.
Etwas diffiziler verläuft die Frage der Nebelausbreitung. Einerseits kommt ein
zusätzlicher Feuchteeintrag durch den Niederschlag ins Spiel, andererseits wird
die Troposphäre etwas besser durchmischt und geringfügig labiler. Daher muss
besonders über der Mitte und dem Süden erneut vielerorts mit teils dichtem Nebel
gerechnet werden. Die Tiefstwerte liegen zwischen +7 und +2 Grad und der Wind
weht schwach bis mäßig aus Süd, im Nordosten aus Südost.

Dienstag ... richtet sich der Blick gen Westen, wo die komplexe und vollendete
Interaktion zwischen dem ehemaligen Tropensturm "Sebastien" und einem
außertropischen Tief in ein großräumiges und kräftiges Sturmtief münden soll,
das tagsüber südlich von Irland in Richtung Bretagne/westliche Ärmelkanal zieht.
Deutschland gelangt zunehmend auf die Vorderseite dieses umfangreichen Wirbels
und daher in eine südwestliche Strömung mit steigender Schichtdicke. Aus
heutiger Sicht verbleiben wir jedoch noch im diffluent konturierten Bereich des
Höhenjets, sodass mit keiner signifikanten Windzunahme in der mittleren und
oberen Troposphäre über Deutschland zu rechnen ist. Fraglich ist daher, wie
zügig die Nebel- und Hochnebeldecke von Südwesten angeknabbert wird. ICON zeigt
sich noch sehr zurückhaltend, während IFS nur noch den Nordosten im trüben
Dauergrau belässt. Auf jeden Fall aber muss bis zur Mittagszeit deutschlandweit
mit einem trüben Start in den Dienstag gerechnet werden. Zeitweise regnet es
leicht, wobei sich der Schwerpunkt der Niederschläge zunehmend in den Osten
verschiebt und besonders im Südwesten bleibt es nachmittags meist trocken. Im
Westen und Nordwesten können jedoch bis zum Abend einzelne Tropfen fallen.
Nachmittags und abends lockert die Bewölkung dann voraussichtlich im Südwesten
und Süden stärker auf und hier sind die höchsten Wahrscheinlichkeiten für die
eine oder andere Sonnenstunde zu finden. Der dichte Bodennebel sollte sich im
Tagesverlauf über der Mitte zunehmend lichten und mehr die Kammlagen der
Mittelgebirge betreffen. Im Südwesten und Westen können bei etwas Sonnenschein
Höchstwerte von 12 Grad erreicht werden und liegen sonst zwischen 7 und 10 Grad.
Der Südwind weht meist schwach, im Bergland zunehmend böig. Auch im Lee der
Eifel sind einzelne Windböen aus Süd nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Mittwoch driftet das Sturmtief unter allmählicher Auffüllung
nach England und drückt von Frankreich und Benelux ein okkludierendes
Frontensystem in den Westen Deutschlands. Besonders im Nordosten gibt es die
größten Wahrscheinlichkeiten für "klare Momente", bevor auch hier die Bewölkung
nach Mitternacht von Westen dichter wird. Ansonsten schließt sich die
Wolkendecke deutschlandweit zügig von Westen und nachfolgend fällt längere Zeit
Regen, der durchweg in der flüssigen Phase erwartet wird. Besonders über der
Mitte und dem Südosten muss mit teils dichtem Bodennebel gerechnet werden und
das bei Tiefstwerten zwischen +8 und +2 Grad (mit leichtem Frost in Bodennähe im
Südosten). Der Südwind frischt abgesehen vom Nordosten etwas auf und weht im
Bergland böig, exponiert auch stürmisch. Im Nordosten hingegen wird ein nur
schwacher Wind aus Südost erwartet.


Mittwoch ... zeigt sich etwas dynamischer, aber weiterhin meist grau und trüb.
Das kräftige Tief über England driftet unter Auffüllung nur langsam nach Osten
und lenkt in rascher Folge mehrere Hebungs- und Feuchtefelder über Deutschland
hinweg. Wiederholt fällt längere Zeit Regen, der am Alpenrand oberhalb von 1500
m meist als Schnee fällt. Der Südwestwind dreht besonders im Bergland und im
Südwesten/Westen deutlich auf mit böigem Wind im Tiefland (Bft 7, vereinzelt Bft
8) und Sturmböen im höheren Bergland (Bft 9, exponiert Bft 10). Allerdings steht
hinter der Windentwicklung noch ein dickes Fragezeichen, da die Verlagerung des
Sturmtiefs noch unsicher ist. Die Höchstwerte liegen zwischen 8 und 15 Grad mit
den höchsten Werten entlang des Oberrheins.

Die Nacht zum Donnerstag verläuft unverändert wechselhaft und besonders im
Westen windig, im Bergland stürmisch (exponiert mit schweren Sturmböen).
Grundsätzlich schwächen sich die Niederschläge nach Osten zu ab, sodass die
höchsten Mengen besonders im Westen erwartet werden. Die Tiefstwerte liegen
zwischen +8 und +4 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis in die Nacht zum Dienstag stimmen die Modelle bezüglich der Lage und
Intensität der jeweiligen Druckgebilde gut überein. Erst mit der komplexen
Interaktion zwischen dem Tropensturm "Sebastien" und einem außertropischen Tief
und der anschließenden Entwicklung in ein kräftiges Sturmtief vor Irland beginnt
die Numerik etwas zu "verzweifeln". Das Sturmtief weist am Mittwoch in der
Numerik eine hohe Varianz der Druckminima auf, die je nach Modell über der
Doggerbank oder Irland zu finden sind. Für Deutschland äußern sich diese
Unsicherheiten eher in der Frage, wie schnell die Hochnebel- und Nebelbewölkung
von Südwesten verdrängt wird. Dass es im Verlauf der Kurzfrist von Westen
wechselhafter wird ist unstrittig. Besonders die Windentwicklung am Mittwoch ist
noch unsicher dank der fraglichen Intensitätsentwicklung und Zugbahn des
Sturmtiefs. Aus heutiger Sicht ist besonders das Bergland von Sturmböen
betroffen.
Die Grenzschicht bietet bezüglich der Nebelfrage besonders bis Dienstag große
Unsicherheiten mit Blick auf die Schwerpunkte, die eher erst in der Nowcast
gelöst/beantwortet werden können.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy