DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-07-2016 09:00
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.07.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM
Im Südosten und Osten Dauerregen, örtlich ergiebig. Ansonsten häufig Schauer und
Gewitter mit Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Langwellentroges,
der sich von der Nordsee über Benelux bis nach Südfrankreich erstreckt. Im
Tagesverlauf kommt der Trog unter weiterer Verkürzung seiner Wellenlänge noch
ein wenig nach Osten (Achse um 18 UTC: Deutsche Bucht - Westdeutschland -
Schweiz - Golf von Genua) voran und weitet sich nach Süden aus. Dabei verstärken
sich vor allem im diffluent konturierten Isohypsenfeld auf dessen Vorderseite
nordöstlich der scharf ausgeprägten Trogspitze die Advektions- und
Hebungsvorgänge vor allem zum Nachmittag und Abend hin erheblich und
beeinflussen zunehmend den Südosten, im weiteren Verlauf auch den Osten des
Landes.
West- und Norddeutschland geraten dagegen zunehmend in den Einflussbereich
erwärmter Polarluft, die hochreichend labil geschichtet ist. In 500 hPa sinken
die Temperaturen bis zum Abend in der Westhälfte auf unter -20 Grad, in 850 hPa
auf etwa 6 Grad.
Im Bodenfeld kommt es mit dem Trogvorstoß über dem Golf von Genua zu einer
Zyklogenese, so dass der knapp südöstlich von uns verlaufende und verwellende
Frontenzug, der die mäßig warme Meeresluft und der sehr warmen und potentiell
instabilen Luftmasse subtropischen Ursprungs weiter östlich trennt, erst einmal
in etwa quasistationär bleibt. Somit dauern die eher skalig geprägten, im
Tagesverlauf aber wieder teilweise konvektiv durchsetzten Niederschläge im
Südosten im Großen und Ganzen weiter an, klingen lediglich am Vormittag und
Mittag vorübergehend ab. Mit sich verstärkender Hebung und aufgrund der
Aufgleitprozesse am Nordrand der Genua-Zyklone nimmt die Intensität der
Regenfälle am Nachmittag und Abend an den Alpen und im Alpenvorland wieder zu.
Auch einzelne Gewitter mit Starkregen um 15 mm in kurzer Zeit sind nicht
ausgeschlossen, wenngleich aufgrund der recht stabilen Schichtung eher weniger
zu erwarten.
Zudem verschärft sich mit der Zyklogenese der Druckgradient im Süden etwas, so
dass es zum Abend hin vor allem auf den Alpen- und Bayerwaldgipfeln einzelne
stürmische Böen oder Sturmböen (Bft. 8 bis 9) aus Nordwest geben kann.
Im übrigen Land lebt im Tagesverlauf die Schauertätigkeit wieder auf. Dabei
treten auch Gewitter, lokal eng begrenzt mit Starkregen, eventuell auch mit
kleinkörnigem Hagel und starken bis stürmischen Böen auf. Schwerpunkte der
Gewittertätigkeit lassen sich momentan schwer abschätzen. Die ppw-Werte liegen
im Westen etwas unter, im Osten etwas über 25 mm, die ML-Cape allgemein zwischen
200 und 600 J/kg. Starkregen und kleinem Hagel kann somit quasi bei jedem
stärkeren Gewitter auftreten, die höheren ppw-Werte in der Osthälfte werden
vielleicht durch die geringfügig höhere Zuggeschwindigkeit der Gewitter ein
wenig kompensiert. Signale für Starkregenfälle über 25 mm in einer bzw. über 35
mm in sechs Stunden (Unwetter) gibt eigentlich nur COSMO-DE-EPS am Thüringer
Wald, am Erzgebirge und in Nordostbrandenburg, auch der deterministische Lauf
des COSMO-DE bzw. das WRF 4 km haben kleinräumig immer wieder derartige Mengen
auf der Karte. Ansonsten simulieren die Modelle sechsstündige Mengen unterhalb
der Warnschwellen für Unwetter.
Etwas begünstigt dürften die Küstenregionen bleiben. Dort gibt es weniger
Schauer und die Sonne lässt sich häufiger blicken. Die Temperaturen steigen in
der einströmenden mäßig warmen Meeresluft auf Werte zwischen 17 und 23 Grad, in
der Lausitz können mit etwas Sonne auch bis zu 25 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Trog ein wenig ostnordostwärts,
von Nordwesten her greift ein weiterer Randtrog auf Benelux über.
Trogvorderseitig führen PVA und WLA weiterhin zu markanten Hebungsprozessen, die
auch den äußersten Südosten und zunehmend Osten Deutschlands tangieren.
Im Bodenfeld schwächt sich das Genuatief ab, dafür kommt es über der Adria und
vor allem über dem nördlichen Balkan verstärkt zu Druckfall, das daraus
resultierende Bodentief verlagert sich bis Donnerstagfrüh nach Südpolen, weist
also eine klassische Vb- Zugbahn auf. Die intensivsten (überwiegend skaligen)
Regenfälle verlagern sich somit im Laufe der Nacht vom Alpenraum über das
ostbayerische Bergland nach Ostthüringen, Sachsen und Südostbrandenburg
(Lausitz). ICON-Nest und COSMO_EU simulieren dabei im Alpenraum, im
ostbayerischen Bergland und vom Erzgebirge bis zur Lausitz Mengen von über 25 mm
in 12 Stunden, stellenweise (vor allem COSMO_EU im ostbayerischen Bergland und
im Erzgebirge) auch mehr als 40 mm (Unwetter). PEPS zeigt geringe
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 40 mm / 12 h im Oberpfälzer Wald, am
Erzgebirge und in der Lausitz. GFS und ECMWF simulieren maximal markante
Regenmengen.
Im übrigen Land klingen die Schauer und Gewitter im Laufe der Nacht allmählich
ab. Komplett zum Erliegen dürfte die Schauertätigkeit im Trogbereich aber nicht
kommen. Vor allem der oben angesprochene Randtrog weiter westlich hält die
Schauertätigkeit aufrecht. Während die meisten Modelle aber keine warnrelevanten
Mengen mehr auf der Karte haben, simuliert COSMO_EU knapp nördlich der Eifel bis
über 35 mm in sechs Stunden, COSMO-DE-EPS hat Signale für mehr als 35 mm vor
allem in Nordhessen und im nördlichen Rheinland-Pfalz auf der Karte.
Hier und da lockern die Wolken stärker auf, dann kann sich Nebel bilden.


Donnerstag... verläuft die Achse des Langwellentroges direkt über Deutschland
hinweg südwärts. Dabei sind im Isohypsenfeld zwei markante Randtröge erkennbar.
Der südöstliche Randtrog verlagert sich aus der ehemaligen Trogspitze heraus von
der nördlichen Adria über Südostdeutschland hinweg bis zum Abend nach
Südwestpolen. Vor allem an dessen Nord- und Ostflanke kommt es weiterhin zu
markanten Hebungsprozessen. Ein weiterer Randtrog zieht von Benelux nach
Nordwestitalien.
Im Bodenfeld kann sich das VB-Tief weiter vertiefen, kommt aber kaum nordwärts
voran und befindet sich am Abend in etwa über Zentralpolen. Der Schwerpunkt der
Niederschläge an dessen Westflanke verlagert sich vom ostbayerischen Bergland
und Erzgebirge allmählich in die Oder-Neiße Region. Die stärksten Niederschläge
(nach COSMO_EU und ICON-Nest bis über 100 mm) dürften über Polen fallen, dennoch
simulieren beide Modelle auch an der deutsch-polnischen Grenze noch Mengen bis
über 40 mm in 12 Stunden (Unwetter). COSMO-DE von 03 UTC hat in der Lausitz -
ebenfalls an der polnische Grenze - sogar 12stündige Mengen bis 90 mm auf der
Karte. Auch PEPS zeigt Wahrscheinlichkeiten von 20 bis 40% für
Dauerregen-Unwetter nahe der polnischen Grenze.
GFS und ECMWF simulieren die höchsten Mengen dagegen knapp weiter östlich.
Mengen im markanten Warnbereich für Dauerregen haben aber im Grenzgebiet zu
Polen alle Modelle auf der Karte.
An der Westflanke des Tiefs verschärft sich der Druckgradient vor allem über dem
Osten Deutschlands, selbiges gilt für das Nordseeumfeld, da sich durch die
nördliche Überströmung des Norwegischen Gebirges im Bodenfeld ein Leetrog über
dem Skagerrak bzw. Kattegat ausbildet. Somit ist vor allem in der Lausitz, am
Nachmittag dann auch im Nordwesten mit starken, Richtung polnischer Grenze und
in exponierten Küstenlagen auch mit stürmischen Böen aus Nordwest zu rechnen,
auch auf den Gipfeln der östlichen Mittelgebirge und auf den Alpengipfeln gibt
es stürmische Böen oder Sturmböen.
Das übrige Vorhersagegebiet verbleibt im Einflussbereich der labil geschichteten
Meeresluft, wobei die Luftmasse mehr und mehr direkt aus dem Nordmeer zu uns
geführt wird. Die Temperatur in 850 hPa geht auf Werte um 5 Grad zurück und auch
die ppw-Werte liegen nur noch zwischen 16 und 23 mm. ML-Cape wird vor allem im
äußersten Westen (westlich des Rheins) und Südwesten simuliert, dort dürfte sich
auch die Hauptschaueraktivität abspielen. Kurze Gewitter sind ebenfalls möglich,
wobei die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und kleinem Hagel aber abnimmt.
Vereinzelt sind aber starke bis stürmische Böen innerhalb der Gewitter möglich.
Auch im Nordwesten lebt mit Annäherung des Bodentroges die Schauertätigkeit
etwas zu, kurze Gewitter mit Böen Bft. 7 bis 8 nicht ausgeschlossen.
Die Sonne dürfte sich vor allem in den mittleren Landesteilen häufiger zeigen,
dort gibt es auch kaum Schauer. Die Höchstwerte bewegen sich allerdings nur noch
zwischen 15 und 19 Grad, mit etwas Sonne können knapp 20 Grad erreicht werden,
im Dauerregen bleibt es teils unter 15 Grad kühl.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Randtrog über Südwestpolen zur
südlichen Ostsee, der über Nordwestitalien zieht nach Mittelitalien. Dadurch
kommt die Achse des Langwellentrogkomplexes etwas nach Osten voran und das
Vorhersagegebiet gerät zunehmend auf dessen Rückseite.
Im Bodenfeld weitet sich von Frankreich her ein Hochkeil nach Südwestdeutschland
aus. Das Vb-Tief zieht von Zentralpolen zur südöstlichen Ostsee. Somit klingen
auch die Niederschläge an dessen Westflanke über der Osthälfte ab, warnwürdige
Mengen werden in der Nacht nicht mehr simuliert.
Die Advektion polarer Meeresluft erreicht im Laufe der Nacht ihren Höhenpunkt,
die Temperatur in 850 hPa geht auf für die Jahreszeit ungewöhnlich niedrige
Werte zwischen 2 und 5 Grad zurück. Mit der mehr auf Nordwest drehenden
Bodenströmung setzen an den Alpen leichte Staueffekte ein, in den Frühstunden
kann es gebietsweise bis auf 2000 m und knapp darunter schneien.
Ansonsten gibt es in der höhenkalten Meeresluft noch vereinzelte Schauer,
eventuell auch ein kurzes Gewitter, wobei Starkregen kein Thema sein sollte. Vor
allem im Südwesten lockern die Wolken auch mal stärker auf, wobei sich dann
Nebel bilden kann.
Der Wind weht vor allem im Nordwesten und auf den Gipfeln der östlichen
Mittelgebirge (inklusive Brocken) noch in Böen stark, exponiert auch stürmisch
aus Nordwest.


Freitag... verlagert sich der Langwellentrog weiter ostwärts und von Westen her
greift ein Höhenrücken bis zum Abend auf Nordwestdeutschland über.
Im Bodenfeld kann sich somit der Hochkeil weiter nach Deutschland ausweiten und
verstärken. Mit der nordwestlichen Bodenströmung wird aber weiterhin Meeresluft
polaren Ursprungs advehiert, die im Osten und Südosten in der Nähe zum Trog auch
noch labil geschichtet ist (meist aber unter 100 J/kg ML-Cape). Die ppw-Werte
gehen - außer im Osten und an den Küsten - auf unter 20 mm zurück.
Insgesamt sind somit nur noch vereinzelt kurze Schauer zu erwarten, im Westen
und Südwesten bleibt es meist trocken. Gewitter sind - wenn überhaupt - am
ehesten noch von Sachsen bis Bayern möglich. An den Alpen kann es in Staulagen
auch noch länger regnen, ICON-Nest und COSMO-EU simulieren dort bis knapp über
10 mm in 12 Stunden.
Der Wind frischt vor allem im Norden und Osten tagesgangbedingt nochmals auf,
vereinzelt kann es starke Böen (Bft. 7) aus Nordwest geben, an den Küsten und
auf exponierten Gipfeln auch stürmische Böen (Bft. 8).
Die Sonne zeigt sich am ehesten im Westen und Südwesten - wobei sich dort
allerdings die Quellwolken an der Absinkinversion in 800 hPa zeitweise auch
horizontal ausbreiten und Einstrahlung verhindern können - sowie an den Küsten.
Die Höchstwerte bewegen sich meist zwischen 14 und 19 Grad, mit Sonne können im
Westen bzw. Südwesten bis 21 Grad erreicht werden. Im Stau der Alpen bleibt es
dagegen eher noch kühler.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren eine der deutschen Modellkette ähnliche
Wetterentwicklung. Selbst die Zugbahn des Vb-Tiefs und die räumliche Verteilung
der daran gebundenen Niederschläge werden von den externen Modellen ähnlich
simuliert. Allerdings ist noch unklar, ob die unwetterartigen Mengen nur bis
knapp östlich von Oder und Neiße reichen (wie vom GFS und ECMWF simuliert) oder
bis knapp in den Vorhersagegebiet hinein (wie von der deutschen Modellkette
simuliert). Die Unterschiede betragen weniger als 100 km, betreffen aber leider
genau das deutsch-polnische Grenzgebiet.
Von einer Unwetterwarnung bzw. einer Vorabinformation wurde (ausgenommen die
Alpen) aber erst einmal abgesehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff