DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-11-2019 18:30
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In den Alpen anfangs Föhnsturm, auch an den Küsten und im östlichen Bergland
stürmischen. Nachfolgend Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... bestimmt ein Langwellentrog das Wettergeschehen. Dieser erstreckt
sich vom Nordmeer über Westeuropa bis an die Küste Marokkos und Algeriens. Er
ist flankiert von zwei sehr starken und umfangreichen Hochdruckgebieten über dem
Atlantik nördlich der Azoren und über Westsibirien. Zwischen diesen beiden
Systemen herrscht in weiten Teilen Europas niedriger Luftdruck. Für unser
Wettergeschehen relevant ist vor allem ein Tiefdruckgebiet, das heute Abend über
dem Löwengolf erwartet wird. Zu erwähnen ist noch, dass sich im Bereich des
Troges über Westeuropa mäßig kalte Meeresluft recht weit in den Süden
ausgebreitet hat, während milde Luft über dem Westen Russland sehr weit in den
Norden vorgedrungen ist. Höhenströmung und Bodentief haben an den Alpen Föhn zur
Folge, was zum einen Sturm in unseren Bergen bedeutet, zum anderen erwärmt sich
derzeit die Luftmasse über dem Süden Deutschlands sehr stark. Bodennah kommt der
Wind über Deutschland aus östlicher Richtung, da zwischen die großskaligen
Systeme (Tief Südwesten, Hoch Osten) keine weiteren bedeutenden Druckextrema
mehr eingelagert sind. Der Gradient ist aber in Bodennähe nicht sehr stark, so
dass zunächst in tieferen Lagen keine Windwarnungen nötig sind. Allerdings lebt
auch im östlichen Bergland der Wind zunehmend auf. Trotz des niedrigen
Luftdrucks haben wir derzeit kein Wetter im engeren Sinne über Deutschland.
Regenfälle beschränken sich auf Frankreich und die westlichen Alpen, wo es vor
allem im Südstau zu erheblichen Regenfällen kommt, in höheren Lagen fällt viel
Neuschnee. Über Deutschland ziehen lediglich hohe und mittelhohe Wolken von
Westen her auf.

In der Nacht zum Freitag schwenkt auf der Vorderseite des beschriebenen
Langwellentroges ein Kurzwellentrog vom Löwengolf über die Westalpen bis nach
Südwestdeutschland. In diesem Zusammenhang verlagert auch das Tief über dem
Löwengolf sein Zentrum nach Südwestdeutschland, wobei hier auch noch die
Leewirkung der Alpen verstärkend hinzu kommt. Folglich verstärkt sich auch der
Föhn in der Nacht weiter. Nach MOSMIX werden auf unseren Alpengipfeln teils
Orkanböen erwartet, auf der Zugspitze sogar bis zu 160 km/h. Zudem wird der Föhn
dann auch stärker in die Täler durchbrechen, was in entsprechend anfälligen
Lagen durchaus stürmische Böen zur Folge haben sollte, vereinzelt auch
Sturmböen. Auch im östlichen Bergland bleibt es windig mit Sturmböen in den
Gipfellagen, im Lee des Erzgebirges kann es steife Böen bis in mittlere Lagen
geben. Mit Verlagerung des Tiefs nach Südwestdeutschland verstärkt sich auch
bodennah der Gradient über Deutschland, vor allem im Nordosten. Dort frischt der
Ostwind auf und bringt an der Küste steife bis stürmische Böen, an besonders
ostexponierten Küstenabschnitten sind auch einzelne Sturmböen nicht
ausgeschlossen. Bei rein ablandigem Wind reicht es dagegen kaum für steife Böen.
Auch in der Nacht bleibt es verbreitet trocken, allerdings dehnen sich die hohen
und mittelhohen Wolken auf weite Teile des Landes aus, im Nordosten sollen
dagegen tiefe Wolken aufziehen. Somit reicht es allenfalls in höheren
Mittelgebirgslagen für Frost. Nur im Alpenvorland, wo wohl nur dünne Cirren den
Mond verschleiern, kann es etwas verbreiteter leichten Frost geben. Die
Nebelneigung sollte recht gering sein, zumal die Luftmasse etwas abgetrocknet
ist und abgesehen vom Südwesten auch der Wind spürbar ist. Die relativ geringe
Feuchte spricht auch nicht für Glättebildung.

Am Freitag ... weitet sich der Trog über Westeuropa weiter nach Süden aus und
tropft allmählich ab, so dass sich ein umfangreiches Höhentief mit Kern über
Westfrankreich bildet. Der erwähnte Kurzwellentrog schwenkt dabei weiter nord-
bis nordwestwärts über Westdeutschland und Benelux. Damit zieht auch der Kern
des Tiefs Richtung Nordwesten zum Ärmelkanal, von diesem aus erstreckt sich dann
eine Rinne über den Nordwesten Deutschlands bis zum Südosten, wo ein
Leetiefresiduum verbleibt. Somit kann sich am östlichen Alpentand auch der Föhn
halten, wenn auch unter allmählicher Abschwächung. Im westlichen Alpengebiet
bricht er dagegen am Nachmittag zusammen, dort setzt sich Druckanstieg durch. Im
Tagesverlauf schwächt sich dann auch der Wind im östlichen Bergland ab. Die
Küsten verbleiben dagegen bis zum Abend weiterhin in einem recht starken
Gradient, so dass dort wohl erst am Abend die Böen etwas schwächer werden.
Ansonsten setzen sich vor allem im Südwesten des Landes umlaufende Winde durch.
Im Südwesten, dort wo der Föhn zusammengebrochen ist, kann dann mitunter auch
der Regen von der Alpensüdseite aus übergreifen, so dass es am Nachmittag vom
Allgäu bis nach Nordbaden etwas regnen kann. Die Schneefallgrenze sollte über
1000 m bleiben, wenngleich sich von Westen wieder etwas kältere Luft im
Südwesten Deutschlands durchsetzt. Im übrigen Land bleibt es trocken, häufig
dominieren aber Wolken das Himmelsbild. Vor allem im Südwesten und Norden sind
auch viele tiefe Wolken dabei, im übrigen Land nur mittelhohe und hohe, so dass
dort eher mal mit kurzen Wolkenauflockerungen gerechnet werden darf. Im Osten
und Südosten Deutschlands kann sich morgen auch mal die föhnig erwärmte
Luftmasse etwas Richtung Bodennähe durchsetzen, so dass dort Höchstwerte über 10
Grad möglich werden, am Alpenrand zwischen Wendelstein und Untersberg sind sogar
15 Grad vorstellbar.

In der Nacht zum Samstag löst sich auch das östliche Leetief von den Alpen ab
und verlagert sich rasch nach Norden, so dass bis zum Morgen ein Tief über
Schleswig-Holstein liegt. Damit wird der ursprünglich noch vorhandene
Druckgradient an der Nordflanke des Tiefs nach Norden gedrückt und der Wind an
den Küsten schwächt sich ab. In der Norddeutschen Tiefebene setzt sich
Südwestwind durch, während ganz im Süden eher schwachwindige Verhältnisse
herrschen. Vor allem im Bereich des Westwindes, zunächst diagonal vom Westen bis
ins Alpenvorland, später zonal über der nördlichen Mitte Deutschlands bildet
sich durch die Gegenstromsituation (in der Höhe Südostwind) ein Regengebiet. Bei
850-hPa-Temperaturen um 0 Grad können sich in den Hochlagen der Mittelgebirge
auch mal ein paar Schneeflocken in den Regen mischen, messbare Neuschneehöhen
wird es aber nur in den Abendstunden in den Alpen oberhalb 1000 bis 1200 m
geben. Im Verlauf der Nacht können im Süden Deutschlands die Wolken auflockern,
während es im Norden recht dicht bleibt/wird. Bei auflockernder Bewölkung kann
es im Süden wieder örtlich leichten Frost geben, vor allem im Alpenvorland bzw.
im Bergland. Insbesondere wo es geregnet hat steht wieder mehr Feuchte zur
Verfügung, so dass sich wieder etwas mehr Nebel bilden kann (die
Windverhältnisse sind ja auch schwach), zudem steigt auch die Glättegefahr,
zumal eventuell auch noch Restnässe auf den Straßen sein wird.

Am Samstag ... verändert sich an der Höhenkonstellation nicht viel. Das
Höhentief kommt geringfügig nach Osten voran und das Bodentief verlagert sich
weiter nordwärts nach Dänemark. Damit setzt sich auch ganz im Norden Südwestwind
durch, der an den Küsten mitunter in Böen steif bis stürmisch wehen kann. Die
kräftige südliche Höhenströmung weht noch über das östliche Alpengebiet, was
Richtung Salzburg und Oberösterreich wieder ein Leetief entstehen lässt. Damit
gibt es im Südosten Deutschlands teils eine nördliche Windkomponente und vom
Schwarzwald bis zum Erzgebirge bildet sich eine flache Hochdruckbrücke mit
schwachen Winden. Etwas stürmisch kann es noch in den Hochlagen der
Berchtesgadener Alpen sein, für Föhndurchbruch in den Tälern sollte es aber
nicht reichen. Im Norden verlagert sich das Regengebiet dem Tief folgend
allmählich nordwärts, so dass es am Abend nur noch ganz im Nordwesten regnet.
Insgesamt ist im Norden kaum mit Sonne zu rechnen, auch ganz im Süden nicht,
weil durch den nördlichen Wind feuchte Luft an die Alpen gedrückt wird. Somit
beschränken sich föhnige Aufheiterungen auf höhere Berglagen. Allerdings kann
sich über den mittleren Landesteilen eine größere Auflockerungszone mit etwas
Sonne bilden. Das Temperaturniveau ist weiterhin jahreszeitgemäß mit
Höchstwerten meist zwischen 5 und 10 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Tief weiter nach Norden, so dass der
Norden Deutschlands zunehmend aus dem Bereich des stärkeren Gradienten kommt und
sich dort die Hochdruckbrücke durchsetzt. Gleichzeitig sorgt ein über Sardinien
und Korsika nordwärts laufender Kurzwellentrog für eine heftige Zyklogenese im
Golf von Genua. Der Süden Deutschlands gelangt in den Bereich dieses Tiefs, so
dass dort der Wind auf Nordost dreht und vor allem im Bergland stärker
auffrischt. Da auch Warmluftadvektion auf den Süden Deutschlands übergreift
verdichten sich die Wolken von Süden her immer mehr und in der zweiten
Nachthälfte kann es im Südwesten zu regnen anfangen. Aus dem Norden zieht
dagegen der Regen nach Norden ab und es kommt in der Nordhälfte zu größeren
Auflockerungen. In den Auflockerungsgebieten kann sich dann vereinzelt auch
Frost einstellen, vor allem im Bergland. Auch örtliche Nebelfelder sind
vorstellbar.

Ganz anders sieht es dagegen in und um Oberitalien aus. Das erwähnte Tief sorgt
über den Seegebieten für teils schweren Sturm und der Südoststurm wird einmal
mehr für "acqua alta" in der Lagune von Venedig sorgen. Zudem kommt es wieder
verbreitet zu heftigen Regenfällen, in den Hochlagen der Süd- und Westalpen zu
starken Schneefällen.


Am Sonntag ... verlagert sich der Trog in seinem südlichen Teil weiter nach
Osten Richtung Italien, so dass sich bei uns allmählich eine südöstliche
Höhenströmung einstellt. Das Tief verlagert sich Richtung Alpen und bildet im
Tagesverlauf einen Zwilling über der Alpennordseite. Ganz Deutschland gelangt im
Tagesverlauf in dessen Zirkulationssystem, so dass der Wind meist auf Nordost
dreht und vor allem im östlichen Bergland in höheren Lagen stürmisch weht.
Kräftige Warmluftadvektion sorgt von Süden her verbreitet für viel Bewölkung,
Niederschläge sind aber nach ICON nördlich der Alpen kaum zu erwarten. Von Osten
setzt sich wieder eine mildere Luftmasse durch. Südlich der Alpen geht es
dagegen auch am Sonntag tagsüber turbulent weiter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis Samstag sind die vorliegenden Globalmodelle recht ähnlich. Am Sonntag lässt
das IFS (00 UTC) das Tief aus dem Süden viel schneller nach Norden ziehen als
ICON und GFS (vielleicht als Wiedergutmachung für das vergangene Wochenende?).
Da zudem auch die Höhenströmung viel zyklonaler ist, sollen auch Niederschläge
auf Deutschland übergreifen und für einen regnerischen Tag sorgen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Peter Hartmann