DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-11-2019 18:01
SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Vorübergehend leichter Hochdruckeinfluss, erst im Laufe des Montags von
Nordwesten her wieder zyklonaler.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... interessiert sich in Deutschland wohl kaum einer für´s Wetter, läuft
doch in der Bundesliga gerade der deutsche "Klassiko" Bayern vs. BvB. Kein
schlechtes Spiel, zumindest von der Ansetzung her, aber natürlich kein Grund, an
dieser Stelle auf meteorologische Ausführungen zu verzichten. 365 Tage in Jahr
gibt es die abendliche SynÜbKf (Synoptische Übersicht Kurzfrist), also auch
heute Abend.
Aktuell befinden wir uns nach weitgehend zyklonalen Tagen auf Kurs
Zwischenhocheinfluss, und das, obwohl wir von einer stattlichen Anzahl kleiner
Tiefdruckgebiete umzingelt sind: CARLETTO II über der Nordsee, CARLETTO IV über
der Ostsee, CARLETTO III über Italien und noch DETLEF der Erste, der von England
nach Frankreich rüberwechselt. Vier Druckminima in relativ naher Nachbarschaft,
aber eben nicht direkt über dem Vorhersageraum - die Chance, ein regionales
Druckmaximum zu generieren. Genutzt wird sie von keiner Geringeren als PALOMA,
der Taube, die genau über Deutschland ihre Zelte aufschlägt bei gerade mal 1010
hPa "plus/minus". Sie sorgt für eine ruhige Novembernacht, wobei sie von einem
kleinen Höhenrücken unterstützt wird, der zwischen dem sich über Deutschland
allmählich abflachenden Höhentrog und einem sich über Westeuropa südwärts
ausweitenden neuen Trog (mit eingelagertem Höhentief) auftut.
So hört es im Osten und Nordosten alsbald auf zu regnen bzw. nieseln, und auch
sonst werden die anfänglich noch auftretenden Schauer respektive örtlichen
Regenfälle immer weniger. Einzig an Nord- und Ostsee sorgen der vor die
ostfriesische Küste ziehende C. II sowie der sich in Richtung Gotland
verabschiedende C. IV für eine latente Schauerwahrscheinlichkeit, die ab und zu
auch ausgeschöpft wird. Über der Nordsee können sogar mal Blitz und Donner dabei
sein, müssen aber nicht.
Im größten Teil des Landes verläuft die Nacht trocken und mit zunehmenden
Wolkenauflockerungen. In feuchter Grundsicht bildet sich nicht nur vielerorts
dichter Nebel (vor allem, aber nicht ausschließlich in der Südhälfte), es kühlt
sich zudem verbreitet bis in den leichten, im Allgäu sogar bis in den mäßigen
Frostbereich ab. Ausgenommen vom Frost ist ein Streifen vom nordwestlichen
Niedersachsen bis nach MV bzw. ins nördliche BB, wo entweder noch zu viele
Restwolken vom Tage rumdödeln oder diese zu spät auflockern.
Vorsicht, wo noch Restnässe vom Tage vorhanden ist oder sich bei negativer Luft-
und Belagstemperatur Nebel bildet, besteht die Gefahr von Glätte durch
gefrierende Nässe. Dort, wo es bei Aufklaren und negativer Temperatur nebelfrei
bleibt, kann es vereinzelt ebenfalls glatt werden, in diesem Fall durch Reif.
Fast vergessen, süd-südöstlich des Nordseetiefs C. II frischt der südliche Wind
mitunter böig auf, was den Ostfriesischen Inseln und Helgoland die eine oder
andere steife Böe 7 Bft bescheren könnte. Nun gut, man hat dort sicherlich schon
stürmischere Herbsttage erlebt.

Sonntag ... bleibt es bei der zyklonalen Umzingelungstaktik. Tiefdruckgebiete,
meist nur von räumlich kleinem Format, wo das Auge hinschaut (Referenz 12 UTC):
im westlichen Mittelmeer DETLEF II, über Frankreich DETLEF I, über der Nordsee
der extrem zähe CARLETTO II sowie östlich und nordöstlich von uns seine Brüder
C. III und IV - mehr geht fast nicht. Okay, es gilt auch noch den Kollegen ELVIS
zu begrüßen, der sich bereits am heutigen Samstag südlich von Kap Farvel
(Südgrönland) nachhaltig in Stellung bringt und sich zu einem veritablen
Sturmtief mit Kerndruck unter 960 hPa (Sonntagmittag) aufplustert. Er kommt
gerade mal bis in die westliche Irminger See voran, was zu weit weg ist, um uns
in irgendeiner Form zu beeinflussen. Dass wir trotz der zahlreichen Tiefs
trotzdem einen hochdruckbeeinflussten Novembersonntag erleben werden, haben wir
der im wahrsten Sinne des Wortes schlanken und schmächtigen PALOMA sowie dem
korrespondierenden, auch nicht gerade vor Kraft strotzenden Höhenrücken zu
verdanken. Völlig unscheinbar liegt sie inmitten des Tiefdruckkarussells über
Deutschland, wo die gerade etwas über 1010 hPa auf die virtuelle Waage bringt -
das entspricht so eben dem mittleren Luftdruck der Atmosphäre auf Meereshöhe,
der normgemäß bei 1013,25 hPa liegt. Man sieht, es kommt nicht immer auf den
absoluten Luftdruck an.
Wettermäßig wird es in einigen Regionen etwas dauern, bis sich Nebel oder
Hochnebel aufgelöst haben, und bei windschwachen bis windstillen
Rahmenbedingungen steht zu befürchten, dass das nicht überall klappen wird.
Insbesondere in einigen Flussniederungen Süddeutschlands (z.B. Donauniederung),
aber auch in der Mitte droht zumindest gebietsweise ein dauergrauer Sonntag.
Ansonsten besteht aber die berechtigte Chance auf mehr oder weniger Sonne, wobei
der Westen und Nordwesten, aber auch Teile Ostdeutschlands sowie die Alpen und
das höhere Alpenvorland allerbeste Karten besitzen. Dass es dabei trocken
bleibt, versteht sich von selbst, lediglich unmittelbar an der Küste besteht
nach wie vor eine gewisse Schauerneigung.
Das Thema "Wind" an und auf der Nordsee dürfte bis spätesten zum Mittagessen
gegessen sein, so dass der Tag warnfrei über die Bühne geht. Die Temperatur
erreicht ihr Maximum am frühen Nachmittag, je nach Sonnenscheindauer reicht es
für 5 bis 9°C, bei Dauergrau nur für rund 3°C.

In der Nacht zum Montag bleibt das Geschehen vor Ort antizyklonal geprägt, was
in dieser Jahreszeit "Grenzschichtmeteorologie" bedeutet. Übersetzt heißt das
einmal mehr die Bildung bzw. Ausbreitung von Nebel oder Hochnebel, teils aber
auch klare bis gering bewölkte Verhältnisse. Die meisten Wolken dürfte es im
äußersten Nordwesten geben, wo CARLETTO II einfach nicht aufgeben will. Dabei
sind auch noch einzelne Schauer möglich. Während es im äußersten Norden sowie
wahrscheinlich auch am Niederrhein weitgehend frostfrei bleibt, stehen im großen
Rest des Landes negative Tiefsttemperaturen bis zu -5°C, am Alpenrand lokal
etwas darunter, auf der Karte.

Montag ... wandert der Höhenrücken unter Abflachung langsam nordostwärts ab und
auch die tapfere PALOMA verabschiedet sich angesichts eisnetzenden Druckfalls in
die ewigen Jagdgründe unscheinbarer, aber wirkungsvoller Zwischenhochs. Dem
Rücken folgt von Nordwesten her ein neuer Höhentrog, der sich bis nach
Südfrankreich ausdehnt. Deutschland gelangt im Laufe des Tages auf seine
Vorderseite unter eine südwestliche Höhenströmung, die zwar zunehmend zyklonale
Konturen annimmt, hinsichtlich dynamischer Hebungsantriebe aber noch ein paar
Wünsche offen lässt, was nicht zuletzt an der trogvorderseitig auftretenden
leichten KLA liegt.
Weil sich das Kerntief ELVIS nicht richtig von der Irminger See trennen kann,
bedarf es eines oder gar zweier Teiltiefs, um bei uns wettermäßig den Fuß in die
Tür zu bekommen. Sie bilden sich an der langgestreckten Okklusion und liegen um
12 UTC knapp westlich der Färöers sowie über der westlichen Nordsee. Die Front
wird heute etwas beschleunigter simuliert als gestern noch, sie dürfte im Laufe
des Nachmittags den Nordwesten erreichen. Bis zum Abend wird es zwischen
Nordfriesland und Eifel anfangen leicht zu regnen. Zudem legt der südliche Wind
an und auf der Nordsee sowie in einigen exponierten Hochlagen merklich zu mit
Böen 7-8 Bft, vereinzelt vielleicht 9 Bft.
Während es im Westen und Nordwesten im Tagesverlauf also immer wolkiger wird,
stellt sich im übrigen Deutschland eine Mischung aus teils zähem Nebel/Hochnebel
und längerem Sonnenschein ein, wobei die Chancen dafür im Osten am besten
stehen. Temperaturmäßig ist wenig Bewegung im Spiel, 3 bis 9°C werden es in der
Spitze.

In der Nacht zum Dienstag drehen sich die beiden Teiltiefs um eine gemeinsame
Achse gegen den Uhrzeigersinn. Dabei übernimmt das westliche Tief den Hauptpart,
es findet sich am frühen Morgen knapp östlich von Firth of Forth vor der
schottischen Küste wieder. Die Okklusion kommt mit dem zugehörigen Regen noch
etwas weiter ost-südostwärts voran, schwächt sich dabei aber mehr und mehr. In
den Hochlagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge sowie vielleicht auch
im Oberharz kann es anfangs etwas schneien. Postfrontal entwickeln sich vor
allem über und an der Nordsee zahlreiche Schauer oder kurze Gewitter.
Abgesetzt vom frontalen Regen setzt - angefacht von leichter WLA - zwischen
Alpenrand und Bayerischem Wald ebenfalls leichter Niederschlag ein, teils als
Regen, teils als Schnee. Ob kurzzeitig sogar mal die gefrierende Regenphase
dabei ist, ist noch sehr unsicher, zumal es im Vorfeld nicht ausreichend kalt
wird (nur leichter Frost, der durch Gegenstrahlung alsbald getilgt wird). Wenn
vereinzelt etwas geht auf diesem Sektor, dann am ehesten im Bayerischen Wald.
Apropos Frost, der ist längst nicht mehr so prominent vertreten wie die Nacht
zuvor. Im Süden und Südosten sowie in höheren Lagen geht es noch mal in den
leichten Frostbereich zurück, sonst dürften die Temperaturen im Plusbereich
bleiben.
Der südliche bis südwestliche Wind weht an der Küste frisch mit Böen 7-8 Bft, in
exponierten Kamm-, Kuppen- und Gipfellagen der Mittelgebirge wird es stürmisch
mit Böen 8-9 Bft, auf dem Blocksberg sogar bis 10 Bft.

Dienstag ... verlagert sich der Höhentrog langsam gen Mitteleuropa, während das
o.e. Teiltief von der westlichen Nordsee in Richtung Deutsche Bucht zieht. Dabei
spült es Meereskaltluft subpolaren Ursprungs nach Deutschland (T850 -1 bis
-4°C), in der sich Regen- oder Graupelschauer, im Bergland einzelne
Schneeschauer entwickeln. Auch ein paar kurze Gewitter sind möglich. Unklar ist
derzeit noch, was mit den Niederschlägen im Südosten passiert. Von
Intensivierung bis Aufhören ist noch alles drin.
Bei guter Durchmischung steigt die Temperatur mit Ausnahme des höheren Berglands
auf 5 bis 10°C. Dazu weht besonders an der Küste sowie in höheren Lagen ein
flotter Süd- bis Südwestwind mit Böen der Stärke 7-8 Bft, exponiert 9 Bft.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Entwicklung wird sehr ähnlich simuliert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann