DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-11-2019 18:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Novembrig nasskühl mit einigen Vorhersageunschärfen bei warnarmer Wetterlage.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC nach dem ICON-Modell
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Aktuell ... bestimmt ein umfangreicher Langwellentrog das Wettergeschehen. Unter
diesem liegt der Nordostatlantik, West- und Mitteleuropa und im Süden reicht er
bis nach Algerien und Tunesien. In diesen Langwellentrog hinein erfolgt über dem
Atlantik westlich der Britischen Inseln ein neuer Kaltluftvorstoß (T500 teils
-35 Grad). Damit kommt es im Raum Irland zu einer Zyklogenese. Deutschland liegt
derzeit im Bereich schwacher Luftdruckgegensätze am Rande eines Tiefs über dem
Baltikum. Von diesem ausgehend erstreckt sich innerhalb einer sehr flachen Rinne
eine Okklusion, die noch sehr langsam über der Mitte Deutschlands südwärts
vorankommt. Zudem sorgt ein Kurzwellentrog, der sich aber kaum noch verlagert,
für geringen Hebungsantrieb, so dass es vor allem über der Mitte des Landes noch
zu meist leichten schauerartigen Regenfällen kommt. Auch abseits der Okklusion
besteht in der sehr feuchten Luftmasse marginale Labilität, was vor allem im
Süden und über der Nordsee noch für einige Schauer sorgt. Auch ansonsten ist in
dem zyklonalen Umfeld die Bewölkung meist geschlossen oder weist nur wenige
Lücken auf. Mit Werten knapp über 0 Grad in 850 hPa ist die Luftmasse im Süden
für die Jahreszeit durchschnittlich temperiert, im Norden sickert mit 0 bis -4
Grad etwas kältere Meeresluft ein, was sich aber bodennah kaum bemerkbar macht.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Langwellentrog über Westeuropa weit
südwärts aus und bis zum Morgen etabliert sich ein neues Drehzentrum über der
Irischen See. Auf der Vorderseite fällt der Druck weiter und daraus resultieren
gleich zwei Tiefs, wovon eines am Morgen über Südostengland zu liegen kommt, das
andere an der Irischen Südküste. In der Höhe gelangen wir dabei auf die
diffluente Vorderseite des westlichen Teils des Langwellentroges und bodennah
beeinflusst dann das Englandtief unser Windfeld. Damit drehen die zunächst
schwachen Winde von West auf Südost und leben vor allem im westlichen Bergland
schon ausgangs der Nacht etwas auf. Das okkludierte Frontensystem erreicht den
Westen Deutschlands aber noch nicht. Vielmehr sorgen die Okklusionsreste über
der Mitte Deutschlands noch für etwas Niederschlagsgeplänkel und vor allem über
der See reicht die Labilität noch für ein paar Schauer. Wolkenauflockerungen
gibt es dagegen im Süden, wo es auch schwach föhnig wird. Auch über dem Land
zwischen den Meeren gibt es einige Auflockerungen. Dort kann es gebietsweise zu
leichtem Bodenfrost reichen, kaum aber zu Luftfrost. Im kontinental geprägteren
Süden wird - zumindest in Alpennähe - auch in 2 m Höhe hier und da die
Temperatur unter den Gefrierpunkt sinken. Ansonsten können sich in den
Auflockerungsgebieten in Anbetracht der feuchten Luft und des schwachen Windes
auch Nebelfelder bilden. In den bewölkten Regionen wird es mitunter im höheren
Bergland ziemlich trüb.

Am Donnerstag ... stößt der westliche Teil des Langwellentroges weiter nach
Südosten vor und wird der dominierende Teil des gesamten Trogsystems. Über
Deutschland nimmt die weiterhin diffluente Höhenströmung an Stärke zu und am
Nachmittag schwenkt ein markanter Kurzwellentrog über dem Westen Deutschland
nordwärts. Das östliche Bodentief verlagert dabei seinen Schwerpunkt über
Südostengland hinweg zur westlichen Nordsee. Der Wind weht dabei über
Deutschland weiterhin aus Südost, im Westen dreht er nach Durchgang der
Okklusion auf Süd bis Südwest. Dabei frischt er im Westen noch etwas auf, so
dass es im westlichen Bergland gebietsweise zu steifen Böen kommen kann, in
exponierten Lagen auch zu stürmischen Böen. Auf dem Brocken können es auch
einzelne Sturmböen werden, auch in den Alpen verstärkt sich der Föhn noch etwas,
so dass zumindest in Hochlagen mit Sturmböen zu rechnen ist. Die oben schon
erwähnte Okklusion kommt von Südwesten her in etwa bis zur Landesmitte voran und
sorgt für leichte Regenfälle, die nach Osten hin immer schwächer werden, da die
Front von KLA überlaufen wird. Vor allem im Nordwesten ist der Hebungsantrieb
durch den Kurzwellentrog etwas stärker, dort können vielleicht um die 5 l/qm
zusammenkommen. Richtung Südosten zeigt sich nach Nebelauflösung sogar mal
länger die Sonne, vor allem im föhnig aufgeheiterten Alpenvorland. Allerdings
bricht mit Aufzug der Okklusion und Winddrehung auf West der Föhn am Nachmittag
von Westen her auch schon wieder zusammen. Die etwas kältere Luft aus dem Norden
wird wieder abgedrängt, zudem sorgt der Wind für etwas Durchmischung, so dass
die Temperatur im Vergleich zu heute etwas höher liegen wird.

In der Nacht zum Freitag schwenkt die Okklusion weiter nach Nordosten, leidet in
ihrem Südteil aber unter Auflösungstendenzen. Das östliche Tief bleibt über der
Nordsee liegen, das westliche über Nordfrankreich. Mit weiterem Trogvorstoß ins
westliche Mittelmeer entsteht ein drittes Bodentief über dem Ligurischen Meer.
Regenfälle gibt es zunächst noch an der Okklusion im Nordwesten, diese ziehen
aber im Nachtverlauf nach Norden ab. Der Süden gelangt dagegen in den
Einflussbereich des Ligurientiefs, so dass dort der Wind auf nordöstliche
Richtung dreht, was zusammen mit der zunehmend südsüdwestlichen Höhenströmung
(die auch immer kräftiger wird) für den allmählichen Aufbau einer Gegenstromlage
sorgt. Damit könnte in der zweiten Nachthälfte über dem Süden Deutschlands
gebietsweise wieder leichter Regen einsetzen. Einige Wolkenauflockerungen kann
es ganz im Osten geben, sowie später auch nach Durchzug der Okklusion im Westen.
Dort ist es für Nebelbildung aber wohl noch etwas zu windig, im Osten könnten
sich eher einzelne Nebelfelder bilden. Für Frost ist es in der Nacht zum Freitag
wohl überall zu mild. Bleibt noch zu erwähnen, dass über den Nordwesten auch
etwas Höhenkaltluft gerät, was aber nicht für nennenswerte Labilität ausreicht,
zudem sickert in tiefen und mittleren Troposphärenschichten recht trockene Luft
ein. Über der See, wo es über dem Wasser wärmer ist und viel Feuchte zur
Verfügung steht, kann es aber für einzelne Gewitter reichen, die am ehesten mal
Helgoland erreichen.

Am Freitag ... sind die östlichen Teile des ursprünglichen Langwellentroges
allmählich von der Wetterkarte verschwunden, so dass sich das ganze System jetzt
als einziger langwelliger Trog präsentiert, dessen Achse am Abend den Westen
Deutschlands erreicht. Er greift dabei weit nach Süden aus bis nach Algerien.
Die südliche Höhenströmung über Deutschland schwächt sich im Tagesverlauf ab, je
näher wir an die Achse des Troges kommen. Bodennah wird das Ligurientief immer
mehr wetterbestimmend. Zunächst bildet sich nördlich der Alpen in Südostbayern
ein Leetief aus, so dass bis zum Abend ein System mit zwei Kernen entsteht,
dessen einer dann über Oberitalien liegt, während der zweite nach Oberösterreich
zieht. Auf der Vorderseite des letzteren gelangt vorübergehend noch einmal
deutlich mildere und etwas föhnig erwärmte Luft in den Südosten Bayerns, bevor
diese nach Österreich abgedrängt wird. Im Westen geht dagegen unter Einfluss des
Troges die Temperatur noch etwas zurück. Damit kommt es über dem Süden
Deutschlands zur Frontogenese, zudem hält die Gegenstromlage an bzw. weitet sich
noch weiter nach Norden aus, wo das Nordseetief immer weniger Einfluss hat. In
der Folge dehnen sich auch die Niederschläge bis nach Norden aus und erreichen
am Abend den Nordosten. Am westlichen Rand des Regengebiets, wo in 850 hPa -2
Grad erreicht werden, kann mitunter auch mal die Schneefallgrenze bis auf 700 m
absinken. Ganz im Osten sowie im Westen des Landes bleibt es dagegen trocken.
Der Wind dreht, wie schon angedeutet, fast überall auf Nordost bis Nordwest. In
der ersten Tageshälfte gibt es aber über dem östlichen Alpengebiet noch
Föhnsturm. Die genaue Lage und Ausprägung hängt aber von der exakten Position
der Druckgebilde ab und ist somit noch etwas unsicher.
In der Nacht zum Samstag ändert sich an der Höhensituation nur wenig. Das
Bodentief zieht unter leichter Abschwächung zur Neiße, während sich durch KLA an
dessen Südflanke über dem Alpenvorland ein Hochkeil ausbildet. Dieser trennt
dann das Tief auch von seinem Zwilling über Oberitalien, der an Intensität
verliert. Landesweit drehen bei uns die Winde auf westliche Richtungen, wobei
sie mitunter an der Westflanke des Tiefs mal böig auffrischen, wohl aber nicht
warnwürdig. Von Westen sickert fast überall (vom äußersten Nordosten abgesehen)
die etwas kältere Meeresluft mit -2 Grad in 850 hPa ein. Das heißt aber auch,
dass an der Westflanke des Niederschlagsgebiets weiterhin Schnee bis in Lagen um
etwa 700 m fallen kann, wenn die Intensität des Niederschlags hoch genug ist.
Dieser verlagert sich in der Nacht von den Alpen weg etwas nordwärts und erfasst
bis zur zweiten Nachthälfte auch die Ostsee. Gebietsweise können nach ICON dabei
durchaus 10 bis 15 l/qm fallen, vor allem auf einer Linie vom Bodensee bis nach
Vorpommern (im Süden aber schon tagsüber). Im Westen bleibt es auch in der Nacht
trocken. Zudem soll es dort größere Wolkenauflockerungen geben, was dann
verbreitet Bodenfrost zur Folge hat, im Bergland auch Frost in 2 m Höhe.

Am Samstag ... verlagert sich die Achse des Troges bis in die Osthälfte
Deutschlands, ihr folgt ein kurzwelliger Rücken. Dieser entsteht zwischen dem
alten Langwellentrog und einem an dessen Westflanke nach Süden schießenden
weiteren Trog, der für Regeneration des ganzen Systems sorgt. Während von Westen
her das Potenzial schon steigt, mogelt sich trotzdem noch ein flaches Bodentief
von den Niederlanden her nach NRW. Dieses soll im Westen für einige Regentropfen
sorgen. Das Tief im Osten zieht dagegen zur Ostsee ab und mit ihm auch die
Regenfälle. An seiner Westflanke kann der Westwind mitunter böig auffrischen,
was vor allem an der Ostsee eventuell für eine Windwarnung sorgen könnte.
Ansonsten weht der Wind meist aus westlichen Richtungen, im Bereich des Tiefs
über NRW schwach und umlaufend. Auch zwischen den Regengebieten sollen sich nur
wenige Wolkenauflockerungen durchsetzen, in Verbindung mit der relativ kühlen
Luftmasse werden nirgendwo mehr 10 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der Entwicklung der teils recht kleinräumigen Tiefs gibt es noch
größere Unterschiede, was deren Stärke, Position und zeitlichen Verlauf
betrifft. Insbesondere das zum Ende des Vorhersagezeitraums nach Norden ziehende
Vb-Tief wird bei ICON wesentlich schneller simuliert als bei IFS (00 UTC) oder
GFS (06 UTC). So hat ICON das Tief bis Samstagmittag schon bis zur schonischen
Küste verlagert, während es bei IFS über dem westlichen Polen liegt, bei GFS
sogar noch über dem südwestlichen Polen. Demensprechend bringen die
letztgenannten Modelle auch den Regen später, aber in ähnlicher Stärke und bei
IFS auch in einem ähnlichen Streifen, bei GFS dagegen etwas östlicher. Somit
haben wir zunächst doch noch mit einigen Vorhersageunschärfen zu leben, die sich
aber glücklicherweise im Rahmen eines relativ ungefährlichen und damit warnarmen
Wettergeschehens bewegen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Peter Hartmann