DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-11-2019 17:01
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.11.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unbeständig und sukzessive kühler. Am Donnerstag auf einigen Gipfeln Sturmböen,
sonst keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines
"breitgelatschten" Höhentrogkomplexes, der sich von Nordeuropa über Deutschland
und Frankreich bis ins westliche Mittelmeer erstreckt. Dessen Achse reicht dabei
vom Baltikum über Nord- und Westdeutschland bis nach Zentral- bzw.
Südwestfrankreich. Im Laufe der Nacht kommt der Südteil des Troges ein wenig
nach Osten voran, wodurch sich der Trog als Gesamtgebilde etwas aufsteilt.
Großräumige dynamische Hebungsantriebe sind in seinem Einflussbereich kaum mehr
auszumachen.
Die mit dem Trog korrespondierende flache Tiefdruckrinne über Norddeutschland
behält im Gegensatz zum Trog überwiegend ihre zonale Ausrichtung und kommt
geringfügig nach Süden voran. Sie erstreckt sich morgens in etwa von
Nordbrandenburg bis zum Niederrhein. Mit dem Aufsteilen des Troges kommt die
Gegenstromlage nördlich der Rinnenachse mehr und mehr zum Erliegen und die
Regenfälle im Norden des Landes verlieren weiter an Intensität, dazu verlagern
sie sich in den unmittelbaren Rinnenbereich über der Norddeutschen Tiefebene und
dem nördlichen NRW. Dort werden bis Mittwochfrüh meist 3 bis 7 mm in 12 Stunden
simuliert, lediglich punktuell vor allem Richtung Ostvorpommern nochmals bis an
die 10 mm (nach GFS von 06 UTC sogar knapp darüber).
Während in den Norden und Westen nördlich der Trogachse nach und nach etwas
stabiler geschichtete maritime Polarluft einsickert (T850 hPa in den Frühstunden
zwischen -4 und 0 Grad), befindet sich der Rest des Landes noch im
Einflussbereich leicht labil geschichteter Luftmassen (-27 Grad in 500 hPa,
knapp über 0 Grad in 850 hPa). Zwar ist die Höhenströmung in 500 hPa unmittelbar
trogvorderseitig recht glatt und sogar eher konfluent konturiert, dennoch sind
hier und da kleinräumige DPVA- bzw. IPV-Maxima auszumachen, die etwas Hebung
generieren, so dass es - am ehesten wohl im Südwesten und anfangs auch in der
"nördlichen Mitte" - noch einzelne Schauer gibt, ein kurzes Gewitter speziell in
den Abendstunden nicht ausgeschlossen.
An der Nordflanke eines flachen Bodentiefs über Norditalien fällt im Bayerischen
Alpenraum anfangs noch Regen, ab etwa 900 bis 1000 m auch Schnee, mit dem
allmählichen Auffüllen dieses Tiefs lässt der aber im Laufe der Nacht nach.
Ansonsten können die Wolken vor allem in der Mitte und im Süden auch mal
auflockern. Bei relativ hohen Taupunkten (aktuell meist 3 bis 6 Grad) sollte
Frost - außer an "Extremstandorten" wie irgendwelche Hochtäler) kein Thema sein,
dafür kann sich häufig Nebel bilden. Sollten die Wolken von Dänemark her in den
Frühstunden auch schon im nördlichen Schleswig-Holstein auflockern, kann es dort
im Einflussbereich der mit niedrigeren Taupunkten ausgestatteten Luftmasse
eventuell für Bodenfrost reichen. Etwas dagegen spricht allerdings der spürbare
Nordostwind, der anfangs an exponierten auflandigen Küstenabschnitten eventuell
sogar noch warnrelevant (Bft 7) ist.

Mittwoch ... kommt der Trog allmählich weiter nach Osten voran und füllt sich
vor allem über Mitteleuropa weiter auf. Derweil kann sich ein Trog zwischen
Grönland und Irland durch kräftige rückseitige KLA regenerieren und sich
südostwärts auswieten, wobei südwestlich von Island ein Höhentief austropft und
sich bis Mittwochabend ins Seegebiet nordwestlich von Irland verlagert. Auf
dessen Vorderseite beginnt die Strömung über Westeuropa etwas aufzusteilen und
bekommt auch über dem Vorhersagegebiet bis zum Abend einen leicht antizyklonalen
"Touch".
Entsprechend kommt es auch im Bodenfeld zu Druckanstieg, der in Süddeutschland
etwas stärker ausfällt als im Norden, die flache Tiefdruckrinne kommt noch ein
wenig nach Süden, etwa bis in die mittleren Landesteile, voran, füllt sich aber
mehr und mehr auf. In ihrem Einflussbereich bleibt es überwiegend stark bewölkt
bis bedeckt mit weiteren unergiebigen Regenfällen, die sich auch auf den
zentralen Mittelgebirgsraum ausweiten, wobei bis zum Abend meist unter 5 mm,
lediglich in einigen Staulagen etwas mehr fallen. Nördlich der Rinne gibt es
kaum mehr Niederschläge, vor allem in Schleswig-Holstein und an der Nordsee
lockern die Wolken auch mal stärker auf.
Der Süden und Südosten verbleiben noch im Einflussbereich potenziell instabiler
Luftmassen, wobei eventuell vorhandene kleinräumige dynamische Hebungsantriebe
noch schwächer ausfallen dürften als am Vortag. Dennoch sollte es für einzelne
Schauer reichen, vielleicht sogar mal für ein kurzes Gewitter. Dazwischen
lockern die Wolken aber auch stärker auf.
Im Einflussbereich der skandinavischen Kaltluft werden im Norden meist nur noch
Höchstwerte zwischen 6 und 9 Grad erreicht. In der Mitte und im Süden bleibt es
mit 8 bis 12 Grad etwas milder.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Höhentrog über Westeuropa Richtung
Britische Inseln und Westfrankreich aus, dessen Drehzentrum befindet sich
morgens über dem Südosten Irlands. Die relativ glatte Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet steilt somit wieder auf und dreht auf Südwest.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief kann sich aufgrund recht markanter
trogvorderseitiger differentieller PVA vertiefen und nimmt aufgrund eines
Hebungsmaximums unmittelbar vorderseitig der scharfen Trogspitze Dipolstruktur
an mit Drehzentren (um 06 UTC) ebendort, nämlich über Südostengland sowie knapp
nördlich des Höhentiefs, über der Irischen See. Das zunehmend okkludierte
Frontensystem erreicht in den Frühstunden den Ostausgang des Ärmelkanals und hat
bis dahin den Westen Frankreichs bereits überquert.
Im Vorhersagegebiet verlagern sich die Niederschläge entlang der ehemaligen
Tiefdruckrinne in den mittleren Landesteilen mit der auf Südwest bis Süd
drehenden niedertroposphärischen Strömung wieder ein wenig nach Norden und
schwächen sich weiter ab, dabei kommen wenige mm in 12 Stunden zusammen. Im
Norden und Süden bleibt es unterschiedlich bewölkt und es gibt kaum Regen oder
Schauer (am ehesten vielleicht noch durch schwachen Lake Effekt an der
vorpommerschen Ostseeküste). Mit Annäherung des Frontensystems frischt der auf
Süd bis Südost rückdrehende Wind wieder etwas auf, ist aber wohl auch in den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge noch nicht warnrelevant.
Vor allem im Norden kann es im Einflussbereich der dorthin advehierten
skandinavischen Kaltluft bei längerer Zeit aufgelockerter Bewölkung gebietsweise
leichten Frost oder zumindest Bodenfrost geben. Aber auch in dafür
prädestinierten Lagen im Süden und Südosten des Landes kann Frost nicht
ausgeschlossen werden. Nebel sollte sich dagegen verbreiteter ausbilden.

Donnerstag ... verlagert der Höhentrog sein Drehzentrum nach England und die
erste Teiltrogachse greift von Frankreich und Belgien her am Nachmittag bzw.
Abend auf Westdeutschland über. Dabei wird die Trogachse allmählich von KLA
überlaufen, wodurch die trogvorderseitigen Hebungsprozesse abgeschwächt werden.
Das Bodentief behält zwar seine Dipolstruktur, beide Drehzentren "tummeln" sich
aber um das Höhentief herum, so dass es sich insgesamt allmählich auffüllt. Die
Okklusion greift am Nachmittag mit leichten Regenfällen auf den Westen
Deutschlands über, bis zum Abend kommt der Regen bis etwa zur Mitte voran, dabei
fallen lediglich im Westen, bevorzugt in Staulagen, gebietsweise mehr als 5 mm.
Der Wind legt mit Annäherung der Okklusion weiter zu, in den Kamm- und
Gipfellagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge gibt es stürmische Böen,
exponiert Sturmböen, zunächst aus Süd bis Südost, nach Frontpassage im Westen
bzw. Südwesten aus Südwest. Eventuell reicht es auch über der offenen Nordsee
vorübergehend für steife Böen (Bft 7) aus Südost. Mit Frontpassage nehmen die
Niederschläge im Westen eher konvektiven Charakter an, da relativ rasch die
Höhenkaltluft folgt (abends bereits -30 Grad in 500 hPa und -1 Grad in 850 hPa
im äußersten Westen), sind auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen, wobei es
vor allem dann auch mal Böen Bft 7 bis 8 bis nach "ganz unten" geben kann.
An den Alpen wird es mit der auf Süd bis Südwest drehenden Höhenströmung
"föhnig", ob es für warnrelevante Böen auf dafür anfälligen Gipfeln reicht, ist
aber noch fraglich.
Vor allem im Südosten, in erster Linie im Alpen- und Erzgebirgsvorland, kann
sich länger die Sonne durchsetzen, sonst bleibt es eher bewölkt. Die Temperatur
in 850 hPa steigt präfrontal wieder etwas an, auf Werte zwischen 0 Grad an der
Ostsee und +4 Grad im Alpenvorland. Das reicht für Höchstwerte zwischen 7 Grad
gebietsweise im Norden bzw. Nordosten und 14 Grad am Alpenrand, eventuell auch
in der Oberlausitz.

In der Nacht zum Freitag kommt der Trog unter Amplitudengewinn nur zögernd nach
Osten voran und erstreckt sich morgens nach Süden bis zur algerischen Küste. Die
Trogachse kommt bis dahin nach Frankreich voran, die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet steilt somit noch etwas auf. Mit der Ausweitung des Troges nach
Süden wird vorderseitig der scharf konturierten Trogspitze über dem Löwengolf
markante Hebung generiert und führt zu einer Zyklogenese; das daraus
resultierende Bodentief befindet sich Freitagfrüh knapp nördlich von Korsika.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Prozesse füllt sich der Bodentiefdipol über
England weiter auf, übrig bleibt eine Tiefdruckrinne, die sich von der
westlichen Biskaya über Südengland und der südlichen Nordsee bis nach Dänemark
erstreckt mit Drehzentren über der Deutschen Bucht und über dem Westausgang des
Ärmelkanals. Das okkludierte Frontensystem kommt über dem Vorhersagegebiet
allmählich nach Osten voran, zeigt aber innerhalb der föhnigen südsüdwestlichen
Höhenströmung mangels dynamischen Hebungsantriebes mehr und mehr
Auflösungstendenzen und bringt kaum mehr Niederschläge. Mit der Zyklogenese
weiter südlich setzen allerdings von der Schweiz her im äußersten Süden des
Landes Niederschläge meist leichter Intensität ein, wobei es im Allgäu oberhalb
von 1000 bis 1300 m schneit.
Der Westen und Nordwesten Deutschlands geraten zunehmend in den Einflussbereich
höhenkalter Luftmassen, die Temperatur in 500 hPa sinkt dort auf -28 bis -31
Grad. Vor allem in der Peripherie des zur Deutschen Bucht ziehenden Tiefs, also
im Nordseeumfeld, gibt es gebietsweise schauerartige Regenfälle, wobei auch das
ein oder andere Gewitter nicht ausgeschlossen werden kann.
Der Wind spielt warntechnisch kaum eine Rolle, für eine ausgeprägte Föhnlage ist
der Gradient zu flach, dabei reicht es höchstens auf exponierten Alpengipfeln
für Böen Bft 8 bis 9 aus südlichen Richtungen. Auch die übrigen
Mittelgebirgsgipfeln dürften wohl nur ganz vereinzelt warnrelevante Böen
bekommen. Eine Ausnahme stellt die Nordseeküste dar: An der Südflanke des
Bodentiefs verschärft sich vor allem in der zweiten Nachthälfte und morgens der
Druckgradient, so dass es dort steife Böen (Bft 7), in exponierten Lagen
(Helgoland) eventuell auch stürmische Böen (Bft 8) aus Süd, später Südwest geben
kann. Das Ganze ist allerdings noch mit kleineren Unsicherheiten behaftet, da
die genaue Lage und Intensität des Bodentiefs von Modell(lauf) zu Modell(lauf)
leicht unterschiedlich simuliert wird.
Im Rest des Landes bleibt es meist bewölkt, hier und da gibt es mal größere
Lücken, dann bildet sich örtlich Nebel. In ungünstigen Lagen kann auch leichter
Frost oder Bodenfrost nicht ausgeschlossen werden.


Freitag ... kommt die Achse des Langwellentroges vor allem mit ihrem Südteil
über dem westlichen Mittelmeerraum weiter nach Osten voran und nimmt nun eine
meridionale Ausrichtung an. Mit dem Trogvorstoß in den westlichen Mittelmeerraum
dreht die Strömung über dem Vorhersagegebiet auf Süd und verstärkt sich noch
etwas, dabei wird durch die Überströmung der Alpen über dem Norden Österreichs
eine Lee-Zyklogenese in Gang gesetzt. Da das Leetief von allen Modellen recht
einheitlich knapp östlich von Salzburg simuliert wird, dürfte der Föhn im
Vorhersagegebiet warntechnisch keine Rolle mehr spielen.
Das Tiefdruckgebiet nördlich von Korsika verlagert sich Richtung Adria, markante
Hebungsprozesse führen zu ergiebigen Niederschlägen in den Südalpen (von
Südtirol bis ins Friaul). An der Westflanke des Lee-Tiefs weiten sich die
Niederschläge vom äußersten Süden Deutschlands aufgrund der sich einstellenden
Gegenstromlage (Nord am Boden, Süd in der Höhe) allmählich nach Nordosten, über
Mittelfranken bis nach Oberfranken bzw. dem Erzgebirgsvorland, später eventuell
auch bis nach Sachsen-Anhalt bzw. Südbrandenburg (nach Lesart des GFS bis in den
Berliner Raum) aus. Ganz im Südosten Bayerns bleibt es wohl noch trocken. Dabei
können vor allem vom Allgäu bzw. Oberschwaben bis zur Donau gebietsweise mehr
als 10 mm in 12 Stunden fallen, warnrelevante Mengen hat derzeit aber kein
Modell auf der Agenda. An den Alpen, vor allem im Oberallgäu, schneit es
weiterhin bis nahe 1000 m herab.
Die über Dänemark und die südliche Nordsee hinweg bis nach Westfrankreich
reichende Tiefdruckrinne füllt sich weiter auf und kommt geringfügig nach
Südosten voran. An deren Südflanke kann es im Nordseeumfeld anfangs noch steife,
exponiert stürmische Böen aus Südwest geben, insgesamt flaut der Wind aber
wieder ab. Zudem muss dort im Bereich der höhenkalten Luftmasse noch mit
einzelnen Schauern, eventuell auch mal einem kurzen Gewitter gerechnet werden,
wobei diese aber tendenziell weniger werden.
Somit steht für weite Teile des Landes einmal mehr ein wettertechnisch
unspektakulärer Tag ins Haus. Im Südosten bleibt es überwiegend stark bewölkt
bis bedeckt, sonst kann sich zwischendurch auch mal die Sonne zeigen. Die
Temperatur in 850 hPa geht - außer im Südosten - vielerorts auf knapp unter 0
Grad zurück, entsprechend bewegen sich die Höchstwerte meist zwischen 6 und 10,
mit etwas Sonne im Westen und in der Lausitz 11 Grad. Im Dauerregen an den
Alpen, vor allem im Oberallgäu, werden kaum 5 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Im Großen und Ganzen simulieren alle vorliegenden Modelle eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung im Kurzfristzeitraum. Abgesehen von kleineren Differenzen -
die RR-Mengen bzw. den Wind am Freitag im Nordseeumfeld betreffend - sind kaum
prognose- und warnrelevante Differenzen auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff