DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

02-11-2019 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.11.2019 um 10.30 UTC



Leicht unbeständiges Wetter auf für die Jahreszeit angemessenem
Temperaturniveau.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 09.11.2019


Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Dienstag erstreckt sich ein positiv
geneigter, mit mehreren Drehzentren ausgestatteter Langwellentrog etwa vom
Finnischen Meerbusen bis nach Spanien und Marokko. Die Achse des Troges schwenkt
von Nordwesten nach Deutschland herein. Der Trog korrespondiert mit einer sich
langsam auffüllenden Tiefdruckzone, die von Frankreich bis nach Nordwestrussland
reicht. In ihr eingebettet ist ein okkludiertes Frontensystem, das vor allem im
Norden zeitweise für Regen sorgt. Im äußersten Süden und Südosten regnet es
aufgrund schwacher Aufgleitprozesse an der Nordflanke eines Tiefs über
Norditalien länger anhaltend, Warnschwellen für Dauerregen werden aber
wahrscheinlich nicht überschritten (Schnee nur in den höchsten Lagen). Auch
sonst dominieren Wolken, es treten aber nur einzelne Schauer auf. In erwärmter
maritimer Subpolarluft (T850 zwischen -1 Grad im Norden und +3 Grad im Süden)
liegen die Temperaturen am Tage maximal zwischen 8 und 14 Grad, in der Nacht
verhindern Wolken Nachfröste.

Am Mittwoch schwenkt die Achse des Troges über dem Norden Deutschlands rasch
ostwärts durch, rückseitig stellt sich vor einer neuen Austrogung westlich der
Britischen Inseln eine westliche Höhenströmung mit zum Teil leicht
antizyklonalem Touch ein. Im Süden hängt die Achse aufgrund eines Cut-Offs über
Nordwestitalien zurück. Überlagerte, schwache KLA lässt den Druck dennoch
allgemein ansteigen, sodass von der Tiefdruckzone nur noch eine Rinne über dem
Norden mitsamt sich auflösender Okklusion übrigbleibt. Hebungsantriebe sind
folglich nur schwach ausgeprägt, dennoch hält sich in feuchter Meeresluft oft
starke Bewölkung, aus der es auch immer wieder mal etwas regnen oder schauern
kann. Die Temperaturen gehen vor allem im Norden und in der Mitte noch etwas
zurück (bis -3 Grad auf 850 hPa), Nachtfröste bleiben aber weiter die Ausnahme.

Am Donnerstag schwenkt der neue Trog vom nahem Nordatlantik zu den Britischen
Inseln und nach Frankreich und weitet sich aufgrund kräftiger KLA weit bis in
den westlichen Mittelmeerraum aus. Zuvor wölbt sich zunächst ein flacher Rücken
über Mitteleuropa auf, bevor ein erster Kurzwellentrog den Südwesten
Deutschlands am Abend erreicht. Dieser korrespondiert mit einem Tief, das am
Abend über Nordfrankreich liegt. Frontale Prozesse an der damit verbundenen
Okklusion wird von PVA überlagert und sorgt im Südwesten und Westen für
aufkommende schauerartige Regenfälle. Ansonsten setzt sich vorübergehend
schwacher Zwischenhocheinfluss durch, sodass die Niederschläge seltener werden.
Längere sonnige Abschnitte sind wahrscheinlich aber dem leicht föhnigen
Alpenrand (Sturmböen auf Alpengipfeln!) vorbehalten. Niedertroposphärisch dreht
die Strömung auf Südost rück, wodurch die Temperaturen auf 850 hPa leicht
ansteigen, was sich aber am Boden kaum bemerkbar machen wird - im Gegenteil,
durch größere Wolkenlücken und stärkere Auskühlung könnte in der Nacht zum
Freitag vor allem im Süden und Südosten punktuell leichter Frost, zumindest in
Bodennähe auftreten.

Am Freitag schnürt sich der Trog nach der jüngsten IFS-Simulation von der
Frontalzone ab und bildet einen dipolförmigen Höhentiefkomplex mit einem
Drehzentren über Benelux und einem weiteren über dem Ligurischen Meer. Diese
Entwicklung ist aber noch recht unsicher. Das Tief über Nordfrankreich legt sich
achsensenkrecht unter das nördliche Drehzentrum und bleibt in der Folge nahezu
ortsfest und füllt sich auf. Dagegen lässt der ins westliche/zentrale Mittelmeer
gerichtete Trogvorstoß den Luftdruck über Süd- und Südosteuropa großflächig
fallen. Deutschland befindet sich demnach zwar auf der Vorderseite des
Höhentiefkomplexes in einer leicht zyklonal konturierten südlichen
Höhenströmung, allerdings verhindert KLA signifikanten Hebungsantrieb, sodass es
nur hier und da zu leichtem Regen kommt, gebietsweise bleibt es sogar trocken
und mitunter aufgelockert bewölkt. In den Alpen bleibt die leicht föhnige
Situation erhalten (Sturmböen auf Alpengipfeln). Ein neuer Schwall maritimer,
modifizierter Polarluft lässt die Temperaturen auf 850 hPa wieder etwas sinken
(+1 bis -3 Grad). Bei längerem Aufklaren ist in der Nacht zum Samstag vereinzelt
leichter (Boden-)Frost möglich.

Am Samstag "eiert" der Höhentiefkomplex langsam nach Osten. Vor allem die
Osthälfte Deutschland befindet sich möglicherweise aber noch länger auf der
Vorderseite. Dort könnten an der Westflanke der durch die Trogvorderseite
gestützten Tiefs über dem östlichen Mitteleuropa Aufgleitprozesse für länger
anhaltende Niederschläge sorgen, die bei T850 meist unter 0 Grad in höheren
Lagen der östlichen Mittelgebirge und an den Alpen als Schnee fallen würden.
Nach Westen zu fällt die Niederschlagsneigung geringer aus, doch auch dort
überwiegen Wolken.

In der erweiterten Mittelfrist nehmen die Unsicherheiten weiter zu, sodass kaum
Aussagen mehr möglich sind. Großer Unsicherheitsfaktor ist der neuerliche
Trogvorstoß über Westeuropa mit Abtropftendenz und nachfolgendem Blocking über
dem Nordostatlantik. Daraus lässt sich zwar ein Hang zu unbeständigem Wetter
für Deutschland ableiten (im Westen/Süden mehr als im Norden/Osten), jedoch ist
völlig unklar, ob es (je nach Ausprägung des Abtropfvorgangs und Blockings) eher
zu einer Erwärmung oder sogar zu einer weiteren Abkühlung kommt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Donnerstag rechnen die jüngsten IFS-Läufe sehr konsistent eine unbeständige,
recht kühle Witterung. Zum Wochenende divergieren die Simulationen etwas
stärker. Im neusten IFS-Lauf von 00 UTC vollzieht sich über Westeuropa ein
stärkerer Abtropfprozess. Auf der Vorderseite des resultierenden, zum Alpenraum
ziehenden Höhentiefs werden über Südosteuropa und dem östlichen Mitteleuropa
Tiefdruckentwicklungen forciert. Zum einen würde in einer zunehmend auf
nördliche Richtungen drehenden Bodenströmung etwas kältere Luft nach Deutschland
geführt werden, zum anderen würde bevorzugt die Osthälfte vorübergehend von
Aufgleitniederschläge erfasst werden, die in höheren Lagen der Mittelgebirge als
Schnee fallen könnten. In den vergangenen Modellberechnungen wurde am Wochenende
eher schwacher Zwischenhocheinfluss simuliert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Donnerstag zeigen die üblicherweise an dieser Stelle betrachteten großen
Globalmodelle (GFS, ICON, GEM) kaum vom oben beschriebenen IFS00-Szenario
abweichende Entwicklungen.

Danach gehen die Berechnungen etwas stärker auseinander. ICON rechnet wie IFS00
mit einem bereits über Westeuropa abtropfenden und nachfolgend nur zögerlich
über Mitteleuropa hinweg "eiernden" Höhentiefkomplex (am Samstag
Aufgleitniederschläge über der Osthälfte mit Schneeoption für höhere
Mittelgebirge). GFS und GEM lassen den Trog erst verzögert über dem westlichen
Mittelmeer abtropfen, wodurch das Trogresiduum rasch über Deutschland
hinwegschwenken und sich vorübergehend Zwischenhocheinfluss durchsetzen kann.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Auswertung der Ensemblevorhersagen des IFS ergeben bis Freitag keine
wesentlich von der deterministischen Modellbetrachtung abweichenden
Erkenntnisse.
Die Temperaturen auf 850 hPa gehen von Dienstag bis Freitag langsam zurück auf
Werte meist leicht unter dem Mittel von 1981-2010 (Abweichungen -1 bis -4 Grad).
Aufgrund der vorherrschenden zyklonalen Großwetterlage (mit vielen Wolken und
verhältnismäßig milden Nächten) bleibt das Temperaturmittel aber meistens knapp
über dem vieljährigen Mittel.

Ab Samstag und in der erweiterten Mittelfrist nimmt der Spread signifikant zu.
Die Mehrheit der Member zeigt dabei aber weder bei Temperatur noch beim
Geopotenzial größere Sprünge nach oben oder unten (Regeneration der kühlen
Troglage). Einige Member wollen aber einen deutlichen Temperaturanstieg
(Trogvorderseite, weit westlicher Abtropfvorgang), ein paar wenige (inklusive
des deterministischen Laufes IFS00) einen vorübergehenden deutlichen Abfall der
850-hPa-Tenperaturen (KLA am Rande des blockierenden Hochs über dem
Nordmeer/Fennsoskandien).

Das Clustering liefert für den Zeitraum +72-96 h 4 Cluster ohne
prognoserelevante Unterschiede für Deutschland.
Trotz der Unsicherheiten ab Freitag schrumpft das Clustering im Zeitraum
+120-168 h auf 1 Cluster. Ein neuer Trogvorstoß von Westen scheint sicher, wie
auch immer er dann am Ende auch geartet sein mag.
Im Zeitraum +192-240 h weitet sich das EPS dann wieder auf 4 Cluster auf. Die
neue Austrogung über Westeuropa wird sehr unterschiedlich simuliert. Im größten
Cluster (20/51 Member) folgt eine Regeneration der kühlen Troglage für
Mitteleuropa. In zwei Clustern (14+11 Member) tropft der Trog über Westeuropa ab
(Westen/Süden wechselhaft und deutlich milder, Norden/Osten freundlicher, aber
anfällig gegenüber Kaltluftvorstößen am Rande eines blockierenden Hochs über
Fennoskandien). Im verbleibenden Cluster (6 Member) tropft der Trog weit nach
Süden ab, sodass sich über Deutschland eine Hochdruckzone ausbilden würde
(trocken, aber kühl).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Donnerstag und Freitag in den Alpen eventuell schwache Föhnsituation mit
Sturmböen (Bft 8-9) auf Alpengipfeln, auch auf exponierten Gipfeln der
Mittelgebirge einzelne Sturmböen (Bft 8-9) nicht ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS00, IFS-EPS, MOS-IFS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser