DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-10-2019 08:30
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 25.10.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa (West antizyklonal)

Heute ruhiges Herbstwetter, an der See vorübergehend etwas nachlassender Wind.
Am Wochenende von Norden her geschmeidige Kaltfrontpassage mit Regen und vor
allem im Norden vorübergehend auffrischendem Wind.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland am warmen Rand der Frontalzone, die knapp
nördlich von uns verläuft und heute Mittag einen ausgewiesenen Jetstreak
aufbietet, welcher vom nahen Ostatlantik via UK/Irland bis nach Südskandinavien
reicht (in der Spitze um 150 Kt). Ein in die Frontalzone eingelagerter KW-Trog
ist aktuell dabei, mit einem vorgelagerten Wolkenband Deutschland
ost-nordostwärts zu überqueren. Dahinter setzt eine Glättung der
west-südwestlichen Höhenströmung ein, in der im Tagesverlauf von Westen her WLA
auf die nördlichen Landesteile übergreift. Sie kündigt die Annäherung einer
flachen Warmfrontwelle an (XANDER), die sich in den nächsten Stunden über dem
Seegebiet südwestlich von Irland an einer langgestreckten Luftmassengrenze
abspaltet und bis zum Abend nach Mittelengland zieht. Damit begibt sie sich in
die prominente Gesellschaft der beiden WILHELMs, seines Zeichens ein Doppeltief
mit einem quasistationären Kern unweit der Färoers und einem zweiten, der sich
bis zum Abend von Südnorwegen zum nördlichen Bottenbusen bewegt.
Mit der WLA gelangt ab dem Nachmittag mehrschichtige Bewölkung in den Norden und
Nordwesten des Vorhersageraums, aus der aber hauptsächlich über der Nordsee
Regen fällt. Um die Nordsee herum reicht es nur für ein paar marginale Tropfen.
Der leichte Regen, der anfangs noch im west- und nordwestdeutschen Binnenland
fällt, ist den Resten einer schwachen Kaltfront geschuldet. Er dürfte bis zum
Vormittag weitgehend zum Erliegen kommen. Der Gradient im äußersten Nordwesten
fächert im Zuge andauernden Druckanstiegs erst mal etwas auf (von UK schiebt
sich vorübergehend ein flacher Zwischenhochkeil über die Nordsee), so dass auch
der südwestliche Wind an der Nordsee über Mittag und am Nachmittag eine
Kunstpause mit Böen meist unterhalb der unteren Warnschwelle einlegt. Davon
unbeeindruckt bleibt - man möchte fast sagen selbstverständlich - der Brocken im
Harz, der weiterhin mit Böen der Kategorie 8-9 Bft aufwartet.
Vom Norden in die Mitte und den Süden, wo sich ebenfalls Druckanstieg bemerkbar
macht. Dieser äußert sich im Aufbau einer Hochdruckbrücke, die sich von
Südwesten her aufbaut und das über Südwesteuropa liegende Hoch MAJLA mit der
über Russland positionierten NICOLA verbindet. Gestützt wird die Bodenbrücke von
einer schwachen Potenzialbrücke, die zwischen der Frontalzone im Norden und
einem Höhentief westlich von Sizilien zonal orientiert über den Alpenraum und
Süddeutschland verläuft. Unter dem Strich resultiert daraus, nachdem sich die
Nebelfelder in Bayern aufgelöst oder zumindest gelichtet haben, eine Mischung
auf Wolken, Hochnebel und sonnigen Abschnitten. Besonders der Osten darf nach
Abzug der Trogbewölkung längere Zeit auf Sonnenschein hoffen.
Mit dem Trog bzw. der schwachen Kaltfront gelangt niedertroposphärisch etwas
kühlere Luft nach Deutschland (T850 am Nachmittag 2/3°C im äußersten NW und
8/9°C im äußersten SO), was sich freilich auf die 2m-Temperatur auswirkt. Bei
längerem Sonnenschein reicht es punktuell für 20°C, sonst liegt die Spanne
zwischen 13 und 19°C, was für einen 25 Oktober alles andere als kalt ist.

In der Nacht zum Samstag zieht die Warmfrontwelle unter Vertiefung und
nachfolgender Umwandlung zu einem Wellentief über die Nordsee hinweg in Richtung
Skagerrak. Die zugehörige Kaltfront verbleibt aufgrund ihrer
höhenströmungsparallelen Anordnung über der mittleren Nordsee liegen, weshalb es
bei uns so gut wie gar nicht regnet. Einzig im nördlichen Nordfriesland sowie im
der deutsch-dänischen Grenzbereich könnte es nass werden. Weit prominenter als
Regen ist der Wind unterwegs. So setzt südlich des durchlaufenden Wellentiefs
kräftiger Druckfall ein, der wiederum eine veritable Gradientverschärfung zur
Folge hat. Folgerichtig frischt der auf südliche Richtungen rückdrehende Wind
zunächst über und an der Nordsee, später auch an der Ostsee sowie im jeweils
angrenzenden küstennahen Binnenland merklich auf. An der Nordsee stehen dabei
vermehrt Böen 8 Bft, in Nordfriesland 9 Bft und auf Helgoland vielleicht sogar
mal eine 10 Bft auf der Karte. An der Ostsee geht es gemächlicher zu mit Spitzen
7 Bft, im West 8 Bft, was auch für das nördlich SH gilt. Ansonsten sollte das
Binnenland mit steifen Böen 7 Bft auskommen. Abseits vom Norden legt der Wind
auch in den Hochlagen der zentralen und nördlichen Mittelgebirge zu mit Böen 7-8
Bft, auf dem in der Nacht wahrscheinlich nur schwach frequentierten Brocken
sogar bis 10 oder 11 Bft (schwerer oder orkanartiger Sturm).
Nach Süden hin bekommt man von alledem nichts mit, auch wenn die Hochdruckbrücke
beginnt, leicht zu bröckeln. Das Setup bleibt antizyklonal geprägt, was bei
vielerorts gering bewölkten oder klaren Verhältnissen vermehrt die Bildung von
z.T. dichtem Nebel zur Folge hat.

Samstag... verschiebt sich das gesamte Potenzialmuster etwas nach Süden. Das
mediterrane Höhentief steuert den Norden Tunesiens an, die Potenzialbrücke
verlagert ihre Achse in Richtung Südalpen und auch die nördlich von uns
verlaufende Frontalzone greift langsam aber sicher etwas südostwärts aus. Dabei
macht sich über UK und der Nordsee kräftige KLA bemerkbar, die mit Hilfe eines
aus dem Seegebiet nördlich von Schottland südwärts schwenkenden KW-Trogs einen
flachen aber recht breiten Potenzialtrog generiert, der zum Tagesende die
gesamte Nordsee überdeckt.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass Wellentief XANDER via Ostschweden gen
Finnland zieht, die zugehörige Kaltfront (die übrigens sehr gut definiert ist
und eine sehr opulente Baroklinität aufweist) aber weiterhin Schwierigkeiten
hat, die Nordsee in Richtung Deutschland zu verlassen. Ihre zunächst noch stark
höhenströmungsparallele Exposition, ein extrem in Richtung Südwesten
langgezogener Bodentrog (in dem die Front liegt) sowie ein bei den Azoren
befindliches Tief nebst Randtief sind alles andere als progressionsfördernd.
Erst mit der o.e. zunehmenden Austrogung kommt ab dem Nachmittag etwas Schwung
in die Bude, sprich, die Frontgreift auf den Norden und Nordwesten des Landes
über. Dabei nimmt dann die Bewölkung immer weiter zu, so richtig an zu regnen
beginnt es mit Ausnahme des nördlichen SHs sowie dem Nordwestzipfel
Niedersachsens wohl erst in der langen Nacht zum Sonntag (nicht vergessen, die
Uhr um eine Stunde zurückzustellen).
Windmäßig ändert sich zunächst wenig an der Ausgangssituation aus der Nacht
heraus, wenn man mal davon absieht, dass sich das Starkwindfeld mit Böen 7 Bft,
exponiert 8 Bft noch etwas ausweitet (bis nach Westdeutschland). Erst zum
Nachmittag und Abend, wenn besagter Bodentrog von der Nordsee und
Südskandinavien her übergreift, fächert der Gradient auf und der Wind schwächt
sich zusehends ab. An der Küste sowie in einigen Hochlagen bleibt er aber noch
spürbar unterwegs mit Böen 7-8-Bft, exponiert 9 Bft, Brocken sogar 10 bis 11
Bft. Spürbar ist übrigens auch die Winddrehung, die mit dem Sprung von
Süd-Südwest auf West-Nordwest recht markant ausfällt.
Ansonsten gibt es neben der Tatsache, dass am Nachmittag mal wieder das
Revierderby die Fußballfreunde beschäftigt, zu berichten, dass der letzte
Samstag des Oktobers 2019 wettermäßig nur wenig Wünsche offenlässt. Der mit
Ausnahme des äußersten Südens leicht auflebende Südwestwind zeigt positive
Wirkung, indem er potenziellen Nebel- oder Hochnebelfeldern an die Wäsche geht.
So scheint in der Mitte und im Süden häufig die Sonne, einzig in einigen
geschützten Lagen (z.B. in den Niederungen der unteren Donau) könnte es mit der
Nebelauflösung etwas länger dauern. Die im Tagesverlauf von Norden her langsam
südwärts ausgreifenden hohen Wolken dürfte dem freundlichen Wettercharakter nur
wenig anhaben. Auch temperaturmäßig gibt es nichts auszustehen, 14 bis 20°C, im
Süden und in der Mitte bis zu 22°C sind für einen Endoktobertag nach wie vor
hochgradig komfortabel - so man denn nicht Anhänger von Kälte ist (gibt es).

In der Nacht zum Sonntag kommt die Kaltfront etwa bis zu einer Linie
Selfkant-Oderhaff voran (06 UTC). Im Zuge weit nach Süden ausgreifender KLA und
einer relativ glatt konturierten Höhenströmung fallen mögliche dynamische
Hebungsimpulse eher dünn aus. Trotzdem generiert die Front ein ausgeprägtes,
wenn auch schmales Regenband, das für eine ausgeprägte frontale Querzirkulation
spricht. Trotzdem, mehr als 5 mm innert 12 h dürften im Norden und Westen kaum
in die Töpfe fallen. Rückseitig gelangt ein Schwall polarer Meeresluft in den
äußersten Norden und Nordwesten, in der die 850-hPa-Temperatur auf Werte um 0°C
zurückgeht. Dabei hört der Regen auf und die Wolkendecke lockert teilweise auf.
In der präfrontalen Warmluft im Süden hingegen bildet sich unter einem gering
bewölkten bis klaren Himmel nochmals gebietsweise Nebel.
Der nun auch an der Ostsee auf westliche Richtungen drehende Wind bleibt an der
Küste lebhaft mit Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft. Auch die Hochlagen sämtlicher
Mittelgebirge bekommen die allmähliche Südverlagerung der Frontalzone mehr und
mehr zu spüren. Je nach Exposition werden Böen 7-9 Bft, in Einzelfällen sogar 10
Bft, auf dem Brocken anfangs noch 11 Bft erwartet (im Süden und in der Mitte aus
Süd bis Südwest, nach Norden hin auf West bis Nordwest drehend).


Sonntag... verbringt Deutschland auf der Südflanke eines breiten, positiv
geneigten Höhentrogs über Nordeuropa. Daraus resultiert bei uns eine zyklonal
konturierte westliche Höhenströmung, die stromab eines sich über dem nahen
Ostatlantik aufwölbenden Höhenrückens von Westen her langsam an Stärke verliert.
Nach wie vor weit nach Süden ausgreifende KLA lässt den Druck deutschlandweit
ansteigen, was sich in Form eines Von Benelux und Nordfrankreich bis nach
Süddeutschland vorstoßenden Hochkeils widerspiegelt. Dieser markiert den
südöstlichen Rand eines umfangreichen, zum o.e. Rücken korrespondierenden
Bodenhochs (mit dem schönen Namen OLDENBURGIA) zwischen UK/Irland und der
Irminger See dar.
Angesichts dieser Umstände versteht man leicht, warum die Kaltfront - überlagert
vom angesprochenen Druckanstieg - auf ziemlich antizyklonaler Spur die mittleren
Landesteile langsam aber sicher südwärts passiert. Das zugehörige Regenband
arbeitet sich bis zum Abend etwa bis zu einer Linie Kurpfalz-Vogtland voran
("plus/minus"), wobei im zentralen und westlichen Mittelgebirgsraum durchaus mal
5 bis 10 mm binnen 12 h zusammenkommen können - durchaus beachtlich, wenn man
die antizyklonalen Rahmenbedingungen und den schwachen dynamischen Support
bedenkt. Während sich weite Teile der Mitte auf einen regnerischen Sonntag
einstellen müssen, bleibt es in den übrigen Landesteilen weitgehend trocken.
Dabei scheint im präfrontalen Süden nach teils zögernder Nebelauflösung noch mal
häufig die Sonne, auch wenn der Anteil hoher Wolken von Norden her allmählich
zunimmt. Bei 850-hPa-Werten von 9 bis 13°C steigt die Temperatur auf 17 bis
23°C. Im postfrontalen Norden (T850 um 0°C, Höchstwerte um 13°C) lockert die
Wolkendecke bei stabiler Schichtung mitunter auf (wechselnd wolkig). Erst zum
Abend hin wird die polare Meeresluft mit Annäherung eines KW-Troges von der
nördlichen Nordsee her etwas labilisiert (bis rund 600 hPa), was die
Schauerneigung im äußersten Norden etwas erhöht. Für Gewitter wird es nicht
zuletzt wegen relativ geringer Feuchte sehr wahrscheinlich nicht reichen.
Der Wind weht an der Küste weiterhin mäßig bis frisch mit Böen 7-8 Bft aus
Südwest bis West. Auf exponierten Bergen bleibt es zunächst noch stürmisch,
bevor der Wind dort im Laufe des Nachmittags mehr und mehr an Kraft verliert.

In der Nacht zum Montag erreichen Kaltfront und frontaler Regen Süddeutschland
(am längsten trocken bleibt es am östlichen Alpenrand). Im äußersten Norden
entwickeln sich anfangs noch einzelne Schauer, über See (diabatischer Effekt)
vereinzelt auch kurze Gewitter. Dabei nimmt der West-Nordwestwind von Westen her
allmählich ab. In der Mitte und in Teilen Norddeutschlands sorgen die frisch
eingeflossene Polarluft und der o.e. Hochkeil für klare Verhältnisse, was eine
Abkühlung auf unter 5°C (Luft) und örtlich leichten Frost (Boden) zur Folge hat.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist unstrittig, die Diskrepanzen marginal und kaum warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann