DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-10-2019 15:30
SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 09.10.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs Allgäu Dauerregen, danach deutschlandweit wechselhaft mit
Schauern/einzelnen Gewittern. Freitag und Samstag im äußersten Norden Dauerregen
möglich. Tiefland zeitweise böiger Südwestwind. Bergland und Küsten fast
durchweg stürmisch oder Sturmböen, exponiert Bft 10, ab Freitag auch Bft 11.
Nacht zum Freitag/Samstag im Süden Nebel und Alpenrand teils Frost in Bodennähe.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... erfasst ein markanter Höhentrog Deutschland, wobei er sowohl im
WV-Kanal, als auch in IPV-Feldern als ein kräftiger Geselle beschrieben werden
kann. Imposante synoptisch-skalige Hebung beeinflusst abends bis in die erste
Nachthälfte den Südosten Deutschlands. Dabei überstreicht das Hebungsfeld die an
die Alpen geschmiegte und wellende Bodenfront und sorgt für ein ausgeprägtes
Niederschlagsband, das sich vom Bodensee bis zum Bayerischen Wald erstreckt. Der
intensiven synoptisch-skaligen Hebung geschuldet weisen Lokalaufstiege sowie
prognostische Modellsonden in diesem Band ab 600 hPa neutrale bis leicht labile
Verhältnisse auf, was auch mit dem Maximum an "mid-level" Frontogenese
zusammenfällt. Die "abgehoben konvektive" Natur ist auch im HVIS Kanal visuell
schön zu sehen. Daher verwundert es nicht, dass die Niederschläge nicht nur
konvektiv verstärkt ausfallen, sondern dass gar ein geringes/lokales/kurzes
Gewitterrisiko besteht, das jedoch ab den Abendstunden allmählich geringer wird
(dank Entkopplung der stärksten Hebung von der Bodenfront). Weiterhin gültige
Dauerregenwarnungen, die sich vom Allgäu bis nach Schwaben erstrecken besitzen
somit noch bis in die 1. Nachthälfte ihre Gültigkeit (bisher beobachtete 12-std.
Mengen um 25 l/qm bis 14Z).
Über der Mitte und dem Westen brodelt es abends und bis in die erste Nachthälfte
weiter, denn die den Höhentrog begleitende Höhenkaltluft (T500 von unter -26 C)
sorgt für ausreichend Labilität und neben teils kräftigen Schauern muss mit dem
einen oder anderen kurzen Gewitter gerechnet werden, wobei die Intensität jedoch
allmählich nachlässt. Der Nordosten und Osten bleiben bis zum Abend die
vergleichsweise trockensten Regionen Deutschlands, wobei auch hier der eine oder
andere Schauer bzw. das eine oder andere Gewitter auftritt. Je weiter es jedoch
in die Nacht geht, umso nasser wird es auch hier.

Die Nacht zum Donnerstag verläuft dann deutschlandweit sehr unbeständig. In den
über Deutschland gelegenen Höhentrog läuft ein weiterer Impuls von Westen rein,
der durch ein noch kräftigeres IPV Maximum gekennzeichnet ist und von einem 120
kn (plus) Höhenjet begleitet wird, der über den äußersten Süden in Richtung
Alpen geführt wird. Folglich ändert sich über der Mitte und dem Norden wenig,
denn unter der höhenkalten Luftmasse entwickeln sich weiterhin teils kräftige
Schauer, hier und da von einem Blitz/Donner begleitet. Dazwischen bleibt es aber
auch mal für längere Zeit trocken. Das verbreitetste Auftreten nach Mitternacht
wird im Umfeld der Deutschen Bucht erwartet, wo diabatisch forciert zahlreiche
Schauer/einzelne Gewitter auf die Küsten treffen.
Daran schließt sich ein Streifen von der Eifel über Hessen bis nach
Mittelfranken/Oberfranken, wo dank erneuter Hebung der neuen Welle aus Westen
ein skaliges Niederschlagsgebiet aufzieht, das besonders in der zweiten
Nachthälfte teils kräftigen und konvektiv verstärkten Regen bringt (6-std.
Mengen von 10 bis 20 l/qm, orografisch gestützt punktuell auch etwas mehr und
somit im Grenzbereich einer markanten Starkregenwarnung). Die Ausgabe einer
solchen erscheint aber aus jetziger Sicht unwahrscheinlich, da einerseits
grenzwertig von den Mengen, aber andererseits auch recht inhomogen innerhalb der
Modelle bezüglich der Niederschlagsschwerpunkte erfasst.
Bleibt zuletzt noch der Alpenrand zu erwähnen, wo die Front allmählich nach
Südosten abgedrängt wird und die skaligen Niederschläge von Westen zügig
nachlassen. Die Tiefstwerte liegen zwischen 9 und 5 Grad mit höheren Werten auf
den Inseln.
Der Südwestwind weht im Umfeld der Deutschen Bucht sowie in Schauernähe böig
(Bft 7) und erreicht im Bergland weiterhin Sturmstärke (Bft 8 bis 9), exponiert
Bft 10. Ansonsten wird ein schwacher bis mäßiger Südwestwind erwartet.


Donnerstag ... schwenkt der Höhentrogkomplex (mittlerweile aus zwei
verschmelzenden Kurzwellentrögen bestehend) weiter nach Osten und liegt zum
Abend bereits über dem östlichen Polen. Somit gelangen wir stromauf in eine
zunehmend antizyklonal geprägte Höhenströmung. Allerdings ist von einer
durchgreifenden Wetterberuhigung noch nicht viel zu spüren. Zunächst regnet es
über der südlichen Mitte (Nordbayern) noch längere Zeit, bevor sich auch hier,
wie schon im übrigen Deutschland, ein konvektiv geprägter Charakter mit
zahlreichen Schauern und einzelnen kurzen Gewittern durchsetzt. Grundsätzlich
kann man sagen, dass der äußerste Südwesten am späten Nachmittag und Abend am
ehesten vom antizyklonalen Einfluss profitiert, denn hier entwickeln sich nur
noch örtlich Schauer und es bleibt in dieser Region dann meist trocken. Auf
jeden Fall bekommt die dichte Wolkendecke im Tagesverlauf immer größere Lücken,
einzig im Norden und Nordosten bleibt es bis zum Abend stark bewölkt oder
bedeckt. Die Höchstwerte liegen zwischen 13 und 17 Grad. Der stärkste
niedertroposphärische Luftdruckgradient wird über dem Süden erwartet, wo der
West- bis Südwestwind wiederholt böig, in Schauernähe auch stürmisch auffrischt.
Im Bergland treten Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen auf. Aber auch im
gesamten Westen muss besonders bei Durchzug von Schauern und Gewittern mit Böen
Bft 7 bis 8 gerechnet werden. Der Westwind weht über der Deutschen Bucht
ebenfalls stürmisch und schwächt sich dank überwiegend ablandiger Komponente
entlang der Ostseeküste deutlich ab.

In der Nacht zum Freitag wandert die breite Keilachse allmählich ostwärts über
Deutschland hinweg, sodass besonders der Nordwesten zunehmend in eine leicht
zyklonal geprägte Höhenströmung gerät. In diese eingebettet ist eine Warmfront,
die im Verlauf der Nacht besonders den Nordwesten mit länger anhaltenden
Regenfällen erfasst. Über der Mitte und dem Osten hingegen bleibt es zwar
mehrheitlich stark bewölkt, Niederschlag sollte es jedoch keinen mehr geben und
besonders südlich der Donau verläuft die Nacht überwiegend klar und trocken.
"Klar", dass durch diese Wetterberuhigung und die zunehmende nächtliche
Ausstrahlung die Nebelgefahr im Süden zunimmt. Entsprechend der Wolkenverteilung
liegen die Tiefstwerte im Nordwesten um 11 Grad und gehen sonst auf 9 bis 4
Grad, am Alpenrand bis 1 Grad zurück. Südlich der Donau besteht erhöhtes
Potential für leichten Frost in Bodennähe und in ungünstigen Lagen auch für
Luftfrost. Bezüglich des Windes stabilisiert sich die untere und mittlere
Troposphäre WLA gestützt zunehmend, sodass die Windspitzen im Tiefland rasch
unter die Warnschwellen fallen, während der Wind im Bergland mit Sturmstärke
weiter weht (Brocken gar Böenspitzen Bft 11). Von der Stabilisierung profitiert
allerdings der äußerste Norden nicht, wo in Frontalzonennähe wiederholt Böen Bft
7, "offshore" auch Böen Bft 8 auftreten (auf Helgoland auch Böen Bft 9).


Freitag ... werfen wir einen Blick auf den Nordostatlantik, wo sich ein
umfangreicher Langwellentrog etabliert, der mit seiner Achse abends grob von
Schottland in Richtung Azoren reicht. Stromab dieses Troges formiert sich eine
kräftige Frontalzone, die über Mitteleuropa aus westsüdwestlicher Richtung kommt
und über der Mitte und dem Süden weiterhin einen antizyklonalen "touch"
aufweist. Keine Frage, je weiter man von der Mitte Deutschlands nach Süden geht,
umso freundlicher verläuft der Tag, im Südwesten und äußersten Süden wird gar
ein überwiegend sonniger Tag erwartet. Niederschlag fällt keiner und die
Höchstwerte liegen im spätsommerlich warmen Bereich von 19 bis 23 Grad. Goldener
Oktober pur!

Im Norden sieht das Wetter unter der Frontalzone nicht so rosig aus, denn hier
wird ein schleifendes Frontensystem von der Nordsee nach Norddeutschland geführt
und bringt dort skaligen Regen mit nur kurzen Unterbrechungen. Ob hier sogar
markante Dauerregenwarnungen z.B. für die Westküste Schleswig-Holsteins
notwendig werden muss noch abgewartet werden, allerdings zeigen die letzten
IFS-Läufe in dieser Region immer höhere 24 std. Niederschlagssummen. Ein
weiteres Indiz für erhöhte Wahrscheinlichkeiten kräftiger Regenfälle ist, dass
es ein Signal für einen sogenannten "atmospheric river" gibt, der in Form eines
umfangreichen "warmen Förderbands" aus einer Region von 30 bis 40 Grad Nord
subtropisch feuchte Luftmassen direkt in Richtung Norddeutschland/Dänemark
führt. Dort sorgt die Interaktion mit der schleifenden Front für erhöhte
Wahrscheinlichkeiten von länger anhaltenden und kräftigen Niederschlägen. Der
IFS-EFI für "water vapour flux" liegt bei über 0.9 mit einer breiten positiven
SOT-Fläche. Zusammengefasst sollte die Entwicklung weiterhin im Auge behalten
werden, vor allem, weil sich der Schwerpunkt noch verschieben und u.U. im
südlichen Dänemark landen könnte.
Die Höchstwerte fallen auch hier dank der Advektion atlantischer Luftmassen mit
15 bis 19 Grad mild aus.
Das Windmaximum verbleibt am Freitag im Norden und Westen, wo wiederholt im
Tiefland Böen Bft 7, im Küstenumfeld Bft 8 erwartet werden (Helgoland und
Nordfriesische Inseln mit Bft 9). Weiter im Landesinneren beschränken sich die
warnwürdigen Böen erneut aufs Bergland (Bft 9, exponiert 10 bis 11). Im Süden
weht der Wind nur schwach bis mäßig aus Süd bis Südwest.

In der Nacht zum Samstag ändert sich auf der synoptischen Bühne wenig, allerding
scheint eine Kurzwelle zügig über die Deutsche Bucht nach Südschweden ziehen zu
wollen und die Niederschläge in deren Umfeld noch zusätzlich anzufachen, sodass
es im gesamten Nordwesten und Norden leicht bis mäßig, in Schleswig-Holstein
teils auch kräftig regnet.
Ansonsten verläuft die Nacht über der Mitte neben dichten Wolkenfeldern ruhig
und im Süden wird eh eine klare und trockene Nacht erwartet. Die obligatorischen
Nebelfelder dürften vor allem im Umfeld der Donau zu finden sein. Die
Tiefstwerte liegen im Norden bei milden 13 Grad und gehen sonst auf 8 bis 4
Grad, am direkten Alpenrand auf bis zu 1 Grad zurück. Leichter Frost in
Bodennähe ist südlich der Donau ebenso zu erwarten wie örtlich leichter
Luftfrost in ungünstigen Senken- und Muldenlagen. Die Windsituation ändert sich
im Vergleich zum Tag wenig.

Samstag ... ändert sich an der synoptischen Konstellation wenig, wobei sich der
Zustrom feuchter subtropischer Luftmasse nach Norddeutschland abschwächt dank
eines auffächernden Druckgradienten und zunehmend antizyklonalen Einfluss in der
Höhe. Auch der EFI schwächt sich zu diesem Zeitraum ab, sodass im Norden zwar
weiterhin bei starker Bewölkung zeitweise Regen fällt, jedoch mit deutlich
geringeren 12-std. Niederschlagsmengen. Über der Mitte und dem Süden dürfte der
Samstag ein meist sonniger und trockener Tag werden und dank der milden
Luftmasse werden Höchstwerte von 20 bis 25 Grad erwartet (die höchsten Werte
entlang des Oberrheins und ggf. mit Föhnunterstützung am Alpenrand). Im Norden
verbleiben sie bei 15 bis 19 Grad. Der Südwestwind weht im Küstenumfeld
stürmisch, im Bergland mit Sturmböen, auf dem Brocken zeitweise orkanartig und
auch exponierte Alpengipfeln können bei Föhn ebenfalls zunehmend in den Bft
9-Bereich gelangen. Im Tiefland weht der Südwestwind sonst nur schwach bis
mäßig.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Innerhalb der Numerik gibt es während der Kurzfrist keine nennenswerten
Diskrepanzen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy