DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-10-2019 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.10.2019 um 10.30 UTC



Aus West mach Südwest: Im Norden und Nordwesten unbeständig und windig, nach
Süden und Südosten zu oft freundlich. Insgesamt wärmer.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 15.10.2019


Ausgehend von einem markanten Kaltluftvorstoß über dem Mittleren Westen der USA
mitsamt kräftiger Austrogung beginnt die Frontalzone zu Beginn der Mittelfrist
stromab über dem Atlantik etwas stärker zu mäandrieren. Vor den Toren
Westeuropas nistet sich über dem Nordostatlantik ein sich fortwährend durch KLA
regenerierender Langwellentrog ein, auf dessen Vorderseite die Strömung über
Mitteleuropa etwas aufsteilt. So wird aus einer lupenreinen Westlage in der
Kurzfrist eine Südwestlage in der Mittelfrist. Während nach Süden und Südosten
der antizyklonale Einfluss dominiert, wird die Südwestlage nach Norden und
Nordwesten zu als Folge wiederholter "frontaler Übergriffe" eher zyklonaler
Natur sein.

Am Freitag befindet sich Deutschland noch unter einer westlichen Höhenströmung,
in der ein Kurzwellentrog von den Britischen Inseln über die Nordsee nach
Südschweden gesteuert wird. Die Warmfront des korrespondierenden Tiefs überquert
die Nordhälfte Deutschlands mit Regen rasch ostwärts. Die Kaltfront folgt rasch
von Nordwesten, schleift aber nachfolgend mangels Schubkomponente über dem
Norden, wo es demnach auch längere Zeit und schauerartig verstärkt regnen kann.
Warnschwellen (>30 mm/24 h) werden aber voraussichtlich knapp nicht erreicht.
Nach Süden zu macht sich dagegen ein flacher Rücken bemerkbar, der eine
Hochdruckzone stützt, die vom westlichen Mittelmeerüber den Alpenraum bis zum
Balkan reicht. Absinken unterdrückt hochreichende Wolken- und
Niederschlagsbildung, vor allem zu den Alpen hin scheint die Sonne längere Zeit.
Zwischen der Hochdruckzone und den Tiefs über Nordeuropa wird der
Luftdruckgradient aufrechterhalten, sodass der Wind zumindest zwischen Küste und
zentralem Mittelgebirgsraum warnwürdig bleibt. Auf höheren Bergen und an der See
treten Sturmböen auf. Die Tempersturen steigen im Tagesverlauf von Nordost nach
Südwest auf 6 bis 13 Grad. Höchsttemperaturen um 20 Grad sind mit Sonne im Süden
also wieder locker drin.

Am Samstag dreht die Höhenströmung mehr auf WSW und ist nach Süden zu weiter
antizyklonal konturiert. Die Mitte und der Süden erwarten unter verstärktem
Absinken demnach ein freundlicher und meist trockener Tag bei weiter
ansteigendem Temperaturniveau (in 850 hPa zwischen 10 und 15 Grad). Im Norden
herrschen durch weitere kurzwellige Troganteile und die nach wie vor schleifende
Frontalzone zyklonale Verhältnisse. Zeitweise regnet es, ohne das warnrelevante
Niederschlagsmengen erreicht werden. Markante Böen (>=Bft 8) bleiben den
exponierten Berggipfeln sowie der Küste vorbehalten.

Am Sonntag schwenkt ein etwas schärferer Kurzwellentrog über die Britischen
Inseln zur Nordsee. Auf der Vorderseite mausert sich nach Lesart des neusten
IFS-Laufes von 00 UTC ein Wellentief zu einem Sturmtief, das mit Kern über
Mittelengland und die nördliche Nordsee zur Norwegischen See zieht. Dadurch wird
die Frontalzone zunächst nordwärts gedrückt und Deutschland gelangt in den
Warmsektor in den Zustrom subtropischer Luftmassen (10 bis 17 Grad auf 850 hPa).
Während in der Südosthälfte Hochdruckeinfluss dominiert und durch leichten Föhn
zudem trockene Luftmassen vorherrschen (bei zeitweiligem Sonnenschein
Höchsttemperaturen von knapp 25 Grad), sorgen kurzwellige Troganteile über
Nordwesthälfte für Labilisierung und folglich für ein paar Schauer. Eventuell
ist auch das ein oder andere Gewitter dabei, das bei mäßiger hochreichender
Scherung und recht hohen PPWs räumlich eng begrenzt mit Starkregen und Sturmböen
einhergehen kann. Rein aus dem Gradienten heraus dürften sich Sturmböen auf
exponierte Küstenabschnitte und Berggipfel beschränken.

In der Nacht zum Montag erreicht die Kaltfront des Sturmtiefs den Nordwesten mit
schauerartigen Regenfällen, wird dann aber aufgrund einer neuen Austrogung und
Tiefentwicklung westlich der Britischen Inseln zurückgehalten. Am Montag
schwenkt der Trog unter Amplifizierung zu den Britischen Inseln und nach
Frankreich, das Tief gelangt nach Schottland und Deutschland in dessen
Warmsektor. In der weiter aufsteilenden südwestlichen bis südlichen Strömung
wird ein weiterer Schwall warmer Subtropikluft herangeführt. Wettertechnisch ist
es eine Kopie des Vortages: In der Südosthälfte, insbesondere am föhnigen
Alpenrand scheint vielfach die Sonne, in der zyklonaler aufgestellten
Nordwesthälfte kommt es zu Schauern und einzelnen Gewittern.

Am Dienstag soll der Trog sowie die Kaltfront des nach Südskandinavien ziehenden
Tiefs nach dem neusten IFS-Lauf über Deutschland mit schauerartigen Regenfällen
und zumindest in der Nordhälfte auch stürmischem Wind hinwegschwenken. Dies ist
aber genauso unsicher, wie die Entwicklung in der erweiterten Mittelfrist. Das
wahrscheinlichste Szenario ist allerdings die Ausbildung einer neuen
Trogvorderseite.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der jüngsten IFS-Modellläufe kann insgesamt als brauchbar
bezeichnet werden. Zwar ergeben sich mit zunehmendem Vorhersagehorizont stärker
differierende Amplituden und Geschwindigkeiten der kurzwelligen Trog- und
Rückenstrukturen, was zu Unschärfen hinsichtlich des zeitlichen Wetterablaufs
führt, die großräumigen Strukturen der sich einstellenden Südwestlage werden
aber sehr ähnlich simuliert. So erwartet Deutschland ein nach Norden und
Nordwesten zu überwiegend wechselhafter und windiger, nach Süden und Südosten zu
phasenweise freundlicher Witterungsabschnitt bei insgesamt tendenziell
ansteigendem Temperaturniveau.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch ICON, GFS und die anderen an dieser Stelle üblicherweise betrachteten
Globalmodelle (GEM, UKMO, NAVGEM) simulieren eine Südwestlage. Unterschiede
ergeben sich naturgemäß aus Phasenunterschieden des progressiven
Trog-Rücken-Musters.
GFS und NAVGEM weichen am Sonntag von den anderen Modellen etwas ab, indem sie
die Frontalzone glatter rechnen, den Warmsektor also nicht so weit aufspannen.
Freundlich und warm wäre es so allenfalls im äußersten Südosten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Auswertung der Ensemblevorhersagen des IFS ergeben keine wesentlich von der
deterministischen Modellbetrachtung abweichenden Erkenntnisse.

So verlaufen die Rauchfahnen für 850-hPa-Temperatur und 500-hPa-Geopotenzial bis
Sonntag gut gebündelt, wobei der deterministische IFS-Lauf stets gut in die
Ensembleschar eingebettet ist.
Der Temperaturverlauf ist zunächst durch einen steten Anstieg gekennzeichnet,
der nach Süden zu rascher und nachhaltiger erfolgt als im Norden.
Auch das Geopotenzial nimmt am Freitag nochmal deutlich zu, um am Wochenende
dann aber auf einem Plateau zu verlaufen.

Ab Montag nimmt der Spread rasch zu. Es scheint noch unklar, ob, und wenn ja,
wie schnell der Trog zu Wochenbeginn von Westen übergreift. Die Mehrzahl der
Member (inkl. det. Lauf und Kontrolllauf) simulieren einen Trogdurchgang
(vorübergehender Rückgang der Temperatur und des Geopotenzials), wenngleich die
Ausprägung der Störung im Süden geringer ausfällt als im Norden. Vor allem nach
Süden zu gibt es aber auch eine nicht zu vernachlässigbare Anzahl an Member, die
keinen nennenswerten Temperatur- und Geopotenzialrückgang rechnen und somit eine
ununterbrochene antizyklonale Südwestlage favorisieren.

Das EPS-Clustering liefert für den Zeitraum +72-96h drei Cluster, die alle den
Aufbau einer Südwestlage (Klasse "positive NAO") zeigen mit einer nach Süden zu
antizyklonalen Strömungskonfiguration.

Auch für den Zeitraum +120-168h werden drei Cluster angeboten. Zwei Cluster
rechnen im Rahmen der Südwestlage ("positive NAO") eine signifikante Trogpassage
zu Wochenbeginn (35/51 Member). Im letzten Cluster (16/51 Member) erweist sich
die Strömungskonfiguration im Verlauf als deutlich meridionaler ("negative
NAO"), da es über Westeuropa deutlich stärker austrogt und Deutschland demnach
durchweg auf der Trogvorderseite verbliebe.

Trotz der angesprochenen Unsicherheiten in der erweiterten Mittelfrist schrumpft
das EPS für den Zeitraum +192-240h erstaunlicherweise auf ein einziges Cluster,
der ein Revival der zyklonale Westlage feiert.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
Am Freitag und Samstag an der See, im angrenzenden Binnenland sowie im Bergland
Böen Bft 8-9 wahrscheinlich.
Am Sonntag wahrscheinlich nur noch an exponierten Küstenabschnitten sowie auf
Berggipfeln Böen Bft 8-9.
Am Dienstag im Falle eines markanten Kaltfrontdurchganges (IFS 00UTC) in der
Nordwesthälfte sowie allgemein im Bergland verbreitet Böen Bft 8-9 (IFS-EPS:
10-30% für Böen > Bft 8, Nordsee 40%).

DAUERREGEN:
Im Zeitraum von Freitagfrüh bis Samstagabend im Norden (vor allem Nordseeumfeld
und Schleswig-Holstein) sehr geringe Wahrscheinlichkeit für Dauerregen (>30
mm/24 h bzw. >40 mm/48 h; LEPS: 10%, ICON-EU-EPS und IFS-EPS <5%)

GEWITTER:
Am Sonntag und Montag vor allem in der Nordwesthälfte vereinzelte Gewitter.
Dabei Starkregen und Sturmböen nicht ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(00UTC), IFS-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser